Der dabei angerichtete Schaden ist beträchtlich und in weiten Teilen nicht mehr gutzumachen. Auch Sie, Herr von Beust – nicht nur Herr Lange – haben sich an der Zukunft vieler kleiner Menschen und deren Eltern versündigt.
Sie haben durch unbegründete oder mangelhaft begründete Nachforderungen alleine im Jahr 2003 das Budget für die Kinderbetreuung um 40 Millionen Euro erhöht, ohne einen einzigen zusätzlichen Kindertagesheimplatz in dieser Stadt zu schaffen. De facto haben wir heute einen fünfundzwanzigprozentigen Abbau von Krippenplätzen und den Verlust von Betreuungsangeboten gerade in den Stadtteilen, die es eben aufgrund ihrer sozialen Situation in besonderer Weise benötigen. Gerade da, wo ganztägige Betreuung und Sprachförderung für die frühe Integration wichtig ist, hat Ihr Vorgängersenat, aber Sie auch als Bürgermeister, gekürzt, gestrichen und weggespart, gerade da also, wo junge Familien dringend Betreuung für ihre Kinder brauchen, um Ausbildung und Arbeit nachgehen zu können.
Im Regierungsprogramm – Sie haben das gerade auch noch einmal selbst zitiert – steht, dass Sie zukünftig allen berufstätigen Eltern eine entsprechende bedarfsgerechte Kinderbetreuung gesetzlich garantieren wollen. Heißt das jetzt, Sie kommen mit einem eigenen Kinderbetreuungsgesetz? So klang es. Ich mache Ihnen da einen sehr konstruktiven Vorschlag: Wenn wir uns denn im Ziel einig sind, warum empfehlen Sie nicht einfach den Hamburgerinnen und Hamburgern, das Volksbegehren "Mehr Zeit für Kinder" anzunehmen? Dann haben wir ein Gesetz.
Ich denke, wenn Sie sich dazu durchringen könnten, unsere Initiative zu unterstützen, hätten wir die beste Lösung für unsere Kinder, für unsere Stadt, und wir können sofort anfangen, dafür zu sorgen, dass nicht noch mehr Kinder, wie Sie es etwas lax formuliert haben, "durch den Rost fallen".
Dann haben Sie in Ihrem Programm noch schnell eine Bundesinitiative von Renate Schmidt hineingebastelt, das so genannte "familienfreundliche Personalmanagement". Die Handelskammer hat das sehr begrüßt und dieses Programm ist auch sehr wichtig. Sie haben das heute nicht angesprochen, aber mir ist es sehr wichtig, deshalb spreche ich es an. Der Staat kann nämlich richtigerweise nicht alles regeln, nicht alles organisieren. Aber was der Staat regeln kann und auch muss, ist eben die Kinderbetreuung, und da stehen Sie als Bürgermeister auch ganz persönlich in der Pflicht.
Es gibt in unserer Stadt viele Mütter und Väter, die schlichtweg wegen der völlig missratenen Politik von Ihnen und von Herrn Lange ihren Arbeitsplatz nicht mehr antreten konnten. Sie haben ihn zum Teil sogar verloren, eben wegen Ihrer chaotischen Kita-Politik in den letzten Jahren. Deshalb muss jedem Menschen, der davon so betroffen war, diese Passage Ihres Regierungsprogramms wie Hohn in den Ohren klingen.
Ein sehr schöner Text, aber Sie verraten uns nicht, wie viel. Auch heute, in Ihrer Regierungserklärung, haben Sie nicht davon gesprochen, wie viele öffentlich geförderte Wohnungen Sie sich zum Ziel setzen, wie vielen Menschen Sie wirklich Heimstatt in dieser Stadt bieten wollen. Welche konkrete Unterstützung Familien mit Kindern zukommt, auch da sind Sie heute völlig im Vagen geblieben. Herauszulesen aus dem Papier ist, das Sie eine Umstellung von Mietwohnungsbau auf Eigentumsförderung wollen. Ich denke, dagegen ist nichts zu sagen. Natürlich muss Eigentumsbildung gefördert werden. Aber zu welchen Lasten der Förderung im Mietwohnungsbau? Wer trägt die Konsequenzen aus dieser Prioritätenverschiebung? Eigentumswohnungen können ja natürlicherweise nicht preiswerten Mietwohnungsraum ersetzen. Schon jetzt bekommen nur noch 35 Prozent der Dringlichkeitsscheinbesitzer eine Sozialwohnung. Auch diese Zielgruppe können Sie mit Ihrer Koalition mit den Menschen in der Stadt nicht gemeint haben.
