den Bedürfnissen der Bürger vor Ort in Wilhelmsburg entsprechen. Diese Anforderungen müssen Sie an sich selber wohl auch stellen und können nicht sagen, wer das formuliert, will das eigentlich insgesamt gar nicht. Das stimmt nicht, aber Sie können nicht von uns erwarten, dass Sie uns einen Zeitungsausschnitt vorlegen und wir sagen, großartig, das ist es, und damit ist die Diskussion zu Ende. So wird es natürlich nicht sein, sondern wir werden diese weiterführen und dann werden Sie auch noch viel Gelegenheit haben zu sehen, wie viele Möglichkeiten, wie viele Entscheidungsspielräume – das haben Sie eben auch gesagt, es ist noch nichts entschieden – es für vernünftige Vorschläge und für weitere vernünftige Prüfungen aus der Bevölkerung und aus dem Parlament tatsächlich noch gibt und dann werden wir zu einem entsprechenden Ergebnis kommen. Ich bin sehr auf Ihre Flexibilität gespannt. – Vielen Dank.
Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung. Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 19/2066 an den Stadtentwicklungsausschuss zu? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das mehrheitlich abgelehnt.
Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Großen Anfrage aus der Drucksache 19/2066 Kenntnis genommen hat.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf, Drucksache 19/2679, Senatsmitteilung: Europapolitische Schwerpunkte des Senats 2009.
Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Europaausschuss überweisen. Wird das Wort gewünscht? – Frau Schnieber-Jastram, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor uns liegt ein besonderes Jahr der Europäischen Union. Am 7. Juni 2009 gibt es Wahlen, die Europäische Union will den Vertrag von Lissabon ratifizieren. Es gilt, die Wirtschaftskrise und die Reform der Finanzsysteme zu bewältigen, und schließlich will das Europäische Parlament seinen 30. Geburtstag feiern, ein besonderer Geburtstag eines in der Tat einzigartigen Parlaments.
Ich glaube, man kann mit Fug und Recht sagen, es gab selten zuvor so große Aufgaben auf dem Weg zu politischer, zu ökonomischer, zu strategischer Einheit. Wenn man das vergleichen soll, ist es vielleicht nur mit zwei Momenten zu vergleichen, zum einen mit der Gründung der Europäischen Union und zum zweiten dann mit dem Fall des Eisernen Vorhangs.
Die Frage ist: Sieht die Bevölkerung das eigentlich auch so? Und da müssen wir Kenntnis nehmen von doch eher besorgniserregenden Prognosen einer schlechten Wahlbeteiligung, von einem großen Desinteresse der Bevölkerung.
Wer die politische Diskussion verfolgt, der merkt, dass die Europäische Union immer dann Verantwortung trägt, wenn Entscheidungen eher unpopulär sind. Nationale Regierungen reklamieren gerne alles für sich, was irgendwie mit Erfolg zu tun hat. Im Grunde machen wir das heute hier auch so ähnlich, wir reden über viel Geld, das von der EU kommt, und sind stolz als Freie und Hansestadt Hamburg. Kleine Dinge spielen oft eine große Rolle, die Diskussion um Gurken und um Marmelade und vieles andere, als ob es das Wesen der EU sei. Aber die großen, die strategischen Fragen, die Frage der Energieversorgung, der Verteidigungspolitik und vieles andere sind im Bewusstsein fast verschwunden.
