Nebahat Güçlü
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Last Statements
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben vor wenigen Wochen unseren Antrag zum Thema "Mehr Migrantinnen und Migranten in Bildungsberufen" diskutiert. Es war erfreulich, dass der Handlungsbedarf vom ganzen Haus gesehen wurde, sodass zu unserer großen Überraschung der Antrag dann sofort in der Bürgerschaft angenommen wurde.
Vielleicht werden Sie sich erinnern, dass es seinerzeit mit unserem Antrag in erster Linie darum ging, den Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in den Bildungsberufen zu erhöhen. Aber es ging auch um die Anerkennung von Qualifikationen, die in den Herkunftsländern in diesem Bereich erworben wurden.
Obwohl die Hamburger Medien das Thema anscheinend nicht so interessant fanden, kann ich Ihnen sagen, dass die ausländischen Medien das sehr breit aufgegriffen haben. Bis heute erhalte ich unzählige Anrufe von betroffenen Menschen, die jetzt fragen, was sich geändert hat und was das konkret in ihrem Fall bedeutet. Das betrifft insbesondere Lehrerinnen und Lehrer aus Drittstaaten.
Unser heutiger Antrag zielt in eine ähnliche Richtung. Wir möchten über die Anerkennung von Qualifikationen diskutieren, die in Drittstaaten erworben worden sind, denn wir sind der Meinung, dass es richtig ist, mit dem Bildungsbereich zu beginnen, weil das ein prioritärer Bereich ist. Aber es ist nicht erklärbar, warum wir dann in anderen Bereichen nichts unternehmen. Ich möchte hierfür ein Stück weit ausholen.
Wie Sie wissen, ist mit dem Anwerbestopp zu Beginn der Siebzigerjahre viel verändert worden. Das heißt, wir haben neue Regelungen erhalten, die die Einreise und Zuwanderungen hauptsächlich nur noch auf Familienzusammenführung und Ehegattennachzug beschränkt
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haben. Nach wie vor ist das die größte Gruppe der Neuzuwanderinnen und Neuzuwanderer und Sie können sich sicherlich vorstellen, dass hiervon ein Großteil erwachsene Menschen sind.
Das sind Menschen, die in ihren Herkunftsländern nicht nur schulische Qualifikationen, sondern auch Berufe erlernt haben, in denen sie vielleicht jahrelang tätig waren. Aber es sind auch Menschen, die in vielen Fällen studiert haben. Beim Grenzübertritt nach Europa sowie speziell nach Deutschland und Hamburg werden ihre Qualifikationen plötzlich für nichtig erklärt. Das heißt, eine Anerkennung findet nicht statt, bestenfalls vielleicht ein Teil ihrer Qualifikation. Dadurch sind die meisten Menschen gezwungen, hier beruflich bei null zu beginnen, also ihre ganze berufliche Biografie wird gänzlich ausgeblendet.
Ich finde es interessant, wenn man das dann mit den Verfahren in Bezug auf Qualifikationen aus europäischen Ländern vergleicht. Hier haben wir eine völlig andere Verfahrensweise, nämlich die einer zunehmenden Harmonisierung. Das heißt, die Qualifikationen und Abschlüsse werden gegenseitig anerkannt. Alles andere wird dann im europäischen Qualifikationsrahmen geregelt. Wie bereits erwähnt, ist bei Angehörigen aus Drittstaaten eher die Nichtanerkennung die Regel.
Es gibt noch andere Hürden, die Migrantinnen und Migranten überwinden müssen, wenn sie einen Zugang zum Arbeitsmarkt haben wollen. Sie haben nach wie vor die Arbeitserlaubnisverordnung, aber auch die Vorrangprüfung, die wiederum deutsche und auch europäische Arbeitssuchende deutlich privilegiert. Ich bin der Meinung, dass das Maßnahmen sind, die endlich verändert gehören. Es kann nicht angehen, dass wir uns doppelt und dreifach absichern und hierdurch Migrantinnen und Migranten sozusagen künstlich konstruiert und nicht aufgrund ihrer Qualifikation vom Arbeitsmarkt ausgrenzen. Das ist wirklich Protektionismus und macht auch volkswirtschaftlich keinen Sinn.
Daher ist es durchaus nachvollziehbar, dass die Betroffenen von einer strukturellen Diskriminierung sprechen und es verständlich ist, wenn die Menschen dann nicht gerade motiviert werden, sich durch solche Regelungen hier gesellschaftlich einzubringen und sich noch stärker für ihre Integration zu engagieren.
Ich möchte Ihnen kurz die Folgen schildern, die die Nichtanerkennung der Qualifikation mit sich bringt. Die meisten landen, weil sie als nicht qualifiziert betrachtet werden, in Bereichen, die keine oder nur eine geringe Befähigung voraussetzen. Das ist der Bereich Putzen, Kellnern oder Taxifahren. Zumeist landen sie aber auch in der Arbeitslosigkeit. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Arbeitslosenquote von Migrantinnen und Migranten in Hamburg bei 24 Prozent liegt. Das ist eine Zahl, die inzwischen nicht mehr nur doppelt, sondern inzwischen fast dreimal so hoch wie die allgemeine Arbeitslosenquote ist. Ich bin der Meinung, dass das zu bekämpfen gilt und wir darauf schauen müssen, wo die Hindernisse sind, die wir abbauen können. Bisher wird sehr wenig unternommen.
Eine weitere Gefahr ist hiermit verbunden, die viele nicht sehen, weil sie vielleicht in diesem Bereich nicht selbst
betroffen sind. Arbeitslosigkeit und die Abhängigkeit von Transferleistungen können natürlich auch negative Auswirkungen auf den Aufenthaltsstatus haben. Das heißt, wir haben hier einen Teufelskreis, in dem das eine das andere bedingt.
Vor allem führt die Nichtanerkennung dazu, dass Menschen ganz neu beginnen müssen, was ich vorhin bereits ausgeführt habe. Ich finde, dass das eine unfassbare Vergeudung von Ressourcen und Talenten ist, die wir in unserer Stadt haben. Und das in Zeiten, in denen wir über Fachkräftemangel jammern.
Sie wissen, dass auf Bundesebene die Diskussion wieder erneut entbrannt ist. Es geht darum, welche Instrumente sinnvoll sind, um zukünftig gesteuert Zuwanderungen und insbesondere die Zuwanderung von Fachkräften zu ermöglichen. Ich finde es interessant, dass plötzlich wieder über das Punktesystem nachgedacht wird. Das ist kein neues Instrument. Einige von Ihnen werden sich erinnern, dass es bei den Verhandlungen um das Zuwanderungsgesetz eine grüne Idee gab, über ein Punktesystem Zuwanderung zukünftig zu steuern. Das fiel seinerzeit heraus, weil die CDU/CSU sich massiv dagegen gewehrt hat.
Meine Fraktion hat nichts dagegen, dass wir auch hierüber nachdenken. Aber wir sind der Meinung, dass wir vor Ort schauen müssen, ob nicht Potenziale und Qualifikationen vorhanden sind, die wir nutzen könnten. Daher ist meine Meinung, die derzeit gängige Praxis sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht.
Es kann nicht sein, dass gut ausgebildete Akademikerinnen und vor allem Akademiker Taxi fahren müssen, weil ihre Diplome nicht anerkannt werden, ihre Führerscheine aber doch. Es kann nicht sein, dass Ärztinnen und Ärzte aus Russland oder Afghanistan, um nur einige Beispiele zu nennen, trotz langjähriger Berufserfahrung bestenfalls als Pflegekräfte eingestuft werden, meistens jedoch die Krankenhausflure schrubben. Das finde ich zynisch und ist - wie bereits ausgeführt - eine ungeheuerliche Verschwendung.
Qualifiziert und doch chancenlos ist der Titel unseres heutigen Antrags. Ich kann nur feststellen, dass er traurigerweise wirklich die Realität vieler Migrantinnen und Migranten in dieser Stadt beschreibt.
In diesem Zusammenhang möchte ich ein weiteres Problem kurz erläutern. Derzeit ist in Hamburg das Verfahren der Anerkennung ebenfalls mit vielen Hürden auferlegt. Für viele Betroffene ist es wirklich eine Odyssee durch den Dschungel von Zuständigkeiten sowie Ansprechpartnern und das oft mit ungewissem Ausgang.
