Hier liegt die wirkliche Botschaft dieses Konflikts. Ich bin mir unsicher, ob sich diese Entwicklung durch ein noch so gutes Gesetz aufhalten lässt.
Der Paragraf 29 a des Hamburgischen Gesetzes zur Ausführung des VIII. Sozialgesetzbuchs ist aus unserer Sicht nicht rechtssicher. Daher ist es leider notwendig, dass sich diese Bürgerschaft und dieser Senat noch einmal mit dem Thema befassen, um für die Zukunft Streitigkeiten um Kinderlärm zu vermeiden, und damit Richterinnen und Richtern eine klarere Grundlage für Entscheidungen geben. DIE LINKE findet es richtig, dass es in Hamburg ein Gesetz gibt, dass die natürlichen Geräusche von Kindern nicht einschränkt, sondern privilegiert. Dennoch müssen wir im Blick haben, dass mit einer neuen gesetzlichen Regelung nur ein Teilproblem gelöst wird. Denn der Lärm in Hamburg ist nachhaltig und nicht nur ohrenbetäubend. Er betäubt alle Sinne. Hier gilt es gegenwärtig und für die Zukunft, alle städteplanerischen Aktivitäten so zu gestalten, dass Menschen durch den daraus entstehenden Lärm nicht noch gereizter und kränker werden und die Entsolidarisierung der Gesellschaft noch weiter vorangetrieben wird.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Blömeke sprach es vorhin an: Kinderlärm ist erwünscht. Hamburg ist eine kinderfreundliche Stadt. Der Eindruck, der durch diese beiden Fälle erweckt wird, ist allerdings eher das Gegenteil: Kinderlärm ist unerwünscht. Diese Botschaft wird, wie gesagt, zum wiederholten Male deutlich. 2005 hat die damalige CDU-Sozialsenatorin die Hoffnung geweckt, dass mit der Schließung der Kita Marienkäfer in Wandsbek nur ein Einvernehmen zwischen den streitenden Parteien gefunden wurde und dass es sich bei dieser Entscheidung um eine Einzelfallentscheidung handelt.
Dieses ist leider, wie wir durch den zweiten Fall wissen, ein Trugschluss gewesen. Kinderlärm – dieser Begriff ist heute schon häufig aufgetaucht – ist ein äußerst unschöner Begriff für die Beschreibung fröhlich spielender Kinder. Auch eine Verordnung oder Richtlinie mit "Kinderlärm" zu betiteln, halte ich persönlich für falsch.
Fröhlich spielende Kinder lärmen nicht, um mutwillig Nachbarn zu ärgern, sondern sie machen eine ganz natürliche Entwicklung durch. Spielende Kinder sind nicht immer leise, sie waren auch früher nicht leiser. Das ist normal und anerkannt. Dieses drückt auch der in der letzten Legislaturperiode vom CDU-Senat beschlossene Paragraf 29 a, die Ergänzung zum Sozialgesetzbuch in der Kinderund Jugendhilfe, treffend aus. Ich persönlich halte dieses Gesetz für sehr elegant und schlank, wie es hier schon bezeichnet wurde. Kinder sollen soziale Kompetenzen lernen. Wie sollen sie das aber tun, wenn sie hinter Mauern eingesperrt und isoliert werden? Ein Altonaer Bezirksabgeordneter hat es in der Presse mit dem Beispiel artgerechter Tierhaltung verglichen. Ich möchte aber nicht polemisieren. Der Kollege Müller hat übrigens recht: Hier läuft etwas schief. Hier werden fröhliche Kinder mit störendem Straßenlärm, Gewerbebetrieben und Arbeitsmaschinen verglichen.
