Protocol of the Session on October 8, 2009

Das Wort erhält der Abgeordnete Buss.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist erfreulich zu sehen, dass der Antrag der SPD-Fraktion, der 2005 nahezu wortgleich ins Parlament eingebracht wurde und damals schnöde von der absoluten Mehrheit der CDU in den Papierkorb versenkt wurde, heute, vier Jahre später, auf eine einvernehmliche Befassung und auch einen so sachlichen Umgang, wie es gerade vom Vorsitzenden unseres Ausschusses freundlicherweise dargestellt wurde, getroffen ist. Dafür, Herr Grapengeter, vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Es hat sich in der Tat gezeigt, dass es richtig war, noch einmal Expertinnen und Experten aus den vier Vertretungen einzuladen, die mit diesem Verfahren der Eingabe über das Internet schon Erfahrungen gemacht haben. Frau Möller hat schon gesagt, dass es seit fast vier Jahren auch der Bundestag macht.

Wir hatten wirklich alle etwas Sorge, dass wir erfahren müssten, dass damit jede Menge Missbrauch betrieben wird, doch es hat sich das Gegenteil gezeigt. Alle Expertinnen und Experten haben befürwortet, dass auch Hamburg jetzt diesen Weg geht. Sie haben keine schlechten Erfahrungen gemacht und deswegen empfehlen sie uns, dieses entsprechend umzusetzen.

Das Zweite, das auch auffällig war, das wir aber noch nicht weiter verfolgt haben, aber für uns Sozialdemokraten schon auf der Tagesordnung steht, ist die Erfahrung, die insbesondere die bayerischen Kolleginnen und Kollegen gemacht haben, nämlich dass man nicht nur im Bundestag, sondern auch in Bayern diesen Weg der öffentlichen Petitionen gehen will. Der Kollege aus Bayern war der Ansicht, dass es auch eine neue Form des künftigen Parlamentarismus sein könne, dafür zu werben, damit man auch als Bürger merkt, dass man mit seinen Anliegen stärker wahrgenommen wird. Man erreicht gleichzeitig über diese moderne Form der Kommunikation eine neue Öffentlichkeit und das kann durchaus auch gegen Politikverdruss helfen.

Wir wissen aber auch – deswegen haben wir es noch nicht eingebracht –, dass die Durchführung zusätzliche Mittel erfordern wird. Der Bundestag hat das sehr deutlich gemacht, es kostet personelle Ressourcen von nicht unerheblichem Maße. Für uns wären das etwa zwei volle Planstellen, die man braucht, um die Foren, die dafür notwendig sind, entsprechend zu betreuen und eventuelle missbräuchliche Anwendungen entfernen zu können. Diese Sache nehmen wir uns vielleicht für das nächste Haushaltsjahr 2011/2012 vor und werden einmal sehen, wie es funktioniert.

Deutlich wird also, dass alle für diesen neuen Weg sind, nur interessanterweise – das ist für uns höchst bedauerlich – gibt es offensichtlich eine Zerstrittenheit in der CDU-Fraktion, obwohl wir uns alle einig waren, dass dieses Gesetz am 1. Januar 2010 in Kraft treten soll.

(Olaf Ohlsen CDU: Eine Rechtssicherheit brauchen wir noch!)

Dieser einstimmig beschlossene Weg ist im Übrigen, Herr Kollege Ohlsen, vom Justiziar der Bürgerschaft eng begleitet und immer überprüft worden, ob alles datenschutzmäßig und parlamentarisch seine Richtigkeit hat. Dass er trotzdem noch einmal überwiesen werden muss an den Ausschuss und damit noch einmal mindestens sechs Wochen aufgehalten wird, finden wir sehr bedauerlich. Bei einer einstimmig beschlossenen Initiative kann ich im Namen unserer Fraktion nicht nachvollziehen, dass es da derartige Verzögerungen geben wird.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Ich schließe mich deswegen der Bitte des Kollegen Grapengeter an – da richte ich mich insbesondere an Ihre Fraktion –, dass es eine zügige Beratung im Verfassungsausschuss geben möge. Demnächst wird es die entsprechende Umstellung aller Petitionen auf den elektronischen Weg geben, die sogenannte elektronische Akte wird eingeführt werden. Von daher bietet sich auch an, dass wir diese E-Mail-Petition dazu nehmen, dass es möglichst zügig und gut gemacht wird, damit wir den 1. Januar 2010 noch erreichen können. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn dies gelingt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält die Abgeordnete Schneider.

Meine Damen und Herren, Herr Präsident! Sie werden sich vielleicht wundern, warum ich spreche, weil ich nicht im Eingabenausschuss bin, aber ich habe die Überweisung schon einmal antizipiert, weil ich Mitglied im Verfassungsausschuss bin.

