Protocol of the Session on June 16, 2004

Oder die Kultursenatorin nimmt sich in ihrer Not für ein Jahr den Feuerwehrtopf – 200 000 Euro weg. Das wird sie auch nicht die ganze Zeit machen können. Das war aber ihr Beitrag zur strukturellen Einsparung. Oder die Arbeitsmarktpolitik: Wie ist denn da der strukturelle Einschnitt? Wir hatten so hohe Reste, sagen Sie. Das ist doch alles Unsinn.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das ist alles unseriöses Vorgehen und nicht etwa strukturiertes Eingreifen. Dann lässt man es besser die Behördenchefs selbst machen, denn dann haben sie die Verantwortung für die Summe, die sie tragen müssen, aber wie sie sie umsetzen, bleibt ihr Ding. Natürlich müssen sie mit der Finanzbehörde jeweils Rücksprache halten, aber es bleibt im Wesentlichen ihr Ding, es zu vollziehen. Und diese Methode empfehlen wir wieder einzuführen, damit wirklich gespart werden kann und nicht nur Jesteburg-Konferenzen sind, wo immer geknickte Senatoren nach Hause kommen, dicke Tränen in irgendwelchen Zeitungen zu lesen sind und nachher doch nichts zustande gekommen ist.

(Beifall bei der GAL)

Weswegen sitzen wir nun eigentlich heute zusammen? Der Etat war ja schon so gut wie durchberaten. Wegen genau 42 Millionen Euro genaugenommen, denjenigen nämlich, die im Bürgersenat überflüssigerweise versenkt worden sind. Da hat einmal der Bürger Lange 40 Millionen mehr ausgegeben für weniger Kinder. Eine bürgerliche Glanzleistung.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Bürger Peiner hat darauf aufgepasst, Bürger von Beust auch und dann haben sie es laufen lassen, weil Bürger Lange für die Bürgerkoalition unentbehrlich war. Das hat nichts mit solider Finanzpolitik zu tun, das hat mit Koalitionsschmu zu tun, wenn Sie so wollen.

(Michael Neumann SPD: Bürgerschmu!)

Das heißt, jetzt müssen diese 40 Millionen, die der Bürger Lange versenkt hat, von den Bürgern Hamburgs bezahlt werden, denn wir sind ja alle Bürger. Also zahlen wir mehr Miete, weil die Grundsteuer steigt, und die Arbeitslosen können zu einem beträchtlichen Teil nicht mehr weiter versorgt werden, weil Bürger Lange das Geld dafür im Kita-System versenkt hat.

Aber nicht nur Bürger Lange war ja tätig, Bürger Schill auch. Bürger Schill hat einen Sicherheits- und Ordnungsdienst geschaffen und er hat aller Welt erzählt, der finanziere sich komplett aus seinen Einnahmen.

(Wolfhard Ploog CDU: Tut er auch!)

Dann haben wir Minderbürger gefragt – also Minderheiten-Bürger –, wie er sich das vorstelle. Der Finanzsenator saß immer dabei und hat die Vorstellungen des Bürgers Schill mit abgenickt. Die CDU hat diese Vorstellungen auch mehrheitlich gebilligt. Und nun stellt sich heraus, statt 2,1 Millionen Euro kommen irgendwie 65 000 Euro dieses Jahr zusammen. Da hat sich der Bürger Schill offenbar ein bisschen geirrt.

(Christian Maaß GAL: Ein Schildbürger!)

Der Schildbürger Schill ist aber von den beiden Oberbürgern unterstützt worden, die da die Aufsicht führen sollten.

(Beifall bei der GAL)

Das heißt, die Bürgerei hat uns richtig viel Geld gekostet und führt jetzt zu diesen Veränderungen im Haushalt. Es führt witzigerweise dazu, dass eine Haushaltsstruktur, die ich immer bemängelt habe, nämlich dass der Kinder- und Schuletat nicht so stark steigt wie andere Etats, jetzt überraschenderweise etwas verändert wird, denn der Kinderetat steigt ja nun um 40 Millionen, aber leider nicht zugunsten der Kinder, sondern einfach zu Versenkungszwecken.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Wolfhard Ploog CDU: Was hat der Bürger Maier dazu beige- tragen?)