Ich möchte in meiner Rede einen etwas anderen Fokus setzen. Was bedeutet eigentlich Lärm? Frau Artus hat dieses auch schon versucht anzusprechen. Das Abendblatt von gestern und auch das Umweltbundesamt liefern eine interessante Hilfestellung. Bis 25 Dezibel gelten Geräusche als leise, zum Beispiel Blätterrascheln. Bis 30 Dezibel ist es das Flüstern oder ein Weckerticken. Ab 55 Dezibel gelten Geräusche als laut. Aber diese Grenzwerte sind so zu verstehen und anzuwenden, dass sie im Mittel und auch über einen Zeitraum von mindestens acht Stunden überschritten sein müssen. Es gelten nicht Spitzenwerte und auch nicht nur kurzfristig auftretende Werte. Weitere Vergleiche sind zum Beispiel Hauptverkehrsstraßen, die
Bei der Reventlowstraße in Othmarschen, an der die Kita liegt, handelt es sich um eine nicht gerade wenig befahrene Straße. Sie führt zur Autobahn, sie ist die Einflugschneise für Flugzeuge und außerdem kommt die Nähe der S-Bahn-Trasse erschwerend hinzu, die Lärmspitzen im Fünf- bis Zehnminutentakt erreicht. Der Grundlärmpegel an der Reventlowstraße kann mit über 60 Dezibel angenommen werden. Der Lärm des Kitabetriebs liegt dann damit im Mittel darunter. Kinderlärm – auch das ist beschrieben – wird mit 50 Dezibel angenommen. Vor allen Dingen findet ein Kitabetrieb nicht immer ausschließlich draußen statt und auch nicht immer in voller Kinderstärke. Wir haben es hier nur mit einer Anzahl von 40 Kindern zu tun und vor allen Dingen habe ich auch recherchiert, dass die Kinder nicht im Alter von drei bis sechs sind, sondern es handelt sich um 40 Kinder bis drei Jahre. Die sind per se nicht ganz so laut.
(Dirk Kienscherf SPD: Das sind die Schlimmsten! – Gegenruf von Klaus-Peter Hesse CDU: Da spricht einer aus Erfah- rung!)
Für die politische Arbeit heißt es trotzdem nach diesem zweiten Fall klar, dass die bestehenden Regelungen überprüft werden müssen, um eine effektive Anwendung des Inhalts des Paragrafen 29 a durch die Gerichte zu gewährleisten. Einigkeit – und das finde ich sehr schön – herrscht unter allen Parteien in diesem Haus, dass Kitas wohnortnah und auch in Wohngebieten ohne Schallmauern errichtet werden müssen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist in der Tat nicht viel. Ich muss allerdings sagen: Ich habe auch nicht viel zu sagen.
Frau Artus, ich fand Ihre Ansätze größtenteils ganz richtig. Und wenn ich Sie auch richtig verstanden habe, haben Sie gesagt, der Senat werde sich in der Zukunft mit einem Gesetz auseinandersetzen müssen oder ein Gesetz erstellen müssen, welches all diese Hürden beseitigt, über die die SPD gerne hinwegspringen möchte, als wäre das alles nichts. In ihrer typisch sozialdemokratischen Regulierungswut hätte die SPD alles am liebsten so geregelt, dass wir keine Gerichte mehr bräuchten.
Ich habe Sie so richtig verstanden, dass der Senat hier eine Vorlage erarbeiten soll. Insofern gehe ich auch davon aus – weil der von der SPD angekündigte Gesetzentwurf für eine der folgenden Bürgerschaftssitzungen sozusagen die olle Kamelle von gestern ist –, dass Sie dem dann wahrscheinlich auch nicht zustimmen werden. Ich fordere alle Fraktionen in diesem Haus noch einmal auf – und das finde ich bedauerlich, dass insbesondere von Ihnen nur rückwärts gewandt geblickt worden ist:
Weitere Wortmeldungen zu dem Thema sehe ich nicht. Ich habe jetzt noch eine Minute an Redezeit für Abgeordnete zur Verfügung, um gegebenenfalls das vierte Thema aufzurufen. – Das wird nicht gewünscht. Dann ist die Aktuelle Stunde beendet.
