Protocol of the Session on September 2, 2009

Im Übrigen hat die Ausschreibung natürlich schon stattgefunden und ich möchte auch hervorheben, dass es ein Gebot der Fairness den Bewerbern gegenüber ist, das Auswahlverfahren nicht im Laufe des Bewerbungsverfahrens zu verändern.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Allen Beteiligten ist klar, dass die nächste Präsidentin oder der nächste Präsident über einen breiten Rückhalt innerhalb der Universität verfügen muss. Nur dann kann die Universität wieder in ruhigeres Fahrwasser geführt werden und den vielfältigen Zielen des Struktur- und Entwicklungsplans nachkommen. Und um diese breite Unterstützung zu erzielen, kann es in der Tat sinnvoll sein, eine hochschulöffentliche Anhörung der Kandidaten durchzuführen. Ich gehe davon aus, dass die beteiligten Akteure des Hochschulrates wie auch des Akademischen Senats verantwortungsvoll mit ihrer

Aufgabe umgehen und sich der Tragweite ihres Handelns bewusst sind.

Um es noch einmal zu sagen: Die Evaluierung des Hochschulgesetzes läuft unter Beteiligung der Betroffenen an und wir werden sie auswerten und gegebenenfalls nachsteuern. Welche Veränderungen der Gremienstruktur und des Auswahlverfahrens dann vorgenommen werden müssen, werden die Ergebnisse zeigen.

(Dr. Dorothee Stapelfeldt SPD: Erklären Sie mal, wie Sie als Abgeordnete denn nach- steuern wollen!)

Frau Stapelfeldt, es ist immer total praktisch, wenn man zuhört. Nachsteuern bedeutet in diesem Zusammenhang die Gesetzesnovellierung. Zuhören tut immer gut.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Dr. An- dreas Dressel SPD: Nicht ganz so arrogant, Frau Oberlehrerin!)

Diese große Novellierung des Hochschulgesetzes möchten wir eben nicht auf die Art und Weise, wie jetzt von Ihnen vorgeschlagen, verstolpern, indem wir an einer kleinen Stelle Regulierungen vorwegnehmen.

Trotzdem bin ich mir aber sicher, dass alle, die an der Wahl der neuen Präsidentin oder des neuen Präsidenten teilhaben, sich ihrer ungeheuren Verantwortung bewusst sind. Einen Neustart an der Universität wird es nur dann geben, wenn man eine Persönlichkeit findet – ich denke, darüber sind wir uns hier im Hause einig –, die über eine breite Zustimmung an der Universität verfügt.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Heyenn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor der Sommerpause haben wir öffentlich über die Rolle der Universitätspräsidentin diskutiert und es fielen Begriffe wie autoritärer Führungsstil, undemokratische Entscheidungsabläufe und dass die Gremien nur sehr unzureichend berücksichtigt wurden. Die Diskussion innerhalb und außerhalb der Universität führte zum Rücktritt von Frau Auweter-Kurtz. Viele haben das als das Ende einer beispiellosen Konfrontation in der Geschichte der Hamburger Universität bezeichnet. Die Wissenschaftssenatorin Frau Dr. Gundelach, die ich nicht allzu häufig lobe, muss in diesem Fall ein Lob bekommen,

(Wolfgang Beuß CDU: Dann muss sie ja was falsch gemacht haben!)

weil sie die Initiative ergriffen, diesem Trauerspiel ein Ende bereitet und ein Vertragsende mit Frau Auweter-Kurtz herbeigeführt hat.

(Dr. Eva Gümbel)

Der Hochschulrat war immer Teil des Problems und hat an der Lösung nicht teilgenommen, sondern das anderen überlassen. Auch das ist ein Grund, weshalb die Linke die Abschaffung des Hochschulrates fordert. Zur Lösung beigetragen haben neben der Wissenschaftssenatorin auch Professoren, 120 aktiv, und wissenschaftliche Mitarbeiter, 170 aktiv, und die Studenten und Studentinnen. Das Studierendenparlament erklärte – ich zitiere –:

"Eine Universität, die mit autoritären Managementkonzepten wie ein Wirtschaftskonzern geführt wird, wird immer auf den Widerspruch und Widerstand ihrer Mitglieder treffen."

Zitatende.