Stellen Sie sich einmal vor: Sie kommen in ein Land, dessen Sprache Sie vielleicht noch nicht beherrschen, aber Sie bringen natürlich Qualifikationen aus Ihrem Herkunftsland mit und müssen sich dann durch diesen Dschungel von Zuständigkeiten und Ansprechpartnern wühlen. Ich weiß von Betroffenen, dass sie wirklich von Pontius zu Pilatus geschickt werden und dass für die meisten dieser ganze Vorgang vor allem sehr nervenaufreibend ist.
Ich möchte Sie ermuntern. Wenn Sie das nächste Mal in ein Taxi steigen oder in einer Bar sitzen und sich einen Caipirinha bestellen, versuchen Sie einmal, mit den Men
schen ins Gespräch zu kommen und zu fragen, was sie ursprünglich gelernt haben und warum sie nicht in diesen Berufen in Hamburg tätig sein können. Ich bin mir sicher, dass Sie sich wundern werden, welche Berufe und Talente sie dann geschildert bekommen.
Daher möchten wir mit unserem heutigen Antrag den Senat auffordern, eine zentrale Anlaufstelle für Menschen zu schaffen, die ihre mitgebrachten Qualifikationen, seien es schulische, akademische oder auch berufliche, anerkennen lassen möchten. Vor allem sollte es eine Stelle sein, an die sich die Menschen wenden können, die sie während des ganzen Verfahrens flankierend begleitet und ihnen dann auch die richtigen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in den Behörden, Kammern sowie auch in den anderen Institutionen nennen kann und die Kontakte herstellt.
Hierfür geeignet erscheint uns das Hamburg Welcome Center, welches primär die Aufgabe hat, sich um Neuzuwanderinnen und Neuzuwanderer zu kümmern. Wir sind der Meinung, dass das Welcome Center mit seiner üppigen Ausstattung durchaus die Ressourcen hat. Wir möchten zusätzlich mit unserem Antrag den Senat auffordern, eine mehrsprachige Broschüre zu verfassen, mit der die Menschen einen Leitfaden in die Hand bekommen, an dem sie sich dann auch orientieren können.
Ein weiterer Punkt, der mir persönlich ganz wichtig ist, ist, dass die Menschen nicht gezwungen sind, bei Adam und Eva zu beginnen, sondern wir müssen uns Gedanken machen, welche Instrumente notwendig sind, um die Menschen zügig wieder in den ursprünglich erlernten Berufen einzusetzen, weil ich davon überzeugt bin, dass es nicht nur für die Menschen, sondern auch für uns gut ist. Es ist insgesamt eine Win-win-Situation. Das Problem ist allerdings, dass es zu wenige Anpassungsqualifikationen gibt.
In Hamburg gibt es erste Ansätze im Bereich der ESFProjekte.
Das größte Problem überhaupt ist, dass man die Menschen, die daran teilnehmen und die es sicherlich benötigen, weil es Bereiche gibt, in denen vielleicht nicht nur sprachliche, sondern auch berufliche Defizite vorhanden sind, bei null beginnen lässt. Man hat dann zu schauen, wie mit geeigneten Maßnahmen möglichst zügig so qualifiziert wird, dass sie dort weitermachen können, wo sie sozusagen aufgehört haben. Das setzt allerdings voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist, was die größte Hürde in diesem Bereich ist.
Daher fordern wir den Senat auf, ein Stipendienprogramm aufzulegen, das Migrantinnen und Migranten zumindest die Sicherung des Lebensunterhalts ermöglicht, während sie sich in Anpassungsqualifikationen befinden. Weiterhin fordern wir den Senat auf, eine Aufklärungskampagne zu starten, und zwar insbesondere bei den Unternehmerinnen und Unternehmern in der Stadt, weil sie die potenziellen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind. Sie wissen sicherlich, dass Migrantinnen und Migranten sich auch direkt - das heißt, auf normalem Wege mit ihren originalen Abschlüssen - bewerben, aber die wenigsten potenziellen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind in der Lage, diese Abschlüsse dann richtig zu bewerten. Daher sind wir für eine gezielte Aufklärungskampagne. Idealerweise könnte das auch in Kooperation mit den Kammern geschehen, worüber unserer Meinung
nach eine ganze Menge zu verändern geht und sie ganz wichtige Hebel sind.
Ich hoffe, dass ich Ihnen ein wenig deutlich machen konnte, wie groß der Handlungsbedarf ist, und ich wünsche mir, dass auch Sie mit diesem Antrag konstruktiv umgehen und ihm zustimmen, womit ich eher nicht rechne, Sie ihn aber zumindest an die jeweiligen Ausschüsse überweisen, damit wir ihn fachlich beraten können. - Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Senat möchte heute mit uns über sein Wirtschaftswachstum reden. Aber ich bin der Meinung, dass es viele andere dringende Themen gibt, über die wir in diesem Parlament im Rahmen der Aktuellen Stunde sprechen müssen.
Beispielsweise, Herr Reinert, ist ein Thema die hohe Arbeitslosigkeit, und zwar die überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit -
wenn Sie zuhören - bei Migrantinnen und Migranten. Wir sprechen inzwischen von 24 Prozent. Das ist fast dreimal so viel wie die allgemeine Arbeitslosenquote. Die Zahl habe ich mir nicht ausgedacht, sondern Sie können das gern im Integrationskonzept nachlesen.
Bei den jugendlichen Migranten liegt die Zahl mit 27 Prozent noch höher. Trotz viel Aktionismus des Bürgermeisters und vieler Initiativen liegt die Ausbildungsbeteiligung nach wie vor immer noch zwischen 5 bis 7 Prozent. Darüber sollten wir diskutieren, weil ein Wirtschaftswachstum allen Menschen in dieser Stadt zugute kommen muss.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, es ist einige Zeit her, dass wir hier gemeinsam über Integrationspolitik debattiert haben. Aber ich kann Ihnen versichern, dass es umso mehr auf Initiative der Opposition immer wieder Gegenstand zahlreicher Diskussionen und Debatten war. Das kann ich zumindest für den Sozialausschuss sagen.
Meine Damen und Herren! In den letzten zwei Jahren ist viel Bewegung in die Integrationsdebatte gekommen. Es hat viele Gipfel gegeben: den Islam-Gipfel, den Integrationsgipfel und wie Sie sicherlich alle wissen, liegt inzwischen ein dickes Papier vor, das den Namen "Nationaler
Integrationsplan" trägt. Ich kann nur sagen, dass Papier natürlich geduldig ist und es abzuwarten sein wird, welche konkreten Maßnahmen daraus auch für Hamburg abgeleitet werden. Ich möchte auch zu bedenken geben, auch wenn es manche nicht gerne hören, dass parallel zum "Nationalen Integrationsplan" auch ein Prozess gelaufen ist, dessen Folge Verschärfung von Gesetzen war. Diese sind erst kürzlich in Kraft getreten. Das hat nicht gerade dazu beigetragen, dass viel Vertrauen geschaffen wurde, auch gegenüber den Organisationen, die an diesem Prozess des "Nationalen Integrationsplans" mitgewirkt haben. Aber das nur am Rande.
Es ist aber erfreulich, meine Damen und Herren, dass sich in den letzten Jahren durch die Diskussionen und Debatten der Blick auf Migrantinnen und Migranten gewandelt hat oder sich zu wandeln beginnt. So liegt das Augenmerk nicht mehr nur auf den scheinbaren Defiziten, sondern es wird vielfach begonnen, auch die Potenziale und Kompetenzen von Migrantinnen und Migranten zu erkennen und teilweise auch zu nutzen. Als Beispiel dafür möchte ich Ihnen hier in Hamburg einen Faktor nennen. In Hamburg gibt es inzwischen mehr als 12.000 Migrantenbetriebe. Die gab es übrigens schon, bevor es das Welcome Center gegeben hat. Das sind Menschen, die schon sehr viel länger hier leben. Diese Betriebe schaffen natürlich auch Arbeit für Deutsche, meine Damen und Herren.
Es gibt Menschen, wie Fatih Akin, der mit seiner Arbeit für diese Stadt sicherlich mehr erreicht hat als vielleicht manch ein Senator oder eine Senatorin in einer ganzen Amtsperiode.
Ich finde es persönlich sehr erfreulich, dass endlich Migrantinnen aus der ihnen lange zugeschriebenen Opferrolle herauskommen und ein ganzheitliches Bild von ihnen gezeichnet wird. Aber das ist, meine Damen und Herren, sicherlich nicht der Verdienst des CDU-Senats, sondern wir als Opposition mussten hier den Senat treiben. Das ist auch auf Bundesebene passiert, meine Damen und Herren. Ich möchte Ihnen für Hamburg noch einmal zwei Beispiele nennen. Im August 2006 hat bekanntermaßen der Integrationskongress stattgefunden, aus dem jetzt das Integrationskonzept für Hamburg hervorgegangen ist. Meine Fraktion hat bereits zwei Jahre zuvor im Juni 2004 einen Antrag eingebracht, aus dem ich kurz zitieren möchte.
