Protocol of the Session on November 19, 2008

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Gut, dass wir einmal darüber geredet haben!)

So ist auch dieser Antrag zu verstehen und er ist auch so zu verstehen, Frau Möller, wie ich Ihnen das eben dargestellt habe, dass es schon eine Frage ist, wie weit der Senat sich entsprechend eingesetzt hat.

(Antje Möller)

Die Empfehlungen des Zentralen Kreditausschusses ZKA gehen, und das sehen wir alle, ins Leere. Versuchen Sie zum Beispiel – ich habe da Erfahrungen aufgrund der ARGE-Begleitung – bei der Postbank ein Konto auf Guthabenbasis einzurichten, das auch innerhalb dieser Verpflichtung liegt, dann richten Sie sich dabei zunächst einmal auf eine ganz vehemente Abwehr ein. Das können Sie sich wahrscheinlich so wenig wie etliche andere vorstellen. Sie haben alle ein Konto, Sie haben alle Ihre Daueraufträge, Sei haben alle Ihre Einziehungsermächtigungen. Und Sie können sich gar nicht vorstellen, wie es denn sein kann, wenn man zum Beispiel an ein Energieunternehmen in bar zahlen will. Das ist nicht so einfach und das ist ein Problem, wenn Sie ein solches Konto nicht haben.

Wird auf die Empfehlungen des ZKA aufmerksam gemacht bei einem Vorsprechen bei der Bank, dann gibt es – zum Beispiel bei der Postbank – plötzlich den Hinweis, dass man eine zentrale Anfrage machen müsste, die dauere. So wie ich gehört habe, soll das angeblich in Köln sein und das dauert dann so vier bis sechs Wochen. Wenn Sie der Tatsache nachfassen und tun und machen, dann haben Sie, bei der Postbank zumindest, unter Umständen nach einem recht langen Zeitraum tatsächlich ein solches Konto. Aber ansonsten gehen Sie leer aus. Dann rennen Sie – und vielleicht können Sie sich auch das nicht vorstellen – nämlich von einem Bankinstitut zum anderen, so wie ein Hamster im Rad herumrennt, und am Ende kommt nichts dabei heraus. Deshalb brauchen wir eine gesetzliche Regelung. Auch deshalb sollte Hamburg die Bundesratsinitiative Bremens unterstützen.

Das können Sie sich dann auch einmal auf der Zunge zergehen lassen: Im kleinen Belgien besteht bereits ein Gesetzesanspruch auf ein Girokonto auf Guthabenbasis. Überziehungen sind nicht möglich, die Banken gehen kein Risiko ein, Schulden können nicht gemacht werden. Nebenbei, wie wir gerade derzeit erleben müssen, gehen die hier mehr als vorsichtig agierenden Banken in Bezug auf solch ein Guthabenkonto anderswo mit Millionenbeträgen auch eher nicht zimperlich um. Das kann es eigentlich nicht sein.

Dann noch ein Hinweis an den Senat und insbesondere an die Behörde für Wirtschaft: Auf regionaler Ebene, also auf Hamburger Ebene, besteht überdies die Möglichkeit, den Zugang von Hartz IV-Betroffenen zu einem solchen Girokonto durch Vereinbarungen sicherzustellen.

(Dr. Dorothee Stapelfeldt SPD: Die Behörde schläft!)

Das heißt also nicht, dass wir eine Bundesratsinitiative brauchen und dass das alles ganz furchtbar und schwierig ist und in diesem Antrag auch gar nicht enthalten ist. Der Senat selbst könnte aus Selbsterkenntnis heraus, weil das eine vernünftige

Sache ist, eine solche Vereinbarung mit der ARGE machen, so wie das zum Beispiel das Arbeitslosenzentrum in Oldenburg getan hat. Da ist eine Vereinbarung mit der Postsparkasse und der Landessparkasse abgeschlossen worden, die ihren Kunden, also den Kunden der ARGE – die ARGE bezeichnet ihre Delinquenten oder Hartz IV-Geschädigten als Kunden –, in der Regel ein Guthabenkonto ermöglichen. Auch vor einer gesetzlichen Regelung auf Bundesebene könnte sich team.arbeit.hamburg um ähnliche Vereinbarungen bemühen. Da wäre dann die Behörde für Wirtschaft gefragt. Ich bin gespannt, ob wir da etwas hören.

