Die Einrichtung der "Arbeitsstelle Vielfalt" verdeutlicht, dass Gleichstellungspolitik kein isoliertes Politikfeld ist, sondern in allen Ressorts mitgedacht werden muss. Um nur einige Ressorts herauszugreifen: Im Bereich der Schulpolitik sind der Ausbau der Ganztagesschulen und die Schaffung immer mehr verlässlicher Kinderbetreuungsplätze in den Kitas wichtige Frauenpolitik. Auch Arbeitsmarktpolitik muss Frauenpolitik sein, von ihr müssen Impulse kommen, um Beruf und Familie vereinbaren zu können. Wir haben dazu im Koalitionsvertrag auch einige Maßnahmen festgeschrieben, so wie die finanzielle Absicherung von FLAKS oder die Gründung des interkulturellen Frauenwirtschaftszentrums, das im März öffnen wird. All das sind Impulse, um die Frauenpolitik in Hamburg voranzubringen.
Wir haben im Koalitionsvertrag ebenfalls festgelegt, dass wir den Anteil der Frauen in Leitungspositionen auf mindestens 40 Prozent erhöhen wollen. Wir diskutieren gerade im Ausschuss, welcher Weg der beste ist, um dieses Ziel zu erreichen. In der Sitzung letzte Woche wurde deutlich, dass die Behörde hier verschiedene Optionen prüft. Ich würde mich freuen, wenn wir da konstruktiv an einem Strang ziehen, um das Thema im Ausschuss weiter bewegen zu können. Wenn dann krankheitsbedingt dieser Punkt einmal verschoben wird, sollte man das nicht zum Vorwurf machen.
Es gibt sicherlich bei dem einen oder anderen Punkt noch großen Diskussionsbedarf, auch mit unserem Koalitionspartner, das möchte ich gar nicht verhehlen. Quotenregelungen sind häufig gut und richtig, um bei diesem wichtigen Thema voranzukommen, aber man kann aufgrund der hiesigen Rechtslage nun einmal nicht alles eins zu eins aus anderen Ländern übernehmen. In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass auch Frankreich und die USA jetzt sehr gute fortschrittliche Gesetze zur Gleichberechtigung in Angriff nehmen. In den USA soll durch ein neues Gesetz die Lohnungleichheit behoben werden und in Frankreich möchte man mithilfe eines neuen Gesetzes den Anteil der Parlamentarierinnen erhöhen.
Das sind schöne Gesetze. Ich glaube aber, dass sich vor allem in den Köpfen etwas ändern muss. Wir werden Ihre Anträge – das ist jetzt an die LINKE gerichtet – an den Gleichstellungsausschuss überweisen und ich würde mich freuen, wenn der Senator da dann nicht der einzige Mann ist, der mitdiskutiert. – Vielen Dank.
Die Gleichstellung von Frauen ist ein wichtiges und aktuelles Thema. Es gibt in diesem Bereich viel zu tun. 99 Jahre Frauentag zeigen, dass diese Aufgabe in einem großen historischen Zusammenhang steht.
Am Anfang stand der Kampf um das Wahlrecht – nach wenigen Jahren erfolgreich –, lange Jahrzehnte waren die Forderungen auf der Ebene der Gesetzgebung vorrangig und jetzt geht es vor allem um die Gleichstellung im Wirtschafts- und Berufsleben, um Arbeitsbedingungen und Karrierechancen. Dies ist kein neues Themenfeld für den Frauentag, schließlich war der erste 8. März, an den jedes Jahr erinnert wird, ein Arbeiterinnenstreik. Es ging also auch damals um Fragen aus dem Berufsleben.
Frau Dobusch, Sie haben unsere Koalitionsvorhaben zutreffend beschrieben. Sie stellen auch fleißig Anfragen und wenn Sie unsere Antworten lesen, dann wissen Sie, dass wir seit dem 1. Dezember voll besetzt sind, auch weil alle Stellen ausgeschrieben worden sind und wir eine Vielzahl von qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern hatten und deswegen auch aufwendige Auswahlverfahren.
Ich bin überzeugt, dass wir mit dieser zusammengestellten Mannschaft und Frauschaft sehr viel erreichen können und tatsächlich die Vorhaben in diesem Jahr nach und nach abarbeiten und zu greifbaren Ergebnissen kommen können. Gleichwohl liegt es auf der Hand, dass die Arbeit in diesen Themenfeldern Zuständigkeit voraussetzt und auch Arbeitskraft, das kann man nicht aus der hohlen Hand heraus.
Trotzdem haben mich einige Themen schon vorher beschäftigt. Insbesondere habe ich mich schon sehr früh mit dem Notruf für vergewaltigte Frauen zusammengesetzt und mit den Frauen, die dort eine sehr verdienstvolle Arbeit leisten, beraten, was konkret gemacht werden kann, um die Situation von Frauen zu verbessern, die als Zeuginnen in einem Gerichtsverfahren zur Verfügung stehen müssen. Das ist eine schwierige, belastende Situation und es geht darum, was man hier konkret machen kann. Ich habe mich sehr darum bemüht, dass diese Informationen auch in die Gerichtsverfahren einfließen und dass die Richterinnen und Richter dort sensibilisiert werden. Dies ist also kein Thema, das lange hätte warten müssen, das habe ich schon vorher angepackt.
