Protocol of the Session on December 9, 2009

Ich rufe nun zunächst das erste Thema auf. – Das Wort bekommt der Abgeordnete Goldberg.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Zuge der schwersten Weltwirtschaftskrise, die wir zumindest zu Lebzeiten bisher erfahren mussten, haben sich schwerwiegende Folgen für die Hamburger Wirtschaft ergeben. Darauf haben sowohl der Bund als auch das Hamburger Konjunkturprogramm bis heute sehr erfolgreich reagiert, aber eine der schwersten Folgen für Hamburg sind Steuerausfälle in Milliardenhöhe. Insbesondere betreffen diese Steuerausfälle die Gewinnsteuern der Unternehmen.

Man könnte auf diese Steuerausfälle natürlich so reagieren, wie Herr Neumann das vor einigen Wochen vorgeschlagen hat, nämlich eine radikale Kürzungsorgie nach dem Rasenmäherprinzip zu beschließen mit weitreichenden Folgen für Konjunktur, Arbeitslosigkeit und auch weitere Steuerentwicklungen. Das wollen wir natürlich nicht, sondern wir haben uns entschlossen, einen anderen Weg zu gehen, um die Unternehmen weiter zu stärken. Wir haben nicht vor, Investitionen zu kürzen und die öffentlichen Leistungen so radikal zusammenzustreichen, dass die Stadt praktisch handlungsunfähig wird; genau das tun wir nicht.

Wir werden auch nicht das tun, was von der LINKEN vorgeschlagen wurde, nämlich in dieser Situation noch einmal insbesondere den öffentlichen Konsum, sprich Sozialausgaben und sonstige Leistungen der Stadt im strukturellen Bereich, erheblich auszuweiten und fremdzufinanzieren. Das werden wir nicht tun, sondern wir halten unseren Haushaltsansatz des letzten Doppelhaushalts ein. Wir werden die Steuerausfälle mit einem festen Tilgungsregularium fremdfinanzieren, das ist richtig, und wir sparen die Zinslast, die daraus entsteht, in der Tat strukturell ein.

Natürlich kommen die Vorwürfe aus jeder Ecke, man spare immer an der falschen Stelle. Wir haben allerdings von der Opposition hierzu, abgesehen von zwei Vorschlägen von Herrn Tschentscher, nicht einen einzigen praktikablen Vorschlag bekommen. Der erste Vorschlag von Herrn Tschentscher war, wir hätten viel zu viele öffentliche Flächen, die könne man doch reduzieren. Das ist eine tolle Idee, allerdings weiß er ganz genau, dass wir vertragliche Situationen haben, aus denen wir so nicht herauskommen, sprich, der Vorschlag ist nicht praktikabel.

(Wilfried Buss SPD: Wer hat denn die Ver- träge geschlossen?)

Guter Mann, wer hat die Verträge geschlossen? Dazu kann ich nur sagen: Tempi passati, schauen Sie sich die Zinslast an, die wir von Ihnen übernommen haben.

(Dirk Kienscherf SPD: Die alte Leier!)

Da fangen Sie genauso an und sagen, das sei alles schon gelaufen. Wunderbar, nur aus den Verträgen, die wir haben, kommen wir nicht heraus, wer auch immer sie geschlossen hat.

(Wilfried Buss SPD: Das war doch Herr Pei- ner, der diese Verträge geschlossen hat!)

Das ändert nichts an der heutigen rechtlichen Verpflichtung.

Auch ein zweiter, ganz toller Vorschlag kam von Herrn Tschentscher. Er sagte, es gebe vier Pressesprecher in der Behörde für Inneres, davon könne man doch zwei einsparen. Das ist eine ganz tolle Geschichte. Ihre Fraktion reklamiert lange und nachhaltig, die Behörde für Inneres würde nicht artig genug kommunizieren. Nun ist das eine große Behörde mit vielen Aktivitäten und was machen diese Leute? Sie sorgen dafür, dass die Aktivitäten von Polizei und Feuerwehr in der Öffentlichkeit kommuniziert werden.

(Carola Veit SPD: Aber wie!)

Dass Ihnen die Regierungspolitik der CDU und der GAL nicht gefällt, das kann ich mir vorstellen. Aber das ist nun einmal so, Sie sitzen auf den Oppositionsbänken und nicht in der Regierung.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Das wird sich mit Ihrer Art zu argumentieren auch so schnell nicht ändern.