Dann sprechen Sie von Ihrem Sonderinvestionsprogramm "Hamburg 2010". Da könnte ich natürlich einen Tipp geben: Die Zahl 2010 ist immer mit Vorsicht zu genießen. Das kann auch schnell schief gehen.
Aber Sie haben ja heute davon gesprochen, auch letzte Woche schon im Fernsehen, Sie wollen das durch Umschichtung aus verschiedenen anderen Investitionstöpfen nehmen, die auch zum Teil von anderen Koalitionspartnern eingestellt worden sind.
Dazu will ich die Frage stellen: Erstens, wieso haben Sie überhaupt in der letzten Legislaturperiode Investitionen eingestellt, von denen Sie jetzt sagen, sie bräuchten Sie eigentlich überhaupt nicht? Die zweite Frage: Was bedeutet das denn konkret? Das haben Sie heute auch nicht erklärt. Sie haben sehr blumig, sehr wolkig davon gesprochen. Aber woher soll das Geld kommen? Ist es beispielsweise die von Herrn Mettbach geforderte U-Bahn nach Bramfeld oder Steilshoop? Das kann es ja sein. Heute hätten Sie die Chance gehabt, es zu sagen.
Sie sagen auch, durch zusätzliche Vermögensmobilisierung – das ist ja ein sehr euphemistisches Wort, sehr blumig für das, was sich dahinter versteckt: Wir verscherbeln unser Tafelsilber – solle Geld in die Kasse kommen, um Investitionen zu tätigen. Sie nennen unter anderem auch Immobilienbesitz. Also wollen Sie die SAGA verkaufen? Wollen Sie die GWG verkaufen? Dazu kann ich
Ihnen nur sagen: Dort enden unsere Gemeinsamkeiten. Das wird es mit uns nicht geben. Einem Verkauf der öffentlichen und städtischen Wohnungen werden wir niemals zustimmen.
Ganz dünn wurde es heute aber auch in Ihrem Regierungsprogramm zum Thema "Finanzen". Da spricht man von effizienter Vermögensmobilisierung, die fortgesetzt werden soll. Es sollen vorhandene Investitionsansätze umgeschichtet und zusätzliche Mittel mobilisiert werden. Was heißt das? Wahr ist doch eigentlich, dass die Verschuldung in den letzten zweieinhalb Jahren dramatisch angestiegen ist. Tatsächlich wurden 2002 und auch 2003 1,6 Milliarden Euro zusätzliche neue Schulden aufgenommen. Bis 2007 planen Sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt – warten wir einmal ab, was die Haushaltsdrucksache bringen wird – weitere Schulden in Höhe von 2,7 Milliarden Euro. Gleichzeitig sind die Betriebsausgaben um 140 Millionen Euro gestiegen. Das ist Rekord in den letzten zehn Jahren. Das ist keine Konsolidierung, sondern ist im Grunde Verscherbelung von Tafelsilber und eine höchst unseriöse Finanzpolitik, die Sie hier machen.
Herr Peiner und auch Sie brüsten sich sehr häufig damit, dass Hamburg neben Bayern das einzige Bundesland sei, das einen verfassungsgemäßen Haushalt vorlege. Das ist richtig, aber eigentlich keine Besonderheit, denn Hamburg hat im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern nie etwas anderes vorgelegt als einen verfassungsgemäßen Haushalt.
Und wenn Sie von zusätzlicher Vermögensmobilisierung sprechen, heißt das doch auf Deutsch, dass Sie die Löcher nur deshalb schließen können, weil eben massiv Tafelsilber verkauft und der Betriebshaushalt so künstlich ausgeglichen wird. In Wirklichkeit leben wir weiterhin auf Pump und völlig über unsere Verhältnisse.
