Protocol of the Session on December 10, 2009

Sie sollten längst begriffen haben, dass die Zeiten vorbei sind, in denen der Staat alles regelt, alles plant und alles bestimmt. Sie suchen verzweifelt Beweise dafür, dass der Verkauf des LBK falsch war. Auch dieser Antrag ist ein solcher untauglicher Versuch.

(Wolfgang Rose SPD: Da braucht man nicht lange zu suchen!)

Vielleicht ist es Ihnen entgangen, dass die Schuldenspirale des LBK gestoppt werden musste.

Nun aber zu Ihrem Antrag: Grundsätzlich haben Sie recht damit, dass der Arbeitsschutz bei Zeitarbeitern nicht so wirksam ist wie bei der Stammbelegschaft. Die Unfallhäufigkeit ist höher, weil Zeitarbeiter bei wechselnden Arbeitsstätten mit unterschiedlichen Arbeitsabläufen konfrontiert werden. Sie sind nicht so in den Informationsfluss im Unternehmen eingebunden wie die Stammbelegschaft. Dies gilt aber grundsätzlich und ist nicht ausschließlich auf Asklepios zu beschränken. Beim Amt für Arbeitsschutz gibt es keine Erkenntnisse, dass es in den Asklepios-Krankenhäusern durch vermehrten Einsatz von Zeitarbeitern zu Verstößen gegen Arbeitsschutzvorschriften gekommen ist. Aus Sicht der Gesundheitsvorsorge ist es natürlich zu begrüßen, dass möglichst viele Stellen mit Stammbelegschaft besetzt werden. In allen Hamburger Krankenhäusern müssen aber auch zeitweilig Pflegekräfte von Zeitarbeitsfirmen beschäftigt werden. Dies ist keine Besonderheit der Asklepios-Häuser.

Diese sogenannten Leiharbeiter und Leiharbeiterinnen werden in der Pflege eingesetzt, wenn zum Beispiel große Personalausfälle zu verzeichnen sind oder Bereiche nur temporär betrieben werden, vor allen Dingen in Spitzenzeiten. Ihre Behauptung

(Kersten Artus)

in der Antragsbegründung, bei den Asklepios-Krankenhäusern würde durch eine ständig steigende Zahl von Leiharbeitsplätzen – Sie betonen das mehrfach, auch gerade in Ihrer Rede – die tarifliche Beschäftigung unterwandert, ist doch völlig an den Haaren herbeigezogen.

(Beifall bei der CDU)

In Wahrheit, und das sind die jüngsten Zahlen, wurde in den letzten zwölf Monaten der Personalbestand sogar erhöht, die Anzahl der Auszubildenden um 4,8 Prozent gesteigert und die Zahl der externen Beschäftigten – das ist Ihre Kritik – um 8,3 Prozent gesenkt. Ich weiß nicht, woher Sie Ihre Zahlen mit den 30 Prozent hatten, das ist auf jeden Fall nicht seriös. Im Rahmen der Systemkontrolle hat das Amt für Arbeitsschutz in den letzten sechs Jahren festgestellt, dass die Beschäftigung von Zeitarbeitskräften in den Asklepios-Häusern gering war. Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) hat das Thema Zeitarbeit zu ihrem Schwerpunkt erklärt. Um die aktuelle Situation zu erfassen, plant das Amt für Arbeitsschutz für 2010, auch die einzelnen Asklepios-Häuser aufzusuchen und zu überprüfen. Die Arbeitgeber der Asklepios-Krankenhäuser, die Gewerkschaft und der Betriebsrat befinden sich zurzeit in Verhandlungen und auch heute haben Verhandlungen stattgefunden. All das, was wir gerade machen, ist prinzipiell kontraproduktiv. Wir dienen damit nicht der Sache. Lassen Sie diejenigen die Hausaufgaben machen, die dafür bestimmt sind, und nicht uns.

(Beifall bei der CDU und bei Horst Becker GAL)

Genau hier sehe ich Ihre eigentliche Motivation für Ihren Antrag. Sie wollen Stimmung für eine Seite der Tarifpartner machen. Für meine Fraktion gilt aber weiterhin der Grundsatz, dass sich die Politik aus dem Tarifgeschäft heraushält. Die genannten Zahlen zeigen, dass es für Ihren Antrag überhaupt keinen Anlass gibt. Der Senat nimmt seine Kontrollfunktion im Aufsichtsrat wahr. Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass der Senat eine Umwandlung von Stammarbeitsplätzen in Zeitarbeitsplätze im Aufsichtsrat verhindern wird. Daher sehen wir für die von Ihnen beantragte Initiative zurzeit keinen Handlungsbedarf und werden Ihren Antrag ablehnen. – Danke.