Wir sollten beginnen, auch in den eigenen Reihen als verantwortliche Politiker positiv über die EU zu reden und auch positiv darüber zu schreiben, sage ich den verbliebenen Journalisten. Dieses Europa ist längst mehr als eine ökonomische Veranstaltung, es ist ein Europa des Friedens, und zwar noch nicht sehr lange, es ist ein Europa der Freiheit, noch viel weniger lange. Eigentlich müsste man ständig das Hohe Lied singen auf Frieden und Freiheit, auf den Euro, auf die Finanzkrise beziehungsweise deren Bewältigung, auf die soziale Marktwirtschaft, die wir in die EU hinein transportieren, auf die Möglichkeit, überall zu leben – diese Möglichkeit gibt es für Rentner, für Berufstätige,
für junge Leute, für Studenten –, auf einen verbesserten Verbraucherschutz, das Telefonieren ist günstiger geworden, das Fliegen und vieles ande
Hamburg könnte Symbol sein, Symbol für diese Erfolgsgeschichte der Europäischen Union. Das geht aus den Senatsmitteilungen, die seit 2002 veröffentlicht wurden, hervor. Hamburg zählt zu den fünf reichsten Regionen. Der Hamburger Hafen ist durch die EU ein unglaublich bedeutender Hafen, rund 160 000 Arbeitsplätze hängen in der Region davon ab; er ist so bedeutend, weil es das Hinterland gibt, weil wir Osteuropa haben und den Handel nach Asien. Das Luftfahrtcluster in Hamburg, das schon heute national Nummer 1 ist, in der EU Nummer 2, soll ausgebaut werden, die Internationalisierung dieses Bereiches muss gestärkt werden und in diesem Zusammenhang hat Hamburg die European Aerospace Cluster Partnership initiiert mit dem Ziel, dass die EU-Luftfahrtindustrie im internationalen Wettbewerb eine größere Rolle spielen muss.
Der Europäische Wissenschaftsstandort Hamburg, das muss ich Ihnen nicht sagen, spielt eine ganz große Rolle. Die Internationalisierung von Hochschulen, der internationale Wettbewerb, der Ausbau des Forschungsstandortes, das DESY als weltweit führendes Beschleunigerzentrum – alle beneiden uns um diesen Standort. Alle Hamburger Universitäten erhalten Geld aus der EU.
Aber nicht nur aus ökonomischer Sicht spielt die EU für Hamburg eine große Rolle, auch in ökologischer Perspektive und auch aus sozialer Sicht. Das zeigt sich an vielen der in der Drucksache dargestellten Programme, im Arbeitsmarkt, im Mittelstand. Hamburg ist Umwelthauptstadt 2011 aufgrund unseres Klimaschutzkonzeptes, das wir in der letzten Legislaturperiode vorgelegt haben. Das wird bei vielen Neugier wecken, das wird viele inspirieren, nach Hamburg zu kommen, um zu sehen, wie man Industrie und Umwelt vereint, wie das in einer Großstadt geht.
Die Drucksache stellt auch dar, dass es eine Reihe von neuen Projekten geben wird. Ich hoffe, dass es gelingt, das EU-Patentgericht nach Hamburg zu holen. Die Landstromversorgung von Kreuzfahrtschiffen, eine Initiative aus Hamburg,
wird ebenfalls eine Rolle spielen. Hamburg hat aufgerufen zu einer Allianz der EU-Hafenstädte, denn dies ist ein Thema, das für alle Hafenstädte gleichermaßen eine Rolle spielen muss, nicht nur für Hamburg allein.
Und schließlich wird Hamburg sich natürlich einstellen müssen auf den Vertrag von Lissabon, wenn er denn ratifiziert wird, das heißt, auf die Subsidiaritätskontrolle, das Frühwarnsystem, auf all diese Dinge muss man sich sehr sorgfältig einstellen. Aber da bin ich sehr sicher, Hamburg wird das tun, denn Hamburg hat auf dem ganzen Sektor des Lissabon-Vertrags die Entwicklungen rechtzeitig erkannt und vorangetrieben.
Wir haben die Beteiligung an städtischen und regionalen Netzwerken stark ausgebaut, Themen wie nachhaltige Stadtentwicklung, Kooperation zwischen Metropolregionen, die Baltic Sea State Subregional Co-operation werden dazu beitragen, dass Hamburg sehr viel stärker vernetzt wird mit großen Städten, mit maritimen Netzwerken, mit Forschungsinstituten. Ich glaube, das ist ein wichtiger Bereich, ein großes Vorankommen.
Es gibt den Hamburger Vorschlag, das Thema Energie- und Klimapolitik zum Gegenstand einer EU-Ministerkonferenz zu machen. Auch das ist positiv aufgenommen worden. Wir hoffen, dass es möglichst bald dazu kommt.