Wenn Sie, Herr von Beust, mit Ihrem Finanzsenator so weitermachen, haben wir bald kein Tafelsilber mehr. Was aber bleiben wird, sind die Finanzlöcher. Dann ist auch Schluss mit dem verfassungsgemäßen Haushalt.
Da der Senat eben dauerhaft Vermögen in erheblichem Umfang zur Deckung der Defizite im Betriebshaushalt aufwenden muss, ist auch bisher nichts zur Schuldenreduzierung und damit zur Erzielung von Zinsersparnissen übrig geblieben. Das waren doch immer die Reden, die ich mir von Herrn Dr. Freytag im Haushaltsausschuss anhören musste: Wir müssen verkaufen, den Verkaufserlös müssen wir in Schuldentilgung hineinbringen, dann müssen wir weniger Zinsen zahlen und mit den gesparten Zinsen können wir investieren. Nichts hat stattgefunden, gar nichts.
Man kann also, ohne Prophet zu sein, sehr leicht voraussagen, dass die Verschuldung dramatisch steigen wird, zulasten derer, die sich eben nicht – in Ihren Begrifflich
keiten – "selber helfen" können, denn die müssen die Suppe nachher auslöffeln. Sie müssen hier heute die Frage beantworten, ob Sie weiter in den Schuldenstaat hineinmarschieren wollen oder nicht. Auch hier haben wir eine Verantwortung für die nächsten Generationen, für unsere Kinder.
Zur Bildungspolitik haben Sie heute etwas Interessantes gesagt. Sie haben gesagt, das Bildungssystem solle durchlässiger werden. Fakt ist, dass in den letzten zwei Jahren die Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Schulformen unserer Stadt deutlich verringert wurde. Wenn das heute ein Kurswechsel war, kann ich Ihnen auch hier nur die Hand reichen und sagen: Das begrüßen wir. Wenn es das wirklich ist, können Sie auf uns zählen. Wir unterstützen Sie dabei.
Bisher zielte Ihre Schulpolitik auf ein sehr frühes Aussortieren, auf sehr festgelegte Bildungswege mit sehr hohen internen Hürden.
Das können wir uns aus unserer Sicht zukünftig nicht leisten. Fast jeder achte Hamburger Schüler macht keinen Schulabschluss. Ich rede hier über Hamburg. Ich rede nicht über Länder, die sich noch weiterentwickeln müssen, sondern ich rede über Hamburg, die zweitreichste Metropole Europas. Jeder achte Schüler macht keinen Schulabschluss.
(Wolfgang Beuß CDU: Diese Misere haben Sie zu verantworten! – Karen Koop CDU: Ihr Schulsys- tem war das! – Frank-Thorsten Schira CDU: Haltet den Dieb!)
Und wer keinen Schulabschluss macht, findet auch keinen Ausbildungsplatz und bekommt später keine Arbeit. Deshalb müssen wir umsteuern. Wenn der Bürgermeister das wahr macht, was er heute gesagt hat, unterstützen wir ihn darin. Wir wollen, dass kein Hamburger Jugendlicher ohne einen Schulabschluss die Schule verlassen darf. Jeder muss so gefördert werden, dass er den bestmöglichen Schulabschluss auch nach seinen Fähigkeiten erreicht,
denn das bedeutet dauerhaft Zukunftschancen für den Einzelnen, aber in der Summe auch für unsere Stadt.
Wenn man dem folgt, wird sehr schnell deutlich, dass Bildung damit eine, wenn nicht die zentrale soziale Frage der Stadt ist.
Dafür ist die Voraussetzung, dass Hamburg die besten Schulen hat. Nur, was machen Sie? Sie sprechen davon, dass Sie jetzt so genannte "Praxisklassen" einführen wollen, auch ein bayerisches Modell,
das heißt, eine Hauptschule ohne Abschluss und genau das Gegenteil von dem, was wir brauchen. Wir brauchen