(Anhaltender Beifall und Bravo-Rufe bei der CDU – Ingo Egloff SPD: Das ist ja wie im Ostblock! – Glocke)
Absolute Mehrheiten hat es zuletzt 1991 gegeben, zugegebenermaßen damals noch für uns Sozialdemokraten. Aber auch sonst sind absolute Mehrheiten in einem Parlament etwas sehr Seltenes. Wenn ich ehrlich bin, muss ich schon zugeben, dass mich unsere Niederlage und damit auch Ihr Sieg schmerzt.
Er hat für klare Verhältnisse gesorgt und er hat Ihnen für die nächsten vier Jahre die Verantwortung im Senat übertragen und uns als Sozialdemokraten die Verantwortung in der Opposition.
Zumindest im Namen meiner Fraktion – das kann sonst Frau Goetsch gleich auch noch einmal ergänzen – möchte ich Ihnen, Herr von Beust, an dieser Stelle zu diesem Wahlerfolg gratulieren. Ich wünsche Ihnen Erfolg und Glück zum Wohle unserer Stadt und will Ihnen aber auch gleichzeitig sagen, dass wir Hamburger Sozialdemokraten schon den Ehrgeiz haben, es Ihnen schwer zu machen. Das nicht aus Selbstzweck, sondern auch zum Wohle unserer Stadt.
Dazu wird es ein klares und unmissverständliches Nein geben, wenn Sie etwas falsch machen, aber auch ein klares und ebenso unmissverständliches Ja, wenn Sie, Herr von Beust, etwas Überzeugendes und Richtiges vorschlagen. Beides wird es in den nächsten vier Jahren geben. Wir werden als Opposition nicht der Versuchung erliegen, nun reflexhaft immer ablehnend auf Ihre Vorschläge zu reagieren. Nein, ich biete Ihnen an: Wir Sozialdemokraten werden mit Ihnen in einen Wettbewerb für das Beste für Hamburg treten.
Was Sie gut machen, dem werden wir zustimmen, wie wir es auch in der Vergangenheit getan haben. Wir werden uns nicht plötzlich gegen wichtige Vorhaben unserer Stadt aussprechen, nur weil wir jetzt in der Opposition sind und Sie unsere Pläne zu Ende bringen.
Dies gilt insbesondere für die großen Vorhaben: für die Airbus-Ansiedlung, für die HafenCity, für die Elbvertiefung, die Hafenerweiterung und auch – ich glaube, heute kann man das sagen – für den Kampf gegen den Versuch, hamburgische Unternehmen von der Elbe an die Spree abzuwerben.
Sie, Herr von Beust, haben vor der Wahl davon gesprochen, dass Sie ein Bündnis mit der Stadt eingehen möchten. Damit haben Sie die Mehrheit der Mandate hier gewonnen. Sie haben auch eine hohe Erwartungshaltung in der Bevölkerung dafür geweckt. Unsere Frage ist heute, auch nach Ihrer Regierungserklärung: Wie wollen Sie dieser Chance, die Sie jetzt haben, und dieser Verantwortung gerecht werden?
Sie wollen ein Bürgermeister für die ganze Stadt sein. Sie waren auch in den letzten zweieinhalb Jahren ein Bürgermeister für die ganze Stadt und waren auch dafür verantwortlich, auch wenn Sie gerne versuchen, diese Episode vergessen zu machen. Die Ergebnisse der letzten zwei Jahre sind, wie Sie selbst ja gerne zugeben, Baustellen. Insbesondere im Kita- und Schulbereich sind es mehr als Baustellen, sind es große Krater in der Stadt.
Sie müssen jetzt den Beweis antreten, dass Sie wirklich einen Plan dafür haben, wie Sie Hamburg gestalten wollen. Sie haben jetzt keine Ausreden mehr. Sie haben keinen Schill mehr, Sie haben keinen Lange mehr, Sie haben keine FDP mehr. Die Verantwortung liegt bei Ihnen. Sie ist unteilbar und Sie müssen sie wahrnehmen.
Was habe ich aber heute in den letzten fast 55 Minuten von Ihnen gehört? Das war aus meiner Sicht sehr wenig konkret. Es ist ähnlich unkonkret wie Ihr Wahlprogramm, ähnlich unkonkret wie Ihr Regierungsprogramm und ich glaube, dass Sie mit dem, was Sie heute vorgestellt haben, den Anforderungen, die die Hamburger Realität an uns Politiker aber auch an Sie im Senat stellt, nicht gerecht werden, und ich fürchte, Sie werden bereits heute beginnen, die Hoffnung vieler Menschen, die Ihnen ihr Vertrauen geschenkt haben, zu enttäuschen.
Sie sprachen heute und auch im Wahlkampf sehr häufig von der wachsenden Stadt. Doch wo ist Ihre Vision für diese wachsende Stadt, insbesondere unter dem Aspekt einer gemeinsam wachsenden Stadt? Wir Sozialdemokraten wollen ein Hamburg für alle Menschen, eine Stadt für alle und nicht nur ein Hamburg für die Reichen und Schönen allein.