Die Europäische Union ein immerwährendes Projekt. Wir werden nie ankommen, es wird immer Optimierung brauchen und es wird ganz, ganz wichtig sein, alle Hamburger an dieser Stelle mitzunehmen, insbesondere aber junge Menschen, damit sie die Vorteile der EU verstehen. Für manchen liegen Frieden und Freiheit lange zurück und haben offensichtlich auch nicht die Bedeutung, auch in diesem Hause nicht für alle, wie man es meinen könnte. Der Aufruf, den wir schon bei der Bürgerschaftswahl gemacht haben, "Wirf Deine Stimme nicht weg", wird auch bei der Europawahl wieder stattfinden. Es wird ein Gesamtkonzept entwickelt werden zur Stärkung der europapolitischen Jugendarbeit. Es gibt wieder den Europamarkt, die Europawoche mit vielen Veranstaltungen ganz besonders für junge Leute. Europa wird im Unterricht eine Rolle spielen, die Leitlinien werden noch im Mai vorgestellt und der Austausch in allen Bereichen – Schüler, Lehrer, Berufstätige mit Praktika und Studenten – soll und muss verstärkt werden. An der Hamburger Universität haben wir zurzeit viel zu wenig Studierende zum Beispiel aus europäischen Ländern.
Ich glaube, wir müssen beides zugleich tun, die Europäische Union in Hamburg stark machen und ein starkes Europa in Hamburg garantieren. Unsere Erfahrung zählt dabei, Hamburg ist das Tor zur Welt, Hamburg ist Trendsetter im Umweltbereich, Hamburg bietet den Europäern Erfahrungen und Konzepte im Bereich der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund, Hamburg ist eine traditionell weltoffene Stadt. Bei uns in Hamburg ist Europa in guten Händen. Ich halte es für wichtig, dass wir mit einer Stimme sprechen. Deswegen werden wir dieses Papier an den Europaaus
schuss überweisen, damit wir dort gemeinsam diskutieren und hoffentlich auch zu gemeinsamen Ergebnissen kommen. – Dankeschön.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Schnieber-Jastram, Sie haben in Ihrer Wahlkampf- und Kandidatenrede hier für Europa werben wollen.
Das ist auch in Ordnung, das wollen wir alle. Es ist ein wichtiges Thema. Aber ich sage Ihnen eines: Machen Sie erst einmal Wahlkampf in dieser Stadt. Sie machen doch überhaupt gar keinen Wahlkampf. Sie wollen für Europa werben und verzichten seit einigen Wochen darauf, aktiv Wahlkampf zu betreiben. Wir sind die einzige Partei,
die zurzeit in Hamburg Europawahlkampf betreibt. Das ist die Wahrheit. Ich sehe von Ihnen in dieser Stadt gar nichts.
Wenn es so sein sollte, dass Sie – das konnte man schon nachlesen – Geld sparen wollen zugunsten des Bundestagswahlkampfes, aber dann zulasten Europas und des Europawahlkampfes, dann macht Sie das als Partei nicht gerade glaubwürdig.
Im Übrigen gibt es auch keinen Grund, Frau Schnieber-Jastram, sich so heftig auf die eigenen Schultern zu klopfen.
Ich möchte jetzt zur Drucksache etwas sagen, das ist ja das eigentliche Thema. Da stehen unbestritten sicher sehr viele gute Dinge drin. Aber wir haben hier in Hamburg sicherlich eine eigene Wahrnehmung von Hamburg. In Europa wird Hamburg, das ist auch ein Teil der Wahrheit, bei Weitem noch nicht als eine europäische Metropole wahrgenommen, wie wir alle uns das wünschen würden; so ist es ja nicht. Vor nur wenigen Jahren war ich in einer großen Versammlung, ich glaube, es war in Kopenhagen, da wurde eine große Wirtschafts
karte an die Wand projiziert, dort war Hamburg zu unserem Entsetzen noch nicht einmal verzeichnet. Das lässt aufhorchen. Also bitte keine Selbstgefälligkeit, auch nicht im Wahlkampf. Es ist Aufgabe eines jeden Senats, Hamburg zu einer wirklichen europäischen Metropole zu entwickeln, aber wenn man zu wenig macht – und das wäre mein Vorwurf –, kann Europa auch an Hamburg vorbeilaufen.
Dieser Bericht zeigt mir, dass dieser Senat mehr machen muss, um aus Hamburg das zu machen, was wir alle wollen: eine erfolgreiche, in Europa gut platzierte europäische Metropole. Dann machen Sie bitte mehr, sonst funktioniert das nicht. Das ist der eine Punkt.