"Der Senat wird ersucht, als ersten Schritt (…) eine Initiative zu starten und zu einer Integrationskonferenz einzuladen. Das Ziel ist die Erarbeitung eines Hamburger Leitbildes zur Integration."
Sie, meine Damen und Herren von der CDU, haben damals den Antrag abgelehnt, aber zwei Jahre später haben Sie anscheinend erkannt, wie brillant der ist und haben ihn dann aus eigener Initiative, als die Ideen vorlagen, umgesetzt.
Ein zweites Beispiel. Wir haben den Senat im März 2006 mit einer Großen Anfrage gefragt, wie hoch der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst ist. Wir wollten wissen, ob es ein Konzept gibt, um den Anteil von Migrantinnen und Migranten in der Verwaltung zu erhöhen. Die Antwort des Senats war relativ klar. Er hat überhaupt kein Problembewusstsein und Diversity Management war eher ein Fremdwort für den Senat. So
hat er dann auch deutlich geantwortet und hier keinen Handlungsbedarf gesehen.
Auch unser Antrag zur interkulturellen Öffnung wurde dann wieder von Ihnen, meine Damen und Herren, abgelehnt. Keine zehn Monate später war es dann aber in allen Hamburger Zeitungen zu lesen, dass der Senat eine Initiative beschlossen hat und mit einer gezielten Kampagne Menschen mit Migrationshintergrund in der Verwaltung ausbilden und auch einstellen wird. Er war sogar mutig und hat unseren Zielwert übernommen und einen Zielwert von 20 Prozent in den nächsten fünf Jahren formuliert. Ich kann nur sagen: Ebenfalls 1 : 1 unser Antrag.
An dieser Stelle ließen sich, glaube ich, noch viele andere Beispiele nennen, gute Initiativen und Anträge der Kolleginnen und Kollegen der SPD - Stichwort Sprachcamps -, aber darauf will ich an dieser Stelle verzichten, denn ich denke, dass es klar geworden ist, was ich sagen möchte. Aber so macht Oppositionsarbeit Spaß, ist doch all die Mühe und Arbeit nicht umsonst.
Meine Damen und Herren! Die Schritte, die wir für die Migrantinnen und Migranten machen, sind wichtig und richtig für Hamburg und gut für alle Menschen. Deswegen ist es wichtig, dass wir jetzt nicht auf halbem Wege stehenbleiben, sondern den eingeschlagenen Weg gemeinsam und konsequent weitergehen. Es ist wichtig, dass über diesen Bereich nicht nur geredet wird und Papiere formuliert werden, sondern dass die Ergebnisse sichtbar und vor allem messbar werden und sich für die Menschen in dieser Stadt, für die Migrantinnen und Migranten, spürbar etwas verändert, und zwar in allen Kernbereichen der Integration.
Das ist der Bereich der Bildung, Beschäftigung und Beteiligung.
Ich möchte Ihnen ein paar Beispiele für die derzeitige Situation geben, die wir in Hamburg haben. Übrigens sind alle Zahlen, die ich Ihnen jetzt nennen werde, wenige Zahlen, erschrecken Sie nicht gleich, im Anhang des Integrationskonzeptes zu finden.
Thema Arbeitslosigkeit. Die Arbeitslosigkeit von Migrantinnen und Migranten beträgt in Hamburg 24 Prozent. Die Arbeitslosigkeit bei jugendlichen Migrantinnen beträgt sogar 28 Prozent. Demgegenüber ist ihre Ausbildungsbeteiligung ziemlich niedrig und dümpelt gerade mal zwischen 6,5 bis 7 Prozent. Wir wissen, dass der Anteil der Schulabgängerinnen und Schulabgänger ohne Abschluss überproportional hoch ist in dieser Gruppe und erschreckenderweise sogar weiter steigt. Wir stellen fest, dass die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt bisher nicht so gut gelingt wie bei den Menschen ohne Migrationshintergrund, also bei den Deutschen, und zwar unabhängig vom Bildungsstand. Das ergab eine im Juli dieses Jahres veröffentlichte OECD-Studie. Demnach ist zum Beispiel auch die Arbeitslosenquote bei Akademikerinnen und Akademikern mit Migrationshintergrund mit 12,5 Prozent dreimal so hoch wie bei gleich Qualifizierten - und ich betone gleich Qualifizierten - ohne Migrationshintergrund. Hier ist die Quote 4,4 Prozent.
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Sie sehen, meine Damen und Herren, dass die Ursache für die höhere Arbeitslosigkeit bei Menschen mit Migrationshintergrund nicht immer ihre scheinbar fehlende Qualifikation ist, sondern dass wir es hier auch mit Benachteiligung und Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt zu tun haben. Wenn wir dann auf die Beschäftigungsseite schauen und hier insbesondere auf die Bildungsberufe, setzt sich dieser Trend wie ein roter Faden fort. Auch hier möchte ich Ihnen zwei Zahlen aus dem Integrationskonzept präsentieren. Gerade einmal 5,4 Prozent Erziehungskräfte mit ausländischer Staatsangehörigkeit sind in den Hamburger Kindertageseinrichtungen beschäftigt. Bei den Lehrkräften sind es gerade mal 1 Prozent Lehrerinnen und Lehrer, die an unseren allgemeinbildenden Schulen unterrichten und das, meine Damen und Herren, bei einer rapide wachsenden Zahl von Jugendlichen und Kindern mit Migrationshintergrund. Genau hier setzt unser heutiger Antrag an. Wir möchten mit unserem Antrag erreichen, dass der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in allen Bildungsberufen erhöht wird. Wir möchten, dass mehr Menschen, selbst mit Migrationshintergrund, mit diesen Kindern arbeiten und vor allem möchten wir diesen Kindern Vorbilder schaffen, Vorbilder, die ihnen vorleben und für sie erfahrbar machen, dass auch sie es schaffen können, auch wenn es schwierig ist, dass es sich lohnt, es weiterhin zu versuchen.
Vor allem kann es nicht sein, dass die Kinder, egal, ob mit Migrationshintergrund oder deutsche Kinder, Migranten nur als Putzpersonal von den Fluren der Kitas und der Schulen kennen. Das Motto muss sein: Raus aus den Fluren und rein in die Klassen.
Und, meine Damen und Herren, das bietet noch eine weitere Chance. Erziehungskräfte, Lehrerinnen mit Migrationshintergrund können auch Brücken bauen zu den Elternhäusern.
Wir stehen heute genau vor der Herausforderung, dass es uns nicht gelingt, die Eltern zu erreichen, zu begleiten und zu informieren. Deshalb fordern wir mit unserem heutigen Antrag, dass der Senat, ähnlich wie er es bereits im Bereich der interkulturellen Öffnung des öffentlichen Dienstes umsetzt oder versucht umzusetzen, in diesem Bereich ebenfalls einen Zielwert von 20 Prozent in den nächsten fünf Jahren formuliert und darauf hinarbeitet.
Wir möchten, dass der Senat insbesondere Jugendliche mit Migrationshintergrund gezielt mit einer Kampagne über Bildungsberufe informiert. Aber auch die Anerkennungsverfahren, meine Damen und Herren, von Qualifikationen, die bereits in den Herkunftsländern erworben worden sind, müssen vereinfacht und verändert werden. Es kann nicht sein, dass Pädagogen und Pädagoginnen, die langjährige Berufserfahrungen haben, als Taxifahrer oder Kellner tätig werden müssen, weil ihre Berufserfahrungen und Qualifikationen nicht anerkannt werden. Ich finde es besonders zynisch, wenn man bedenkt, dass ihre Führerscheine anerkannt werden, aber ihre Diplome nicht. Ich meine, das muss sich ändern.
Letztendlich wird in den letzten Monaten sehr viel über den Fachkräftemangel gesprochen. Wenn der Senat und die CDU-Fraktion einmal genauer hinschauen würden, haben wir zahlreiche Menschen, die keine Ausnahmen sind, sondern die durchaus qualifiziert sind. Die Frage ist, ob man diese Qualifikationen wahrnimmt und wie sie hier anerkannt werden. Ich glaube, da ist ein sehr großer Spielraum, der genutzt werden sollte, auch im Interesse Hamburgs.
