Protocol of the Session on September 2, 2009

sche Entscheidungsstrukturen wieder hergestellt werden,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Richtig!)

dass eine Grundlage dafür aufgebaut wird, für die Spitze der Universität eine Persönlichkeit zu gewinnen, der Akzeptanz und Vertrauen entgegengebracht werden können. Diese Möglichkeiten wollen wir durch das Änderungsgesetz schaffen.

Der erzwungene Rücktritt der ehemaligen Universitätspräsidentin hat gezeigt, dass wir für einen Neubeginn an der Universität zügig eine Neuregelung der Wahlverfahren benötigen, mit der die richtigen Konsequenzen aus den Fehlern der Vergangenheit gezogen werden. Ein Rückblick auf zwei verhängnisvolle Weichenstellungen mag hierbei helfen. In den Jahren 2002/2003 entstand das sogenannte Hochschulmodernisierungsgesetz. Unter dem Motto, die Innovationsfähigkeit – Ausrufungszeichen – und Entscheidungskompetenz der Hochschulen stärken zu wollen, schaffte Senator Dräger überwiegend extern besetzte Hochschulräte, die die wesentlichen Entscheidungen für die Hochschulen, darunter die Wahl der Hochschulpräsidenten, treffen sollten. Dies war eine ziemlich heftige Effekthascherei, um eines zu bemänteln: den Bruch mit den Grundsätzen der akademischen Selbstverwaltung und ihre schlichte Entmachtung. Es gab scharfen Widerstand und ungewöhnlichen Protest aus allen Gruppen der Hochschulen.

Wozu das neue Gesetz führte, war im Sommer 2006, also vor genau drei Jahren, zu besichtigen. Die öffentliche Ausschreibung der Lüthje-Nachfolge erbrachte keine geeignete Bewerbung. Schließlich schlug ein Headhunter Frau Auweter-Kurtz vor. Diese wurde dann vom Hochschulrat an einem, zunächst aus Sorge vor Protesten geheim gehaltenen, Ort außerhalb der Universität gewählt. Das ist die wenig ruhmvolle Zuspitzung der Drägerschen Reformen in einem Bild. Der Hochschulrat entflieht der Universität, um im Geheimen die Universitätspräsidentin zu wählen. Das darf nicht wieder geschehen, das muss ausdrücklich verhindert werden.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Die tiefe Kommunikations- und Vertrauenskrise, die Frau Auweter-Kurtz ausgelöst hat, war also auch in dem Verfahren, das zu ihrer Wahl führte, angelegt, ein Verfahren, das die GAL vor drei Jahren aus gutem Grund ebenfalls abgelehnt hat. Ursache für die tiefe Vertrauenskrise war nicht zuletzt die mangelnde Teilhabe der Hochschulangehörigen an der Auswahl und Wahl der Hochschulleitung. Wir schlagen daher vor, die Stellung des Hochschulsenats und damit die Rechte der Hochschulangehörigen zu stärken, dem Hochschulsenat und dem Hochschulrat durch eine gemeinsame Findungskommission eine Kooperation zu ermöglichen und durch eine hochschulöffentliche Anhö

(Vizepräsident Wolfhard Ploog)

rung Transparenz und Partizipation Raum zu geben.

Das Hamburgische Hochschulgesetz, meine Damen und Herren, muss umfassend evaluiert und verändert werden. Dazu muss ausreichend Zeit zur Verfügung stehen, um – selbstverständlich unter Mitwirkung der Hochschulen und ihrer Mitglieder – zu einer Lösung zu kommen, die langfristig trägt und allen Hamburger Hochschulen eine verlässliche Handlungsperspektive bietet. Mit unserem Antrag heute geht es ausschließlich um aktuell notwendige Korrekturen. Alle anderen Punkte kommen später auf den Prüfstand. Deswegen wollen wir den heute vorgelegten Antrag der Fraktion DIE LINKE an den Ausschuss überweisen und später mit den grundsätzlichen Änderungen, die auch wir vorhaben, diskutieren. Ich denke, dass das ein gangbarer Weg ist, da wird nichts übers Knie gebrochen.

