Protocol of the Session on November 10, 2004

Schließlich müssen wir aufhören, punktuelle Einzelmaßnahmen zu fördern. Hier brauchen wir eine sinnvolle Bündelung der Maßnahmen, damit sie zielgerichtet und effektiv sein können.

Zu guter Letzt brauchten wir eine Integrationspolitik, die sich als Querschnitt versteht und nicht irgendwo auf der grünen Wiese im Bereich der Sozialpolitik steht. Wir müssen endlich anfangen, hier umzudenken und Integration nicht mehr nur als Schmelzpunkt zu verstehen, sondern als Mosaik. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort erhält der Abgeordnete Grapengeter.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Güçlü, Sie haben es zu Recht ausgeführt, die Zuwanderungsgesetzgebung wird zum 1. Januar 2005 in Kraft treten. Sie wurde vom Senat schon in seinem Regierungsprogramm berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund sehe ich keine Erfordernis dafür, dass explizit jetzt ein zukunftweisendes, prozessbegleitendes Konzept – was für ein Wortungeheuer – erstellt wird. Diese Politik ist Regierungspraxis, Frau Güçlü, und vor diesem Hintergrund sind eine konzeptionelle Begleitung, eine wissenschaftliche Studie oder Ähnliches nicht erforderlich.

(Beifall bei der CDU)

Es liegt heute allerdings nicht nur diese Drucksache der GAL-Fraktion vor, sondern auch jeweils von der GALFraktion, von der SPD-Fraktion als auch von der CDUFraktion Anträge zur Zusammensetzung der Härtefallkommission, die nach Paragraph 23 a des Zuwanderungsgesetzes vorgesehen ist. Hierzu möchte ich jetzt auch das Wort ergreifen.

Die GAL hat ausgeführt, dass die Zuwanderungsgesetzgebung auf einem parteiübergreifenden Kompromiss beruht. Ich persönlich hätte es begrüßt und es mir auch gewünscht, wenn die Initiative zur Härtefallkommission auf einem parteiübergreifenden Kompromiss beruht hätte. Die GAL sah sich dazu berufen, mit Anträgen vorzupreschen,

(Christa Goetsch GAL: So ein Schwachsinn! – La- chen bei der GAL)

diese dann noch mit Pressemitteilungen garnieren zu müssen und keinen Kompromiss zu suchen. Dann kann ich vonseiten der CDU-Fraktion sagen: Dann eben nicht.

(Beifall bei der CDU)

Bei der SPD sieht es dann so aus – ich werde den Antrag nicht unterstützen, aber ich finde ihn durchaus interessant –, dass das Wort "Ersuchen" richtig interpretiert wird.

Im Rahmen des GAL-Antrags wird gefordert, dass Ersuchen an den Senat rechtlich bindend sein sollen. Ich frage mich allen Ernstes, auf welcher alkoholischen Grundlage diese rechtliche Subsumtion herbeigeführt wurde.

(Beifall bei der CDU und Unmutsäußerungen bei der GAL)

Es handelt sich um ein Ersuchen, es handelt sich nicht um einen Befehl, es handelt sich nicht um eine Anordnung, nicht um eine Weisung, es handelt sich nach Paragraph 23 a um ein Ersuchen an die obersten Landesbehörden. Das hat nichts, aber auch gar nichts mit einem Befehl zu tun, den Sie sich hier vorstellen.

(Beifall bei der CDU)

Noch skurriler ist meines Erachtens – das bezieht sich dann allerdings auch auf den Antrag der SPD-Fraktion –, wie man sich die Zusammensetzung der Härtefallkommission vorstellt: Flüchtlingsinitiativen, Wohlfahrtsverbände. Ich möchte es anders formulieren: Interessenvertreter und Lobbyisten Ihrer Klientel, die mit Sicherheit auch nur die Interessen ihrer Klientel vertreten werden und bei ihrem Votum nicht das wohlverstandene Interesse der Allgemeinheit wahren werden.

(Beifall bei der CDU – Farid Müller GAL: Das ma- chen Sie dann schon!)

