Und dann sind hier von all den Kollegen Dinge verkürzt oder unwahr dargestellt worden; wie ich glaube, zum Teil auch bewusst, weil einige der Kolleginnen und Kollegen an der Untersuchungsausschusssitzung, in der meine Vernehmung und die von Herrn Schön stattfand, teilgenommen haben und wir auch über die juristischen Dinge gesprochen haben. Es wurde zum Beispiel von einem Abgeordneten behauptet, es habe ein Strafverfahren wegen der Frage der Weitergabe gegeben; das ist falsch. Es hat eine Vorermittlung gegeben, wie auch Sie, Frau Kollegin, richtig gesagt haben. Zur juristischen Information: Bei der Vorermittlung prüft die Staatsanwaltschaft, ob ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird, das in einem Gerichtsverfahren enden kann, wenn Strafanklage erhoben wird.
Vorermittlung ist nur ein Prüfungsverfahren. In diesem Vorermittlungsverfahren wurde die rechtliche Frage geprüft, ob genug Substanz vorhanden ist, um ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.
Richtig ist, dass in diesem Vorermittlungsverfahren auch Herr Schön vernommen wurde. Die Staatsanwaltschaft selber ist aber bei der Einstellungsverfügung überhaupt nicht auf die Vernehmung mit Herrn Schön eingegangen,
sondern hat aus rein rechtlichen und nicht aus tatsächlichen Gründen das Ermittlungsverfahren nicht eröffnet; das bringen Sie durcheinander. Es gab dafür mehrere rechtliche Gründe. Zum einen hat die Staatsanwaltschaft gesagt, es kann gar kein Grund für die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens vorliegen, weil es gar nicht um eine Tatsache ging, die der Geheimhaltung unterliegt. Es ging nicht um die Daten, die bei den PUA-Berichten eine Rolle spielten, denn da ging es um die Geheimhaltungspflichten gegenüber den Bewohnern oder Insassen der Feuerbergstraße mit sehr sensiblen Sozialdaten, die deshalb nicht wahrgenommen werden durften. Das heißt, es lag gar kein Geheimhaltungsgrund vor. Und dieser Bericht ist zu diesem Zeitpunkt aus guten Gründen von der Exekutive weder als geheim noch als vertraulich eingestuft worden, denn damals waren sich sowohl Bürgerschaft als auch Senat einig, diesen Bericht gemeinsam zu veröffentlichen, jeder seinen. Kurz nach der Bürgerschaftssitzung, die nach den Ereignissen stattfand
nein, kein Zufall –, hat man sich, verehrter Herr Neumann, mit der Bürgerschaftskanzlei, auch mit den Ihnen anvertrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dahingehend geeinigt, nicht zu veröffentlichen, und zwar
nicht, weil der Bericht vertraulich gewesen wäre, sondern weil in diesem Bericht eine ganze Menge empfindlicher Daten über Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der hamburgischen Verwaltung gestanden haben.
Und der Schutz der Privatsphäre der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hamburger Verwaltung ist ein richtiger Schutz, den man nicht willkürlich aufs Spiel setzen darf.
Ausschließlich aus diesem Grund ist der Bericht nicht veröffentlicht worden. Sie sagen, es hätte keine Einstufung gegeben und trotzdem sei er nicht weitergeleitet worden. Dieser Bericht ist auf Senatsseite genauso eingestuft worden wie auf Bürgerschaftsseite, da gibt es bei der juristischen Bewertung überhaupt keinen Unterschied. Es ging um den Schutz der Daten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, weil man hier eine Fürsorgepflicht hat. Und – das habe ich auch im Untersuchungsausschuss gesagt – bei allem Respekt vor allen Abgeordneten, eine Fürsorgepflicht für Herrn Böwer verspüre ich nicht.
Wenn Sie wünschen, dass Gewaltenteilung zukünftig so definiert wird, dass die Exekutive eine Fürsorgepflicht gegenüber der Legislative hat, herzlich willkommen. Stellen Sie solch einen Antrag, bislang höre ich das zum ersten Mal in der deutschen Parlamentsgeschichte.
