Protocol of the Session on June 24, 2009

(Beifall bei der SPD und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Der Unmut vieler Studierender, Professoren und wissenschaftlicher Mitarbeiter bezieht sich nicht nur auf Stilfragen, über die viel gesprochen worden ist und zu denen sich auch die Präsidentin in den vergangenen Tagen durchaus selbstkritisch geäußert hat. Abgesehen von den Stilfragen geht es auch um die Inhalte und die Art und Weise, wie an der Universität versucht wird, Politik zu machen, quasi durchzuregieren, von oben nach unten Hierarchien zu zementieren und starre Strukturen aufzubauen. Nichts ist lähmender für einen kreativen Ort als ein starres Korsett und deshalb ist diese Sichtweise auf die Hochschule und demzufolge die Planung vollkommen falsch.

(Beifall bei der SPD und bei Dora Heyenn DIE LINKE)

(Senatorin Dr. Herlind Gundelach)

Das haben wir zum Beispiel auch bei der Diskussion um die eben angesprochene Uni-Verlagerung erlebt. Es ist doch erstaunlich, dass die Präsidentin, die an diesem Entstehungsprozess nicht ganz unmaßgeblich beteiligt war, bis heute kein einziges Mal im Wissenschaftsausschuss gewesen ist und uns Ausschuss-Mitgliedern einmal erklärt hätte, auf welcher Basis ihre sämtlichen Berechnungen und Ideen zustande kommen. Es ist ein Unding, dass die Universitätspräsidentin es nicht für nötig erachtet, ihre Position den Abgeordneten, die letztendlich die Entscheidungen treffen müssen, deutlich zu machen. Das zeigt, dass wir hier auf einem vollkommen falschen Weg sind. Deshalb …

(Glocke)

Herr Abgeordneter, Sie müssen Ihren Schlusssatz formulieren.

Das will ich gerne tun.

Ich möchte den Aufruf der Hamburger Universitätsprofessoren gerne aufgreifen und Sie, Frau Senatorin, auffordern: Machen Sie endlich Schluss mit diesem Debakel, zeigen Sie Führungsstärke, auf Ihre nämlich kommt es jetzt an, nicht auf die von Frau Auweter-Kurtz.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Wort erhält der Abgeordnete Herr Dr. Bischoff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist sehr bemerkenswert und ein Fortschritt, dass die Regierungskoalition einräumt, dass an der Universität sehr kritische Zustände herrschen. Wir sind uns wahrscheinlich darin einig, dass für diese kritische Situation viele Faktoren verantwortlich sind. Es war die Rede vom Hochschulgesetz, es wurde von der Verschiebung der Machtstrukturen in der Universität gesprochen, Frau Senatorin hat auf erhebliche Defizite in den Bachelor-Studiengängen hingewiesen und man könnte dieser Liste noch einiges hinzufügen.

Es ist dringend notwendig, dass ein Kurswechsel erfolgt, und wir diskutieren heute auch über die bittere Wahrheit, dass die Frau Präsidentin und das Universitätspräsidium offensichtlich nicht in der Lage sind, mit dieser Krisensituation umzugehen. Ein Faktor, der die Situation so unerträglich macht, ist, wie die Präsidentin selbst eingeräumt hat, ihr Arbeits- und Kommunikationsstil. Frau Auweter-Kurtz hat in dem hier mehrfach angesprochenen Brief kundgetan, dass ihr und dem gesamten Präsidium inzwischen klargeworden sei, dass sie durch die Fülle und das Tempo der laufenden Veränderun

gen einem Großteil des wissenschaftlichen, technischen und Verwaltungspersonals sowie vielen Kolleginnen und Kollegen zu viel zugemutet hätte. Das stimmt in der Tat und ich kann nur an die Regierungskoalition appellieren: Es geht nicht einfach nur darum, zu kommunizieren und dann den inhaltlichen Kurs und die Ziele fortzusetzen, sondern um den Arbeitsstil zu verändern, muss man sich, wie es so schön heißt, ergebnisoffen auf die Diskussion in der Universität einlassen. Unsere Fraktion hat große Zweifel, ob das gelingen wird.

