Protocol of the Session on September 3, 2009

Wir hatten gestern einige sehr aufschlussreiche Debatten, insbesondere die Beiträge von den Kollegen der Sozialdemokraten. Die Art der dort betriebenen Selbstkasteiung habe ich eigentlich erst für den 27. September in internen Wahlkreisanalysen ab 18.05 Uhr erwartet. Aber, lieber Herr Buss, dafür, dass Sie gestern festgehalten haben, auf welch niedrigem Niveau sich diese Branche besonders in Hamburg im Jahr 2001 bewegt hat, bin ich Ihnen dankbar.

(Beifall bei der CDU – Jan Quast SPD: Wir wählen jetzt alle CDU, Herr Wankum!)

Die enormen Steigerungen, von denen wir gestern gesprochen haben, kamen allerdings nicht von selbst, sondern sind das Ergebnis einer klugen, praxisorientierten Politik dieses Senats und der ihn tragenden Fraktionen.

(Wilfried Buss SPD: Da haben Sie mal wie- der nicht zugehört!)

Was das Thema Kreativwirtschaft anbelangt, man hat sicherlich auch manchmal den einen oder anderen in meiner Fraktion zum Jagen tragen müssen, aber heute besteht in den Reihen der schwarz-grünen Fraktionen keinerlei Zweifel mehr daran, dass das Kreativwirtschaftscluster eines der wichtigsten Instrumente ist, das unsere Zukunft sichert.

(Zuruf von Wilfried Buss SPD)

Aber Herr Buss, Niveau ist keine Hautcreme.

(Beifall bei Viviane Spethmann und Klaus- Peter Hesse, beide CDU)

Bei der Kreativagentur geht es nicht darum, eine weitere Behörde zu schaffen und die Quadratur des Kreises zu versuchen, indem man durch bürokratische Gängelung freien Geist einzufangen versucht. Es geht darum, Hilfestellung zu leisten, damit aus möglichst vielen Teilnehmern an diesem Wirtschaftscluster erfolgreiche Unternehmer und Unternehmen werden. Die Kreativbranche zeichnet

(Dr. Eva Gümbel)

sich nämlich dadurch aus, dass an ihr besonders viele selbstständige kleine und Kleinstfirmen teilnehmen.

(Wilfried Buss SPD: Die ihr nicht fördert!)

Viele kleine Kreativunternehmen, zum Beispiel der Star-Club oder so manche Garage im Silicon Valley, entwickelten sich auch schon früher zu einer Musikbeziehungsweise Hightech-Industrie mit Umsätzen in Milliardenhöhe. Nach dem Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe wird die Kreativagentur dazu beitragen, dass aus so manchem Hamburger Mikrostar ein in Hamburg und international bekannter und erfolgreicher Unternehmer wird. Wir werden dafür sorgen, dass mit Hilfe der Kreativagentur gut designte Produkte entstehen, eine Architektur, an der wir uns auch in ferner Zukunft noch begeistern können, Literatur, die geistige Grundlagen für die Zukunft legt, Musik, die uns erfreut und Werbekampagnen, die wieder vermehrt aus Hamburg kommen. All das wird Arbeitsplätze in Hamburg schaffen und langfristig sichern. Neben Hilfe zur Selbsthilfe in vielen Belangen der Kreativen wird die Kreativagentur auch dazu beitragen, dass günstige Flächen nicht besetzt werden müssen, und darauf hinweisen, wo sie sich befinden.

Ich jedenfalls freue mich zum einen auf die Debatte im Kulturausschuss und zum anderen darauf, dass mit der Schaffung der Kreativagentur endlich zukunftsweisende Ideen realisiert werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Herr Schwinke.

(Vizepräsidentin Nebahat Güclü übernimmt den Vorsitz)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit der vom Senat eingebrachten Drucksache 19/3442, Aufbau eines Kreativwirtschaftsclusters Hamburg, haben wir endlich eine Gesprächs- und Diskussionsgrundlage für eine anregende, sachliche, an Inhalten orientierte Debatte vorliegen. Wir werden der Überweisung der Drucksache zustimmen. Da nicht zu erwarten ist, dass die Zuständigkeit dieses von wirtschaftlichen Inhalten geprägten Themas in absehbarer Zeit geändert wird, lade ich meine Kolleginnen und Kollegen des Wirtschaftsausschusses hiermit herzlich ein, sich an den Beratungen im erweiterten Kulturausschuss zu beteiligen, ähnlich wie wir das bei dem Thema Gesundheitswirtschaft mit dem Gesundheitsausschuss getan haben.