Jetzt gehen wir zum Investitionsprogramm, das künftig hier die Arbeitsplätze schaffen soll. Die wirklich große Nummer bei der Steigerung des Investitionsprogrammes besteht darin, dass eine U 4 gebaut werden soll,

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Wow! – Wolfhard Ploog CDU: Eine vierte Röhre haben wir ja schon!)

eine U 4, die sauteuer wird, eine U 4, die wahrscheinlich nur durch Tricks – wenn überhaupt – in die Bundesförderung gebracht werden kann: Plötzlich nimmt die Zahl der Beschäftigten in der HafenCity planerisch um auf mehr als das Doppelte zu, nur damit man da einen fiktiven Verkehr generieren kann, der für die Antragstellung wichtig ist. Da wird also ein Trick angewandt, um dieses Riesenprojekt doch noch irgendwie planbar zu machen und auch das Risiko des Baues – darüber wird ja mein Kollege noch sprechen – ist so gewaltig, dass es wirklich Hamburgs Haushalt extrem in die Enge treiben wird.

(Wolfhard Ploog CDU: Aber Sie sind doch immer für den ÖPNV gewesen!)

Wir sind da für ein preiswerteres System.

Da, bin ich der Meinung, nimmt die Rolle von Bürger Ole von Beust ein bisschen etwas an, das mich an Ludwig II. erinnert. Ludwig II. ist ja dadurch in die Geschichte ein

gegangen, dass er die bayerischen Finanzen durch immer neue Investitionsprojekte richtig ruiniert hat. Nur, Ludwig II. hatte mehr Geschmack als der Bürgermeister.

(Heiterkeit und Beifall bei der GAL und der SPD)

Man kann über Neuschwanstein streiten, sehr sogar, über Bayreuth schon weniger, aber die U-Bahn als des Bürgermeisters Glanzprojekt städtischer Imposanz, so ein Stichbähnchen vom Rathaus in die HafenCity und zurück … – mehr kriegen Sie ja gar nicht hin.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das ist Ludwig II. verdunkelt oder Ludwig II. unterirdisch.

Jetzt wollen wir ja nicht hoffen, dass das so böse ausgeht. Wenn der Bürgermeister später mal in schweren Haushaltsdepressionen ist, passen Sie auf, dass er keine Bootsfahrt auf der Alster macht.

(Heiterkeit und Beifall bei der GAL und der SPD – Klaus-Peter Hesse CDU: Die Sorge haben wir nicht!)

Da muss man ja ein bisschen vorsichtig sein.

Ein letztes Wort: Wir reden ja immer noch unter der Fiktion, im Jahre 2006 sei der Betriebshaushalt ausgeglichen. Aus der Fehlsumme sind erst einmal 130 Millionen Euro herausgerechnet worden. 150 Millionen Euro sollten einmal gekürzt werden. Jetzt geht es nur noch um 110 Millionen Euro. Im Übrigen sollen einfach die Kürzungen für die fehlenden Kita-Gelder durchgerechnet werden. Wie das passieren soll, ist mehr und mehr unabsehbar. Ich habe den Eindruck, wir sollen einer Fiktion folgen, dass dies im Jahre 2006 erreicht werde. Der Fiktionscharakter – darauf hat ja schon Herr Neumann hingewiesen – wird dadurch untermauert, dass Sie überhaupt nur aufgeht, wenn die Steuersteigerung der kommenden Jahre im letzten Jahr bei 7,2 Prozent plus liegt. Das ist seit Jahren nicht mehr vorgekommen und es ist sehr unwahrscheinlich, dass das eintritt. Trotzdem dienen Sie uns jetzt diese Fiktion an. Ich finde das unangemessen.