Es gab Vorermittlungen und dann wurde aus rein rechtlichen Gründen gesagt, der Bericht war weder vertraulich noch unterlag er der Geheimhaltung. Ein weiterer Grund, den die Staatsanwaltschaft geprüft hat, auch hier ein reiner Rechtsgrund, war die Frage, ob durch eine Weiterleitung von Teilen dieses Berichts, des Anhangs, gegen die Vorschrift verstoßen wurde, über Akten, die im Zuge eines Ermittlungsverfahrens vorliegen, nicht weiter zu reden, sie nicht weiterzugeben. Dazu hat die Staatsanwaltschaft ausdrücklich gesagt, beim Anhang zum Bericht handele es sich nicht um Akten im Zuge des Strafverfahrens, das mit dem PUA befasst war, da dieser Anhang überhaupt nichts mit den Dingen zu tun gehabt habe, die im Zuge der sogenannten PUA-Affäre von der Senatskanzlei oder wem auch immer unbefugt an Dritte gegeben wurden; es ging um völlig andere Dinge.
Das heißt, rein rechtlich, ohne Tatsachenwertung, hat die Staatsanwaltschaft gesagt, wir ermitteln gar nicht, nicht wegen Herrn Schön oder sonst wie, sondern weil schlichtweg nicht einmal der Anfangsverdacht einer Straftat vorlag. Ich werfe Ihnen vor, erstens immer wieder so zu tun, als sei dieser Bericht geheim gewesen, zweitens so zu tun, als sei gegen Formvorschriften verstoßen worden, wenn ein Anhang, der mit der Geheimhaltung nichts zu tun hatte, weitergegeben wurde und drittens zu sagen, hier sei mutwillig ein Strafverfahren verhindert worden, denn es gab keine Straftat. Lernen Sie eines: Wo keine Straftat ist, lieber Herr Neumann, da gibt es glücklicherweise auch kein Strafverfahren. Das ist in anderen Staaten anders, aber ich will, dass es in Deutschland so bleibt.
Erlauben Sie mir eine Frage zur moralischen Dimension. Hier ist von Anstand gesprochen worden. Frau Goetsch, es ist erstaunlich: Wenn man mit Ihnen unter vier Augen redet, ist es immer ganz nett, wenn Sie aber hier stehen, sind Sie ziemlich moralinsauer.
Man muss da die ganze Geschichte sehen. Die Dinge, über die wir reden, sind im Fluss und nicht isoliert zu betrachten. Erinnern sich eigentlich noch einige von Ihnen daran, mit welcher Infamie und mit welchen gemeinen, gehässigen und beleidigenden Worten im Vorfeld, auch gerade vonseiten der Sozialdemokraten, hier argumentiert wurde? Ich beginne einmal mit etwas Harmloserem. Zur unbefugten Weitergabe von Akten von Mitarbeitern an Dritte ist gesagt worden, das sei "Auftragsarbeit" gewesen, so etwas passiere "nur auf Weisung". Wissen Sie eigentlich, was diese Aussage bedeutet? Damit haben Sie erstens behauptet, Mitglieder der politischen Führung hätten bewusst Beamte angewiesen, rechtswidrige Aufträge zu erledigen und zweitens unterstellen Sie den Beamten, dies getan zu haben und nicht ihrer Pflicht nachgekommen zu sein, zu remonstrieren.
Die politische Führung kann das ertragen, aber was Sie damit den Beamten und Angestellten der Behörden unterstellt haben, ist unglaublich und dazu ist kein Wort der Entschuldigung von Ihnen gekommen.
Der zweite Punkt: Bevor im Untersuchungsausschuss überhaupt Erkenntnisse oder eine abschließende Wertung vorlagen, verkündet ein SPD-Abgeordneter – Zitat –:
Sie unterstellen also ohne einen Beweis Rechtsbeugung, Rechtsbruch, was dazu führte, dass einige ganz übereifrige Journalisten davon sprachen, der Senat gehe in Richtung krimineller Vereinigung. Jetzt steht fest, dass alles nicht stimmt. Alle Strafverfahren sind entweder gar nicht eröffnet oder eingestellt worden bis auf eins, das gegen eine Bürgerschaftsmitarbeiterin besteht. Meinen Sie nicht, wenn Sie von Anstand reden, sei es mal an der Zeit, sich für diese Unverschämtheiten zu entschuldigen. Ich meine, es ist höchste Zeit, das zu tun.