Ich bin gespannt auf die Argumente aus den Reihen der CDU, weil ich glaube, dass es eigentlich kein Argument gibt, das für eine interkulturelle Öffnung im Bereich der Verwaltung spricht, aber die Bildungsberufe ausschließt. Ich hoffe, dass Sie unseren Antrag annehmen oder zumindest überweisen werden, weil ich glaube, dass alles andere Sie in dem Bereich unglaubwürdig macht. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Fiedler, ich weiß nicht, ob ich Herrn Freistedt falsch verstanden habe, aber eigentlich bin ich der Meinung, ihn schon so verstanden zu haben, dass die CDU-Fraktion bis auf die zweite Ziffer den Rest des Antrages annehmen wird. - Also, das ist korrekt. Das finde ich sehr erfreulich und möchte meine Freude hierüber noch einmal deutlich zum Ausdruck bringen. Ich möchte aber trotzdem noch einmal auf zwei Punkte eingehen, die Sie angesprochen haben, Herr Freistedt.
Erstens: Jedes Mal, wenn wir eine Migrationsdebatte haben oder über Migranten sprechen, kommt immer sehr schnell die Werte-Diskussion "unsere Werte, unsere Ordnung".
Das finde ich sehr seltsam und hat immer etwas von einer subtilen Unterstellung, die bei diesem Thema wirklich keinen Sinn macht.
- Vielleicht hören Sie erst einmal zu, dann werden Sie das auch verstehen.
Zweitens: Wenn wir über Bildungsberufe reden, dann sprechen wir über Erzieherinnen und Erzieher, über Sozialpädagoginnen und Sozi
alpädagogen sowie über Lehrerinnen und Lehrer. Es geht natürlich nicht darum, dass hier bevorzugt Menschen eingestellt werden, nur weil sie einen Migrationshintergrund haben. Sie müssen selbstverständlich auch eine Fachlichkeit besitzen. Aber ich habe gedacht, ich hätte Ihnen anhand meiner Rede deutlich gemacht, dass es hier durchaus sehr viele gut ausgebildete und gleich qualifizierte Menschen gibt, die aber gar nicht erst die Chance erhalten.
Sie haben vorhin das START-Stipendium und die Veranstaltungen erwähnt. Ich glaube, dass dabei sehr deutlich geworden ist, dass bei den Jugendlichen durchaus das Interesse vorhanden ist. Aber Sie wissen auch, Herr Freistedt, wie hoch die Zahl derjenigen ist, die an unseren Gymnasien sind. Die Zahl ist rückläufig, und zwar ist sie von 12 Prozent auf 10,6 Prozent gefallen. Das ist die Herausforderung. Ich bin der Meinung, dass man das in der Debatte ein bisschen mehr differenzieren und nicht alles in einen Topf werfen sollte. - Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt nicht inhaltlich etwas zu dieser Debatte sagen.
Herr Präsident, wenn Sie gestatten, möchte ich zum Ausdruck bringen, dass ich Begriffe wie "getürkt" von Herrn Voet van Vormizeele nicht in Ordnung finde.
Ich bin darüber schockiert, dass das Wort hier nicht einmal eine Rüge erfährt und dass ich solche Begriffe in einem Parlament nicht gern hören möchte. Ich finde das unmöglich und erwarte auch eine Entschuldigung,
sowohl an Frau Özoguz als auch an mich. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bevor ich mit meinen Ausführungen beginne, gestatten Sie mir, ein paar Worte an Frau Thomas zu richten, die jetzt leider nicht da ist. Ich bin sehr erfreut, dass es ihr jetzt nach fast drei Jahren gelungen ist, heute das erste Mal meinen Namen bei den Aufrufen richtig auszusprechen. Ich gratuliere ihr zu dieser Integrationsleistung. Aber damit sind wir auch beim Thema.
Wir haben uns sehr gewundert und auch sehr darüber gefreut, Frau Senatorin und auch die CDU-Fraktion, dass Sie von Ihrer alten Integrationspolitik abkehren, denn wir erinnern uns alle noch sehr gut an die vielen Debatten, in denen Sie gebetsmühlenartig immer wieder auf pragmatische Einzelmaßnahmen gesetzt haben und die Idee für ein Konzept, die Anträge für Konzepte kategorisch ablehnten. Umso erstaunter sind wir über den Sinneswandel
und die Ankündigung gewesen. Ich kann für meine Fraktion sagen, dass wir diese Initiative begrüßen. Wir haben immer gesagt, dass Hamburg ein Handlungskonzept für Integration braucht und haben das Konzept im Entstehungsprozess auch konstruktiv begleitet. Das möchte ich sehr deutlich sagen. Wir werden auch die Umsetzung mit Argusaugen weiter im Blick haben. Bei allem Lob für Ihre Initiative, Frau Senatorin, und auch für den Versuch, hier endlich einmal ressortübergreifend zu denken, hat das Handlungskonzept auch Defizite. Bevor ich die kurz benenne, muss ich noch eine Aussage von Ihnen, Frau Senatorin, richtig stellen. Sie haben bei der Bekanntmachung des Handlungskonzeptes davon gesprochen, dass Hamburg hier Pionierarbeit geleistet hätte und das erste Bundesland sei, das ein Integrationskonzept auflegt. Ich kann nur sagen, dass diese Aussage schlichtweg falsch ist. Nordrhein-Westfalen, Bremen und auch Berlin haben schon seit mehreren Jahren Integrationskonzepte. Ich habe Ihnen das Berliner Konzept einmal mitgebracht. Es ist auch ganz interessant, dass das Hamburger Konzept zum Beispiel einfach nur den Titel trägt "Handlungskonzept zur Integration von Zuwanderern", während das Berliner Konzept den interessanten Titel trägt "Vielfalt fördern, Zusammenhalt stärken". Ich glaube, das macht auch hier die Haltung in den Konzepten sehr deutlich.
Es gibt noch einen interessanten Unterschied zwischen diesen beiden Konzepten. Während der Senat in Hamburg den integrationspolitischen Handlungsbedarf in erster Linie als ökonomische Notwendigkeit betrachtet, stellt das Berliner Konzept den gesamtgesellschaftlichen Nutzen von Integration in den Mittelpunkt. Hier sehen wir im Hamburger Konzept noch echten Änderungs- und Ergänzungsbedarf.
Auch wenn Sie hier von der Bereicherung durch kulturelle Vielfalt sprechen – das ist auch in manchen Passagen im Konzept zu finden – und sich dann aber die Maßnahmen anguckt, bleibt das nur Rhetorik, denn in den Maßnahmen findet das keinerlei Berücksichtigung. Im Gegenteil. Der altbekannte Defizitansatz durchzieht eigentlich alle Handlungsfelder des Konzeptes. Es wird immer wieder beklagt, dass die Menschen nicht ausreichend Deutsch sprechen. Es wird eine gewisse Anpassungsfähigkeit eingefordert, aber wirklich neue Akzente setzt es nicht. Es bündelt im Grunde genommen mehrere Handlungsfelder.
Trotzdem ist das Konzept ein positives Signal. Deswegen begrüßen wir das auch, aber, ich meine, an den entscheidenden Stellen, nämlich da, wo es wirklich darum geht, neue Weichen zu stellen und wo es um strukturelle Veränderungen geht, da fehlt Ihnen tatsächlich der Mut. Das hatte meine Vorrednerin, Frau Özoguz, auch schon gesagt.
Ich möchte Ihnen das an einem Beispiel des Bildungssystems noch einmal deutlich machen. Hier wurde auch von den Verbänden und Migrantenorganisationen im Kongress sehr eindeutig gefordert, dass strukturelle Änderungen notwendig sind. Es wurde die Einheitsschule gefordert und auch wir haben mit unserem Konzept "9 macht klug", aber auch mit unserem Integrationskonzept "FORMEL Vielfalt" Vorschläge gemacht, aber die ignorieren Sie nach wie vor, da ist Ihre ideologische Verbohrtheit noch viel zu groß.