(Beifall bei der CDU und bei Horst Becker und Andreas Waldowsky, beide GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Schäfer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kreuzmann, Ihre Ausführungen am Ende möchte ich noch einmal aufgreifen. Der Senat nimmt seine Aufgabe im Aufsichtsrat wahr und stellt sicher, dass der Anteil der Zeit

arbeitskräfte bei Asklepios so niedrig bleibt, wie er die letzten Jahre war.

(Jörn Frommann CDU: Da haben Sie nicht richtig zugehört!)

Ich möchte, dass der Anteil von Zeitarbeitskräften bei Asklepios niedrig bleibt.

(Jörg Hamann CDU: Das ist gar nicht Aufga- be des Aufsichtsrats!)

Das sei, sagt Ihr Kollege gerade, nicht die Aufgabe des Aufsichtsrats.

Ich möchte vom Senat hören, ob er bereit ist, seine Aufgaben im Aufsichtsrat dahingehend wahrzunehmen, dass er über seine 25,1 Prozent Minderheitenbeteiligung, aber immerhin mit einer Sperrminorität, sicherstellt, dass der Anteil der Leiharbeitskräfte bei Asklepios ein Ausmaß nicht überschreitet, das die Pflege stark beeinträchtigen würde. Das ist nämlich genau das, was wir befürchten, und zwar mit einigem Recht.

Vor fünf Jahren haben wir hier den Verkauf des LBK an Asklepios debattiert. Damals waren wir der Meinung, dass er nicht verkauft, sondern verschenkt werde. Mittlerweile liegen Zahlen vor, die stark darauf hinweisen, dass diese Befürchtung voll und ganz eintreten wird. Wir werden das nächstes Jahr nachprüfen, wenn die ersten vier Jahre abgelaufen sind, wenn dann festgestellt werden wird, ob der Kaufpreis heruntergesetzt werden kann, wie viel an Dispositionskredit in Anspruch genommen worden ist und dergleichen mehr. Das ist heute nicht das Thema.

Heute geht es um das Thema, das wir damals auch angesprochen haben, nämlich die Befürchtung, dass mit einer Privatisierung der Krankenhäuser eine Verschlechterung der Pflege einhergeht. Das hat seine Ursache schlicht darin, dass, wenn ein Krankenhaus Gewinn erzielen möchte, es bei dem System der DRGs fast nur eine Stellschraube gibt, um dies zu erreichen, und das ist die Kostenschraube. Das heißt, man muss die Kosten senken, um innerhalb der DRGs, innerhalb dieses Abrechnungssystems, Gewinn erzeugen zu können. Mittlerweile wissen wir, dass Asklepios immer noch keinen Gewinn erzielt hat. Auch nach der Privatisierung ist dies nicht gelungen, obwohl von Anfang an genau beim Personal gespart worden ist, indem ein neuer Tarifvertrag für das Stammpersonal abgeschlossen worden ist, was noch gut war. Jetzt wird das Stammpersonal zunehmend durch Leiharbeit ersetzt.

Deswegen habe ich eine Kleine Anfrage gestellt und dachte, über deren Beantwortung sicherstellen zu können, dass das nicht geschieht. Die Antwort lautet: Über diese Geschäftsgeheimnisse gibt Asklepios und damit der Senat keine Auskunft. Es wurde nicht eine einzige Frage beantwortet, etwa danach, welcher Anteil des Personals vollzeit- und

(Thomas Kreuzmann)

welcher Anteil teilzeitbeschäftigt ist, wie viele nach welchem Tarif bezahlt werden und nach welchem Tarifvertrag. Es wurde nicht beantwortet, wie hoch der Anteil der Leiharbeit ist und von daher sind Ihre Worte Schall und Rauch. Der Senat soll diese Fragen beantworten, dann wissen wir es.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Weshalb hat Asklepios eine eigene Personalservicegesellschaft gegründet, die nichts anderes tut, als Leiharbeiter zu verleihen, und zwar an sich selbst? Nächste Frage: Was kostet so jemand? Was muss ein Krankenhaus an diese Personalservicegesellschaft für einen Menschen überweisen, der als Leiharbeiter tätig ist, und was bekommt er selbst? Was bekäme im Vergleich dazu ein fest Angestellter? Wer wäre eigentlich für das Krankenhaus teurer? All das habe ich gefragt, beantwortet wurde nichts. Das alles deutet darauf hin, dass tatsächlich vieles im Argen liegt.

(Beifall bei der LINKEN und bei Anja Dom- res SPD)

Es lässt sich nur dadurch beheben, dass der Senat solche Fragen beantwortet. Jetzt hat er die Gelegenheit, bitte kommen Sie her und sagen uns, was los ist.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Wort bekommt Frau Möller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Schäfer, Sie haben gesagt, vielleicht deute das Nicht-Antworten darauf hin, dass etwas im Argen läge, dass Asklepios eben nichts darüber veröffentlicht, was eigentlich passiert.

