Protocol of the Session on June 17, 2004

Sie sprechen zum Thema Strafvollzug von einem Personalabbau. Ein Personalabbau hat nicht stattgefunden. Es gibt einige unbesetzte Stellen. Das liegt aber vielmehr daran, dass es keine qualifizierten Bewerber gibt.

(Gesine Dräger SPD: Komisch. Keiner will hier in Hamburg Staatanwalt werden!)

Das ist eigentlich das Erschreckende, dass wir für diesen wichtigen Bereich keine qualifizierten Bewerber haben. Und das liegt nicht daran, dass hier nicht genügend Stellen vorhanden wären. Die gibt es.

Zum Thema Billwerder: Das ist eine richtige Entscheidung. Im Übrigen hatte bereits der rotgrüne Senat eine weitere geschlossene Anstalt in Planung. Diese war sogar 16 Millionen Euro teurer in den Planungen und sollte auf Hahnöfersand gebaut werden. Wir haben stattdessen eingespart: einmal den Bau der offenen Anstalt – wir haben die geschlossene Anstalt in Billwerder verwirklicht –

(Dr. Martin Schäfer SPD: Vor allem an den Schlössern haben Sie gespart!)

und letztendlich weniger ausgegeben, als der rotgrüne Senat im Jahr 2001 vorgehabt hatte.

(Beifall bei der CDU)

Wir sagen, Billwerder als geschlossene Anstalt ist nötig. Es gibt noch immer im Hamburger geschlossenen Vollzug Doppelbelegungen. Diese sind verfassungsrechtlich nicht in Ordnung, die wollen wir abbauen und dafür brauchen wir Billwerder.

(Beifall bei der CDU)

Zum Bereich des Opferschutzes: Der Opferschutz ist kein gesetzlich geregelter Bereich. Wir müssen hier freiwillige Leistungen erbringen. Außer im Bereich des einen Frauenhauses kommt es zu keinen relevanten Einsparungen.

Das ist in der heutigen Zeit, bei den Einsparungen, die wir vornehmen müssen, eine ganz beachtliche Leistung.

(Petra Brinkmann SPD: Und was ist mit den Psy- chologen in den Frauenhäusern?)

Die rechtsmedizinische Untersuchungsstelle ist bis Ende 2004 durch andere Mittel sichergestellt. Das Gewaltschutzgesetz haben wir mit der Errichtung der Interventionsstelle erfolgreich umgesetzt und das Opferrechtsreformgesetz wird vom Senat auf Bundesebene positiv gefördert.

(Petra Brinkmann SPD: Wer's glaubt, wird selig!)

Nun komme ich einmal zu den Anträgen. Wir selbst haben einen Antrag zum Thema "Justiz 2000" gestellt, ein damals sinnvolles Programm, das Frau Peschel-Gutzeit umgesetzt hat.

(Zuruf: Hört, hört!)

Das war auch sinnvoll. Zum Teil wurden damit auch Einsparungen positiv vermarktet. Es hat strukturelle Einsparungen gegeben, diese waren sinnvoll. Ich denke, wir sind uns alle einig darüber, dass durchaus Defizite, die in den Jahren auftauchen können, betrachtet und geändert werden müssen. Insoweit würde ich mich freuen, wenn Sie diesem Antrag zustimmen würden.

(Beifall bei der CDU)

Die Dezentralisierung des Familiengerichtes war vor einigen Jahren schon einmal hier Thema und Gespräch. Die Familiengerichte bestehen in vielen Außengerichten. Lediglich die Stadtteilgerichte Barmbek und St. Georg haben keine Familienabteilung, eigentlich ein sinnwidriger Zustand. Familienrichter sind naturgemäß nicht begeistert, auch dorthin verlagert zu werden. Sie leisten gute Qualität an allen Standorten. Man kann mir auch nicht erzählen, dass an den Standorten Bergedorf, Wandsbek und Altona, wo es bereits seit Jahren Familienrechtsabteilungen gibt, schlechter geurteilt werde als am Sievekingplatz. Insoweit werden wir diese Frage einfach offen prüfen. Sie ist kein Dogma, aber ich denke, man sollte sie offen angehen.