Ich möchte auch noch einmal zu den Prüfaufträgen kommen, die Frau Özoguz schon erwähnte. Das ist ja nicht irgendwie zufällig, warum an manchen Stellen Prüfaufträge formuliert und an anderen Stellen schon ganz konkrete Maßnahmen vorgeschlagen werden. Wenn Sie sich das genauer angucken, sind nämlich die Prüfaufträge exakt die Stellen, wo es tatsächlich um strukturelle Veränderungen geht. Es wird an keiner Stelle des Konzepts darüber ausgesagt, wer, wie, wen, wann darüber informiert, was die Prüfaufträge ergeben, was hier die Informationswege sind. Darüber schweigt das Konzept nach wie vor. Der zentrale Punkt ist, Frau Senatorin – auch das hat Frau Özoguz schon gesagt –, dass Sie uns nicht davon überzeugen können, dass Sie diesen umfangreichen Maßnahmenkatalog mit dem gleichen Budget realisieren wollen, das jetzt zugrunde liegt. Ich erinnere in diesem Zusammenhang noch einmal daran, dass das Budget für Integrationsförderung schon vor wenigen Jahren um 30 Prozent gekürzt wurde. Gleichzeitig stellen wir fest, dass der Integrationsbedarf in der Stadt immer größer wird. Ich glaube, Frau Machaczek war es, die vorhin noch einmal eindrucksvoll die Zahlen vorgestellt hat. Wir wissen, dass der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund gerade bei Kindern und Jugendlichen wächst. Wir kennen Ihren umfangreichen Maßnahmenkatalog. Selbst wenn Sie alle Projekte, die wir jetzt in der Stadt haben, nicht mehr finanzieren und das Geld neu anlegen würden, um Ihre Projekte zu realisieren, würde es bei Weitem nicht reichen.
Es ist interessant, dass diese Bedenken, die wir hier haben, nicht nur von uns geteilt werden, Frau Senatorin, sondern auch von Ihrer Finanzbehörde. Ich möchte hier einen Satz aus der Stellungnahme der Finanzbehörde zum Integrationskonzept zitieren. So heißt es dort:
"Es fehlen generelle Aussagen zum Ressourceneinsatz, der klar und transparent dargestellt werden sollte."
Dem können wir uns hier nur anschließen. Ich möchte noch zu einem anderen Kritikpunkt kommen, der für uns ganz wesentlich ist. Sie erheben zwar mit diesem Konzept den Anspruch, ein umfassendes Konzept, das alle Menschen mit einbezieht, geschaffen zu haben, doch eine ganz wesentliche Gruppe blenden Sie aus. Die hatten Sie im ersten Entwurf des Konzepts als Fußnote "Menschen im ungesicherten Aufenthaltsstatus". Im neuen Entwurf haben Sie sich immerhin den Raum genommen und sie als Zielgruppe, und zwar als ausgeschlossene Zielgruppe definiert, das heißt, selbst Menschen im Duldungsstatus dürfen nicht an Integrationsmaßnahmen teilnehmen. Das muss man sich noch einmal vor Augen führen. In der ersten Debatte heute ging es um Menschen im illegalisierten Aufenthalt. Selbst da haben Sie gesagt, Frau Senatorin, die, die Hilfe brauchen, werden dann auch schon Hilfe bekommen. Selbst die Menschen, die rechtmäßig hier sind, zwar keinen gesicherten Aufenthalt haben, weil der Duldungsstatus keine Bleibeberechtigung in dem Sinne ist, schließen Sie aus. Das halten wir für fatal und wir glauben, dass die Folgekosten viel höher sein werden als würde man jetzt generell die Möglichkeit schaffen, dass sie an den bestehenden Migrationsmaßnahmen partizipieren und bei den Maßnahmen des Integrationskonzepts mitgedacht werden.
Ich möchte hierzu noch einmal aus der Stellungnahme der Finanzbehörde zitieren. Also ein Partner, der uns
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sonst nicht sehr nahe steht, teilt auch hier unsere Kritik. Da heißt es:
"Das Handlungskonzept sollte auch Angebote für Menschen mit einem ungesicherten Aufenthaltsstatus enthalten. Gezielte Sprachförderung sollte auch im Sinne der Verknüpfung von Sprachförderung und Familien- und Elternförderung nicht nur auf den Personenkreis der bleibeberechtigten Migranten beschränkt bleiben, sondern auch auf Migranten im Status der Duldung ausgeweitet werden."
Frau Senatorin, einige Kolleginnen und Kollegen von Ihnen scheinen in dieser Frage weiter zu sein als Sie. Ich würde mir wünschen, dass Sie sich hier endlich einmal einen Ruck geben.
Zusammenfassend kann ich nur sagen, dass Sie eine gute Vorlage geliefert haben, die aber an einigen Stellen wesentlich nachgebessert werden muss. Machen Sie aus dem Konzept ein Konzept für alle Menschen und stellen Sie vor allem die notwendigen Ressourcen dafür bereit. Sonst wird das Konzept ein zahnloser Tiger, ein Papier, das irgendwo in einer Schublade verstaubt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte doch noch zwei, drei Sätze dazu sagen. Frau Senatorin, ich habe hier in der parlamentarischen Arbeit ein Verfahren kennengelernt. Das heißt, wenn ein Antrag oder ein Konzept erarbeitet wird, dann muss das durchfinanziert sein. Immerhin muss zumindest in den einzelnen Handlungsfeldern erkennbar sein, wie viel Geld in die Hand genommen wird, für welche Maßnahmen diese Mittel ausgegeben werden. Ihr Konzept gibt außer den zwei Sätzen, die Frau Özoguz vorhin zitiert hat, an keiner Stelle irgendeinen Hinweis auf die Finanzierung. Das finde ich sehr problematisch. Meine Doppelrolle ist nicht meine Sorge, denn ich kann meine Rollen sehr gut differenzieren. Mir ist das hier sehr wichtig, auch in diesem Überblick für die Stadt, denn meine Verantwortung ist für die Stadt, für unser Gemeinwesen.
Ich möchte noch zu einem anderen Punkt kommen. Sie haben vorhin immer wieder auf das Konzept zur Erhöhung des Anteils von jungen Migrantinnen im öffentlichen Dienst hingewiesen, das in der Wirtschaftsbehörde vorbereitet wird. Ich frage mich, Frau Senatorin, warum wir so viel Strukturen, so viel Strenge nebeneinanderher haben. Warum war es nicht möglich, all diese Konzepte miteinander zu verbinden, was durchaus einen Sinn gemacht hätte. Damit ergänzend auch noch einmal, wenn man sich Ihr Handlungskonzept anguckt, blenden Sie noch einen ganz wichtigen Bereich aus. In Hamburg finden ganz viel Integrationsmaßnahmen statt, die vom Bund oder auch vom europäischen Sozialfonds finanziert werden. Ich finde, solch ein Handlungskonzept hätte alles unter ein Dach stellen und die Bezüge herstellen müssen. Auch das machen Sie nicht.
Ein letzter Punkt. Sie haben hier noch einmal den Querschnitt angesprochen. Das ist wünschenswert und der
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Querschnitt war zumindest im Integrationskongress durch die Teilnahme gewährleistet. Den sehe ich aber jetzt im Verfahren nicht mehr, weil nach wie vor der Integrationsbeirat mit einbezogen ist. Aber ich finde, dass der Integrationsbeirat durch Ihr Handlungskonzept obsolet geworden ist, weil es nicht angehen kann, dass wir dieses Handlungskonzept in der Sozialbehörde mit einem Gremium, das dort angedockt ist, umsetzen. Ich hatte mir auch gewünscht, dass das Handlungskonzept nicht nur an den Sozialausschuss überwiesen wird – natürlich auch, und zwar federführend –, aber wenn Sie konsequent wären und diesen ressortübergreifenden Gedanken wirklich verfolgten, dann hätten Sie das Handlungskonzept auch an alle anderen Ausschüsse überweisen müssen, weil alle Ressorts, bis auf Verkehr und Umwelt, betroffen sind. Das haben Sie nicht gemacht. Das bedauere ich und finde es sehr schade. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bevor ich mit meinen eigentlichen Ausführungen beginne, möchte ich doch noch einmal etwas kommentieren, was unsere Senatorin hier gesagt hat.
Frau Senatorin – letztendlich ist sie auch unsere –, Sie haben hier zu Recht Gewalt an Frauen verurteilt. Ich glaube, dass wir die Partei sind, die genau in diesem Feld
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die ersten waren, die sich gegen Gewalt geäußert und Konzepte auf den Tisch gelegt haben. Wir sind sozusagen die Vorreiterinnen. Ich finde es zynisch, wenn Sie sich hinstellen und so tun, als wenn Gewalt ein ethnisches Problem ist.
Nein, wir wissen traurigerweise, dass Gewalt nicht nur bei Migranten, sondern auch bei Deutschen vorkommt. Das ist genauso schlecht und wir haben dahingehend immer wieder unsere Konzepte vorgelegt, wenn Sie diese nur umsetzen würden.