Wir werden auf unsere Art, die Sanierungsbeiträge zu leisten, unsere politischen Schwerpunkte weiterhin beibehalten. Unsere politischen Schwerpunkte Schule, Wissenschaft und Innere Sicherheit werden deutlich weniger konsolidiert, das Gleiche gilt für die Kultur. Insbesondere gilt es auch für den Sozialbereich, wo Sie uns vorwerfen, dass wir dort besonders Tabula rasa machen würden. Das Gegenteil ist der Fall. Das Einzige, was wir an der Stelle tun, ist, übermäßige Ausgabensteigerungen zu vermeiden, die wir nicht gegenfinanzieren können.

(Dirk Kienscherf SPD: So kann man das auch nennen!)

Sie wissen natürlich ganz genau, dass insbesondere Bundesrecht auf uns zukommt, das zu erheblichen Mehrbelastungen führt, und Sie wissen auch, dass die wirtschaftliche Situation zu Mehrbelastungen führt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Welcher Partei gehört die Kanzlerin an? – Andy Grote SPD: Wie stimmen Sie denn bei den Ländern ab? – Dirk Kienscherf SPD: Sie machen doch die Steuerausfälle!)

Das ist natürlich ganz toll, wir machen also die Steuerausfälle. Herr Kienscherf, Sie behaupten,

(Präsident Berndt Röder)

die Hamburger CDU und diese Regierung wären für die Weltwirtschaftskrise verantwortlich. Das ist doch eine ganz tolle Geschichte. Sie haben offensichtlich noch nicht verstanden, dass die Steuerkraft in Hamburg vor allen Dingen darauf beruht, dass wir erfolgreich an der Weltwirtschaft teilnehmen. Leider ist es so, dass das in dieser Rezession besonders auf Hamburg zurückfällt. Dies aber einer bestimmten Regierung anzulasten, ist ziemlich albern.

(Beifall bei der CDU)

Herr Tschentscher hat auch reklamiert, wir würden Steuergelder …

(Glocke)

Herr Abgeordneter, sehen Sie das Licht dort vorne?

Demutsvoll erkenne ich das rote Licht und erkläre meine Rede für beendet.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Egloff.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich haben wir die schwerste Krise dieses Wirtschaftssystems seit den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts und natürlich sind die 6 Milliarden Euro Steuermindereinnahmen bis 2013 keine Peanuts für diese Stadt. Aber spätestens seit der Mai-Steuerschätzung ist doch bekannt, dass die öffentlichen Einnahmen wegbrechen – auf Bundesebene um 316 Milliarden Euro. Jeder, der sich mit dieser Materie auskennt, weiß, in welcher Größenordnung Hamburg davon betroffen ist. Insofern ist die Situation nicht neu gewesen. In dieser Situation haben Sie trotzdem – obwohl die Krise und ihre Auswirkungen bekannt waren – den Haushalt beschlossen, den Sie jetzt haben, und nun müssen Sie nachsteuern. Wir als Opposition haben davor gewarnt, das zu tun. Wir haben gefordert, keinen Doppelhaushalt zu beschließen und abzuwarten, wie sich die Krise entwickelt. Das wollten Sie nicht und das Malheur ist jetzt passiert.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Joachim Bi- schoff DIE LINKE)

Natürlich rächt sich auch, dass der CDU-Senat in guten Zeiten in Wahrheit nicht gespart, sondern weiter an der Ausgabenschraube gedreht hat. Unsolide Finanzierung von Großprojekten wie U4, Elbphilharmonie und andere, Verscherbeln des Hamburger Tafelsilbers, Verkauf von riesigen Immobilienpaketen mit der Folge, die wir eben hier diskutiert haben, dass der Senat jetzt Flächen in

Größenordnungen anbieten muss, die den Haushalt erheblich belasten, die Schaffung von Sondervermögen außerhalb des Haushalts, das werden wir nachher noch einmal sehen, und die Verschuldung außerhalb des Haushalts zu verschieben und zu suggerieren, der Haushalt sei ausgeglichen, aber in Wahrheit sitzt die Stadt an anderer Stelle auf Milliardenschulden – das ist einfach unsolide Haushaltspolitik, die Sie hier betreiben.

(Beifall bei der SPD)

Dabei blenden Sie bestimmte Punkte aus. Wir haben gestern im Wirtschaftsausschuss über das Thema Hafen diskutiert. Wir wissen, in welcher Situation sich der Hafen befindet.

