Protocol of the Session on June 10, 2009

Tut der Senat nun irgendetwas, um dies zu ändern? Schauen wir einmal in den gerade neu vorgelegten Wohnungsbauentwicklungsplan mit immerhin 80 Seiten; da müsste doch etwas dazu drinstehen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Wenn man es liest!)

Ich kann Ihnen auch genau sagen, was da drinsteht, Herr Hesse.

Da steht, der zukünftige Beitrag zum Wohnungsbau der SAGA sei Gegenstand von Gesprächen mit dem Unternehmen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das ist doch wun- derbar!)

Da kann ich Sie nur beglückwünschen als Aufsichtsratsvorsitzender und Alleineigentümer, dass es Ihnen immerhin gelungen ist, mit der SAGA irgendwie über dieses Thema ins Gespräch zu kommen.

Solche Sätze formuliert in Wahrheit natürlich nur jemand, der seinen eigenen politischen Gestaltungsanspruch in diesem Bereich weitgehend aufgegeben hat. Das ist fatal und es ist auch symptomatisch für Ihre Wohnungsbaupolitik, der es leider an dieser und an vielen anderen Stellen an jeder Entschlossenheit fehlt.

(Beifall bei der SPD)

Wer soll Ihnen denn in der Wohnungswirtschaft und auch anderweitig glauben, dass Sie es mit Ihrer aktiven Wohnungsbaupolitik in irgendeiner Weise ernst meinen, sich selbst ernst nehmen, wenn die Stadt selbst mit ihrem eigenen Wohnungsunternehmen, dem größten Hamburger Wohnungsunternehmen, nicht baut. Das muss anders werden, die SAGA muss wieder von einem Wohnungsverwaltungsunternehmen zu einem Wohnungsbauunternehmen werden.

(Beifall bei der SPD und bei Norbert Hack- busch DIE LINKE)

Der zweite Punkt, die Mietpreispolitik. In den vergangenen Jahrzehnten hat die SAGA durch eine sehr zurückhaltende und sozial ausgewogene Mietpreisgestaltung mit vielfachen Sozialbindungen entscheidend dazu beigetragen, dass Menschen mit geringem Einkommen in dieser Stadt Zugang zu für sie bezahlbarem Wohnraum erhalten haben. Natürlich, das will niemand in Abrede stellen, erfüllt die SAGA auch heute noch in wesentlichen Teilen ihres Bestandes diese Funktion. Aber in den letzten Jahren sind die SAGA-Mieten an vielen Stellen ganz erheblich unter Druck geraten, und zwar aus verschiedenen Gründen. Zum einen fallen jährlich ungefähr 3000 SAGA-Wohnungen aus den Mietpreisbindungen heraus, für die es keinen Ersatz gibt, für die auch kein Ersatz geschaffen wird. Diese Entwicklung wird im Gegenteil noch gefördert, indem zusätzlich vorzeitig Sozialbindungen abgelöst werden. Und die SAGA schöpft zunehmend den gesetzlichen Spielraum für Mietsteigerungen nach dem Wegfall der Sozialbindungen weitgehend aus. Bei 65 Prozent derjenigen Wohnungen, die zum 1. Januar 2008 aus der Sozialbindung gefallen sind, hat die SAGA die Miete um 18 bis 20 Prozent erhöht. Man kann zwar sagen – das stimmt auch –, dass zum Teil ein relativ geringes Ausgangsniveau zugrunde gelegen hat von vielleicht 4 Euro pro Quadratmeter. Aber auch bei 4 Euro sind 20 Prozent 80 Cent pro Quadratmeter, das sind bei 60 Quadratmetern 48 Euro und das ist für die Betroffenen im konkreten Fall nicht so wenig.

Außerdem kommt hinzu, dass es häufig dieselben Wohnungsbestände sind, die besonders stark modernisierungsbedürftig sind. So wichtig gerade die energetische Modernisierung ist, führt das aber auch zu weiteren Mietsteigerungen, die dann schnell bei 1 Euro und nicht selten, das zeigt die Große Anfrage, auch bei 2 Euro pro Quadratmeter liegen. Das führt in der Gesamtheit dazu, dass in den betreffenden Beständen und zum Teil auch im gesamten Stadtteil – das zeigt die Antwort auf die Große Anfrage – die SAGA-Mieter weit überdurchschnittlichen Mieterhöhungen ausgesetzt sind.