Sie haben in der letzten Woche in einer Fernsehsendung davon gesprochen, dass es Ihr Credo sei, bei allem, was man mache, den Menschen nicht zu vergessen. Sie sprachen vom Bündnis mit den Menschen in der Stadt. Wie sieht denn jetzt Ihr konkretes Angebot an die Menschen in der Stadt aus? 600 000 Hamburgerinnen und Hamburger wollen nicht, dass unsere Krankenhäuser verkauft werden. Sie wollen – auch wenn Sie sich heute sehr vage ausgedrückt haben – aber offenkundig weiter verkaufen. Dies entnimmt man auch vielen Ausführungen Ihrer Person aber auch Ihres Senates in den Medien. Im Regierungsprogramm finden wir keinerlei konkrete Äußerung und Feststellung zu diesem zentralen Punkt.
Statt sich die Position der Bürgerinnen und Bürger zu Eigen zu machen, die mit überwältigender Mehrheit deutlich gemacht haben, dass die Krankenhäuser nicht verkauft werden sollen, versuchen Sie zu tricksen: Man könne ja darüber reden, dass man zwei Krankenhäuser verkauft.
Man müsse auch darüber nachdenken, ob die Volksgesetzgebung nicht grundsätzlich geändert werden müsse, weil es ja nicht sein könne, dass sich die Meinungsäußerung der Bürgerinnen und Bürger gegen die Senatspolitik wende. Ich glaube, hier merkt man sehr schnell, dass Ihr
Angebot zur Koalition mit der Stadt immer nur so lange gilt, wie die Bürgerinnen und Bürger Ihrer Meinung sind.
Wehe, die Bürger sind es nicht. Dann sollen mal eben die Regeln geändert werden, sprich die Volksgesetzgebung geändert werden, damit es ja keine Störung des parlamentarischen Ablaufs des Senatshandelns gibt.
Ich kann also nur feststellen, dass dieses Angebot einer Koalition mit der Stadt für über 600 000 Menschen in dieser Stadt nicht gültig ist.
Sie können sich auch aus dem Anspruch, den diese Menschen erhoben haben, nicht dadurch herausstehlen, dass Sie meinem Vorgänger oder auch meinem Parteivorsitzenden einen Brief schreiben und sagen: Mensch, sagt doch mal, habt ihr einen Investor, der die Krankenhäuser kauft? Sie sind verantwortlich. Das Volk hat gesprochen und Sie stehen in der Verantwortung, eine politische Lösung dafür zu finden, was das Volk will. Deshalb nützen jetzt keine Ausreden mehr. Nutzen Sie Ihre Mehrheiten hier im Haus, wir werden Sie dabei unterstützen, und verscherbeln Sie unsere Krankenhäuser nicht.
Dabei ist es ja auch eine Frage der politischen Kultur, wie man mit dem Instrument eines Volksbegehrens umgeht, denn absolute Mehrheiten in einem Parlament – ich habe darauf hingewiesen, dass sie in Deutschland sehr selten sind – dürfen ja nicht dazu führen, dass man irgendwann abhebt und sich über Menschen, über die Bürger erhöht.
Es war vielleicht auch einfacher für Sie, diese Mehrheit zu gewinnen, als sie nun auch dauerhaft an sich zu binden, denn wenn Sie ehrlich sind, dann müssen Sie doch auch heute zugeben, dass ein großer Teil Ihres Wahlerfolges vor vier Wochen auch wesentlich auf dem Unmut der Bevölkerung über die notwendigen Berliner Reformen fußt und auch darauf, dass es richtig ist, dass viel zu lange die notwendigen Schritte der Reformen in Berlin und damals noch in Bonn nicht in Angriff genommen worden sind und sich viele Menschen heute davon überfordert fühlen.
Schauen wir dabei einmal – Sie haben vorhin von der Internationalisierung gesprochen – über den Tellerrand unseres Landes. Dann wird das nicht nur in Bezug auf Berlin deutlich, sondern auch in Frankreich oder in Österreich. Dort wurden Regierende für die Durchführung von notwendigen Reformen vom Wähler abgestraft, egal, ob es Konservative oder Sozialdemokraten waren. Die Lehre, die sich aus meiner Sicht daraus ziehen lässt, heißt doch: Bei dem, was getan werden muss, müssen die Menschen immer mitgenommen werden. Es nützt keine Politik von oben, keine Veränderung der rechtlichen Möglichkeiten eines Volksbegehrens, sondern es nützt nur eine Politik, die die Anliegen der Menschen wirklich ernst nimmt und sie in diesem Hause auch umsetzt.
Nach diesem Volksbegehren über den Verkauf der Krankenhäuser wird ja die Kindertagesbetreuung dafür Ihre
nächste persönliche Bewährungsprobe. Das Problem der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist in unserer Stadt bei weitem nicht gelöst. Es fehlen in unserer Stadt weiterhin über 18 000 Kinderbetreuungsplätze. Wir haben bereits Anfang 2002 ein Gesetz in diese Bürgerschaft eingebracht, das diesen Mangel behoben hätte. Sie haben es damals abgelehnt. Jetzt liegt es zur Europawahl als Volksentscheid ebenfalls vor. Das heißt, Sie haben hier in den letzten zwei Jahren keine Baustellen hinterlassen, wie Sie – wie ich finde – ein bisschen verniedlichend immer sagen, sondern Sie haben verbrannte Erde hinterlassen.