Wie Sie die ganze Staatsanwaltschaft, vor allem aber den leitenden Oberstaatsanwalt, demontiert haben, war eine noch nie da gewesene Entgleisung, mit der Sie die ganze Justiz gegen sich aufgebracht haben. Das hat vor Ihnen noch keiner geschafft.
(Beifall bei der SPD und der GAL – Henning Tants CDU: Haushalt! – Gegenruf von Christian Maaß GAL: Wir reden hier über Politik!)
Dass Sie vom Ersten Bürgermeister wie ein Schuljunge zum Rapport bestellt wurden, war eine Peinlichkeit für diese Stadt und diesen Senat. Leider sind Sie nur mit einer gelben Karte anstatt mit der roten, die Sie verdient hätten, weggekommen.
So müssen wir uns weiter mit Dr. Kuschs Vision vom modernen Strafvollzug beschäftigen. Dabei sind Sie aber voll und ganz dem Alten und Überholten verhaftet. Was Ihre Vorstellung vom Strafvollzug auszeichnet ist Repression und Verwahrvollzug.
Die Anstalt Fuhlsbüttel ist spätestens seit der Zusammenlegung der Anstalten ein Drucktopf, der uns jederzeit um die Ohren fliegen kann. Vor allem die Situation der Bediensteten, deren Job schon schwer genug ist, wird durch den von Ihnen forcierten Personalabbau unerträglich. Gleichzeitig wirkt sich dieses auf die Gefangenen aus, die beispielsweise weniger Sport und Hofgang haben. Jeder, der schon einmal in einem Gefängnis war, weiß aber, wie wichtig diese beiden Dinge sind, um die brodelnden Konflikte und Aggressionen unter den Insassen im Zaum zu halten.
Jede Einschränkung in diesem Bereich trägt zu einer weiteren Eskalation bei, an deren Ende die gesamte Sicherheit der Anstalt infrage steht.
Nachdem Sie den offenen Vollzug zugunsten einer Mammutanstalt Billwerder weitestgehend abschaffen konnten, haben Sie mit den seit vorgestern bekannten Schließungsmaßnahmen wesentliche Eckpfeiler des hamburgischen Strafvollzuges zerstört.
Die Justizbehörde will die sozialtherapeutische Anstalt Bergedorf, die sozialtherapeutische Anstalt Altengamme und das Moritz-Liepmann-Haus schließen, um damit gerade einmal 250 000 Euro – ja, das ist die Nachrechnung – einzusparen. Gleichzeitig gibt es bislang kein Ersatzkonzept, wie die bundesgesetzlich, unter anderem im Sexualstrafrecht, vorgeschriebene sozialtherapeutische Betreuung von bestimmten Straftätern in Hamburg anderweitig gewährleistet werden soll. Mit der letztendlich auch ideologisch motivierten Schließung werden drei bundesweit renommierte Vollzugsanstalten geschlossen, um die uns andere Bundesländer beneiden.
Gleichzeitig markiert diese Schließungsorgie das katastrophale Scheitern Ihrer Strafvollzugspolitik insgesamt. In Billwerder wird für zweistellige Millionenbeträge ein löchriger Megaknast aus dem Boden gestampft
und einige Kilometer weiter werden drei Anstalten dicht gemacht, die aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz und ihrer Spezialisierung für bestimmte Tätergruppen unverzichtbar sind.
Dass Sie von Resozialisierung und Therapie wenig halten, ist bekannt. Nun aber gesetzlich vorgeschriebene besondere Vollzugsformen für bestimmte Straftäter ohne erkennbares Ersatzkonzept einfach wegzuhauen, ist rechtlich bedenklich und politisch katastrophal.
Bleiben wir noch bei der Anstalt Billwerder. Schon immer haben wir kritisiert, dass bei verständiger Würdigung von Kriminalitäts- und vor allem Bevölkerungsentwicklung eine Haftanstalt dieses von Ihnen geplanten Ausmaßes nicht benötigt wird. Es bleibt dabei: Diese Anstalt ist zu groß konzipiert. Was wollen Sie, Herr Senator, mit all diesen Haftplätzen anfangen? Der Hinweis Ihres Staatsrates, Herrn Lüdemanns, auf die Wachsende Stadt, ist ja wohl kaum sachlich fundiert. Wie viele neue Einwohner braucht Hamburg denn, um diese Zahl an geschlossenen Haftplätzen zu rechtfertigen? Oder setzen Sie auf einen gezielten Zuzug von Kriminellen aus dem restlichen Bundesgebiet?
Mit der Anstalt Billwerder erleben Sie gerade Ihr ganz persönliches Fiasko. Wie lange wird es noch dauern, bis Sie Ihre Ankündigung aus der letzten Legislaturperiode wahr machen und die Haftplätze in Billwerder an andere Bundesländer vermieten? Hier und heute wollen wir von Ihnen erfahren, wie und ob es zu einer angemessenen Nutzung und Auslastung der von Ihnen für teures Geld aus dem Boden gestampften Haftplätze kommen wird.