Für den Zeitraum von 2000 bis 2008 ein paar Beispiele. Barmbek-Süd: plus 31 Prozent im gesamten Stadtteil, über den gesamten Bestand, das heißt, in bestimmten Bereichen ist es noch deutlich höher gewesen; Bramfeld: plus 24 Prozent; Langenhorn: plus 23 Prozent; Rothenburgsort: plus 27,5 Prozent, das ließe sich fortsetzen. Da ist es dann vorbei mit der Sozialverträglichkeit.

Diese Entwicklung führt dazu, dass sich einkommensschwächere Mieter ihre SAGA-Wohnung zum Teil nicht mehr leisten können und aus ihren Wohnungen und ihren Wohnquartieren verdrängt werden. Das ist genau das Gegenteil von dem, was eigentlich Aufgabe der SAGA ist oder was sie zumindest einmal war. Diese Entwicklung darf sich so nicht fortsetzen.

(Beifall bei der SPD)

Was sind nun die Ursachen für diese Entwicklung und wer trägt hierfür die Verantwortung. Das Unternehmen SAGA GWG und die dort Beschäftigten sind es nicht, sondern es sind natürlich diejenigen, die die politischen Rahmenbedingungen setzen, die im Unternehmen umgesetzt werden müssen. Das heißt, es sind zuallererst die CDU-geführten Senate, die sich nach 2001 zwar doch nicht getraut haben, die SAGA zu verkaufen, aber andere Wege gefunden haben, dem Unternehmen massiv Liquidität zu entziehen und dieses für nichtwohnungspolitische Zwecke einzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Die SAGA musste zunächst 114 Millionen Euro ausgeben, um Erbbaugrundstücke zu erwerben und Wiederkaufsrechte abzulösen von der Stadt und anschließend für 500 Millionen Euro die GWG erwerben. Das bedeutet, dass dem Unternehmen seit 2006 jährlich, und zwar noch bis 2011, jeweils 100 Millionen Euro an Finanzmitteln entzogen werden, aus dem Sie dann insbesondere Ihr Sonderinvestitionsprogramm speisen. Mit Blick auf die heutige Tagesordnung und die Debatte, die wir geführt haben, heißt das, die SAGA-Mieter sollen nach Ihrer Vorstellung den Derbypark in Flottbek subventionieren. So kann man auch Umverteilungspolitik machen; wir halten das für unanständig.

(Beifall bei der SPD – Wolfgang Beuß CDU: Vorsicht!)

Die zusätzliche Belastung, die Sie durch diese Abführungen dem Unternehmen aufbürden, trifft es in einer Situation, in der durch ein sehr ambitioniertes Modernisierungsprogramm ohnehin erhebliche Mittel gebunden sind. Das allein wäre allerdings nicht dramatisch, denn die Modernisierung hat lange vor 2001 begonnen, ohne dass der Versorgungsauftrag dadurch aus dem Blick geraten ist. Wenn aber diese grundsätzlich richtige Modernisierung betrieben wird, dann kann man nicht gleichzeitig jährlich 100 Millionen Euro zusätzlich entziehen, dann fehlt die Finanzkraft für den Neubau und der Spielraum für eine sozial verträgliche Mietpreisgestaltung. Unter diesem wirtschaftlichen Druck und weil es politisch gewollt war, wurde die SAGA immer stärker als ein normales, renditeorientiertes, immobilienwirtschaftliches Unternehmen aufgestellt und der öffentliche Versorgungsauftrag in den Hintergrund gedrängt.

Sie haben die SAGA GWG von einem Instrument einer sozial verantwortlichen Wohnungspolitik zu einem Instrument zur Deckung anderweitiger Finanzierungsbedarfe zweckentfremdet. Das war ein schwerer Fehler, ein Irrweg, der beendet werden muss. Die SAGA muss wieder der Versorgung der Menschen mit bezahlbarem Wohnraum dienen und nicht der Finanzierung Ihrer politischen Spielwiesen.

(Beifall bei der SPD und bei Norbert Hack- busch DIE LINKE)

Das Wort bekommt Herr Wersich.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Grote, Sie haben sehr ausführlich etwas zum Thema Wohnungsbau gesagt. Ich beschränke mich einmal auf das Thema der Großen Anfrage, den Wohnungsbestand von SAGA GWG in Hamburg, Wegfall der Sozialbindung, Modernisierung und Mieterhöhung.