Im Übrigen gehe ich davon aus, dass unser Vorschlag eigentlich mehrheitsfähig sein müsste. Die GAL-Fraktion hat im Jahr 2003 im Zuge der Beratung über das sogenannte Hochschulmodernisierungsgesetz fast gleichlautende Änderungen vorgeschlagen. Auch diese sahen eine Stärkung des Hochschulsenats genau so, wie wir das heute beantragen, vor.

Ich denke, wir sind uns einig, dass der Hochschulrat sich als führendes und einzig maßgebliches Wahlgremium nicht bewährt hat.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Lassen Sie mich auch gleich auf zwei Einwände eingehen.

Erstens: Das Verfahren laufe schon, da die öffentliche Ausschreibung am 20. August erfolgt ist. Man könne nicht mehr eingreifen, das ganze Verfahren würde sich damit dramatisch verlängern. Das glaube ich nicht. Wären wir uns einig in der Bürgerschaft, würde sich das Verfahren um wenige Wochen verlängern und das ist meiner Ansicht nach hinnehmbar vor dem Hintergrund einer Krise, die uns über Monate bewegte und längst nicht beigelegt ist.

Zweitens: Seit Wochen begegnet mir die Argumentation, keine geeignete Person würde sich einem hochschulöffentlichen Anhörverfahren stellen. Das hieße gleichzeitig, eine qualifizierte Person würde sich nur auf ein Verfahren einlassen, das eine Geheimhaltung bis zum Ende der Verhandlung vor der Wahl böte. Wer nicht willens oder fähig ist, sich den Gremien und der Hochschulöffentlichkeit vorzustellen, soll der oder die in der Lage sein, die fünftgrößte Universität Deutschlands zu führen? Das glaube ich nicht.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Mit dem Weggang von Frau Auweter-Kurtz besteht die Chance für einen

Neuanfang und den sollten wir nutzen, denn schließlich warten eine Reihe von ganz wichtigen Aufgaben wie die Entscheidung über die baulichen Perspektiven der Universität oder die Reform des Bachelor-Master-Systems auf uns. Vor diesem Hintergrund braucht die Universität möglichst schnell eine gewählte Präsidentin oder einen gewählten Präsidenten, die oder der gerade auch das Vertrauen der Universitätsangehörigen genießt. Werden die Konsequenzen aus der Krise an der Universität nicht gezogen, besteht die Gefahr, dass wir in absehbarer Zeit vor dem gleichen Scherbengericht stehen wie heute. Das müssen wir vermeiden und die Verantwortung dafür tragen wir alle. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Beuß.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Stapelfeldt, wir wollen ein solides Gesetzeswerk für die Zukunft entwickeln. Wie Sie wissen, haben wir dementsprechend in der Koalition eine Evaluation vereinbart. Deswegen halte ich zu diesem Zeitpunkt auch nichts von Schnellschüssen oder Gesetzeswerken, die mit heißer Nadel gestrickt werden.

Sie haben selbst ausgeführt, dass die Suche nach einer neuen Universitätspräsidentin oder einem neuen Universitätspräsidenten mitten im Prozess ist. Sie wissen auch, dass eine Findungskommission gebildet worden ist, die aus Mitgliedern des Hochschulrates und des Akademischen Senats besteht. Diese Kommission steckt gerade mitten in der Arbeit. Und da ist Frau Stapelfeld dann der Ansicht, dass ausgerechnet jetzt der passende Moment ist, um mitten im laufenden Verfahren die Regeln umzuschmeißen und alles neu und alles ganz anders zu machen. Im Rennen wechselt man die Pferde nicht, das ist unklug.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Eva Gümbel und Jens Kerstan, beide GAL – Michael Neumann SPD: Wenn das Pferd aber schon beim ersten Hindernis verreckt ist, sollte man doch nachdenken! – Klaus Peter Hesse [CDU]: Die SPD wechselt ja immer!) KlausPeter Hesse CDU: Das Ziel dieses Antrages, so die SPD, ist es, das Verfahren bei der Wahl des Hochschulpräsidenten neu zu regeln. Was wir damit, wenn wir diesem Antrag zustimmen würden, tatsächlich erreichen würden, ist etwas völlig anderes. Wir würden Unsicherheit und Irritation erreichen, nicht zuletzt bei potentiellen und geeigneten Bewerbern und das gerade jetzt, wo die Hamburger Universität nach den hektischen Entwicklungen der letzten Monate wirklich Ruhe und Zeit braucht, um eine neue Führungspersönlichkeit zu gewinnen. Eine monatelan (Dr. Dorothee Stapelfeldt)