Dies, kann ich Ihnen garantieren, werden wir nicht mitmachen. In diesem Kontext habe ich einen Blick in die hamburgische Verfassung geworfen. Das kann ja bekanntermaßen nie schaden. Da las ich in Artikel 7, dass Abgeordnete nur ihrem Gewissen unterworfen und auch nicht an Aufträge gebunden sind. Nach meinem Ermessen ist das genau die Voraussetzung, die für Mitglieder der Härtefallkommission erforderlich ist. Vor diesem Hintergrund sind Abgeordnete dazu berufen, die Mitglieder einer Härtefallkommission zu stellen.

(Beifall bei der CDU)

Im Gegensatz zu den von Ihnen genannten Personen beziehungsweise Interessengruppen verfügen Abgeordnete darüber hinaus auch über das Mandat des Wählers und nicht nur über Arbeitsverträge.

(Beifall bei der CDU)

Im Übrigen werden meiner Meinung nach auch wieder Qualität und Quantität verwechselt. Quantität ist nicht gleich Qualität. Sowohl die GAL- als auch die SPDFraktion stellen sich vor, dass eine Härtefallkommission aus bis zu einem Dutzend Mitgliedern besteht.

(Ingo Egloff SPD: Neun!)

Das sehe ich nicht so. Ich denke, eine Härtefallkommission sollte klein sein, um flexibel zu sein, um pragmatische Entscheidungen zu treffen und vor allen Dingen auch – denn es handelt sich um ein sensibles Thema –, um die Verschwiegenheit innerhalb dieser Härtekommission zu wahren.

(Beifall bei der CDU)

Diese Argumente vorausgeschickt, bitte ich darum, dass Sie den Antrag der CDU unterstützen und eine Überweisung der GAL- und SPD-Anträge an den Innenausschuss ablehnen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält die Abgeordnete Özoguz.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Güclü, Ihrer Rede habe ich mit großem Interesse zugehört. Herr Grapengeter, Sie sprachen gerade am Ende noch davon, dass es ein sensibles Thema ist. Dann wäre auch ein sensibler Umgang damit sehr angemessen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir würden beide Anträge gern im Ausschuss debattieren. Wir werden ja sehen, wie Sie sich nachher verhalten werden.

Es ist nicht das erste Mal, dass wir das Thema Zuwanderungsgesetz hier debattieren. Ich glaube, in den letzten drei Jahren ist es jetzt ungefähr das dritte Mal. In der letzten Legislatur haben Sie sich von der CDU-Fraktion immer wieder darauf zurückgezogen, dass Sie schwierige Koalitionspartner hätten und dass es sehr schwierig sei, gerade bei den Themen Zuwanderung und Integration vernünftige Politik zu machen. Aber wir haben jetzt eine neue Situation und im Zuge des Zuwanderungsgesetzes ergeben sich natürlich auch für Sie neue Möglichkeiten.

In anderen Bundesländern – das hat Frau Güçlü eben schon angesprochen – werden Studien in Auftrag gegeben, Projekte gestartet und es wird für dieses Thema geworben. Die Frage ist, möchte sich unser Senat

(Michael Neumann SPD: Das ist nicht unser Se- nat!)

überhaupt ernsthaft mit diesem Thema beschäftigen und möchte er auch neue Schwerpunkte setzen. Gesagt wird viel, aber was wird tatsächlich getan?

(Wolfhard Ploog CDU: Wir tun doch jetzt schon so viel!)

Wer sich Ihre Bilanz ein bisschen genauer anschaut, der muss feststellen, dass ausgerechnet in Hamburg, ausgerechnet in der Stadt, die sich "Das Tor zur Welt" nennt, beim Thema Zuwanderung und Integration hauptsächlich gekürzt wird – an allen Fronten. Zugegeben, böse könnte man jetzt sagen: Was man nicht mehr verleugnen kann, das kann man kaputtkürzen. Aber ob diese Rechnung aufgeht, das möchte ich bezweifeln, denn Sie kürzen an vielen Stellen, die später zu Folgekosten führen werden. Dies betrifft vor allem den Bereich der vorprogrammierten Arbeitslosigkeit und die damit verbundene Abhängigkeit vom Staat.