Ihnen, Frau Senatorin, möchte ich sagen, dass neben vielen anderen Faktoren auch der Universitätsumzug eine Zumutung ist. Insofern ist die Anmeldung richtig, wir reden nicht nur über die Universität und was aus ihr werden wird, sondern auch über Ihre Verantwortung, das heißt, wir haben es auch mit einer Krise des Senats zu tun.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD – Wolfgang Beuß CDU: Herr Dr. Bi- schoff, jetzt übertreiben Sie aber!)

Ich möchte Ihnen das kurz verdeutlichen. Sie haben, wie Sie betonen, ergebnisoffen die Verlagerung der Universität vorangebracht, wobei ein grundlegendes Argument immer wieder auftaucht, dass nämlich die Bausubstanz des größten Teils der Universitätsgebäude desolat sei. Sie wissen, dass allein diese These schon umstritten ist, und sie wird nicht besser, wenn Sie sie wiederholen.

Zweitens ist es nicht wahr, wenn Sie sagen, Sie würden eine ergebnisoffene Diskussion anschieben, denn wir diskutieren über die Zukunft der Universität inmitten einer schweren Wirtschaftskrise. Zu einer ergebnisoffenen Diskussion gehört auch, darüber zu diskutieren, wie der finanzielle Rahmen sowohl für die Innenstrukturen als auch für die Veränderung der Bausubstanz beschaffen ist. Dass hier einiges unternommen werden muss, ist, unter uns gesagt, völlig unstrittig, aber ich kritisiere, dass Sie bis heute nicht ausgewiesen haben, wie Sie die Finanzierung des Reformprozesses an der Universität zustande bringen wollen. Herr Kerstan, insofern hat Ihre Kandidatin vorgestern ganz richtig gesagt, dass dieses Projekt mit erheblichen Finanzierungsrisiken verbunden ist. Diesen Punkt sollten Sie endlich einmal aufgreifen und klären, denn sonst führen wir eine Gespensterdiskussion und damit ist weder der Bürgerschaft noch der Universität gedient.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Dinges-Dierig.

(Michael Neumann SPD: Ist das jetzt eine Bewerbungsrede?)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, Sie alle

(Philipp-Sebastian Kühn)

stimmen mit mir darin überein, dass wir dasselbe Ziel mit unserer Universität verfolgen. Wir wollen in Hamburg mehr Exzellenz haben.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Wenn ich das schon wieder höre!)

Und wo stehen wir heute? Diejenigen, die schon länger die Universitätsrankings in Deutschland verfolgen, müssten gesehen haben, dass Hamburg in den Vergleichsuntersuchungen der letzten Jahre immer wieder auf bitteren hinteren Plätzen gelandet ist.

(Dr. Monika Schaal SPD: Ziehen Sie doch um!)

Diesem Zwiespalt zwischen Ziel und dem heutigen Zustand der Universität bezüglich Forschung und Lehre gilt es energisch entgegenzusteuern. Eines, lieber Herr Kühn, geht mit Sicherheit nicht. Sie haben eben gesagt, die Präsidentin sei nicht in der Lage, das Erbe so weiterzuführen, wie sie es übernommen hat, so ähnlich waren Ihre Worte. Das war und ist auch nicht ihre Aufgabe. Ich bin fest davon überzeugt, es geht nicht nach dem Motto weiter so.

(Michael Neumann SPD: Das hat er aus- drücklich nicht so gesagt!)

So kann es nicht weitergehen und deshalb müssen an der Universität strikte Änderungen vorgenommen werden, was allerdings sehr schwierig ist. Wenn wir schon im Ranking so weit hinten liegen, frage ich Sie allen Ernstes: Welche Professoren nehmen einen Ruf an eine Universität mit einer solchen Ausgangssituation an?

(Dr. Andreas Dressel SPD: Dann ändern Sie doch was!)