Es ist doch sehr überraschend, dass die CDU-Fraktion und der Senat in Sachen Integrationspolitik auf einmal aus seinem Dornröschenschlaf erwacht sind. Jetzt auf einmal wird gehandelt
und vieles in Bewegung gesetzt.
Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie schwer es am Anfang der Legislaturperiode war, Sie, meine Damen und Herren von der CDU, davon zu überzeugen, dass wir ein umfassendes und nachhaltiges Integrationskonzept benötigen. Es waren doch Sie, die gebetsmühlenartig immer wieder herauf- und heruntergebetet haben, dass pragmatische Einzelmaßnahmen reichen würden und Integration würde doch schon irgendwie funktionieren, wenn die Menschen das nur wollten. Hiermit schien für Sie die politische Pflicht erfüllt zu sein. Konzepte haben Sie kategorisch abgelehnt.
Genau diese Haltung von Ihnen hat die Politik der letzten drei Jahre bestimmt. Es waren wir als GAL, die mit politischen Initiativen und mit öffentlichen Veranstaltungen immer wieder versucht haben, Sie davon zu überzeugen, dass Integrationspolitik weit mehr ist, als nur Einzelmaßnahmen und ein exotisches Randthema.
Schließlich und endlich ist mit dem Zuwanderungsgesetz dann auch glücklicherweise ein wenig Bewegung in die Debatte gekommen. Endlich war Schluss mit der CDULebenslüge, dass Deutschland kein Einwanderungsland sei.
Frau Machaczek hat vorhin die Zahlen wiedergegeben, wenn sie auch teilweise falsch waren. Bereits heute ist jedes zweite Grundschulkind in Hamburg ein Kind mit Migrationshintergrund. 28 Prozent der Menschen, die hier leben, haben einen Migrationshintergrund. In Ihrem Referentenentwurf taucht nicht an einer Stelle das Wort Einwanderungsstadt auf. Selbst in Gesprächen mit Ihnen wird das unter vorgehaltener Hand immer gern erwähnt. Ich glaube, auch Sie oder zumindest ein Teil von Ihnen, sind inzwischen von den Zahlen überzeugt. Aber das greift man natürlich nicht gern auf.
Wann ist denn bei Ihnen wirklich Bewegung eingetreten? Das war der Fall, nachdem die GAL Sie immer wieder aufgefordert hat, einen Integrationskongress durchzuführen. Ich erinnere hier an unseren Antrag, in dem wir erklärt haben, dass Hamburg ein Konzept benötigt, das aus diesem Kongress hervorgeht, nachdem wir die Initiative zur interkulturellen Öffnung des öffentlichen Dienstes angestoßen und mehr Einstellungen von Menschen mit
Migrationshintergrund in allen Bereichen gefordert haben. Erst danach sind Sie aktiv geworden und haben teilweise Forderungen von uns aufgegriffen. Ich kann nur betonen: Hartnäckigkeit scheint sich tatsächlich auszuzahlen, aber eine billige Kopie ist noch lange nicht so gut wie das Original. Das Original in Sachen Integrationspolitik ist hier immer noch die GAL.
Wir haben Qualitätsstandards gesetzt, anhand derer wir hier in diesem Feld Ihre Regierungsarbeit messen werden. Wir werden ganz genau hinsehen, ob hinter Ihrer neu entdeckten Liebe ein echter politischer Wille steckt oder ob doch wieder dann am Ende der Aktionismus siegt, denn das kennen wir bereits von Ihnen: Zwei Schritte vorwärts und einen zurück.
Ich erinnere mich, dass kürzlich Ihr ehemaliger Senator, Herr Kusch, den Vorwurf geäußert hat, dass die CDU in Hamburg langsam bei Integrationsfragen zu ergrünen beginnt. Das werde ich erst an den Ergebnissen festmachen und diese kann ich Ihnen anhand von Zahlen einmal kurz präsentieren, denn mehr, denn je sind in diesem Bereich alles andere als Erfolge sichtbar.
Die integrationspolitischen Versäumnisse zeigen sich heute mehr, denn je. So wissen wir, dass der Anteil an Kita-Kindern mit Migrationshintergrund sinkt, dagegen ist ihr Anteil in den Haupt- und in den sogenannten Förderschulen überproportional hoch und steigt sogar weiter an. Die Schulabbrecherinnenquote ist in den letzten Jahren auch weiter angestiegen. Traurigerweise setzt sich diese Misere im Ausbildungs- und Beschäftigungsbereich fort. Es ist dringender Handlungsbedarf notwendig, aber hiervor verschließen Sie seit Jahren die Augen, Frau Senatorin.
Ihr Integrationskonzept in allen Ehren – der Referentenentwurf liegt vor und viele haben die Gelegenheit gehabt, ihn zu lesen –, aber drei Sachen sind doch mehr als auffällig. Wer wirklich etwas verändern will, der muss die richtigen Weichen stellen. Das tut Ihr Konzept nicht. Man muss vor allem Mut zu strukturellen Veränderungen haben. Auch das tut Ihr Konzept nicht. Und man muss Geld in die Hand nehmen.
Ich finde es besonders zynisch, dass Sie, Frau Senatorin, durch die Stadt laufen und immer wieder verkünden: Integration ist Zukunftsaufgabe und hier werde kein Cent gekürzt. Das ist insoweit richtig, aber das brauchen Sie auch nicht mehr, denn das haben Sie bereits 2002 getan, und zwar satte 30 Prozent, die nach wie vor dem Haushalt zugrunde gelegt sind. Das erwähnen Sie hier natürlich mit keinem Wort.
Wir von der GAL haben schon vor einem Jahr mit unserem Konzept "FORMEL Vielfalt" gezeigt, wie die Weichen richtig gestellt werden müssen und wie Hamburg für die Herausforderung einer interkulturellen Gesellschaft wirklich fit gemacht werden kann. Mit unserem ressortübergreifenden Haushaltsantrag, wollen wir diesen Schritt konsequent weitergehen, denn Integrationspolitik kann man nicht anders angehen und funktioniert unserer Ansicht nach nur mit den zwei "B": Bildung und Beteiligung und nicht Baklava oder Brezel.
Daher fordern wir zum Ersten, dass der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund vor allem in den Bil
dungsberufen deutlich erhöht werden muss, und zwar in den nächsten fünf Jahren auf 20 Prozent. Hiermit meinen wir vor allem Lehrerinnen, Erzieherinnen und Sozialpädagoginnen. – Wenn ich die weibliche Form benutze, seien Sie sicher, es sind natürlich auch Männer gemeint –.
Das freut mich, dass Sie sich hier entlasten.
Zum Zweiten ist Mehrsprachigkeit für uns eine entscheidende Ressource und eine Qualifikation in einer sich immer mehr globalisierenden Welt. Daher wollen wir mit einem Wettbewerb "Best Practice mit zwei Sprachen" Bildungseinrichtungen motivieren, hier einen stärkeren Schwerpunkt zu legen.
Zum Dritten stellen wir fest, dass es nicht die Hochqualifizierten sind, die die größte Gruppe der Neueinwanderinnen bilden, sondern dass das nach wie vor Menschen sind, die im Rahmen von Familienzusammenführung und Ehegattennachzug nach Hamburg kommen.
Frau Machaczek, Sie haben das vorhin ein bisschen lapidar erwähnt, aber das überrascht mich nicht. Für diese Menschen gibt es keine Hamburger Angebote und das Heft, was Sie genannt haben, ist ein Telefonbuch und keine Begrüßungsmappe. Wir stellen uns eine Begrüßungsmappe anders vor. Wir wollen den Menschen mehrsprachige Informationen in die Hand geben. Wir wollen sie willkommen heißen, und zwar kommt es hierbei auch bei den Erwachsenen auf den Anfang an. Wir wollen bezirkliche Orientierungskurse zur Verfügung stellen, die den Menschen helfen, sich zu informieren und im Sozialraum zu orientieren, damit sie sich auch möglichst schnell dort einfügen können.
Schließlich haben wir deutlich zum Ausdruck gebracht, dass wir keinen Integrationsbeirat wollen. Ich will das inhaltlich nicht nochmals ausführen, denn das haben wir bereits an vielen Stellen gemacht. Es ist ein Alibi- und Abnickgremium und strukturell so angelegt, dass es zur Handlungsunfähigkeit verurteilt ist.