Dieses Zitat ist wirklich nicht aus der Luft gegriffen. Der neunköpfige Hochschulrat, der von Senator Dräger 2003 ins Leben gerufen wurde – Frau Stapelfeldt hat darauf hingewiesen –, ist mit Führungspersonal aus Medien, Wirtschaft und der Handelskammer besetzt. Es ist kein einziger Gewerkschaftsvertreter darunter. Das nenne ich einseitig

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

und das zeigt den Einfluss der Wirtschaft und dass die Strukturen der Wirtschaft auf die Universität übertragen werden und übertragen werden sollen. Die Mitglieder des Hochschulrates werden bestimmt, sie tagen nicht öffentlich, die Protokolle sind nicht zugänglich und einige Entscheidungen werden in der Hochschule sogar bekannt gegeben. Die Geschäftsordnung des Hochschulrates ist geheim, wie so vieles in diesem Zusammenhang, und es gibt keine Regelung zur Haftung oder Abberufung für die Mitglieder des Hochschulrates. Der Senat nennt das Transparenz, wir nennen das absolut undemokratisch.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD – Christiane Schneider DIE LINKE: Welches Jahrhundert?)

Eben.

Hinzu kommt, dass auch unter Herrn Dräger und Frau Auweter-Kurtz der Schwerpunkt immer wieder auf die Drittmittelbeschaffung gesetzt wurde. Wir sehen darin ein weiteres Problem, denn damit wird die Forschung durch den Einfluss der Wirtschaft bestimmt.

Diese ganze Diskussion hat dazu geführt, dass jetzt die Chance für einen Neuanfang besteht. Es wäre völlig falsch, diese Politik fortzusetzen nur mit einem diplomatischen Führungsstil und einer Persönlichkeit, die vielleicht nicht so autoritär auftritt. Deshalb sind wir auch nicht der Auffassung, dass es vorrangig ist, ganz schnell eine neue Präsidentin oder einen neuen Präsidenten zu wählen. Die Dekane haben es benannt und gesagt, die Krise an der Universität sei kein personelles, sie sei

auch ein strukturelles Problem und insofern hat Frau Stapelfeld recht. Man könnte sich ruhig noch ein paar Wochen Zeit nehmen und dann unter anderen Voraussetzungen eine neue Leitung der Universität wählen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Die Zukunft der Universität muss an Inhalten, Strukturen und Entscheidungsabläufen festgemacht werden. Es muss mehr diskutiert werden, es müssen alle ernst genommen werden; der Anfang ist gemacht. Zum Beispiel haben die drei ehemaligen Vizepräsidenten in ihrem Schreiben an Frau Auweter-Kurtz die Stärkung der akademischen Selbstverwaltung eingefordert. Und sie haben darauf hingewiesen, dass Dissens und Diskurs offen und demokratisch ausgetragen werden müssen und dass dies wesentliche Elemente für Forschung und Lehre sind. Wir als LINKE sagen, in der jetzigen Situation an der Universität liegt die Chance einer Redemokratisierung der Hochschulen.

(Beifall bei der LINKEN)

In der Diskussion vor der Sommerpause plädierten die Dekane für eine Änderung des Hochschulgesetzes. Und so verstehen wir auch den Antrag der SPD, den wir begrüßen.

An einem Punkt – da haben Sie recht, Frau Dr. Gümbel – geht uns der Antrag der SPD aber nicht weit genug, das ist der Paragraf 84 des Hamburgischen Hochschulgesetzes. Hier sieht der SPD-Antrag vor, im Absatz 1 die Punkte 1 bis 9 zu streichen. Nur die Mitwirkung des Hochschulrates bei der Auswahl und Abberufung von Vizepräsidentin und Vizepräsidenten soll beibehalten werden.

Wir begrüßen ausdrücklich, dass auch die SPD für die Streichung des Passus ist, wonach Wahl und Abwahl des Präsidenten oder der Präsidentin Aufgaben des Hochschulrats sind. Worin bestehen dann aber, neben der Mitwirkung bei der Wahl des Vizepräsidenten oder der Vizepräsidentin, seine Aufgaben? Nach dem SPD-Vorschlag bleibt Absatz 2 bestehen, der Folgendes enthält:

"Der Hochschulrat gibt ferner Empfehlungen zur Profilbildung der Hochschule und zur Schwerpunktsetzung in Forschung und Lehre sowie zur Weiterentwicklung des Studienangebots."