Wir haben darüber gesprochen, dass das Gleichstellungsgesetz überarbeitet wird und ich glaube, Frau Artus, was nicht zutreffend ist, ist Ihr Vorwurf in puncto Kinderbetreuung. Was Hamburg leistet, ist vorbildlich, wir sind am allerbesten in Westdeutschland, was die Kinderbetreuungsmöglichkeiten betrifft. Natürlich wollen wir noch mehr leisten, natürlich wollen wir einen weiteren quantitativen und qualitativen Ausbau,
aber was Hamburg leistet, ist vorbildlich und ich denke, das sieht man auch. Jeder, der Freunde hat in einem Alter, in dem Kinder das alltägliche Leben bestimmen, weiß, wie stark sich schon die Möglichkeiten von Frauen und Männern verändert haben, sich Kinderbetreuung und Berufstätigkeit untereinander aufzuteilen. Hier ist Hamburg wirklich sehr weit vorn.
Wir haben ein entscheidendes Problem in der Wirtschaft, verschiedene Aspekte sind auch schon erwähnt worden, zum Beispiel Equal Pay Gap. Andere Fragen sind auch angesprochen worden, aber ich glaube, dass ein Umschwung nur gelingen kann, wenn erreicht wird, dass wir im Ergebnis mehr Frauen in Führungspositionen haben, weil sich das auf die Gestaltung der Arbeitswelt bis nach unten auswirken wird.
Es ist ein sehr ernüchterndes Bild, wenn man sich zum Beispiel die Studie des DIW ansieht, es gibt fast keine Frauen in Führungspositionen. Das Ergebnis zeigt, dass in den Vorständen der ersten 100 Top-Unternehmen der Frauenanteil unter
1 Prozent liegt. Das ist die DIW-Studie vom Januar 2010. Das Problem ist bekannt, es ist oft debattiert worden, aber die Frage ist, wo die Lösung liegt. Ich bin davon überzeugt, dass wir eine Lösung in diesem Themenbereich nur schaffen, genauso wie bei anderen Bereichen der Gleichstellung, wenn die Männer mitmachen, nicht nur, weil sie in der Realität ein Hindernis bei der Gleichstellung sind, sondern auch, weil sie davon profitieren können, wenn es uns gelingt, neue Rollenbilder zu etablieren, wenn sie zum Beispiel teilhaben an den Aufgaben der Kinderbetreuung.
Was wir gehört haben bei der Frauen-Ostseekonferenz in Norwegen war sehr interessant. Es war eine sehr interessante Geschichte, die die norwegische Staatssekretärin erzählt hat, was nämlich passierte, als man durch eine Vielzahl aufeinander abgestimmter Maßnahmen dieses Thema angegangen ist. Nicht nur die Quote für die Führungspositionen in den Unternehmen war maßgeblich, sondern es gab gleichzeitig intensive Anstrengungen, die über die in Deutschland hinausgehen, nämlich Modelle für eine Elternzeit zu etablieren, die dann tatsächlich dafür sorgen, dass Männer und Frauen sich die Aufgaben teilen. Es gibt eine interessante Koinzidenz: Die Scheidungsrate ging zurück. Das ist ein sehr wichtiger Hinweis darauf, dass es möglich ist, zu mehr Lebensglück zu kommen, wenn es mehr Gleichstellung gibt. Ich glaube, Frauen und Männer profitieren davon gleichermaßen.
Die Frage ist, warum wir, trotz der Erkenntnis, dass alle davon profitieren, in Deutschland so geringe Werte haben. Die Bundesregierung hat vor wenigen Tagen eine interessante Studie veröffentlicht und hier noch einmal über das Phänomen der gläsernen Decke forschen lassen. Dabei kam heraus, dass es sehr festgefügte Mentalitätsmuster bei vielen Männern gibt und diese Mentalitätsmuster sind die Barrieren für Frauen, die Führungspositionen einnehmen wollen. Der Forscher, der das federführend gemacht hat, hat drei Einstellungen herausgefunden.
Es gibt den einen Typus unter den Männern in Führungspositionen, der eine konservative Einstellung hat. Diese Männer lehnen grundsätzlich von ihrem Gesellschafts- und Rollenbild her Frauen in Führungspositionen ab. Dann gibt es den anderen Typus, der etwas moderner ist mit einer aufgeschlosseneren Haltung und meint, Frauen seien im Ergebnis einfach chancenlos und würden dies entsprechend hinnehmen. Schließlich gibt es den dritten Typus, der eine individualistische Meinung hat und sagt, dass die Frauen doch gleichberechtigt seien, aber nur nicht wollten.
