Protocol of the Session on June 11, 2009

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Umso wichtiger ist es, eine vernünftige Politik mit einer großen gesellschaftlichen Herausforderung zu machen und ich habe die Hoffnung noch immer nicht aufgegeben, dass wir dabei auch überfraktionell zu bestimmten Verständigungen kommen. Einen Punkt möchte ich jetzt noch anführen. Herr Freytag sagte, man könne doch in dieser Situation nicht mit einer Steuererhöhung kommen. Wissen Sie, Herr Freytag, ein Populist ist, wer in dieser Situation mit dem Thema Steuersenkung in den Wahlkampf zieht; das ist wirklich Populismus pur.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Jemanden mit so viel ökonomischem Unverstand in einer solchen Situation können Sie bei den Sozialdemokraten und den Linken lange suchen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Da brauchen wir gar nicht lange suchen. Das sieht man doch!)

Das entspricht in keiner Weise den Standards, die man in einer wirtschaftspolitischen Diskussion verlangen kann.

Die Geschichte hat uns doch gelehrt, mit diesen knappen Ressourcen einigermaßen klarzukommen. Roosevelt hatte nach den ersten Etappen der schweren Wirtschaftskrise Steuersätze von 80 Prozent und mehr etabliert, anders ist das gar nicht machbar.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Richtig! – Beifall bei Wolfgang Rose SPD)

(Senator Dr. Michael Freytag)

Dass diese Perspektive die einzig richtige ist, werden hoffentlich auch Sie noch einsehen. Einen wesentlichen Punkt möchte ich noch einmal bekräftigen. Wie auch Sie, Herr Goldberg, wissen, ist die Vermögenssteuer nicht verfassungswidrig …,

(Zuruf Thies Goldberg CDU)

… sondern ihr Vollzug ist ausgesetzt, und zwar deshalb, wie Sie in einem Nebensatz bemerkten, weil Sie auf Bundesebene nicht in der Lage waren, eine vernünftige Bewertung der Grundstücke vorzunehmen. Daraufhin hat das Verfassungsgericht gesagt, man könne nicht mehr zusehen, wie das gesamte Steuersystem durcheinandergebracht wird, wenn Sie in dieser Art und Weise Finanzvermögen privilegieren. Sie wissen ganz genau, dass die gesamte Steuersystematik in der Bundesrepublik ins Wanken gerät, weil Sie nicht das Richtige gemacht haben. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir uns auch über diesen Punkt weiterhin auseinandersetzen werden. Seit unserem Einzug ins Parlament plädieren wir dafür, dass der Steuervollzug in Hamburg …

(Glocke)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk (unterbrechend) : Herr Bischoff, ich möchte Sie noch einmal unterbrechen und alle im Saal bitten, sich doch etwas ruhiger zu verhalten, damit Herr Bischoff seine Rede in Ruhe fortsetzen kann. -Ich danke Ihnen.

Die HSH Nordbank hat immer von sich behauptet, sie sei ein gut aufgestelltes Unternehmen. Genauso erzählen Sie, ohne irgendwelche stichhaltigen Argumente vorzubringen, dass der Steuervollzug in Hamburg klasse sei. Ich kann Ihnen aus dem Bundesrechnungshofbericht, und zwar nach Prüfung im zuständigen Ausschuss des Bundestages, vortragen, dass es ein Problem mit der Quote der Umsatzsteuer-Sonderprüfung gibt, wobei ich darauf verzichte, dies im Einzelnen auszuführen. Mittels dieses Berichts könnten sich der Senator und alle anderen schlaumachen und zur Kenntnis nehmen, dass Hamburg in der Frage der Umsatzsondersteuerprüfung …

(Thies Goldberg CDU: Umsatzsteuer-Son- derprüfung!)

… Umsatzsteuer-Sonderprüfung ein katastrophales Ranking hat. Genau dasselbe ist der Fall bei der Steueraufsicht durch die Finanzämter, die ebenfalls nicht ausreichend sei. Es ist alles andere als politisch korrekt, sich hier hinzustellen und das glatte Gegenteil von dem zu behaupten, was bundesweit bekannt ist, aber das sind wir von Ihnen ja gewohnt.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Herr Tschentscher.