Ich habe alles durchgelesen, ich habe das Wortprotokoll und den Bericht gelesen, ich habe die Debatte verfolgt und frage mich natürlich auch, warum wir das Ganze eigentlich überwiesen haben. Es herrschte tatsächlich eine große Übereinstimmung, bei der ich für unsere Fraktion sage, dass auch wir uns freuen, wenn es jetzt zügig auf den Weg kommt. Aber es macht nichts, überweisen wir es noch einmal.

Wir haben da die Gelegenheit, vielleicht zwei Punkte, die im Eingabenausschuss schon zur Sprache gekommen sind, noch einmal im Verfas

sungsausschuss anzusprechen, ohne dass wir uns unter Entscheidungsdruck setzen, aber es sind zwei wichtige Fragen. Eine davon hat mein Kollege Buss schon angesprochen, die Frage der öffentlichen Petitionen. Hier kann man vielleicht vereinbaren, die Erfahrungen, die der Deutsche Bundestag damit gemacht hat, auszuwerten. Auf jeden Fall bedeuten sie doch einen ziemlichen Schritt in Richtung öffentlicher Meinungsbildung und Einwirkung von öffentlicher Diskussion auf die Parlamente. Ich glaube, diese Erfahrungen soll man nicht geringschätzen, auch wenn es mit Geld verbunden ist, aber hier sind wir nicht unter Zeitdruck, Ihre Perspektive finde ich ganz sympathisch.

Die zweite Frage, die wir ansprechen können, ist ebenfalls durch unsere Kollegen im Eingabenausschuss aufgeworfen worden, die Frage des barrierefreien Zugangs. Hier geht es nicht zuletzt auch um die Frage, wie den Menschen, die das Schriftdeutsch nicht beherrschen, der Zugang erleichtert wird, denn das Recht, Eingaben zu machen, ist ein Recht für jedermann. Es gilt zum Beispiel auch für ausländische Staatsangehörige und Staatenlose.

Ich habe auf der Homepage der Bürgerschaft unter Eingabenausschuss nachgesehen und festgestellt, dass es dort Informationen über den Eingabenausschuss in sieben Sprachen gibt; dies wird seinen Grund haben. Wenn darüber informiert wird, dass man Eingaben in sieben Sprachen machen kann, dann heißt das einfach, dass man sich auch an Leute wenden will, die nicht des Deutschen oder des Schriftdeutschen mächtig sind. In welcher Form man das machen kann, wird man in Ruhe diskutieren können, aber das wird auch Geld kosten. Man kann vielleicht einmal nach Bremen schauen, weil die sich dieses auch zur Aufgabe gemacht haben. Man kann also auch das Gute an der Überweisung sehen. Wir können weitere Fragen aufwerfen, ohne dass wir jetzt die Verabschiedung dieses Antrags der SPD verzögern. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN und bei Wilfried Buss SPD und Antje Möller GAL)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer stimmt der Überweisung der Drucksache 19/4148 an den Verfassungs- und Bezirksausschuss zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Die Drucksache ist einstimmig überwiesen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 41 auf, Drucksache 19/4163, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Altersentlastung und Altersteilzeit auch für Hamburger Lehrerinnen und Lehrer – dafür junge Lehrerinnen und Lehrer einstellen!

[Antrag der Fraktion DIE LINKE:

Altersentlastung und Altersteilzeit auch für Hamburger Lehrerinnen und Lehrer - dafür junge Lehrerinnen und Lehrer einstellen! – Drs 19/4163 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Schulausschuss überweisen.

(Glocke)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie der Kommunikation frönen wollen, dann sollten Sie das entweder hier leise oder draußen so laut, wie Sie wollen, tun, aber hier drinnen bitte leise.

Das Wort bekommt die Abgeordnete Heyenn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben heute auf die Tagesordnung gesetzt die Altersentlastung und Altersteilzeit auch für Hamburger Lehrerinnen und Lehrer. Hamburg ist das einzige von 16 Bundesländern, das keine Altersermäßigung für die Lehrkräfte gewährt. Bis zum Jahr 2000 war es so, dass Lehrkräfte über 55 eine Wochenstunde und Lehrkräfte über 60 zwei Wochenstunden Altersentlastung bekamen. Die Altersteilzeitregelung, die es in Hamburg genauso gab wie in allen anderen Bundesländern, wurde 2004 abgeschafft. So sind wir neben dem Saarland das einzige Bundesland, das auch keine Altersteilzeit hat. Gleichzeitig wurde in Hamburg der Unterricht erhöht, 1995 um eine Unterrichtsstunde, 2003 um zwei weitere Unterrichtsstunden. Und durch das Arbeitszeitmodell, das ganz andere Parameter eingeführt hat, ist die wöchentliche Unterrichtsverpflichtung von einigen Lehrerinnen und Lehrern erheblich gestiegen; darüber haben wir schon häufig diskutiert.