(Dr. Dorothee Stapelfeldt SPD: Der hört gar nicht zu!)

Regierungspolitik lässt sich wiederholt von der Wirtschaft durch Selbstverpflichtungen – hier handelt es sich wieder um eine Selbstverpflichtung –, die keine rechtliche Verbindlichkeit entfalten, ins Bockshorn jagen oder es ist politisch so gewollt. Dass diese Selbstverpflichtungen nicht funktionieren, weil sie den wirtschaftlichen Interessen der Akteure zuwider laufen, liegt auf der Hand. Ähnlich dysfunktional gestaltet sich zum Beispiel die Selbstverpflichtung der Wirtschaft, genügend Ausbildungsplätze zu schaffen. Deshalb ist auch hier ein verbindlicher Rechtsanspruch, wie er durch Bundesrecht zu schaffen ist, vonnöten.

Ich will Ihnen noch ein kleines Gerichtsurteil zumindest auszugsweise vorlesen. Da steht nämlich ganz klar drin: Aus den Stellungnahmen zu einem solchen Fall – aus den Stellungnahmen des Gesetzgebers – geht deutlich hervor, dass es gerade gesetzgeberisches Ziel ist, jedem Bürger die Führung eines Girokontos zu ermöglichen. Eine gesetzliche Regelung – so das Gericht – wurde lediglich deshalb für entbehrlich gehalten, weil dies durch weitgehende Beachtung der ZKA-Empfehlung entbehrlich sei. Da hat man sich natürlich geirrt und da muss man gegensteuern, denn entbehrlich ist es nicht, weil die ZKA-Empfehlung nicht beachtet wird. Deshalb brauchen wir ein Recht auf ein Girokonto auf Guthabenbasis und deshalb unterstützt meine Fraktion auch ausdrücklich den Antrag der SPD. Ich würde Sie, Kollegen von der CDU und von der GAL, bitten das auch zu tun und sich nicht in irgendwelchen Kleinigkeiten zu ergehen, was in einem Antrag stehe oder nicht stehe. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, es liegen weitere Wortmeldungen vor. – Herr Kienscherf, bitte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, Frau Möller!

(Antje Möller GAL: Ja!)

(Wolfgang Joithe-von Krosigk)

Das mit der Moral ist so eine Sache. Gerade bei Ihnen als Grüne habe ich Verständnis dafür, dass Sie damit ein Problem haben, weil Sie sich natürlich an viele Dinge, die Sie noch vor zwei, drei Jahren gefordert haben, möglichst heute nicht mehr erinnern möchten. Wenn es um die Themen wie Frauengewalt und das Girokonto für alle geht, das in der Tat ein wichtiges sozialpolitisches Thema ist, frage ich Sie allen Ernstes, warum es ausgerechnet die GAL ist, die, obwohl sie diese Themen immer voranbringen wollte, nun dafür sorgt, dass wir diese Themen in dieser Legislaturperiode im Sozialausschuss nicht mehr behandeln können, warum gerade Sie es sind, die diese Behandlung verhindern, Frau Möller. Das fragen wir uns.

(Beifall bei der SPD)

Es ist doch mittlerweile so und ich finde es nach wie vor beschämend,

(Antje Möller GAL: Das ist das richtige Wort!)

Frau Möller, dass wir, obwohl wir diese vielen Probleme in dieser Stadt haben, die nächste Sozialausschusssitzung, die für den 9. Dezember 2008 geplant worden ist, absagen mussten,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Das kenne ich doch von irgendwoher!)

weil es keine Überweisungen mehr von CDU und GAL an diesen Ausschuss gibt, weil wir keine Diskussionen mehr über die sozialpolitischen Themen in dieser Stadt führen. Daran tragen Sie eine große Mitverantwortung, Frau Möller.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Es ist doch ein Witz, wenn Herr von Frankenberg sich hier hinstellt und sagt, dass es auf der einen Seite völlig unpräzise sei und auf der anderen Seite sei aber Ihr Antrag zu weit gehend. Da müssen Sie sich irgendwie einmal verständigen. Der eine sagt, das ist zu weit gehend und die andere sagt, das reicht eigentlich gar nicht. Da frage ich Sie: Wenn es denn nicht reicht und wenn Sie gute Verbesserungsvorschläge haben,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Richtig!)

