Die Bundesintegrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, äußert sich genauso. Schon in der Süssmuth-Kommission wurde genau das festgehalten. Ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses sehr ernste Thema von der Tagesordnung nicht verschwinden zu lassen nach dem Motto: Wir schauen einmal und bisher gab es nicht ganz so viel Ärger. Ich glaube, für die zweitgrößte Stadt Deutschlands kann es nicht angehen, dass wir dieses Problem versuchen auszusitzen und hoffen, dass es nicht größer wird. Ich glaube, dass dieses Problem sehr wohl größer werden kann. Wir müssen unserem eigenen Anspruch Rechnung tragen, dass wir nicht nur gute und bessere Schulen haben wollen, sondern wir müssen dafür sorgen, dass alle Kinder in den Genuss kommen, am Bildungs- und damit auch am Sozialisierungsprozess teilnehmen zu können, wir wollen das ganz gezielt.
Wir sind für den Datenabgleich zwischen den Behörden, das ist Ziel dieses zentralen Schülerregisters. Aber Ziel ist es eben nicht gewesen, dadurch herauszufinden, wer keinen legalen Aufenthaltsstatus hat. Wir können und wollen mit diesem Antrag auch eine Lösung auf den Weg bringen, wie sie zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen herbeigeführt wurde. Dort wurde das Schulpersonal von der Pflicht entbunden, bei Schulanmeldungen nach dem Reisepass oder der Meldebestätigung der Eltern zu fragen. Das ist auch Bestandteil unseres Antrags, weil wir glauben, dass damit eine für alle Seiten akzeptable Lösung herbeigeführt werden kann, bis diese Frage bundeseinheitlich geregelt wird. Ich würde mich freuen, wenn Sie sich dem anschließen würden. – Danke.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! In meiner Zeit als Parlamentarier habe ich gelernt, dass es drei Arten von politischen Initiativen gibt. Es gibt einmal die politische Sacharbeit, es gibt politische Anträge, die das Ziel haben, ein Mediengetöse zu erzeugen, und dann gibt es eine dritte Gruppe, die sehr interessant ist, das sind Anträge, die der Legendenbildung dienen. Und zu dieser Gruppe gehört der Antrag der SPD-Fraktion. Es wird der Eindruck erweckt, als wenn durch das im Jahr 2006 von der CDU eingeführte Schülerregister Kinder, die sich mit oder ohne Eltern illegal in Hamburg aufhalten, in den Absentismus gedrängt werden. Dieser Grundgedanke und Ansatz des SPD-Antrags entspricht in keiner Weise der Realität.
Was ist eigentlich die Zielrichtung des Schülerregisters? Wir müssen doch, wenn wir auf die Entstehungsgeschichte schauen, Herr Ciftlik hat das auch schon getan, den Blick zurückwerfen und uns fragen, warum wir das eigentlich damals gemacht haben. Das Schülerregister entstand in der 18. Wahlperiode im Rahmen der Aktivitäten "Hamburg schützt seine Kinder".
Unter dem Eindruck der Erfahrungen mit dem Fall des verhungerten Mädchens Jessica wurden diverse Initiativen gestartet mit dem Ziel, die Arbeit der Jugendämter und der Schulen zu optimieren. In der Analyse waren sich damals alle Fraktionen soweit einig, diese Analyse lautete: Wir müssen alles tun, damit wir in Hamburg kein Kind mehr aus dem Blick verlieren, und das muss doch heute auch noch gelten.
Insofern ist das Schülerregister ein großer Schritt nach vorn bei der Bekämpfung des Absentismus. Das Schülerregister gefährdet nicht das Kindeswohl, es ist das Leben in der Illegalität, welches kindeswohlgefährdend ist. Diese Kinder haben keine Gesundheitsfürsorge, sie nehmen nicht an staatlichen Zuwendungen und Förderungen teil und profitieren auch nicht von dem sozialen Netz, das es in unserem Land für Kinder gibt.
Illegalität ist kindeswohlgefährdend und deswegen hätte ich mir von der Opposition eher einen Antrag und Aktivitäten gewünscht, um zum Beispiel Illegalität zu vermeiden, aber solch ein Antrag ist nicht gestellt worden.
Stattdessen versuchen Sie das Schülerregister zu einem zahnlosen Tiger zu machen. Wenn es diesen Abgleich der Daten mit dem Einwohnermeldeamt nicht mehr gibt, ist das Register unwirksam, Herr Buss, und erfüllt dann seinen Zweck nicht mehr. Der SPD-Antrag ist natürlich auch insofern ein bisschen fehlerhaft, weil wir in Hamburg den systematischen Datenabgleich mit der Ausländerbehörde im Schülerregister eben nicht haben.
Dann wird natürlich immer wieder das Schulpersonal angesprochen, auch die Zwickmühle ist immer wieder in den Medien angesprochen worden, in der sich Schulleiter befinden können, wenn bei ih
nen Kinder zur Schule gehen, die in Hamburg nicht gemeldet sind. Das kann ich nicht so richtig nachvollziehen. Warum haben denn die Schulleiter die Verpflichtung, Gesetzesverstöße anzuzeigen?
Ich bekomme schon Time-out-Signale. Ich werde mich im Hinblick auf das, was wir heute Abend noch vorhaben, ein bisschen beeilen.
Die Gewissenskonflikte, die bei Schulpersonal entstehen können, entstehen doch daraus, dass Schulleiter beim Amtsantritt erklären müssen, dass sie als Beamte Recht und Verfassung der Bundesrepublik Deutschland anerkennen. Aber das Problem entsteht doch nicht daraus, dass es das Schülerregister gibt.