Erlauben Sie mir einen letzten Hinweis. Vielleicht kann das richtiggestellt werden, Sie haben daraufhin etwas flapsig reagiert, Herr Steffen, vielleicht kann es auch Herr Böwer machen. Herr Böwer, ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber nach dem, was ich in der Presseinformation und Ihrer eidesstattlichen Erklärung gelesen habe, haben Sie niemals bestritten, dass solche Äußerungen gefallen sein könnten. In der Presseerklärung der SPD-Fraktion heißt es, dass man einen flapsigen Spruch in bierseliger Runde für den Versuch einer politischen Erpressung halte, sei schwer nachvollziehbar.
Das ist eine Wertung, wie es andere einordnen oder nachvollziehen würden. Sie haben aber nicht gesagt, ich habe so etwas nie gesagt, sondern haben nur gesagt, es
war ein flapsiger Spruch in einer bierseligen Runde, das darf man nicht so ernst nehmen; das ist kein Dementi.
Nun mag es in der Tat – ich war nicht dabei – alles gar nicht so tragisch gewesen sein, aber dass sich, den Betreffenden ein mal außen vor lassend, die anderen als unglaubliche moralische Instanz aufspielen und sagen, hier sei unglaubliches Unrecht geschehen und das Dementi besteht dann darin, auf gut Deutsch zu sagen, ich habe mit besoffenem Kopf Mist geredet, ist ein bisschen dünn. Wenn Sie schon mit Moral kommen, dann müssen Sie das auch für sich selber und Ihre Kollegen und Kolleginnen gelten lassen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bürgermeister, immerhin haben Sie doch noch einmal an der Debatte teilgenommen. Was Sie aber gesagt haben, hat nicht zur Erhellung des Sachverhalts beigetragen, im Gegenteil. Sie haben versucht, juristische Nebelkerzen zu werfen und haben klassische rhetorische Figuren benutzt wie jeder Senator, wie jeder Bürgermeister, wenn er in Bedrängnis gerät. Er versteckt sich hinter seinen Beamten und wirft der Opposition vor, sie würden die Beamten kränken. Es geht bei unserer Kritik nicht darum, dass wir kein Vertrauen zu unserer Polizei oder Staatsanwaltschaft haben, sondern darum, dass wir schon lange kein Vertrauen mehr zu diesem Senat haben.
Wenn Sie von einer Entschuldigung sprechen, Frau Goetsch hat es dankenswerterweise noch einmal angesprochen, so erinnern wir uns alle an den tränenreichen, theatralischen, komödiantenhaften – um Ihren Begriff zu benutzen – Auftritt von Ihnen, Sie hätten heute in einer Hamburger Boulevardzeitung lesen müssen, dass ein Abgeordneter versucht haben soll, den Staatsrat zu erpressen. Welche Show haben Sie denn hier abgeliefert? Wenn sich in diesem Haus jemand entschuldigen muss, dann sind Sie das und niemand anderes.
Im Übrigen haben Sie so schön gesagt, wenn es keine Ermittlungen gibt, gäbe es auch kein Strafverfahren. Wann haben Sie denn davon erfahren, dass der Abgeordnete Böwer angeblich den Staatsrat erpresst haben soll? Wann haben Sie denn eine entsprechende Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft eingereicht, dass einer Ihrer Staatsräte erpresst wird? Wann hat Herr Meister den Strafantrag gestellt? Offensichtlich waren weder Sie noch Ihr Adlatus Herr Schön,
noch Herr Meister der Auffassung, dass es wirklich so geschehen ist, wie es von Ihnen gezielt in die Presse lanciert wurde.
Dass Sie, seitdem Sie Regierungsverantwortung übernommen haben, Datenschutz wahrlich nur noch als Täterschutz begreifen und sich dahinter verstecken, haben wir in vielen Debatten erlebt. Hier wird wieder der Schutz der allgemeinen Beamtenschaft Hamburgs vorgeschoben. In Wirklichkeit geht es doch nur darum, Ihren Staatsrat zu schützen und um nichts anderes.