warum wollen Sie das mit uns gemeinsam nicht im Ausschuss diskutieren, Frau Möller? Darauf finden Sie bei dieser Debatte und auch vorher Frau Heitmann keine Antwort. Diese Antwort werden Sie auch weiterhin anscheinend schuldig bleiben. Sie sind doch immer ganz vorschnell dabei zu sagen, man könne nicht einfach etwas beschließen, und deshalb sagen wir ganz deutlich, dass wir in die Bürgerschaft hineingegangen sind, weil wir mit Ihnen über dieses Thema diskutieren wollen und aus diesem Grund stellen wir auch gleich einen Überweisungsantrag. Sie müssen sich ernsthaft über Ihre Rolle im Klaren werden, über das, was Sie jahrelang gefordert haben,

(Hartmut Engels CDU: Alte Geschichten!)

über Ihr Demokratieverständnis und ob es in dieser Stadt nicht wirklich wichtig ist, dass wir in dem zuständigen Fachausschuss eben Dinge diskutieren und dass wir uns wirklich an Kleinigkeiten nicht aufhalten und sagen: Nein, also hier haben Sie diesen Satz nicht richtig formuliert oder dieses ist nicht weit gehend genug. Das können wir dann alles mit Ihrer Hilfe im Sozialausschuss vorantreiben.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Genau!)

Dieser Diskussion dürfen Sie sich aber nicht weiter verweigern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Kersten Artus DIE LINKE)

Als Nächste hat Frau Heyenn das Wort für noch drei Minuten und 14 Sekunden.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Frage ist: Worüber reden wir eigentlich? Heute wurde die Frage nach dem Subjekt gestellt. Ich will Ihnen dazu ein paar Zahlen nennen, die noch nicht genannt wurden.

(Olaf Ohlsen CDU: Ne, lass mal nach!)

Und zwar sind in der Bundesrepublik insgesamt 10 Prozent aller Bürger über 18 verschuldet. Für Hamburg sieht das so aus, dass der Anteil in den letzten Jahren immer weiter gestiegen ist, und es sind 12,9 Prozent aller Volljährigen, die überschuldet sind. Das sind in Zahlen 190 000 Hamburger.

(Zuruf: Ich bin auch überschuldet!)

Das glaube ich Ihnen gern.

Es gibt Stadtteile wie Wilhelmsburg, Veddel, Rothenburgsort, St. Georg und St. Pauli, wo Sie sich nicht so gerne aufhalten, wie wir gehört haben. Da ist sogar jeder Vierte und jede Dritte überschuldet. Das heißt, es geht nicht um eine Frage von moralischem Anspruch, es geht um die existenzielle Überlebensmöglichkeit von Menschen in dieser Stadt.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Wenn ich mir das anschaue, was heute in der Bürgerschaft abgelaufen ist, die Schüler von da oben sind leider nicht mehr da: Wir alle beklagen, dass das Interesse an Politik und am Parlamentarismus zurückgeht, auch bei Jugendlichen, und jetzt hören wir zum dritten Mal von GAL und CDU, dass das alles richtig und wichtig und nötig ist, aber dann wird es niedergeschmettert. Sie, Herr Frankenberg, wissen doch viel besser als ich, wie das Verfahren ist. Wenn dieser Antrag von der SPD in den Ausschuss kommt, dann können Sie doch einen Änderungsantrag stellen und können alles das,

(Dirk Kienscherf)

was Sie hier nicht präzise genug finden, hineinbringen und dann könnte man das auf den Weg bringen.

(Wolfgang Beuß CDU: Könnte!)

Genau, könnte.

Das Problem ist: Sie wollen es nicht. Aber es dann so darzustellen, ist wirklich ein abschreckendes Beispiel für Parlamentarismus und das ist kein Vorbild.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Jetzt gebe ich Frau Möller noch einmal das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Girokonto für alle scheitert nicht daran, dass dieser Antrag der SPD nicht an den Ausschuss überwiesen wird, sondern es scheitert daran, dass auch in diesem Haus die großen Volksparteien sich nicht entscheiden können, gemeinsam auf Bundesebene eine Änderung des Kreditwesengesetzes in Gang zu bringen,