Dass die Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland und auch in Hamburg dauerhaft zu den Wachstumsbranchen gehört, haben bereits das Bundeswirtschaftsministerium im Februar 2009 und meine Partei zuletzt im kürzlich erstellten

Deutschlandplan ausdrücklich festgestellt; das habe ich im Übrigen in meiner Rede vom 24. Juni hier im Hause auch getan, die will ich heute nicht wiederholen. Die Zahl der Erwerbstätigen in der Kultur- und Kreativwirtschaft, um die Bedeutung einmal deutlich zu machen, hat in 2008 einen Beschäftigungsstand von 1 Million erreicht. Damit sind 3,3 Prozent aller Erwerbstätigen der Gesamtwirtschaft in dieser Branche beschäftigt. Meine Partei sieht darüber hinaus in ihrem Deutschlandplan innerhalb der nächsten Jahre zusätzliche Beschäftigungspotenziale von 500 000 Erwerbstätigen, wovon auch Hamburg profitieren wird, wenn wir uns gemeinsam anstrengen, ohne dabei die Wachstums- und Wettbewerbschancen der anderen Wirtschaftszweige in Hamburg zu vernachlässigen.

Am 24. Juni haben wir uns zuletzt in der Bürgerschaftsdebatte von Frau Dr. Gümbel und Herrn Kerstan in allergrünsten Farben ihre Vorstellungen von Kultur- und Kreativwirtschaft vorstellen lassen. Ich danke den Verfassern der vorliegenden Drucksache zum Aufbau des Kreativwirtschaftsclusters Hamburg für eine deutlich sichtbare Handschrift der Wirtschaftsexperten. Das ist für mich ein ermutigendes Zeichen, dass sich die Kreativwirtschaft tatsächlich in die richtigen Bahnen lenken lässt. Ich wäre jetzt darauf vorbereitet und abenteuerlustig genug, die nächsten fünf bis sechs Minuten detailliert und ergänzend

(Wolfgang Beuß CDU: Keine Drohungen!)

auf dieses Zukunftsthema einzugehen. Das erspare ich mir und Ihnen heute und hebe es mir für die Ausschussberatung auf. Gleichwohl, und damit komme ich dann für heute zum Schluss, zeigt die Drucksache eines in aller Deutlichkeit, davon lasse ich mich auch nicht abbringen. Bei den Maßnahmen für die Kultur- und Kreativwirtschaft handelt es sich vor allem um Wirtschaftspolitik und nicht um Kulturförderung. Kulturförderung gehört in die Kulturbehörde und Wirtschaftspolitik in die Wirtschaftsbehörde.

(Beifall bei der SPD)

Ich freue mich auf die weiteren Beratungen im Ausschuss und danke Ihnen zunächst für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Hackbusch.

(Wolfgang Beuß CDU: Der ist immer beson- ders kreativ!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mir geht irgendwann die Kreativität auch aus; wenn wir jedes Mal und

(Andreas C. Wankum)

bei jeder Bürgerschaftssitzung über dieses Thema diskutieren, fällt einem soviel Neues nicht mehr ein

(Egbert von Frankenberg CDU: Dann kann er ja auf seinen Redebeitrag verzichten!)

und den Personen, die hier etwas dargestellt haben, in der Regel auch nicht. Ich hatte gehofft, dass Herr Wankum etwas sagt zum Verhältnis zwischen sozialistischem Streichelzoo und der Kreativagentur, das hätte mich heute noch interessiert,

(Wolfgang Beuß CDU: Das könnt ihr ja im Ausschuss besprechen!)

das hat er leider nicht dargestellt. Ich habe immer gesagt, dass ich mich freue, wenn diesem Sektor mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird. Ich möchte Herrn Schwinke auch dahingehend widersprechen, dass das im Wirtschaftsausschuss besprochen werden muss. Das ist eine typische Aufgabe für den Kulturausschuss und diese harten Trennungen an diesen Stellen halte ich für überholte Politik von vorgestern, das sollte man überwinden. Da bin ich auf der Seite dieser Regierung.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU – Klaus- Peter Hesse CDU: Hey! Bei uns?! – Michael Neumann SPD: Wie fühlt es sich an?)

So richtig kräftig noch nicht.