(Dr. Martin Schäfer SPD: Wir haben einen Anteil von 25,1 Prozent!)

Ja, wir haben einen Anteil und ich beginne doch anders als der Kollege von der CDU.

Es war ein Fehler, den LBK zu zerschlagen. Das muss man noch einmal sagen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Die Ökonomisierung von Krankheit und Gesundheit schadet den Patienten und Patientinnen und genauso den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie beeinträchtigt die Rechte ebenso wie das Gesundwerden, von dem ein großer Teil auf das Zuhause verlegt wird, was auch nicht immer der richtige Weg für die Patientinnen und Patienten ist.

Was soll denn eigentlich Zeitarbeit? Zeitarbeit ist von der Idee her ein Wiederheranführen, ein Zu

rück an einen Arbeitsplatz und nicht ein schleichender Austausch einer festen Belegschaft, der Stammbelegschaft eines Betriebes. Man muss bei einigen Bereichen, vor allem eher im gewerblichen Bereich, davon ausgehen, dass genau das passiert. Wenn man sich den Bereich Dienstleistung in Hamburg ansieht, dann sind ungefähr 50 Prozent der Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter im Dienstleistungsbereich beschäftigt. Die Gesamtzahl beläuft sich im Übrigen auf ungefähr 28 000, eine Verdoppelung dieser Summe in den letzten zehn Jahren. Von diesen 50 Prozent Dienstleistungsbereich sind allerdings nur 4,8 Prozent, so sagen die Tabellen, im Gesundheitsbereich tätig. Das sind dann nur noch 650 Männer und Frauen. Die Zahl ist relativ klein, aber natürlich muss man die Tendenz im Auge behalten. Wir haben eine ähnliche Sorge, wie sie auch schon geäußert wurde, dass die Tendenz nach oben und nicht zurück geht und vor allem nicht in feste Arbeitsplätze führt.

Die großen Anzeigen für die Asklepiosklinik lauten: "Wir suchen ab sofort oder zum nächstmöglichen Zeitpunkt examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerinnen in Vollzeit und Teilzeit innerhalb der Arbeitnehmerüberlassung."

Das ist das andere, nettere Wort für Leiharbeit. Angeboten werden dabei unbefristete Arbeitsverträge und dauerhafte Beschäftigung in einer Klinik. Verstehe das, wer will, aber das sind nicht die Grundidee und das Grundmotto von Leiharbeit.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL, der SPD und der LINKEN)

Asklepios hat, das wurde gesagt, eigentlich einen Tarifvertrag mit ver.di und trotzdem eine Tochterfirma mit einem eigenen Vertrag, der zwischen DGB und dem Interessenverband Zeitarbeit abgeschlossen ist. Wie der aussieht und welche Tarifunterschiede es gibt, konnte zumindest ich nicht ermitteln. Vielleicht wissen das die Kollegen, die gewerkschaftsnaher sind. Es ist auf jeden Fall nicht öffentlich diskutierbar und nicht transparent. Das halten wir auch für ein großes Problem.

Die Frage ist nur, was das Parlament tun kann, außer daran zu appellieren, dass Hamburg verantwortungsvoll mit seinem 25-Prozent-Anteil umgehen soll. Wir müssen uns in die öffentliche Debatte zu diesem Thema einbringen und die Gewerkschaften in der Auseinandersetzung mit Betrieben, vor allem im gewerblichen Bereich, unterstützen, denn der Großteil der Leiharbeiter und Leiharbeiterinnen, wobei 70 Prozent Männer sind, sind ungelernte Helfer im gewerblichen Bereich. Trotzdem müssen wir die Diskussion darüber, was eigentlich aus diesem ursprünglichen Modell Zeitarbeit zur Überbrückung hin zu einem festen Arbeitsplatz wird, öffentlich führen. Die Unterstützung dafür haben Sie.

(Dr. Martin Schäfer)

Die Frage, was der Senat machen kann und was wir als Bürgerschaft beschließen können, würde ich anders beantworten wollen als die LINKE. Die öffentliche Diskussion über dieses Modell des Verleihens von Arbeitskräften braucht die politische Debatte, braucht ein Gegengewicht, das sich öffentlich entwickelt. Wir sind überzeugt davon, dass der Senat, wie wir gehört haben, seine 25 Prozent aufmerksam und sorgfältig auch in diesem Sinne vertreten wird.

Jetzt müssen wir erst einmal das Verhandlungsergebnis abwarten und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Klagen unterstützen. Den Antrag der LINKEN unterstützen wir hier allerdings nicht.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt Frau Artus.