Ich möchte Ihnen dies nicht einfach nur vorwerfen, sondern Ihnen Beispiele aus Ihrer Politik nennen: Sie hatten bereits vielen Trägern die Zuwendungen entzogen, die sich darauf konzentriert hatten, gerade jungen Menschen mit Migrationshintergrund bei der Suche nach Ausbildungsplätzen zu helfen. Es hat besonders diejenigen getroffen, die sich für junge Frauen eingesetzt haben.

Noch im letzten Jahr hat Bürgermeister von Beust die Ausbildungs- und Arbeitssituation junger Migranten zur Chefsache erklärt

(Gerhard Lein SPD: Was?)

und dabei zugesehen, wie den beruflichen Schulen rund 155 Lehrerstellen gestrichen wurden. Dabei wurde überproportional in den Bereichen gekürzt, die sich um Migranten und lernschwache Schüler kümmern. Im Bereich der allgemeinbildenden Schulen kürzen Sie darüber hinaus in den Bereichen Vorbereitungsklassen für Ausländer, Deutschunterricht für Ausländer, Lesen und Schreiben, herkunftssprachlicher Unterrichtung und Förderung der Zweisprachigkeit. Chefsachen scheinen bei Ihnen eher nach hinten loszugehen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Sie haben unter großem Einsatz der Schulen eine Sprachstandserhebung für die Vierjährigen durchgeführt und ein halbes Jahr lang hat man davon nichts mehr gehört. Sie wissen, dass Sie nicht alle Kinder erreicht haben. Dagegen haben Sie nichts unternommen. Schließlich haben die Ergebnisse bescheinigt – das haben wir alle auch vorher geahnt –, dass zum Teil erhebliche sprachliche Defizite festgestellt wurden. Es betrifft viele Kinder mit Migrationshintergrund. Die Konsequenz sollte und müsste sein, diese Kinder vor der Einschulung fit zu machen, damit sie nicht schon am zarten Anfang der Schulkarriere den Anschluss verpassen. Stattdessen passierte aber gar nichts. Diejenigen, die schon im Kindergarten waren, haben keine Aufstockung ihres KitaGutscheins erhalten und an manchen Kindergärten funktioniert die Kooperation mit den Grundschulen nur so, dass der vorschulische Deutschunterricht nur nachmittags gegeben werden kann, dann, wenn die Kinder, die es dringend brauchen können, zu großen Teilen gar nicht mehr da sind.

Jedes neue Projekt wird auf Anfangsschwierigkeiten stoßen, das ist keine Frage, aber Sie haben es nicht vermocht, die Ergebnisse dieser Erhebungen in ein sinnvolles pädagogisches Konzept umzuleiten. Das ist das Problem.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir alle wissen, dass es an manchen Schulen viele Kinder gibt, die kaum oder wenig Deutsch sprechen, ein Zustand, der uns alle nicht zufrieden stellen kann. Es hat sich zudem auch herausgestellt, dass Deutsch-Förderstunden in der Vergangenheit nicht als solche gegeben wurden, sondern diese an den Schulen für alle möglichen Ausnahmestunden genutzt wurden. Sich aber nun hinzustellen und zu sagen, wenn sie eh nicht richtig gegeben wurden, dann können wir sie auch gleich komplett abschaffen, ist zynisch und sicherlich nicht hilfreich.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Es ist kaum ein Jahr her, da schrieb der Bürgermeister einen Artikel, in dem unter anderem stand: Daher haben wir in Hamburg die Sprachförderung an allgemeinbildenden Schulen ausgeweitet. Herr Bürgermeister, Sie könnten – leider nicht anwesend – … Frau Bürgermeisterin, Sie könnten jetzt einen neuen Artikel schreiben und zugeben, dass Sie die Sprachförderung in Wahrheit wieder gnadenlos zusammengestrichen haben.