Wenn man sich auf diese Argumentationsmuster einlässt, dann findet man gegen jedes dieser Vorurteile Argumente, aber das Gesamtbild zeigt,
dass diesen Leuten immer wieder etwas einfällt, warum es momentan gerade nicht geht mit Frauen in Führungspositionen. Das macht deutlich, dass wir einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Bewusstseinswandel brauchen. Dafür brauchen wir politische Unterstützung, wir brauchen Kampagnen, die sind sehr wichtig, aber ich bin überzeugt, das ist nicht genug. Wenn wir uns zum Beispiel Norwegen ansehen mit der Frauenquote von 40 Prozent, wo ein dementsprechender Frauenanteil von 42 Prozent erzielt wurde, wird deutlich, dass wir eine gesetzliche Regelung suchen müssen, die für die Besetzung von Aufsichtsräten gilt und möglicherweise auch für die Besetzung von Vorständen von börsennotierten Unternehmen. Hier müssen wir auf geeignete Weise auch mit dem Instrument der Quote arbeiten.
Ich will dieses Beispiel nur etwas genauer ausführen, aber was die Gleichstellung betrifft, was den Frauentag betrifft, haben wir noch einen weiten Weg vor uns. Ich finde es gut – das war auch das Ergebnis dieser Debatte –, dass für diese Arbeit die grundsätzliche Unterstützung aller Fraktionen vorhanden ist. Ich hoffe und bin mir sicher, dass wir nicht weitere 99 Jahre dafür brauchen werden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Koop, ich schätze Sie wirklich sehr, ich habe eine Schwäche für gestandene Lehrerinnen. Immer dann, wenn Sie in diesem Hause explizit über Frauenrechte sprechen, kommen Sie für die CDU-Fraktion nach vorn und erklären sehr überzeugend, dass Sie sich für die Rechte der Frauen einsetzen. Dann erzählen Sie eine Menge und ich weiß dann nicht, wie Sie das eigentlich sehen, zum Beispiel die Quotierung. Sie haben gesagt, bei der Quotierung hätten Sie das Problem, ob das wirklich klappen würde und ob man nicht etwas anderes machen könne, dagegen gäbe es einen subtilen Widerstand.
zu einem Bundeskongress der ASF nach Erlangen gefahren. Es stand die Quotierung auf der Tagesordnung, die sehr umstritten war. Ein Antrag des Vorstands lag vor, die ASF stimme einer Quotierung zu als Mittel der Verstärkung der Frauenrechte. Dann haben wir wild diskutiert und lange argumentiert und am Ende kam heraus, dass die ASF nicht für die Einführung der Quotierung war. Da bin ich fast verprügelt worden. Im Nachhinein muss ich sagen, dass sie recht hatten, mich zu verprügeln, denn ich habe gesehen, dass es ohne Quotierung
nicht erreicht wird, in sehr langsamen Schritten die Frauenquote in den einzelnen Parteien, in den Organisationen, im Beruf und in der Forschung wirklich zu erhöhen.
Wir brauchen nicht so weit zu gehen. Es gibt zwei Parteien in diesem Hause, die eine stramme Quotierung haben, das sind die GAL und DIE LINKE.
In unseren Statuten steht, dass mindestens 50 Prozent der Frauen in die Gremien müssen. Wir beiden Fraktionen haben auch 50 Prozent Frauen. Wenn Sie uns beweisen können, dass Sie es ohne Quotierung schaffen und nach der nächsten Bürgerschaftswahl 50 Prozent Frauen in der CDU sitzen, dann glaube ich es Ihnen. Aber solange das nicht der Fall ist, kommen wir an einer Quotierung einfach nicht vorbei.
Sie sagten zu Beginn Ihrer Rede, es wäre immer wieder das Gleiche, ob wir nicht einmal etwas Neues sagen könnten. Ich habe durch Zufall den Beschluss und den Forderungskatalog vorliegen, der 1911, also vor 99 Jahren, von der ersten Frauenkonferenz aufgestellt worden ist. Die Forderungen waren: erstens Kampf gegen den Krieg, zweitens Einsatz für Wahl und Stimmrecht für Frauen, drittens Arbeitsschutzgesetze wie ausreichender Mutter- und Kinderschutz und der Acht-Stunden-Tag, viertens gleicher Lohn bei gleicher Arbeitsleistung und fünftens Festsetzung von Mindestlöhnen.
Krieg haben wir immer noch überall, der Kinderschutz ist meiner Meinung nach überhaupt noch nicht ausreichend durchgesetzt. Über gleichen Lohn für gleiche Arbeit haben alle Vorrednerinnen gesprochen – das heißt jetzt immer GAP –, aber wir haben immer noch keinen Mindestlohn. Das heißt, wir können überhaupt nicht über etwas Neues reden, weil das Alte noch nicht einmal ansatzweise durchgesetzt ist. Das waren schon vor 99 Jahren die Forderungen und wir reden noch heute darüber; das geht alles viel zu langsam. Sie haben recht, man kann das Gras nicht zum Wachsen bringen, wenn man daran zieht. Aber wenn wir das Gras düngen und ordentlich wässern, dann wächst es schneller, und das sollten wir dringend tun.
Ich sehe keine Wortmeldungen mehr zum ersten Thema der Aktuellen Stunde. Dann kommen wir zu den Themen zwei und vier der Aktuellen Stunde