Herr Präsident, der Wortbeitrag des Senators veranlasst mich, noch ein paar Worte dazu zu sagen. Er weist darauf hin, wie viele Schulden die SPD in 44 Jahren in Hamburg gemacht hat. Ist das denn ein Grund, in vier Jahren den Schuldenstand um 20 Prozent zu erhöhen? Bis 2001 standen diesen Schulden wenigstens noch Vermögenswerte gegenüber, wie beispielsweise Krankenhäuser, Immobilien, der Hafen, die Sie dann zur Finanzierung Ihrer defizitären Haushalte verkauft haben, das ist der Unterschied für die Zeit bis 2001 und danach. Sie gehen hier ans Mikrofon, sprechen von Tilgung, verraten uns aber nicht, wie und wann diese erfolgen soll, und verlieren auch kein Wort über die Zinsen und deren Finanzierung. Die Linksfraktion und wir plädieren dafür, dass in dieser konjunkturellen Situation nur ganz bestimmte Steuern erhöht werden können und müssen. Darüber streiten wir seit März mit Ihnen, ohne jedoch eine klare Alternative von Ihnen zu erfahren. Es geht um die Erhöhung der Vermögenssteuer, der Börsenumsatzsteuer und um die Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Wenn ich mir dann von Ihnen, Herr Senator, anhöre, wie viele Steuern die Einkommensstarken ohnehin schon zahlen, und wenn ich von Herrn Waldowsky höre, dass die Millionäre so großzügige Mäzene in Hamburg sind, muss ich Ihnen sagen, dass sich mein Mitleid in Grenzen hält, wenn ich sehe, was in den einkommensschwachen Stadtteilen Hamburgs bereits jetzt los ist und in den nächsten Jahren noch passieren wird.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor und wir kommen dann zur Abstimmung.

Wer möchte den Antrag der Fraktion die LINKE aus der Drucksache 19/3181 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag mehrstimmig abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 53 der Drucksache 19/3172, gemeinsamer Antrag der CDU- und der GAL-Fraktion: Impfempfehlung gegen Masernerkrankung bei Erwachsenen.

[Antrag der Fraktionen der CDU und GAL: Impfempfehlung gegen Masernerkrankung bei Erwachsenen – Drs 19/3172 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 19/3272 ein Antrag der Fraktion DIE LINKE vor.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE:

(Dr. Joachim Bischoff)

Impfempfehlungen gegen Masernerkrankungen bei Erwachsenen – Drs 19/3272 –]

Die Fraktionen sind übereingekommen, hierzu keine Aussprache durchzuführen. Wir kommen zur Abstimmung.

Zunächst zum Antrag der Fraktion DIE LINKE aus der Drucksache 19/3272. Wer möchte diesen Antrag annehmen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag mehrstimmig abgelehnt worden.

Wer möchte dem gemeinsamen Antrag der CDUund GAL-Fraktion aus der Drucksache 19/3172 zustimmen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag mit Mehrheit angenommen worden.

Aufruf Tagesordnungspunkt 51, Drucksache 19/ 3089, Antrag der SPD-Fraktion: Altenpflegeausbildung in Hamburg fördern - Fachkräftemangel endlich begegnen.

[Antrag der Fraktion der SPD: Altenpflegeausbildung in Hamburg fördern Fachkräftemangel endlich begegnen – Drs 19/3089 –]

Diese Drucksache möchte die GAL-Fraktion federführend an den Schulausschuss und mitberatend an den Sozialund Gleichstellungsausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? Herr Kienscherf, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit dem heute von der SPDFraktion vorgelegten …

(Glocke)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk (unterbrechend) : Herr Kienscherf, einen kleinen Augenblick bitte noch. Ich möchte die Herrschaften dort an den Ecken bitten, Ihre Gruppen aufzulösen, die Gespräche draußen fortzuführen oder sich zu setzen. – Herzlichen Dank!