[Bericht des Sportausschusses zum Thema: Universiade (Selbstbefassungsangelegenheit) – Drs 19/896 –]
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst ist meine Fraktion dem Kollegen Becker dankbar, der anlässlich der vergangenen Sportausschusssitzung dafür gesorgt hat, dass das Thema Universiade heute auf der Tagesordnung steht, indem er die CDUKollegen mehr oder weniger davon überzeugte, unserem Antrag zu folgen, nämlich die Thematik in Berichtsform zu protokollieren. Somit haben wir
heute erneut die Gelegenheit, dieses für Hamburg so wichtige Thema in der Bürgerschaft zu diskutieren, und dies, obwohl die allgemeine schwarz-grüne Einschätzung darin bestand, das bis Ende September dieses Jahres ohnehin keine Neuigkeiten im Sinne einer Erhöhung der Chancen für Hamburg als Austragungsort der Universiade 2015 zu erwarten wären.
Dabei geht es nicht in erster Linie um die Universiade als Sportevent oder als ergänzende Glanzund Glamourveranstaltung, von denen Hamburg in den vergangenen Jahren geradezu inflationär heimgesucht wurde. Nein, es geht um eine Idee – um eine Vision –, die den Begriff "Sportstadt Hamburg" in einer ganz neuen Dimension mit Leben füllt und die im besten Sinne als nachhaltig zu bezeichnen ist. Denn nun hat Hamburg nach der gescheiterten Olympiabewerbung die Gelegenheit, über einen Zeitraum von sechs Jahren eine neue Flamme in der Stadt zu erzeugen, die gemeinsam von Sportlern, Sportfunktionären, Studierenden, Vereinen, Unternehmen, den Schülerinnen und Schülern als die Sportler von morgen und eben auch von der Politik entfacht und getragen werden kann.
So ist es nicht verwunderlich, dass gerade die Handelskammer immer wieder auf das Potenzial junger, motivierter internationaler Leistungsträger hingewiesen hat, die als Sportler oder sportbegeisterte angehende Akademiker im Sommer 2015 nach Hamburg kommen und denen sich unsere Stadt als Wissenschafts- und Wirtschaftsmetropole wird präsentieren können – als attraktive, prosperierende und vitale Austragungsstätte der Weltspiele der Studierenden.
Doch wie schon erwähnt: Die Politik muss ihren Beitrag leisten. Wie auch Sportler werden Parteien und Fraktionen stets an ihrer Leistung gemessen. Da klafft dieser Tage zwischen regierender Cappuccino-Koalition, die offensichtlich vor allem auf den Schaum Wert legt, der bekanntermaßen zu 90 Prozent aus heißem Dampf besteht – man spricht auch von heißer Luft – und dem orientierten Handeln der SPD-Fraktion eine große Lücke.
So erklärt der Senat – dem Bericht ist dies zu entnehmen –, die Bewerbung solle, man höre, mit voller Kraft weiter betrieben werden. Gut so. Lediglich in der Definition, was volle Kraft bedeutet und vor allem welches Handeln sich daraus ableitet, hat die SPD-Fraktion eine eben handlungsorientierte Interpretation vorgenommen und innerhalb weniger Stunden eine Aufstockung der Bundesmittel von
25 Millionen erreicht, indem der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Struck, ganz konventionell aufgesucht, ihm der Sachverhalt dargelegt und eine Zusage seitens des Bundes erreicht wurde.
Beifall wird gleich angebracht sein, denn der Hamburger Dank gilt an dieser Stelle den Abgeordneten Neu und Timmermann. Manchmal ist es eben nicht nur Semantik, die jeweiliges politisches Handeln oder deren Definition unterscheidet.
Die CDU-Kollegen hingegen gaben im Ausschuss ganz im Stile einer defensiven Oppositionspartei zu Protokoll, es sei zu hoffen, dass die finanziellen Voraussetzungen für dieses Projekt geschaffen werden könnten; man beachte den Konjunktiv. Außerdem sei die Position der SPD-Fraktion unklar und die GAL-Vertreter verstiegen sich gar zu der Aussage, die SPD würde dieses Thema parteipolitisch ausnutzen.