Wir stellen uns Integrationspolitik anders vor. Wir schätzen die Menschen, die in diesem Gremium sitzen, die aber auch unsere Kritik teilen. Wir wollen tatsächlich ein Amt für interkulturelle Angelegenheiten, das auch einen Behördenquerschnitt widerspiegelt und das sowohl mit hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, als auch mit gewählten Repräsentanten aus den Verbänden und von den Trägern, die mit Entscheidungskompetenz ihre Arbeit und ihre Erfahrungen einbringen können, besetzt ist. Andere Städte haben uns das vorgemacht und ich glaube, das ist nur ein Punkt des Wollens.
Letztlich will ich noch kurz erwähnen, dass Integration für uns eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Daher wollen wir natürlich auch Angebote für Menschen machen, die hier mit einem Duldungsstatus leben, denn für uns erschließt sich nicht die Logik einer Trennung. Wir sind der Meinung, dass auch diese Menschen Orientierung und Deutschkurse brauchen, denn sie leben hier und sie sollen sich hier zurechtfinden. Das ist ein Menschenrecht und daher kann man ihnen das nicht verweigern.
Daher wollen wir erstmals Mittel für solche Maßnahmen einführen. Jetzt sind Sie an der Reihe. Sie können uns überzeugen, dass Sie es wirklich ernst mit Ihren neuen Schritten in der Integrationspolitik meinen. Stimmen Sie unserem Antrag zu oder verfahren Sie wie immer. Hier lehnen Sie es ab, später greifen Sie es auf und verkaufen es als Ihr eigenes Konzept. Hauptsache ist, dass sich etwas bewegt. – Vielen Dank.
Herr Staatsrat, bisher sind Menschen mit Duldungsstatus von Integrationsmaßnahmen in Hamburg ausgeschlossen. Mich würde interessieren, ob das Integrationskonzept hier eine Öffnung vorsieht.
Im Handlungskonzept, Herr Staatsrat, werden umfassende Maßnahmen beschrieben, zum Teil Prüfaufträge. Weil keine zusätzlichen Finanzmittel für den nächsten Doppelhaushalt veranschlagt sind, würde mich interessieren, wie das umgesetzt werden soll.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach jahrelangem Stillstand ist endlich Bewegung in die integrationspolitische Debatte in Hamburg gekommen und Sie, meine Damen und Herren auf der Senatsbank, scheinen endlich erkannt zu haben, dass Integrationspolitik tatsächlich viel mehr ist als ein exotisches Randthema. Integrationspolitik betrifft uns alle und unsere ganze Gesellschaft, unser Bildungssystem, den Arbeitsmarkt und natürlich auch den Freizeitbereich. Ich kann mit Freude feststellen, dass der Senat hier tatsächlich zu einer Erkenntnis gekommen ist, nämlich dass die Zukunft der wachsenden Stadt ganz maßgeblich davon abhängt, ob die Integrationspolitik hier
vor Ort gelingt, denn anders, meine Damen und Herren, sind die vollmundigen Ankündigungen und punktuellen Initiativen dieses Senats nicht zu erklären.
So hat der Bürgermeister im April dieses Jahres sein Programm zur Schaffung von 1000 Arbeits- und Ausbildungsplätzen für Migrantinnen und Migranten beschlossen. Im Juni ist uns dann nach langem Warten ein Integrationskonzept angekündigt worden, das die GAL übrigens schon seit Beginn der Legislaturperiode gefordert hat. Dazu hat jetzt im August endlich der Integrationskongress stattgefunden. "Geht doch" kann ich dazu nur sagen. Aber auch dazu hatten wir Sie vor zwei Jahren mit einem Antrag aufgefordert, den die CDU-Fraktion, bei der die Bänke jetzt wieder leer sind, abgelehnt hat.
Ich möchte an dieser Stelle einen kleinen Auszug der Rede des Bürgermeisters – er ist inzwischen leider nicht mehr da – anlässlich der Eröffnung des Integrationskongresses wiedergeben. Ich zitiere:
"Integration ist eine der wichtigsten Herausforderungen für unsere Zukunft. Integration darf nicht auf Sprachförderung reduziert werden. Es geht hier vor allem um Integration in Ausbildung und Arbeit."
Recht hat er. Ich glaube, es wird Zeit, dass nach all den Ankündigungen endlich Ergebnisse sichtbar werden, denn noch immer, meine Damen und Herren, sind wir weit davon entfernt, dass Migrantinnen und Migranten auch tatsächlich gleiche Teilhabechancen und Berufschancen haben. Ich werde Ihnen das nachher auch mit Zahlen belegen.
Das liegt natürlich in erster Linie daran, dass über Jahre versäumt wurde, Strukturen im Bildungs- und Ausbildungssystem aufzubrechen und zu verändern. Dazu haben wir gemeinsam zahlreiche Debatten geführt und traurigerweise hat die CDU-Fraktion hier immer noch nicht die ideologischen Scheuklappen abgelegt.
Aber ich möchte Ihnen noch einmal eines in Erinnerung rufen: Fehlende oder schlechte Schulabschlüsse – und davon sind Migrantinnen und Migranten überproportional hoch betroffen – führen fast zwangsläufig zu schlechten Perspektiven auf dem Ausbildungsmarkt und sind oft der nächste Schritt in die Arbeitslosigkeit. Ist man erst einmal im Teufelskreis, gibt es kaum ein Entrinnen. Hier sprechen die Zahlen Bände, meine Damen und Herren. Die Arbeitslosigkeit von Migrantinnen und Migranten in Hamburg liegt derzeit bei 24 Prozent gegenüber 11 Prozent bei den Einheimischen, sie ist also mehr als doppelt so hoch. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei dieser Gruppe sogar noch höher, nämlich bei 27 Prozent. Ich möchte hier ganz deutlich betonen, dass beide Daten nur Menschen mit der ausländischen Staatsangehörigkeit erfassen. Das heißt, wenn wir das Kriterium mit Migrationshintergrund zugrunde legen würden, dürften diese ohnehin hohen Zahlen noch viel erschreckend höher sein. Wir wissen, dass 37 Prozent der Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Hamburg ohne abgeschlossene Berufsausbildung bleiben. An diese Baustelle, meine Damen und Herren, müssen wir ran, wenn wir nicht an dem Ast sägen wollen, auf dem wir alle sitzen.
Aber neben echten Reformen im Bildungssystem brauchen wir auch endlich ein Umdenken in unserer Einstellungspolitik. Hier ist vor allem der öffentliche Dienst ein wichtiger Bereich. Auch hier macht ein Blick auf die Zah
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len den dringenden Handlungsbedarf mehr als deutlich. Nach jüngsten Angaben des Mikrozensus und auch der Angaben vom Statistikamt Nord wissen wir, dass in Hamburg jeder Vierte oder jede Vierte einen Migrationshintergrund hat. Das sind genau 27 Prozent. Bei den unter 18-Jährigen hat jedes zweite Kind beziehungsweise jeder zweite Jugendliche ebenfalls einen Migrationshintergrund. Ich meine, sie bilden unsere Zukunft und haben ein Recht auf eine gute Zukunft.
Genau das sind übrigens Zahlen, meine Damen und Herren auf der Senatsbank, vor denen Sie viel zu lange die Augen verschlossen haben und diese Vielfalt spiegelt sich noch immer viel zu dürftig auch im öffentlichen Dienst wider. Seit der Großen Anfrage von uns, die wir hier auch schon einmal gemeinsam debattiert haben, wissen wir, dass derzeit nur 1,8 Prozent Menschen mit ausländischem Pass in Hamburg im öffentlichen Dienst beschäftigt sind beziehungsweise sich in der Ausbildung befinden. Wenn man sich den Bereich der Schulen anguckt, ist das noch viel dramatischer. So kommen wir gerade mal auf 1 Prozent Lehrerinnen und Lehrer mit Migrationshintergrund. So viel zum Stichwort Vorbildfunktion.
Die Kritik, die uns dann auch immer wieder vonseiten der CDU-Fraktion entgegengebracht wird, dass die Zahlen weitaus höher sein dürften, weil hier statistisch nur Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit erfasst sind, ist inzwischen auch widerlegt. So zeigt der Bericht des Unterausschusses öffentlicher Dienst und Personalwirtschaft sehr deutlich, dass wir in Hamburg, selbst wenn hier ein Migrationshintergrund erfasst wird, sowohl, was den Ausbildungsbereich als auch, was den Beschäftigungsbereich anbelangt, nicht über 5 Prozent hinauskommen. Ich finde, das ist ein Witz und ein Armutszeugnis für eine Stadt, die sich weltoffen gibt, in der die Senatorinnen und Senatoren immer wieder betonen, jeder und jede hätte hier die gleichen Chancen.