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich meine Rede mit einem Lob auf die CDU-Fraktion beginnen …

(Klaus-Peter Hesse CDU: Von Ihnen brau- chen wir kein Lob!)

… was gerade in diesem Bereich oder eigentlich überhaupt nicht selbstverständlich ist angesichts der Auseinandersetzungen, die wir ständig miteinander führen. Wir versuchen heute erneut, mit diesem Antrag etwas Bewegung in den Bereich der Altenpflegeausbildung zu bringen, und in unserer Fraktion wurde durchaus positiv aufgenommen,

dass GAL und CDU bereit sind, gemeinsam mit uns den Diskussionsprozess im Ausschuss fortzusetzen. Die Diskussionen, die wir in den letzten Monaten dort geführt haben, waren aus Sicht der SPD-Fraktion richtig und wichtig. Als Parlamentarier müssen wir uns um den Altenpflegebereich kümmern.

(Beifall bei der SPD)

In den Beratungen, vor deren Hintergrund wir unseren erneuten Antragsentwurf einbringen, wurde deutlich, dass die Ansichten bei der Regierungsfraktion, der Opposition, bei den Experten und beim Senator, beziehungsweise seiner Behörde, sehr unterschiedlich sind.

(Erste Vizepräsidentin Barbara Duden über- nimmt den Vorsitz.)

Es wurde deutlich, dass es völlig verschiedene Sichtweisen bei der Schilderung der Situation in der Pflege gibt; der Senator und Frau Blömeke können das mittlerweile auch recht gut, und auch Herr Frankenberg weist immer wieder darauf hin, dass durchaus auch Erfolge zu verzeichnen sind, zum Beispiel steigende Beschäftigungszahlen, steigende Zahlen bei den Pflegebedürftigen und auch bei den Auszubildenden. Diese Erfolge können allerdings nicht von dem in den Ausschussberatungen und Anhörungen deutlich gewordenen Problem ablenken, das Beschäftigte, Anbieter, aber auch betroffene Pflegebedürftige mit der immer höheren Arbeitsbelastung bei einem chronischen Mangel an Fachkräften haben.

Wie passen die Wahrnehmungen von Herrn Senator Wersich, GAL und CDU, die aus Ihrer Sicht ja durchaus positiv sein mögen, mit den Warnungen der Experten und der Tatsache zusammen, dass es einen deutlichen Fachkräftemangel gibt? Herr Senator, die Beschäftigtenzahlen im Altenpflegebereich sind zwar gestiegen, doch wenn man mit ihnen argumentiert, sollte man auch wissen, worauf sie zurückzuführen sind, auf den Altenpflegebereich selbst oder auf ganz andere Entwicklungen? Auch in den Anhörungen wurde deutlich, dass die steigenden Beschäftigungszahlen im Altenpflegebereich vor allem eine Folge des Personalabbaus in den Krankenhäusern sind. Der Altenpflegebereich hat davon profitiert, dass ehemals in den Krankenhäusern Beschäftigte in die Altenpflege ausgewichen und ostdeutsche Pflegekräfte nach Hamburg gekommen sind. Allein steigende Beschäftigungszahlen zu nennen heißt also noch lange nicht, dass die von Ihnen betriebene Politik richtig war, ganz im Gegenteil.

(Beifall bei der SPD)

Auch bei den Ausbildungszahlen können Sie vordergründig durchaus behaupten, Sie hätten diese gesteigert. Die Zahlen an sich sagen jedoch nichts aus über das vorhandene Potenzial, das die Altenpflege letztendlich selbst zu ihrem Vorwärtskom

(Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk)

men beisteuert, sondern entscheidend ist, dass die Zahlen der Auszubildenden und die der Umzuschulenden addiert werden. Betrachtet man die Entwicklung, so ist von 2005 bis 2007 leider ein Rückgang der Auszubildenden und Umzuschulenden von 470 auf 314 festzustellen, also ein Rückgang um 33 Prozent, und insofern ist der Altenpflegebereich auf unverantwortliche Weise geschwächt worden.