ge Hängepartie aufgrund einer Gesetzesänderung würde Gift für die Universität bedeuten. Deswegen lehnen wir den Antrag zu dieser Zeit – ich betone: zu dieser Zeit – entschieden ab.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Eva Gümbel GAL)

Bei dieser Gelegenheit möchte ich ausdrücklich Frau Professor Löschper danken, die in den letzten Monaten das wirklich nicht ganz einfache Amt der amtierenden stellvertretenden Universitätspräsidentin übernommen hat. Frau Professor Löschper meistert dies, wie ich finde, mit Bravour und ich bin sehr dankbar dafür, dass sie diese Staffel aufgenommen hat.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Eva Gümbel GAL)

Aber danken möchte ich auch den Mitgliedern des Hochschulrates und des Akademischen Senats, die die Suche nach einer neuen Führungsspitze kompetent und sehr diskret aufgenommen haben. Im Gegensatz zum vergangenen Findungsverfahren ist die Universität in die Findungskommission eingebunden. Sie ist mit vier Persönlichkeiten direkt vertreten: mit einem Vertreter der Professoren, einem Vertreter des Mittelbaus, einem Vertreter der Verwaltung und einem studentischen Vertreter, wie mir gesagt wurde. Und ich glaube, das ist ein Ausdruck dafür, dass die Universität in diesem Findungsverfahren mitgenommen werden soll.

Die Universität Hamburg braucht, meine Damen und Herren, Kontinuität und eine Führung, mit der sie die kommenden Herausforderungen angehen kann. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die Excellenz-Initiative des Bundes, die im nächsten Jahr ansteht, oder an die Umsetzung des Struktur- und Entwicklungsplans der Universität Hamburg. Was die Universität nicht braucht, sind Unruhe und destruktive Vorschläge, wie sie zurzeit von der SPD kommen.

(Unruhe im Hause, – Christiane Schneider DIE LINKE: Wenn die was brauchen, ist das Unruhe! – Wolfgang Rose SPD: Noch mal vorlesen! – Das scheint gesessen zu haben. Die öffentlichen Bewerbungen im Akademischen Senat, wie Sie sie fordern – Sie haben es auch schon angeführt – werden dazu führen, dass gute Bewerber sich scheuen werden, hier anzutreten (Michael Neumann SPD: Das ist doch lä- cherlich!)

und das wäre eine Situation, die wir nicht haben wollen, denn bei uns geht Qualität vor Populismus.

Außerdem, Frau Stapelfeldt, Sie haben es auch schon erwähnt, hat die Koalition aufgrund der Vorkommnisse an der Universität schon vor vielen Wochen vereinbart, das Gesetz evaluieren zu las

sen. Wir wollten das ursprünglich erst auf Mitte der Legislaturperiode terminieren, haben das aber aufgrund der Vorfälle vorgezogen. Ich denke, diese Evaluation sollte in Ruhe erfolgen. Danach werden wir uns in der Koalition zusammensetzen und sehen, wo etwas geändert werden muss. Wenn wir das in der Koalition entschieden haben, können wir dann auch im Ausschuss ausgiebig darüber diskutieren.

Ich verspreche Ihnen, dass auch die Frage, durch wen die Präsidien der Hochschulen bestimmt werden, ein Teil dieser Evaluation sein wird. Aber dieser Vorgang als auch das Einbeziehen der Hochschulen und aller Betroffenen braucht seine Zeit. Im Hauruckverfahren, wie Sie es jetzt vorschlagen, wird das nicht funktionieren, das wird daneben gehen.