Bei der Ausstattung und dem Rankingergebnis werden wir keine Bewerbungen bekommen; deshalb müssen wir alle – und dazu zählen ebenso wie der Senat auch wir in der Bürgerschaft und alle anderen Beteiligten, allen voran die Beteiligten an der Universität – bei dieser schwierigen Ausgangssituation dazu beitragen, die, zwar nicht gerade Krise,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Was ist es denn außer einer Krise!)

aber doch massiven Kommunikationsstörungen zu beseitigen. Ich glaube aber, dass das nicht einfach mit basisdemokratischen Abstimmungen umzusetzen ist, das wäre viel zu kurz gesprungen, sondern dass auch schwierige Entscheidungen zu treffen sind. Der ganze Prozess wird dadurch erschwert, dass die Umstellung der Bachelor/Master-Systeme in Deutschland zeitgleich kommt. Das alles macht das Miteinander an der Universität so schwierig.

Ich bin froh, dass inzwischen die Beteiligten an der Universität aufeinander zugegangen sind, und ich bin fest davon überzeugt, dass sie es schaffen, ei

ne tragfähige Lösung zu finden, eine interne Kommunikation, die dieser Universität wirklich eine Zukunft gibt. Ich appelliere weiterhin an alle Beteiligten, sich zusammenzusetzen und für die Exzellenz an unserer Hamburger Universität zu kämpfen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Frau Dr. Gümbel.

Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf die Kollegen Heyenn, Bischoff und Kühn eingehen. Es geht um die Flächenbedarfe der Universität und darum, dass Sie, Herr Kühn, gesagt haben, Sie fänden es ungehörig, dass die Präsidentin nicht in den Wissenschaftsausschuss gekommen ist, um uns dort die Flächenbedarfe zu erläutern. Herr Kühn, das war Ihrerseits ungehörig, denn wir hatten im Wissenschaftsausschuss besprochen, Herrn Hinze einzuladen, damit er uns die in der Studie aufgeführten Flächenbedarfe erläutert.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Der hat alles er- klärt, nur nicht das!)

Wir hatten im Ausschuss gesagt, dass, wenn überhaupt, dann Kritik am Senat zu üben ist, insofern als der Senat die Präsidentin nicht dazu geladen hat. Bei allem Respekt, Herr Kühn, das Frau Auweter-Kurtz vorzuwerfen ist eine Wiederholung dessen, was wir bereits im Wissenschaftsausschuss klargestellt haben. Das finde ich auch an dieser Stelle nicht richtig.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Ich möchte aber auch auf die Kollegen von der LINKEN eingehen, zunächst auf Herrn Bischoff. Herr Bischoff, ich verstehe, dass Sie das Finanzierungsargument bemühen, Sie gehen immer an die Dinge heran, indem Sie die Finanzierung hinterfragen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Genau, das tun die anderen nämlich nicht!)

Nichtsdestotrotz muss ich gerade Ihnen zu bedenken geben, dass wir es sehr begrüßen, dass man sich zum ersten Mal in dieser Stadt für die Wissenschaft engagiert – Herr Kühn hat vorhin ausgeführt, welche Bedeutung die Universitätsgründung 1919 für eine Kaufmanns- und nur am Geld interessierte Hansestadt hatte. Wir haben jetzt die einmalige Chance, dass dieser Senat zwei Milliarden in die Hand nimmt, um sie in die Wissenschaft zu stecken. Wenn man dann mit dem Totschlagargument der Finanzierung kommt, finde ich das, gelinde ausgedrückt, sehr kurz gedacht. Es ist doch klar, dass es in dieser Phase der Wirtschaftskrise darum gehen muss, sich fit zu machen für die Zu

(Alexandra Dinges-Dierig)

kunft. Es ist nicht damit getan, die Universität in Fachhochschule umzubenennen, sondern wir müssen der Universität die Möglichkeit geben, sich zu entwickeln. Dazu braucht sie in der Tat Flächen.

(Michael Neumann SPD: Was sagt denn Kri- sta Sager dazu?)

Frau Heyenn, Sie fordern, wir sollten uns jetzt festlegen.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Sie haben sich doch schon festgelegt!)

Sie wissen aber genauso gut wie ich, dass die Grundlage dieser Flächenbedarfe in dem STEP niedergeschrieben ist.