Wir sind diesen Schritt gegangen, weil es nicht sein darf, dass die Leute 23 Stunden in ihrer Zelle eingeschlossen sind. Die Gefangenen müssen sich in ihrer Freizeit immerhin auf der Station frei bewegen können, so dass in dieser Zeit auch menschliche Interaktion und normaler menschlicher Umgang möglich ist. Das sollen die Untersuchungsgefangenen natürlich während der Untersuchungshaft nicht verlernen. Wir haben auch den Anspruch
auf die gemeinsame Unterbringung geregelt. Weil das natürlich auch ein job to do ist, weil wir noch einiges umbauen müssen, um das zu gewährleisten, haben wir im Gesetz eine Übergangsfrist bis 2014 vorgesehen. Wir haben einen klaren Auftrag, das zu gewährleisten. Das ist notwendig, um die Gefangenen vor Gefahren durch Übergriffe zu schützen, die es natürlich in der Untersuchungshaft geben kann.
Auch in dem Punkt, dass Rechtsanwälten und Notaren ebenso wie Strafverteidigern der geschützte Zugang zu den Untersuchungsgefangenen gewährt werden muss, gehen wir weiter als alle anderen Bundesländer, weil natürlich das Anwaltsgeheimnis, die Vertraulichkeit im Umgang zwischen Anwalt und Mandant auch für andere Fälle als für die Strafverteidigung gewährleistet sein muss. Gerade wenn jemand unmittelbar aus seiner beruflichen Tätigkeit herausgerissen wird, ist der vertrauliche Kontakt zum Anwalt notwendig.
Es ist bereits erwähnt worden, dass wir eine sehr strikte Regelung für die Videoüberwachung vorsehen. Auch das ist ein wichtiger Schritt, um die Grundrechte der Untersuchungsgefangenen zu schützen.
Diese Aufzählung macht deutlich, dass wir uns im Vergleich mit anderen Bundesländern überhaupt nicht verstecken müssen. Das sei auch dem Antrag der LINKEN entgegengehalten, der sehr viele zusätzliche Forderungen aufstellt, was alles noch schön und wünschenswert wäre. Es geht – und das ist ganz wichtig – bei dieser gesetzlichen Regelung darum, jeweils Ansprüche zu regeln, festzulegen, was im Zweifelsfall einklagbar sein soll und was die Anstalt in jedem Fall, auch bei Schwierigkeiten und auch bei voller Belegung, garantieren muss, was sie auch in schwierigen Situationen und bei schwierigen Gefangenen, wo besondere Vorkehrungen erforderlich sind, irgendwie hinbekommen muss. Deswegen war es richtig zu sagen, zwei Stunden beträgt der Anspruch auf Besuch. Darüber hinaus kann natürlich und soll auch weiterer Besuch gewährleistet werden, aber es wäre verkehrt, das als gesetzlichen Anspruch zu regeln, weil wir dann der Untersuchungshaftanstalt die Möglichkeit nehmen würden, auf schwierige Lagen zu reagieren. Diese Flexibilität muss auch gegeben sein.
Die Untersuchungshaftanstalt muss natürlich die Sicherheit garantieren können und wir sind bislang nicht in der Lage, einen freien Internetzugang oder einen freien Zugang zu E-Mails entsprechend zu kontrollieren. Sie haben es eingeräumt beim Thema Verdunkelungsgefahr, da liegt es auf der Hand. Aber wir haben das dringende Interesse sicherzustellen, dass nicht über den Internetanschluss der
Diese wichtige Balance zwischen der Sicherung der Grundrechte der Untersuchungsgefangenen und den Sicherheitsbelangen, die wir im Interesse der Hamburger Bevölkerung wahren müssen, sehe ich im Antrag der LINKEN nicht gewährleistet. Diese Balance hinzubekommen, im Einzelnen zu prüfen, wie können wir der Gewährleistung von Grundrechten Gefangener sowohl in der Strafhaft als auch in der Untersuchungshaft Rechnung tragen, darin besteht die Linie der schwarz-grünen Rechtspolitik. Wir geben uns außerordentliche Mühe zu prüfen, wie wir gleichzeitig sicherstellen können, dass die Sicherheit gewährleistet ist. Diese Linie haben wir bei diesen drei Gesetzen sehr gut eingehalten, das werden wir auch in der Praxis so handhaben und ich denke, darauf können wir stolz sein.
Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung, zunächst zum Antrag der Fraktion DIE LINKE aus der Drucksache 19/4793.
Wer möchte dem Antrag der SPD-Fraktion aus der Drucksache 19/4809 zustimmen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.
Wer möchte sich nun der Empfehlung des Rechtsund Gleichstellungsausschusses anschließen und das Gesetz über den Vollzug der Untersuchungshaft aus Drucksache 19/4451 beschließen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig angenommen worden.
Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Den sehe ich nicht. Wer will das soeben in erster Lesung beschlossene Gesetz in zweiter Lesung beschließen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Gesetz ist damit auch in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen worden.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 36 auf, Drucksache 19/4692, Gemeinsamer Bericht des Wirtschaftsausschusses und des Haushaltsausschusses: a)
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie und über weitere Rechtsanpassungen, b) Änderung des Haushaltsplans 2009/2010.
[Gemeinsamer Bericht des Wirtschaftsausschusses und des Haushaltsausschusses über die Drucksache 19/4484: a) Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie und über weitere Rechtsanpassungen b) Änderung des Haushaltsplans 2009/2010 (Senatsantrag) – Drs 19/4692 –]
[Antrag der Fraktion der SPD: Gemeinsamer Bericht des Wirtschafts- und des Haushaltsausschusses über die Drs. 19/4484 a) Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie und über weitere Rechtsanpassungen b) Änderung des Haushaltsplans 2009/2010 – Senatsantrag – Drs 19/4810 –]
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie ist der Bürgerschaft, bitte beachten Sie die Daten, mit Drucksache vom 3. November 2009 vorgelegt worden. Es handelt sich um die Umsetzung einer EU-Richtlinie, bitte beachten Sie wieder die Daten, vom 12. Dezember 2006. Sie muss aber bereits zum 28. Dezember 2009 umgesetzt sein, da anderenfalls der Bundesrepublik ein Vertragsverletzungsverfahren droht.
Es gab drei Jahre Zeit zur Umsetzung der EURichtlinie und jetzt soll diese Drucksache mit etlichen Gesetzesänderungen im Eilverfahren durchgepeitscht werden. Dieser Ablauf ist eine unmissverständliche Missachtung des Parlaments.
Zur Erhöhung der Transparenz, die uns mit dem Lissabon-Prozess versprochen wurde und die das europapolitische Desinteresse beseitigen sollte, kann dieses Vorgehen des Senats nicht beitragen.
Nun wird man vielleicht anführen, es handele sich schließlich um eine komplizierte Materie mit ebenso komplizierten Erfassungsvorgängen. Schließlich mussten für dieses Gesetz alle gesetzlichen und
untergesetzlichen Normen auf ihre Relevanz für den Dienstleistungsbereich überprüft werden. Dass dies länger dauert, sei unbenommen. Anders verhält es sich aber mit der Kernregelung der Dienstleistungsrichtlinie, der Festlegung des einheitlichen Ansprechpartners. Das ist die Stelle, über die alle erforderlichen Informationen erfolgen, aber auch alle erforderlichen behördlichen und außerbehördlichen Genehmigungen abgewickelt werden müssen. Das klingt doch ganz klar nach staatlicher Aufgabe, nicht aber so in Hamburg.
Hamburg hat sich bereits kurz vor der Wahl im Jahr 2008 – wie die SPD findet, unnötig, vorzeitig und in der Sache völlig falsch – den Kammern gegenüber darauf festgelegt, dass der einheitliche Ansprechpartner bei eben diesen Kammern eingerichtet wird. Und zuvor wie auch danach zwischen dem Januar 2008, dem Versprechen des Senats, und November 2009, wurde keine politische Kommunikation darüber geführt, ob diese Festlegung politisch oder sachlich unzutreffend ist. Dies ist Feigheit vor dem Feind, verehrter Senat. Wenn Sie sich Ihrer Sache so sicher waren, warum konnten wir hierüber nicht in einen Diskussionsprozess eintreten, wo doch das Parlament die Richtung für diese Entscheidung mittragen, wenn nicht sogar vorgeben sollte?