Ich bin überzeugt davon, dass wir mit einer sorgfältigen Evaluation die richtigen Strukturen für unsere Hochschulen schaffen werden, die ihnen weiterhin ausreichende Autonomie geben und die Möglichkeit effizienter und zielgerichteter Steuerung.

Den Antrag der SPD lehnen wir ab, den Zusatzantrag der LINKEN ebenfalls. Eine Überweisung beider Initiativen an den Ausschuss kommt derzeit für uns nicht in Frage, da die Evaluation abgewartet werden muss. Wenn die vorliegt, dann können wir auf dieser Grundlage gern an die Überarbeitung des Hochschulgesetzes im Ausschuss gehen. Da ist der Ausschuss dann gefragt, nicht zurzeit. Wir würden nur im Nebel stochern, denn alles andere, was wir dort tun könnten, hieße, sich mit heißem Dampf zu verbrennen, und das wollen wir nicht. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Dr. Gümbel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es wird Sie kaum verwundern, dass meine Fraktion dem Antrag der SPD nicht zustimmen wird und auch nicht dem der LINKEN.

(Beifall bei Stephan Müller CDU)

Sie können gern klatschen, das ist okay.

Wir haben schon vor Monaten angekündigt, welchen Weg wir bei der Novellierung des Hamburger Hochschulgesetzes gehen wollen. Bereits im Koalitionsvertrag haben wir festgehalten, dass die Evaluation zur Mitte der Legislaturperiode stattfinden soll, und dies haben wir aufgrund der aktuellen Geschehnisse, der Krise an der Universität, vorgezogen. Es macht nun wirklich keinen Sinn – ich denke, Frau Stapelfeldt, Sie wissen das –, einzelne Regelungen aus dem Hamburger Hochschulgesetz vor Abschluss der Evaluierung zu verändern. Vor allem macht es aber vor dem Hintergrund der Er

(Wolfgang Beuß)

fahrungen der letzten Monate keinen Sinn, Änderungen im Hochschulgesetz vorzunehmen, ohne mit den Betroffenen geredet und sie beteiligt zu haben.

(Dr. Dorothee Stapelfeldt SPD: Das haben wir!)

Es mag ja sein, dass Sie ein bisschen geredet haben, aber wir wollen ein ordentliches Beteiligungsverfahren und nicht ein Gespräch zwischen Frau Stapelfeldt und einzelnen Angehörigen der Hochschule.

(Michael Neumann SPD: Ich war auch da- bei!)

Im Ergebnis kann es sein, dass wir nach Abschluss der Evaluation auch den hier von Ihnen genannten und in Rede stehenden Paragrafen 80, möglicherweise auch den Paragrafen 84, der von Frau Heyenn sicherlich gleich ins Feld geführt wird, verändern werden. Paragraf 84 betrifft, Frau Heyenn, die Abschaffung des Hochschulrates; auch da haben Sie einen Dissens mit Frau Stapelfeldt, die diesen Paragrafen ausdrücklich behalten will. Schon das macht deutlich, dass es eben keineswegs so einfach ist, diese Dinge im Parlament zu beschließen.

Wir wollen auch das Verfahren zur Wahl der Präsidentin beziehungsweise des Präsidenten reformieren, aber das wird erst nach der Evaluation und nach den Stellungnahmen aus den Hochschulen geschehen. Gleichwohl wissen auch Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, dass vieles von dem, was Sie im SPD-Antrag fordern, bereits im laufenden Verfahren umgesetzt ist. Es ist umgesetzt, dass die Findungskommission von sechs auf acht Mitglieder erweitert wurde – Herr Beuß hat das eben gesagt –, um die paritätische Besetzung von Hochschulrat und Akademischem Senat berücksichtigen zu können und allen Statusgruppen der Universität ein Mitspracherecht einzuräumen.

Im Übrigen hat die Ausschreibung natürlich schon stattgefunden und ich möchte auch hervorheben, dass es ein Gebot der Fairness den Bewerbern gegenüber ist, das Auswahlverfahren nicht im Laufe des Bewerbungsverfahrens zu verändern.