Im gleichen Zuge ist das Pensionsalter – das ist nicht in allen Bundesländern passiert – auf 67 Jahre für die Lehrkräfte angestiegen; das ist eine besondere Problematik. Hinzu kommt, dass auch die Schülerschaft im Verhältnis zum Beispiel zum Bayerischen Wald oder zu Nordfriesland eine ganz andere ist. Die Lehrkräfte hier in Hamburg haben andere, härtere Bedingungen aufgrund der Metropolregion in der Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler. Alle, die das nicht glauben, nehme ich gerne einmal 14 Tage lang jeden Tag in die Schule mit – eine schöne Sache, da können Sie sich gut orientieren.

Wie sieht es konkret in Hamburg aus. 55 Prozent unserer Kolleginnen und Kollegen sind älter als 50 Jahre. Die Hälfte aller Lehrkräfte in Hamburg ist inzwischen auf Teilzeit und sie sind deswegen auf Teilzeit, weil viele eine Vollzeitstelle gar nicht leisten können. Das halten sie nicht aus und schaffen es auch nicht, sie fühlen sich völlig überfordert und ausgelaugt. Hamburg ist, wie gesagt, das einzige Bundesland, das weder Altersteilzeit noch Altersentlastung für seine Lehrkräfte anbietet und hat im Vergleich die längsten Arbeitszeiten in der gesam

(Christiane Schneider)

ten Bundesrepublik. Ganz nebenbei möchte ich anmerken, dass in Deutschland die Arbeitszeiten für Lehrkräfte am längsten in ganz Europa sind; das macht die Sache noch ein bisschen problematischer.

Damit alle gesund in den Ruhestand kommen, halten wir eine Altersentlastung und eine Altersteilzeit für dringend notwendig. Hinzu kommt, dass wir viel zu wenig junge Lehrer haben. Wenn man Altersteilzeit und Altersermäßigung wieder einführen würde, könnte man auch junge Lehrer und Lehrerinnen einstellen, denn viele warten nach dem Referendariat auf eine Stelle.

Ich habe vor einiger Zeit eine Schriftliche Kleine Anfrage zu dem Thema gestellt und daraus möchte ich zitieren. Ich habe gefragt:

"Trifft es zu, dass Hamburg das einzige Bundesland ist, in dem es zurzeit keine Altersentlastungs- beziehungsweise Altersteilzeitregelungen für beamtete Lehrkräfte gibt?

Wenn nein, welche Bundesländer haben keine solche Regelungen?

Wenn ja, wie begründet der Senat die Schlechterstellung der Hamburger beamteten Lehrkräfte?"

Die Antwort war:

"Für den Bereich der Altersentlastung wird auf die Ausführungen der Kultusministerkonferenz […] verwiesen. Daraus ergibt sich, dass Hamburg als einziges Bundesland keine Altersermäßigung für Lehrkräfte vorsieht. Davon unbenommen bleibt die Möglichkeit, an der konkreten Schule Lehrkräfte aus gesundheitlichen Gründen von Unterrichtstätigkeit zu entlasten."

Genau das möchten wir nicht. Wir möchten nicht, dass die Lehrer so lange so stark belastet sind, dass sie krank werden und aus dem Grunde ihre Arbeitszeit reduzieren möchten. Wir appellieren an die Fürsorgepflicht der Behörde, dass auch die Lehrer ein Recht darauf haben, genau wie in den anderen Bundesländern, gesund in den Ruhestand zu kommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die zweite Frage, die ich gestellt habe, war:

"Ist der Senat der Ansicht, dass die Belastung der Lehrkräfte über 55 beziehungsweise über 60 Jahren in den zurückliegenden Jahren gesunken ist, sodass die Altersermäßigung nicht mehr nötig ist und wenn nein, was tut der Senat, um die Belastung zu reduzieren?"

Diese Frage lag nahe. Wenn ich das alles streiche, dann muss man den Eindruck haben, die Belastung ist geringer geworden, sonst müsste man das

nicht abbauen. Die Antwort finde ich schon etwas zynisch:

"Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass das Belastungsempfinden eng mit persönlichen Mustern des arbeitsbezogenen Verhaltens und Erlebens zusammenhängt."

Will die Behörde uns damit sagen, dass die Lehrer sich die Belastung einbilden – das kann es doch nicht sein. Man muss es schon ernst nehmen, wenn Lehrkräfte nicht mehr voll ihren Dienst leisten können.

(Glocke)