Das Geld, das Sie hier aus dem Fenster werfen, fehlt indes an anderer Stelle. Sie wollen zum Beispiel 20 Richterstellen sparen. Andererseits machen Sie keinen Gebrauch von Einnahmequellen in Ihrem eigenen Justizbereich, zum Beispiel durch den Ausbau der in ganz Deutschland geschätzten Spezialkammern beim Landgericht Hamburg für Wettbewerbssachen und dergleichen und den Kammern für Handelssachen. Dafür müssen Sie jetzt verschämt eingestehen, dass die vollmundigen Verlautbarungen für die Staatsanwaltschaft bei Ihrem Amtsantritt vor zweieinhalb Jahren nur noch ein Viertel wert sind. Sie hatten eine Morgengabe von 15 neuen Staatsanwälten angekündigt. Bei näherem Hinsehen waren es sowieso nur neun neue Stellen. Jetzt kommt eine Einsparung von fünf Staatsanwälten. Das heißt, aus 15 wurden vier. Was soll man von solchen Versprechungen halten?
Die sozialen Dienste, eine von Ihnen ungeliebte Abteilung, vagabundieren immer noch konzeptionslos in Ihrem Haus herum. Vielleicht hoffen Sie aber, dass Sie davon wie von der Bezirksverwaltung noch erlöst werden.
Ein Schlaglicht auf Ihre Einstellung zur Modernisierung der Justiz ist auch die Reduzierung der Ausgaben für Aus- und Fortbildung. Das ist der Verzicht auf eine Zukunftsinvestition, der noch Langzeitfolgen haben wird.
Zum Schluss noch einmal zum Strafvollzug und zur beabsichtigten Schließung des Moritz-Liepmann-Hauses: Vor zwei Jahren geriet eine Vollzugsbeamtin in die
Schusslinie des Senators, als sie, wie später der Untersuchungsausschuss ermittelte, ohne dass dies hätte beanstandet werden dürfen, aus einer Anstaltsleiterrunde berichtete. Damals haben Sie die Frau abgekanzelt, ihr das "Quatschen" verboten und gesagt, Sie ließen sich von ihr nicht den Hamburger Strafvollzug kaputtmachen. Jetzt, nachdem Sie die Katze aus dem Sack gelassen haben und diese Schließung selbst ankündigen, verstehen wir Ihre damaligen Worte. Sie wollen den Hamburger Strafvollzug selbst, gewissermaßen eigenhändig, kaputtmachen.
Diese Stadt hat inzwischen gemerkt, was sie an Ihnen hat. Eine große Zeitung hat Ihnen bescheinigt, dass, wären Sie Schüler, Ihre Versetzung gefährdet wäre. Dabei war das noch ein wohlwollendes Zeugnis. Sie müssen aber auch selbst gemerkt haben, dass Ihre Tage im Amt gezählt sind, wenn Sie so weitermachen. – Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Klooß, Sie erwähnen hier, dass dieser Senator so viele Schlagzeilen gemacht habe wie vorher keiner. Ich erinnere mich aber noch sehr gut an die Schlagzeilen, die Frau Peschel-Gutzeit hier verursacht hat. Das waren wirklich viele.
Frau Mandel, der Aufstand der Richterschaft: Was waren das für Schlagzeilen, die hier produziert worden sind? So etwas haben wir in den letzten Jahren nicht erlebt.
Herr Klooß, es ist schon verwunderlich, dass Sie auf den Haushalt 2004 so gut wie gar nicht eingegangen sind. Sie haben hier irgendeinen allgemeinen Schlagabtausch zum Thema Justizpolitik geliefert. Sie haben persönliche Angriffe gefahren, aber konkret zu den Zahlen haben Sie nichts gesagt.
"Der Haushalt im Bereich der Justiz ist gekennzeichnet von unverzichtbaren Einsparzwängen. Die Justiz ist sich dabei ihrer Gesamtverantwortung für die Sanierung des Hamburger Haushaltes bewusst und trägt die notwendige Konsolidierung weiter mit."
Raten Sie einmal, wer das war: Herr Klooß in den Haushaltsberatungen im Dezember 2000. Das zum Thema "Solidität im Haushalt". Davon habe ich bei Ihnen nichts gemerkt.
Beim Thema "Verfahrensdauer bei den Gerichten" kann man noch durchaus feststellen, dass dieser Senat es geschafft hat, dass die Verfahrensdauer zum Beispiel
beim Landgericht im Durchschnitt 6,3 Monate beträgt, weniger als noch zu rotgrünen Zeiten, 4,3 Monate beim Amtsgericht, alles tolerable und ordentliche Zeiten. Der Bundesdurchschnitt liegt genauso. 15 Monate dauert ein Verfahren beim Verwaltungsgericht – unter dem Bundesdurchschnitt. Die Verfahrensdauer bei den Sozialgerichten – seit Jahren ein wirkliches Problem – ist nun auf 19 Monate gefallen. Vorher, unter Rotgrün, waren es 24 Monate. Hier sieht man, dass der Senat in den letzten zweieinhalb Jahren die richtigen Voraussetzungen geschaffen hat
Die Justiz leistet bei den jetzt laufenden Einsparungen und auch bei den Einsparungen, die noch auf uns zukommen werden, einen relativ kleinen Beitrag im Vergleich zu dem, den der Gesamthaushalt leisten muss. Diese Einsparungen schmerzen sehr. Keiner von uns macht sie mit Freude mit. Sie haben hier die Einsparungen bei den sozialtherapeutischen Anstalten erwähnt, Herr Klooß. Hier muss man natürlich auch ganz klar sagen, diese werden nicht geschlossen, sie werden nur verlagert und durch die Einsparung von Betriebsmitteln erfolgt die Einsparung. Die Aufgaben als solche bleiben gewährleistet.
Sie sprechen zum Thema Strafvollzug von einem Personalabbau. Ein Personalabbau hat nicht stattgefunden. Es gibt einige unbesetzte Stellen. Das liegt aber vielmehr daran, dass es keine qualifizierten Bewerber gibt.