Da sehen wir natürlich eine gewisse Gefahr, denn wenn wir uns ansehen, wie die Universität Hamburg in den letzten zehn Jahren von oben entwickelt wurde – das muss man sagen, sie konnte sich selbst gar nicht entwickeln –, dann stellen wir fest, dass die überwiegende Besetzung des Hochschulrates mit Naturwissenschaftlern und Wirtschaftsvertretern auf das Studienangebot durchgeschlagen hat. Die Mittel sind in die Naturwissenschaften gegangen, die Geisteswissenschaften

spielen kaum noch eine Rolle, Philosophie ist völlig überflüssig. Und wenn wir uns jetzt vorstellen, dass dieser Hochschulrat weiterhin genau das macht, nämlich die Profilbildung der Hochschule bestimmt, dann geht das in eine Richtung, wie wir sie garantiert nicht wollen. Deshalb finden wir es nur konsequent, wenn wir nicht nur einen Teil, sondern den gesamten Paragrafen 84 streichen, denn der Hochschulrat ist überflüssig, undemokratisch und seine Aufgaben könnten viel besser von anderen Gremien übernommen werden.

(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Beuß CDU: Ja, das haben Sie ja in der Vergan- genheit gesagt!)

Ich weiß nicht, welche Vergangenheitssyndrome Sie haben, ich habe jedenfalls andere. Die Aufgaben des Hochschulrates können sehr gut vom Präsidium und von anderen Personen übernommen werden.

Wir stimmen auch darin mit der SPD überein, dass die Stellung des Hochschulsenats stärker werden muss und die Wahl des Präsidenten oder der Präsidentin mit einer hochschulöffentlichen Anhörung verbunden sein muss. Das halten wir für absolut notwendig, weil nur eine breit angelegte Diskussion in der Universität und ein breiter Konsens für eine neue Präsidentin oder einen neuen Präsidenten auch die notwendige Voraussetzung dafür bietet, dass Verabredungen eingehalten werden und die Leitung der Universität in den Gremien mehr Rückhalt erfährt. Außerdem halten wir es für selbstverständlich, dass das wissenschaftliche Personal, die Professoren und die Studierenden an der Diskussion über die neue Führung beteiligt werden.

(Wolfgang Beuß CDU: Werden sie doch! Habe ich gerade gelesen!)

Wir werden trotzdem dem SPD-Antrag zustimmen, und zwar deswegen, weil dort auch steht – ich zitiere –:

"Eine umfassende Überarbeitung des HmbHG zu einem späteren Zeitpunkt bleibt hiervon unberührt."

Ich finde, das ist auf einem sehr guten Weg. Wir haben in einem einzigen Punkt einen Dissens, das ist aber ausbaufähig.

Nun kommen CDU und GAL und sagen, was wir in erster Linie an der Universität brauchen, ist Ruhe. Ruhe ist die erste Bürgerpflicht. Was die Universität überhaupt nicht brauchen kann, ist Ruhe, sie braucht genau das Gegenteil.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE – Wolfgang Beuß CDU: Ja!)

Zweitens sagen Sie, die Universität brauche Ordnung; Frau Gümbel sagt, das müsse alles mit Ordnung zugehen.

Wir brauchen Kreativität, wir brauchen Bewegung an der Universität. Wenn ich die Begründung lese, die Sie an die Presse gegeben haben, warum Sie dem Antrag nicht zustimmen können, dann kann ich mich nur erinnern an die erste Debatte. Sie von CDU und GAL müssen endlich in die Gänge kommen. Alle reden davon, dass das Hamburgische Hochschulgesetz geändert werden muss, und Sie sagen, Sie wollen jetzt erst einmal evaluieren. Und weil Sie evaluieren, können Sie noch nicht einmal darüber diskutieren.

(Wolfgang Beuß CDU: Wir diskutieren doch, Frau Heyenn!)

Und ich sage Ihnen eines: Was wir in dieser kurzen Zeit, in der wir hier sind, von GAL und CDU für Anträge auf Evaluierung, auf Prüfung, auf Berichterstattung bekommen haben, das können wir schon gar nicht mehr zählen. Das heißt, Sie schieben die Probleme immer nur beiseite, Sie weichen den Diskussionen aus.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Kai Voet van Vormizeele CDU: Es gibt auch den Versuch, vernünftig zu arbeiten! Das muss auch Sinn machen!)

Und wenn die GAL sagt, sie wolle das Wahlverfahren jetzt nicht unterbrechen, dann müssen sich GAL und CDU fragen – Frau Stapelfeldt hat das plastisch dargestellt –, ob sie denn wollen, dass der neue Präsident oder die neue Präsidentin genauso gewählt wird wie Frau Auweter-Kurtz. Dann haben wir die Probleme in kürzester Zeit wieder auf dem Tisch. Sie lösen keine Probleme, Sie verstärken sie und leider haben Sie aus der ganzen Diskussion gar nichts gelernt.