Wie gesagt, wir sind nicht gegen einen harten Sparkurs. Wir wollen ihn anders organisieren. Wir glauben auch nicht, dass das Parlament in seiner Weisheit die Ideen für die einzelnen Sparvorschläge finden kann, die in der Behördenspitze gefunden werden können, wenn der nötige Druck da ist. Wir werden aber einen solchen Kurs unterstützen, wobei wir eine Ausnahmeregelung bei den Quoten machen würden, einen Bereich von der scharfen Quotierung ausnehmen wollen: den Bereich Kindererziehung, Schulen und Bildung. Mehr kann man nicht leisten. Wenn man mehr ausnimmt, wird das ganze Verfahren fiktiv. Darum glaube ich auch nicht, dass man die Innenbehörde so weiter wachsen lassen kann wie in den letzten Jahren. Das geht einfach nicht. Da bin ich auch mit der SPD nicht einverstanden. Ich habe nichts dagegen, dass es gut bezahlte, ordentliche und mehr Polizisten geben sollte,

(Michael Neumann SPD: Ausgebildete!)

aber wenn wir uns entscheiden müssen, was wir in dieser Situation wählen, bin ich dafür, es für Kitas und Schulen zu machen.

(Michael Neumann SPD: Da haben Sie Recht!)

Wir haben einfach eine Lage in der Stadt, wo immer mehr ältere Menschen – die naturgemäß ein starkes Sicherheitsbedürfnis haben und darauf gucken – einer sinkenden Zahl von Kindern gegenüber stehen, bei denen aber in Wirklichkeit die Zukunft der Stadt liegt. Das müssen wir optimieren. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Tants.

(Christian Maaß GAL: Henning I.!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Viel kann ich auf meine Vorredner nicht antworten,

(Ingo Egloff SPD: Dann lassen Sie es doch!)

denn so viel ist da auch nicht gekommen. Ich will aber versuchen, offene Fragen zu beantworten.

Herr Maier: Ihre ja schon fast fundamentale Frage war, warum wir hier zusammensitzen. Ich will Ihnen das aus unserer Sicht beantworten: damit die einzelnen Fraktionen und Parteien dem Bürger – ich komme auf Ihre Metapher zurück – ihre Vorstellungen kundtun, wie man denn den Haushalt dieser Stadt in vernünftige Bahnen lenkt. Nur, es ist bei Ihnen nicht viel gekommen. Sie haben sich in Metaphern verloren. Sie haben auch Ihr Zahlengefühl verloren.

Bevor ich aber auf die Zahlen komme, komme ich noch einmal zu Neuschwanstein. Das ist eben einer der wesentlichen Unterschiede zu Ludwig II: Der eine braucht kein Schloss, sondern er versucht, Investitionen für die Stadt und für die Bürger, für die Zukunft dieser Stadt herbeizuführen. Ob dieses nun im Untergrund ist und kaum gesehen wird oder woanders, ist ihm egal. Er braucht dafür kein Schloss. Das ehrt ihn, das ziert ihn, dass er das auch so macht.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Willfried Maier GAL – Dr. Willfried Maier GAL: Da hat er Recht!)

Nun noch einmal zu den generellen Vorwürfen: Sie haben hier gesagt, Herr Maier, hier werde seitens der Mehrheit dauernd vorfinanziert. Sie haben Senator Kusch und andere angesprochen. Wissen Sie, ich bin ja ein paar Jahre länger im Haushaltsausschuss. Ich denke nur an die ganzen Vorfinanzierungsarien von Frau Sager, der Wissenschaftssenatorin, die uns über Jahre im Haushaltsausschuss gesagt hat, ihre Personaleinsparungsverpflichtungen lägen alle im Amerika-Haus, wenn sie das irgendwann einmal verkaufe. Das ging über zwei Jahre.

(Antje Möller GAL: Das ist schon abgerissen!)

Das ist ja auch schon ein paar Tage her.