(Olaf Ohlsen CDU: Ja!)

Genau, Herr Ohlsen, Sie waren auch dabei.

Das Problem ist, dass Sie beispielsweise die Hafeninvestition aus der HHLA-Milliarde finanzieren. Aber was passiert, wenn die alle ist, wenn sie denn überhaupt noch da ist, weil sie nicht in ein Sondervermögen gepackt worden ist, um für den Hafen aufbewahrt und genutzt zu werden? Wir werden in den nächsten Monaten oder spätestens im nächsten Jahr feststellen, dass die HPA auf eine Pleite zuläuft. Da werden 1600 Leute aus der Behörde in eine neue Anstalt öffentlichen Rechts überführt und irgendwann werden die Zuschüsse gestrichen nach dem Motto "Hafen finanziert Hafen". Das wird Ihnen auf die Füße fallen. Spätestens die Krise hat gezeigt, dass dieses Konzept nicht finanziert ist. Da werden Sie die nächste Baustelle haben und dafür haben Sie keine Lösung.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Joachim Bi- schoff DIE LINKE)

Über die HSH Nordbank haben wir hier oft genug diskutiert. Ich möchte nur daran erinnern, was passiert, wenn die Krise der Schifffahrt bei den Schiffsfinanzierungen, die die HSH Nordbank im Portfolio hat, nicht im nächsten Jahr beendet ist. Dann ist das eine weitere Baustelle, die diesen Haushalt der Freien und Hansestadt Hamburg in erheblichem Maße belasten wird. Auch das geht auf das Konto des CDU-Senats.

(Beifall bei der SPD)

Dann haben wir die Bundesregierung, der Partei gehört Herr Goldberg an und auch der Bürgermeister. Der Bürgermeister war wahrscheinlich nicht in Berlin anwesend, als über den Koalitionsvertrag abgestimmt wurde. Da werden jetzt Steuersenkungen beschlossen. Der Bundestag hat sie auf Druck der FDP schon beschlossen, die CDU macht lustig mit und der Bundesrechnungshof sagt, so gehe es nicht. Der Bundesrechnungshof hat recht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei Norbert Hack- busch DIE LINKE)

(Thies Goldberg)

Wir können nicht zulassen, dass die Bundesländer zusätzlich in die Verschuldung gedrängt werden. Das tut die Bundesregierung und deswegen fordere ich Herrn von Beust auf, im Bundesrat diesem Paket nicht zuzustimmen und sich nicht auf einen Kuhhandel einzulassen nach dem Motto "Wir kriegen ein bisschen Geld für die Bildung und dafür fahren wir die Steuereinnahmen runter". Das wird Ihnen auf die Füße fallen, das wird dieser Stadt zusätzliche Probleme bereiten und deswegen: Lehnen Sie das im Bundesrat ab, stehen Sie zu Ihrem Wort und halten Sie dieses Wort. Das erwarten wir von Ihnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Kerstan.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Senat muss innerhalb von drei Jahren, vom Jahr 2010 bis 2013, ein Sparpaket von 1,15 Milliarden Euro umsetzen. Das ist mit Sicherheit eines der größten Sparpakete, die hier jemals verabschiedet wurden, und das angesichts einer Situation, in der die Weltwirtschaft Deutschland schwer getroffen hat und Hamburg zusammen mit den exportorientierten Bundesländern im Süden dieser Republik zu den am stärksten getroffenen Regionen innerhalb Deutschlands gehört.

Wenn ich mir jetzt die Debatte ansehe, dann ist das natürlich eine Herausforderung, aber wenn ich mir den Beitrag von Herrn Egloff von der größten Oppositionspartei anhöre, der über den Hafen und die Bundesregierung geredet hat, dann scheint auch die Opposition der Meinung zu sein, dass wir ein relativ ausgewogenes Paket vorgelegt haben. Denn große Kritik an den Maßnahmen, die wir dort verkünden müssen, habe ich eben in Ihrer Rede nicht vernommen und das bestätigt uns in der Auffassung, dass wir ein vertretbares Bündel geschnürt haben, um einerseits den Haushalt zu konsolidieren und andererseits die Wirtschaft zu stärken und die Zukunftsfähigkeit dieser Stadt auch in der Krise weiter voranzubringen. Insofern wollen wir diesen Weg auch gerne weiter gehen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)