Soweit zu diesem Thema. Wir haben viel Positives gesagt, es fehlen mir ein bisschen die kritischen Momente, die man sich dazu ansehen sollte. Herr Wankum, natürlich sind wir die zweitgrößte Kreativmetropole in dieser Republik. Es wäre auch komisch, wenn die mit Abstand zweitgrößte Stadt das nicht wäre. Das nun zu feiern, finde ich etwas übertrieben und alle Menschen, die sich um Kreativwirtschaft kümmern und sich mit den Kreativen dieser Stadt auseinandersetzen, wissen, dass wir ein Problem haben, und das heißt Berlin. Berlin zieht die Kreativen an, das muss man als Problem anerkennen, und es ist eine wichtige Aufgabe, sich damit auseinanderzusetzen und in diesem Punkt durchaus etwas von Berlin zu lernen und zu sehen, wo hier die kritischen Punkte sind.

Der zweite wichtige Punkt wurde deutlich oder wird jetzt deutlich, nämlich die gegenwärtige Diskussion in dieser Stadt unter dem Begriff Gentrifizierung. Was passiert gegenwärtig in den kreativen Ecken dieser Stadt? Dort steigen die Preise in einer Art und Weise – gestern wurde gemeldet, St. Pauli hat mittlerweile höhere Mietpreise als Eppendorf –, dass es ein riesiges Problem ist. Es würde mich wundern, wenn die Kreativagentur in der Lage wäre, dieses Problem mit den vorliegenden Mitteln zu lösen. Wir müssen uns auch überlegen, wie wir Möglichkeiten für Kreative in dieser Stadt schaffen, in einem großen Bereich wirken zu können.

Eine weitere Schwierigkeit, die wir haben – das ist ein richtiges Kulturthema, mit dem sich die CDU einmal auseinandersetzen sollte –, ist, warum

Stadtteile wie St. Pauli oder das Schanzenviertel so begehrt sind bei den Kreativen und Fortschrittlichen dieser Stadt. Warum sind es nicht die Stadtteile, in denen die CDU eine große Dominanz hat? Warum gehen ihre Kinder immer ins Schanzenviertel zu den Linken, zu den Grünen, zu den Aufgeregten, zu den Progressiven dort?

(Heiterkeit bei Wolfgang Beuß CDU)

Das wäre eine kulturelle Auseinandersetzung, die ich spannend finden würde. Warum sind Ihre Kinder nicht in Ihren Stadtteilen sind, die Sie so langweilig gestaltet haben und die in gewisser Weise nichts an Freude, an Kreativität hervorbringen? Diese kulturelle Debatte würde mir gut gefallen.

(Wolfgang Beuß CDU: Im Ausschuss!)

Wir werden diese Debatte im Ausschuss führen und bis dahin sage ich tschüss.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat Senatorin von Welck.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich stelle mit Freude fest, dass sich quer über die Fraktionen alle einig sind, dass wir das Thema Kreativcluster für Hamburg diskutieren müssen und dass wir auf der Grundlage der Senatsdrucksache dies auch sehr gut tun können. Es ist in der Tat, Herr Schwinke, ein Zukunftsthema und die Behörde für Kultur, Sport und Medien – vielleicht darf ich Sie daran erinnern, dass wir die Behörde für Kultur, Sport und Medien sind – und der Senat sind gut gerüstet für die Debatte und die Förderung der Kreativwirtschaft.

Mit der Umsetzung der angekündigten Maßnahmen in der Drucksache sind wir schon ein Stück vorangekommen. Die Gründung der Kreativagentur, über die Herr Wankum schon gesprochen hat, ist in Sichtweite. Die Stelle des Geschäftsführers war ausgeschrieben und es gibt nahezu 170 sehr qualifizierte Bewerbungen. Wir denken, dass wir spätestens im Oktober entscheiden können, wer Geschäftsführer wird. Der nächste Schritt ist dann die notarielle GmbH-Gründung.

Parallel dazu wird die Gründung des Kreativvereins vorbereitet, der die Arbeit der Agentur begleiten und eine konstruktive Verbindung zu den bereits vorhandenen Netzwerken und anderen Multiplikatoren herstellen soll, um alle Synergiepotenziale zu identifizieren und auszuschöpfen. Wir gehen davon aus, dass die Kreativagentur schnell arbeitsfähig ist und mit deren zusätzlichen Ressourcen sollte es gelingen, das für uns alle so wichtige Kreativcluster noch stärker voranzubringen.

Über die Bedeutung von bezahlbaren Flächen für Kreative haben Sie, liebe Frau Gümbel, schon ge