Eine weitere Legende ist, dass die Entdeckung eines die Schule besuchenden illegal in Hamburg lebenden Kindes gleichbedeutend mit seiner Abschiebung wäre. Sie wissen, dass das nicht der Fall ist. Die CDU sieht die Lösung des Problems weiterhin in der Innenbehörde und über die Härtefallkommission. Ziel ist es, den Kindern bis zum Schulabschluss einen gesicherten Aufenthalt zu verschaffen. Hierzu gab es bei Einführung des Schülerregisters und bei den Debatten glasklare Aussagen der Innenbehörde. Ich bin der Meinung, dass wir auch bis heute nichts daran geändert haben. Wir werden aber im Ausschuss dieses Thema noch einmal näher besprechen.
Vielleicht als letzten Satz: Die CDU möchte alle Kinder schützen, die in Hamburg leben, egal ob illegal oder legal.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin immun gegen Time-out-Zeichen, gerade bei solch einem Thema, 36 Minuten, und mir ist auch der Verein, der heute spielt, vielleicht nicht so wichtig wie anderen in diesem Haus.
Ich kann Herrn Lemke an der Stelle folgen, der Schlusssatz ist das Entscheidende, der Schlusssatz steht aber auch im Schulgesetz: In Hamburg haben alle Kinder das Recht auf Bildung, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus. Herr Ciftlik, der SPD-Antrag landet nur im Ausschuss, weil es sowieso dringend an der Zeit ist, einmal zu überprüfen, welche Folgen dieses Schülerregister eigentlich hat.
Ich finde nicht, dass das gnädig ist, sondern ich glaube, dass die SPD das selber weiß, weil der zeitliche Anteil an Herrn Ciftliks Rede, in der er sich auf den Antrag bezieht, nicht einmal 10 Prozent betrug. Er hat mit einem Satz den Bundesratsantrag erwähnt und er hat darauf hingewiesen, dass es in Nordrhein-Westfalen eine Regelung gibt, die vielleicht hilfreich sein könnte. Diese Regelung in Nordrhein-Westfalen ist allerdings überhaupt nicht hilfreich, weil Nordrhein-Westfalen einen ganz anderen Ansatz hat als Hamburg.
Ich glaube nicht, dass Ihnen entgangen sein dürfte, dass in der letzten Legislaturperiode die politische Auseinandersetzung um die Einführung des Schülerzentralregisters genau an der Stelle stattgefunden hat, an der es nämlich darum geht, dass es einen zentralen Datenabgleich durch die Meldebehörde gibt. Es gibt keine Fragen zum aufenthaltsrechtlichen Status innerhalb dieses Schülerzentralregisters, um das einmal ganz deutlich zu machen. Von daher ist Ihr Punkt 3 auch einer, bei dem man sagen kann, dass es in Nordrhein-Westfalen so gewesen sein mag, obwohl ich auch das in den einschlägigen Vorschriften in NordrheinWestfalen nicht habe finden können.
Das wird sich vielleicht im Ausschuss klären, woher Sie das haben. Es gibt auch nicht so etwas wie einen gezielten Datenabgleich, um Kinder ohne legalen Aufenthaltsstatus zu finden. Das gibt es in Hamburg nicht und das gibt es auch nach dem, was ich gefunden habe, in Nordrhein-Westfalen nicht. Was es aber gibt, ist die Tatsache, dass aufgrund der Überprüfung der Meldeadressen durch die Meldeämter auffällt, wenn es Unstimmigkeiten gibt. Und der einzige Fall, den wir bisher in Hamburg haben, der Fall, der auch in der Härtefallkommission gelandet ist, ist im Übrigen niemals bis zur Ausländerbehörde gekommen, sondern die betroffene Familie hat sich vorher rechtlichen Rat gesucht und hat sich an den Eingabenausschuss gewendet.
Von daher ist der Antrag kein Lösungsweg, sondern es ist ein Antrag und deshalb ist es nicht gnädig, sondern er passt wirklich in die Debatte und er passt auch in die bundespolitische Debatte und wir werden im Ausschuss im Detail, und zwar differenziert bezogen auf das hamburgische zentrale Schülerregister, darüber reden müssen, wie wir gewährleisten können, dass Familien, egal welchen Aufenthaltsstatus sie in Hamburg haben, keine Angst davor haben müssen, ihre Kinder in die Schule zu schicken. Das ist die Ausgangsfrage.
Dazu gehört, dass wir uns damit auseinandersetzen, welchen Effekt dieses Schülerzentralregister in den letzten drei Jahren gehabt hat und welche Auswirkungen es vor allem auch auf die Familien gehabt hat, die uns in diesem Zusammenhang interessieren, sprich die Familien ohne Papiere.
Von daher glaube ich – und von daher bin ich jetzt wieder gnädig –, dass zu diesem Thema der Antrag schlicht und einfach nicht hilfreich ist. Ich denke aber, die gemeinsame Auseinandersetzung im Schulausschuss, der – so ist es jedenfalls verabredet – den Innenausschuss mit einladen wird, wird uns weiterbringen. – Danke schön.
Meine Damen und Herren! Das Grundgeräusch ist ein bisschen überhöht, es ist schwierig, den Ausführungen der Rednerinnen und Redner zu folgen. Ich darf Sie um etwas mehr Ruhe bitten.