Ich sage Ihnen, es war die Furcht, dass zu viele Gründe gegen dieses sogenannte Kammermodell sprechen könnten, und das hat dann auch die Befragung der Sachverständigen ergeben. Keiner der von allen Fraktionen benannten Sachverständigen hat an dem reinen Kammermodell ein gutes Haar gelassen; es seien nur einige Probleme benannt. Die Kammern sind Standesvereinigungen mit Zwangsmitgliedschaft. Hierüber staatliche Aufgaben auszuführen, erscheint schon gegenüber deren Mitgliedern fragwürdig. Äußerst schwierig ist aber die Frage der Fach- und Rechtsaufsicht, die nicht geklärt ist. Besonders problematisch ist die Haftungsfrage, wenn es zu Verzögerungen und Falschberatungen kommt. Dabei reicht es nicht aus, wie das in diesem sogenannten Kooperationsvertrag vorgesehen ist, die Kammern einfach darauf hinzuweisen, sie hätten sich entsprechend zu versichern. Hier wird nämlich Hamburg selbst in Haftung genommen, wenn etwas falsch läuft. Für alle Genehmigungen tritt eine Genehmigungsfiktion ein, wenn nicht rechtzeitig gehandelt wird. Dies wird noch vielfältige Fragen aufwerfen, insbesondere auch der Haftung. Auch diese sind alle ungeregelt.
Ein weiterer kritischer Punkt ist die fehlende Neutralität der Kammern. Als Standesvertretungen müssen sie sich künftig in Beratungs- und Genehmigungsverfahren gerade gegenüber potenziellen Konkurrenten aus dem europäischen Raum neutral
Gänzlich aus dem Blick des Senats ist aber geraten, dass nicht nur Dienstleister auftreten werden, sondern mit jedem Dienstleister auch Arbeitnehmer aus anderen europäischen Staaten zu uns kommen werden. Es wird mit zwei bis vier Arbeitnehmern pro Dienstleister gerechnet, in der Baubranche mit mehr. Auch diese Menschen brauchen eine Beratung. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales empfiehlt ausdrücklich, eine Beratung zum Arbeits- und Sozialrecht bei den einheitlichen Ansprechpartnern oder in separaten Beratungsstellen einzurichten.
Nur der Hamburger Senat hält eine solche Begleitung nicht für erforderlich. Dabei hätte Hamburg von anderen Bundesländern lernen können. Die benachbarten Stadtstaaten Berlin und Bremen haben einen gänzlich anderen Prozess eingeleitet. Mit Zeit und Sachverstand wurde mit allen beteiligten Interessengruppen das Gespräch gesucht und es wurden adäquate Lösungen gefunden. In Berlin wurde eine Projektgruppe mit Kammern und Gewerkschaften eingerichtet. Der "Einheitliche Ansprechpartner" wird dort beim Wirtschaftssenator eingerichtet. Die Verwaltung wurde viel besser auf die Anforderungen eingestellt. So soll es in Berlin in jedem Bezirk eine einheitliche Verwaltungsstelle zur Sammlung und Bearbeitung aller Anträge geben. Von einem geordneten, verwaltungsmäßigen Verfahren ist man in Hamburg weit entfernt. Die Drucksache gibt hierzu jedenfalls keine Auskünfte.
Die weiteren Kritikpunkte, die auch die Sachverständigen aufgegriffen haben, betreffen Gebührenregelungen, Kostenfragen für die Verwaltung und Datenschutzregelungen. Ich erspare mir, auf Einzelheiten einzugehen. Wichtig ist aber noch eines. Sollte die Koalition wider Erwarten nicht unserem Antrag auf Verbesserung der Dienstleistungsrichtlinie folgen, sorgen Sie wenigstens für eine anständige Evaluation nach drei Jahren, damit tatsächlich messbar ist, wie gut der "Einheitliche Ansprechpartner" bei den Kammern gearbeitet hat.
Auch hierzu enthält unser Antrag einen Passus. Verehrter Senat, Ihre Vorlage zur Dienstleistungsrichtlinie ist unausgereift, einseitig und lässt viele Belange unberücksichtigt.
Die hier vertretenen Fraktionen täten gut daran, dem Antrag der SPD zu folgen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.