Nun möchte ich aber auf den SPD-Antrag eingehen. Er ist wirklich verantwortungslos.

(Beifall bei der CDU)

Erstens der Vorspann: Der ist ungeheuerlich. Sie werfen hier dem Senat vor, dass im Strafvollzug nicht nach Recht und Gesetz gehandelt werde. Dieses ist ungeheuerlich und dies lassen wir uns nicht gefallen. Vielmehr haben Sie nicht nach Recht und Gesetz gehandelt, zulasten der Opfer der vergangenen Jahrzehnte.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben hier eine wunderschöne Weihnachtswunschliste, die unter dem Strich jährlich 900 000 Euro kosten würde, aber keinen Deckungsvorschlag eingereicht. Das ist unsolide. So etwas haben wir in Oppositionszeiten nie gemacht.

(Lachen bei der SPD und der GAL – Michael Neumann SPD: Das haben Sie nie gemacht?)

Ein ganz anderer Bereich, über den wir uns einig sein sollten, auf Bundesebene tätig zu werden, ist das Betreu

ungsrecht. Das Besorgnis erregende Aufgabenfeld fördert hier 14,9 Millionen Euro Ausgaben. Wir reden hier über 1 oder 1,6 Millionen Euro Einsparungen, die wir in der Justiz durchführen müssen. Gleichzeitig geben wir 14,9 Millionen im Bereich des Betreuungsrechtes aus. Hier wäre es gut, wenn wir auf Bundesebene einheitlich die Einführung von Fallpauschalen fördern würden, damit wir dort zu gewissen Einsparungen im Hamburger Haushalt kommen. Es wäre wichtiger, dass wir dort tätig werden, anstatt über Kleinigkeiten im Außenbereich Fortbildung zu streiten. Herr Klooß, ich denke, diese Zahl von 14,9 Millionen, die wir aufgrund von gesetzlichen Leistungen erbringen müssen, würde ich gerne einsparen.

Zu den am Dienstag angekündigten Einsparungen hat bereits gestern der Erste Bürgermeister ausgeführt, dass keiner diese Sparmaßnahmen mit Freude will. Es ist für uns alle ein reiner Akt der Vernunft. Es sind Entscheidungen, die getroffen werden müssen. Wir leisten damit einen kleinen, für die Justiz sehr schmerzhaften Anteil an der Gesamtsanierung des Haushaltes. Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion unterstützt den Justizhaushalt 2004 als ausgewogen und zukunftsfähig. Ich bitte daher die Bürgerschaft, den Einzelplan 2 zu unterstützen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt hat Herr Steffen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Spethmann, zunächst einmal zu den Sozialgerichten: Anfang 2001 – das war in der Zeit, als Sie noch meinten, immer mit Deckungsanträgen gearbeitet zu haben – wurde die notwendige Aufstockung des Personals für die Sozialgerichte beschlossen. Weil die Situation tatsächlich unhaltbar war, wurde diese Aufstockung von Rotgrün beschlossen. Ich nehme Ihr Mitgefühl mit den Sozialgerichten mit Freude zu Kenntnis. Diese Aufstockung war ja bis 2005 befristet. Das heißt, wir werden im nächsten Jahr erleben, wie mit den Sozialgerichten weiter verfahren wird, insbesondere vor dem Hintergrund, dass ja die Sozialgerichte zusätzliche Aufgaben von den Verwaltungsgerichten übernehmen sollen. Wir schauen dann einmal, ob Sie sich dann tatsächlich noch so mit vollem Munde hier hinstellen können.

(Beifall bei der GAL und bei Dr. Andreas Dressel SPD)

Ich wollte mich auf drei Aspekte konzentrieren, zum ersten eine Geldverschwendung durch eine fehlgeleitete Vollzugspolitik. Unser Justizsenator scheint ja regelrecht auf eine Steigerung der Gefangenenzahlen im geschlossenen Vollzug zu hoffen. Die Logik scheint zu sein, je mehr Gefangene, desto doller ist der Justizsenator. Ich muss da immer an die Sparkassenwerbung denken oder an die dicken Kartoffeln. Dieser Ehrgeiz hat zu einer ganzen Reihe von Fehlentscheidungen in Bezug auf die Anstalt in Billwerder geführt, die kostenträchtig sind und die Sicherheit der Bevölkerung gefährden.