Ihre Anfrage ist gut, sie baut offensichtlich auf der Schriftlichen Kleinen Anfrage, Drucksache 19/2123, der Genossen Bekeris und Buss auf und ist insofern überhaupt kein großer Wurf, denn im Endeffekt ist das, was Sie hier abfragen, weitestgehend bekannt. Die Antworten des Senats empfinde ich persönlich als sehr schlüssig und ausführlich

(Klaus-Peter Hesse CDU: Geht so!)

und ich habe mich gefragt, warum Sie das Thema hier überhaupt zur Debatte anmelden,

(Wolfgang Beuß CDU: Weil sie nichts ande- res haben!)

denn der Senat kann ohne schlechtes Gewissen alles ans Tageslicht bringen; es ist auch alles benannt.

(Beifall bei der CDU)

Völlig an den Haaren herbeigezogen, Herr Grote, ist allerdings der Einleitungstext in Bezug auf verfehlte Wohnungsbau- und Sozialpolitik in den Jahren der CDU-Regierung; das haben Sie eben hier noch einmal wiederholt.

(Jan Quast SPD: Das hat der Senat doch selbst beschlossen neulich!)

Wie war es denn, Herr Quast, als die SPD damals noch Volkspartei war und in Regierungsverantwortung stand? Bestandspflege und Modernisierung waren doch für Sie Fremdwörter.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Sie haben den Bestand vernachlässigt. Welches Ansehen hatte die SAGA zu Zeiten der Sozialdemokratie?

(Ingo Egloff SPD: Großlohe 113 Milliarden! – Zurufe von der SPD)

Herr Egloff, nicht ansatzweise hatte das Unternehmen irgendetwas zu tun mit einem modernen Wohnungsunternehmen. Jetzt tun Sie so, als würden durch SAGA und GWG Luxussanierungen durchgeführt. Nach Ihrem Verständnis mag das so sein, nach dem unseren werden hier dringend notwendige Investitionen durchgeführt. Anlage 8 lässt den

(Andy Grote)

Vorwurf auch als absurd erscheinen. Daraus zu schließen, dass hier auf dem Rücken sozial Schwacher etwas ausgetragen werde, ist mitnichten der Fall. Die Angebote der Mieterbetreuung und der Beratung helfen den Menschen. Die Schriftliche Kleine Anfrage aus dem Februar, die ich eben schon zitiert habe, gibt hierzu die Antworten.

(Wilfried Buss SPD: Welche denn?)

Die Prüfung der Fördermittel, Herr Buss, die individuelle Förderung wie Wohngeld oder auch die Staffelmiete.

Dass aufgrund der bereits sanierten Wohnungen die Menschen aus ihren Wohnungen scharenweise vertrieben worden sind, ist nirgendwo zu konstatieren, das ist doch völliger Unsinn.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Im Gegenteil, die Investitionen sind im wohlverstandenen Interesse der Mieter und der Mieterbelegung. Herr Grote, die ersten Sätze Ihrer Einleitung der Großen Anfrage beschreiben zutreffend unsere Politik. Sie erkennen offensichtlich aber auch die Notwendigkeit von Investitionen vor dem Hintergrund steigender Energiekosten und Klimaschutz.

Welcher Schluss darf gezogen werden? Dass die Mieten nach der Sanierung zu hoch seien, dem kann ich nicht folgen. Das geben auch die Antworten auf die Große Anfrage im Übrigen nicht her. Mietenspiegel, Mittelwert et cetera. Eher entsteht hier der Eindruck, es soll einmal mehr den Menschen etwas versprochen werden und in Versprechungen sind Sie ja ganz groß.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Eva Gümbel GAL)

Ein kleiner Blick in den Koalitionsvertrag. Der Wohnungsbauentwicklungsplan wurde benannt, die Modernisierungen als Klimaschutzziele und die Verdrängung angestammter Bevölkerungsschichten soll vermieden werden. Das ist unser Ziel, das ist das Ziel von Schwarz-Grün.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Das ha- ben Sie schon verfehlt!)

Wie war es früher? Scharenweise sind Mieter der SAGA weggelaufen, wenn sie es sich irgendwie leisten konnten. Ökologie und Soziales wurde von Schwarz-Grün nicht gegeneinander ausgespielt, sondern Wirtschaften für die dort wohnenden Menschen, integriert in einem Prozess, der die Menschen nicht ausgrenzt, sondern mitnimmt. Die Alternative zur Senatspolitik wäre die Vernachlässigung; nicht mit uns.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Herr Becker.