Falsch war die Entscheidung, Billwerder nicht als offenen Vollzug zu betreiben. Diese Entscheidung gefährdet die Sicherheit der Allgemeinheit, weil der Strafvollzug, der sich immer mehr auf einen reinen Verwahrvollzug be

schränkt, die Wiedereingliederungschancen von Strafgefangenen verringert.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Sie gefährdet die Sicherheit der Bediensteten im Hamburger Strafvollzug, weil diese Entscheidung nur durch Absenkung des Personalschlüssels in anderen Anstalten möglich war und es insoweit bei den anderen Anstalten tatsächlich zu einer Absenkung und Einsparung des Personals kam. Das gefährdet tatsächlich die Sicherheit der Mitarbeiter im Strafvollzug und das berichten uns auch die Mitarbeiter.

Die Entscheidung war teuer, weil der geschlossene Vollzug der teuerste Vollzug ist und weil wir bereits durch diese Entscheidung Überkapazitäten und freie Plätze im geschlossenen Vollzug haben. Dass dem zum Teil Überbelegung in anderen Einrichtungen gegenüberstehen – mich rührt ja tatsächlich das Mitgefühl der CDU mit den Strafgefangenen, das ist ja etwas ganz Neues, ich bin wirklich überrascht …

(Klaus-Peter Hesse CDU: Sie sind noch nicht so lange dabei!)

Na, ich habe mir Debatten angesehen, wo es tatsächlich schwierig war, wie der Kollege Klooß darauf zu verweisen, dass ein Hofgang durchaus etwas ist, das dem Strafgefangenen gut ansteht, und wo man tatsächlich einer Wand aus Gebrüll gegenüberstand. Das waren Zeiten, die wir hier erleben konnten.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich war noch nicht dabei, aber solche Debatten wurden hier in Bezug auf den Strafvollzug geführt. Ich finde das persönlich beschämend.

Wenn es solche Doppelbelegungen in anderen Einrichtungen noch gibt, dann ist das keine Entlastung für den Justizsenator, sondern eher ein Hinweis auf Fehlmanagement in anderen Bereichen.

Der Ehrgeiz ist dem Justizsenator nämlich auch durchgegangen, als er dann entschied, Billwerder als geschlossenen Vollzug in Betrieb zu nehmen, bevor die Anstalt überhaupt dafür fertig war. Das war gefährlich, weil es dazu führte, dass Strafgefangene, die in den geschlossenen Vollzug gehörten, entweichen konnten. Zusätzliche Kosten sind – das muss man zugeben – nur begrenzt entstanden, weil der zusätzliche Sicherheitsdienst erst eingeführt wurde, als mehrere Gefangene schon das Weite gesucht hatten. Falsch ist schließlich auch die Entscheidung, in Billwerder einen zweiten Bauabschnitt zu errichten. Dadurch entstehen weitere Überkapazitäten, die wir in Hamburg nicht benötigen.

Diese Fehlentscheidungen wirken sich massiv auf den Haushalt 2004 aus. Weil wir im Jahr schon sehr weit fortgeschritten sind, lässt sich das auch nicht mehr wirklich rückgängig machen, aber von einem sparsamen Umgang mit Haushaltsmitteln kann in diesem Punkt nicht die Rede sein.

(Beifall bei der GAL und bei Dr. Andreas Dressel SPD)

Ich will mit meinem zweiten Punkt einen kleinen Ausblick auf 2005 geben. Dort steht eine Entscheidung im Vordergrund, die ideologisch motiviert ist und die haushaltspolitisch lediglich bemäntelt wird. Es geht um die erwähnte Schließung der Sozialtherapie in Bergedorf, der Sozial

therapie in Altengamme und des Moritz-LiepmannHauses. 700 000 Euro wollte der Senat noch vor einigen Tagen einsparen. Noch einmal nachgerechnet sind es nur 250 000 Euro. Tatsächlich steht diese Einsparung aber in keinem Verhältnis zu diesem Rückschritt in der Resozialisierung, der hier stattfindet.