Es zeigt vor allem eines, nämlich dass dieser Senat mit seiner Integrationspolitik gescheitert ist, meine Damen und Herren.
Der öffentliche Dienst hat eine ganz wichtige Vorbildfunktion, insbesondere bei der beruflichen Integration von Menschen mit Migrationshintergrund. Gerade Institutionen mit Kundenkontakt spielen eine ganz entscheidende Rolle bei der Identifikation von Migrantinnen und Migranten mit dieser Stadt und mit einem Leben hier bei uns. Daher kann es nur eine ganz deutliche Forderung geben: Der öffentliche Dienst muss verstärkt um Menschen mit Migrationshintergrund werben und das Ziel muss sein, die Ausbildungs- und Beschäftigungsquote deutlich zu erhöhen.
Als Zielmarke wollen wir dabei einen Anteil erreichen, der dem Anteil dieser Gruppe in der Bevölkerung entspricht und nicht bei 5 Prozent verbleiben. Wir wissen aber auch, dass das nicht von jetzt auf gleich erfolgen kann, weil dafür die notwendigen Weichenstellungen gerade im Bildungssystem fehlen. Aber wir müssen jetzt damit beginnen, durch Aufklärung und Information vor allem junge
Menschen mit Migrationshintergrund für eine Ausbildung im öffentlichen Bereich zu interessieren und zu gewinnen. Aber dafür brauchen wir natürlich neue Instrumente, meine Damen und Herren. Wir brauchen kulturfaire Auswahlverfahren, kulturfaire Einstellungstests und vor allem Kompetenzfeststellungsverfahren, die endlich auch einmal zusätzliche Potenziale, wie Mehrsprachigkeit, aber auch die Kulturkenntnis angemessen berücksichtigen, ja sogar als zusätzliche Qualifikation anerkennen. Hier in Hamburg gibt es durchaus ESF-Projekte, die seit Jahren daran arbeiten, diese kulturfairen Kompetenzfeststellungsverfahren zu erarbeiten. MIGRACHECK ist dafür ein Beispiel.
Es gibt dafür noch ein anderes interessantes Beispiel. Auch das haben wir hier einmal kurz angerissen. In Hamburg wird im Rahmen der Polizeiausbildung genau mit diesen Instrumenten, meine Damen und Herren, schon seit Jahren sehr erfolgreich gearbeitet. Hier wird mit kulturfairen Einstellungstests, aber auch mit zusätzlichen Punkten für nachgewiesene zusätzliche Qualifikation, wie Mehrsprachigkeit und Kulturkenntnis sehr erfolgreich erreicht, dass Menschen mit Migrationshintergrund in diesem Bereich ausgebildet werden. Immerhin haben wir hier eine Zahl von 150 Polizistinnen und Polizisten mit Migrationshintergrund. Ich finde, das ist ein Erfolgsmodell. Die Frage, die ich hier schon einmal gestellt habe, warum dieses Erfolgsmodell nicht auch auf andere Bereiche des öffentlichen Dienstes übertragen werden kann, ist bis heute vom Senat nicht beantwortet worden. Ich möchte hier noch einmal deutlich sagen: Das ist auch keine Leistung dieses Senats, weil das Modell bei der Landespolizeischule ein Modell ist, das noch unter dem SPD-Senat aufgelegt wurde und das es seit 1993 gibt. Das mag Ihnen vielleicht nicht passen, aber es ist so.
Ich möchte Ihnen an dieser Stelle noch einmal ein Beispiel aus den USA geben. Ich habe mich im April selbst vor Ort nach Integrationsmodellen umschauen können. Gerade der Bereich interkulturelle Öffnung, der öffentliche Dienst, die Verwaltung und vor allem das Bildungssystem hat mich dabei sehr interessiert.
In Charleton, North Carolina, wird ganz gezielt schon seit Jahren bei der Gruppe der eingewanderten Menschen um Personen geworben, um sie im Bereich der Verwaltung und auch im Bildungssystem einzustellen. Dafür hat man sich interessante Modelle und Instrumente überlegt. Eines, das ich besonders interessant finde, ist, dass es dort, wenn denn die Menschen eingestellt sind, ob im Rahmen der Ausbildung oder bereits als Beschäftigte, Gehaltszulagen gibt, meine Damen und Herren. 5 Prozent Gehaltszulage für jede weitere Sprache neben der englischen oder amerikanischen Sprache. Ich finde, das macht deutlich, dass wir hier von zusätzlichen Qualifikationen reden, die wir in Hamburg weitgehend ungeachtet lassen.
Es ist für mich auch nicht glaubwürdig, wenn unser Bürgermeister von einem Arbeitgeberverband zum anderen läuft, wenn er zu den Unternehmern, zu türkischen Unternehmensverbänden läuft und immer wieder appelliert: Bildet doch bitte Jugendliche mit Migrationshintergrund aus, stellt sie bitte ein. Das ist sicher soweit nicht falsch, aber es ist dann falsch, wenn er sich nicht gleichzeitig an die eigene Nase fasst, meine Damen und Herren, weil wir als Politiker den öffentlichen Dienst steuern und hier
politische Vorgaben machen können. Solange das nicht erfolgt, bleiben auch diese Appelle nur Rhetorik.
In Hochglanzbroschüren dieses Senats wird immer wieder damit geprahlt, dass Hamburg eine weltoffene Stadt ist, eine Stadt, in der Menschen aus 180 Nationen leben, eine Stadt, in der über 200 Sprachen gesprochen werden. Soweit, so richtig. Aber die Frage ist doch: Was machen wir daraus? Inwieweit heben wir diese Schätze? Inwieweit nutzen wir sie? Ich glaube, hier wird ganz deutlich, dass wir endlich von einem Defizitansatz wegkommen müssen, der immer nur den Blick auf die Mängel richtet, auf das, was bei Migranten fehlt, hin zu einem Blick, der für die Potenziale, für die Fähigkeiten geschärft ist, die sie zusätzlich mitbringen.
Auch an dieser Stelle möchte ich den Bürgermeister noch einmal zitieren – und das kann man ruhig machen, wenn er mal etwas Richtiges sagt –, ebenfalls aus derselben Rede bei der Eröffnung des Integrationskongresses. Ich zitiere:
"Wir brauchen die Zuwanderer auch für die Entwicklung unserer Wirtschaft. Studien aus den USA haben gezeigt, dass die Städte mit der stärksten Zuwanderung und der zugleich besten Integration die höchsten Wachstumsraten aufweisen."
Ja, Recht hat der Bürgermeister, meine Damen und Herren. Ich kann nur feststellen, dass er unser Konzept zur kreativen Stadt gelesen und anscheinend auch verstanden hat. Aber auch hier stellt sich die Frage: Was machen Sie daraus, wenn Sie diese Potenziale nicht nutzen?
Ich meine, man sollte zwar nicht alles am wirtschaftlichen Erfolg messen, aber das scheint hier die Sprache zu sein, und zwar die einzige Sprache, die diesen Senat zum Handeln bewegt. Ich vermute, der Bürgermeister sitzt schon auf dem Podium der Medieninitiative "Jetzt los! Jobs für Einwandererkinder". Ich meine, wenn Sie hier viele Anträge nicht verzögert hätten, hätte er dort endlich auch mal Erfolge verkünden können, statt wieder nur Sonntagsreden zu halten und keine Ergebnisse präsentieren zu können, weil anscheinend auch keiner nach Ergebnissen fragt.
Meine Fraktion und ich sagen ganz deutlich: Jetzt los, für eine Offensive für interkulturelle Öffnung. Wir wollen mehr Migrantinnen und Migranten im öffentlichen Dienst und wir meinen, dass damit endlich auch die gesellschaftliche Realität in allen Institutionen abgebildet werden kann, und wir hoffen auf Ihre Unterstützung für unseren Antrag. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, wir haben an dieser Stelle schon mehrfach gemeinsam über Einbürgerung und Einbürgerungsfeiern – Herr Kraxner, letztes Jahr im Sommer – debattiert. Ich erinnere mich gut daran, dass das ganze Haus auch da einstimmig dem CDU-Antrag gefolgt ist.
Meine Fraktion hat auch damals sehr deutlich gemacht, dass wir für Einbürgerungsfeiern sind, weil wir darin unter anderem auch eine Möglichkeit sehen, die Integrationsleistungen der Menschen zu würdigen und anzuerkennen. Eine stichprobenartige Befragung, die der Senat beziehungsweise die Fachbehörde gemacht hat, hat ergeben, dass über die Hälfte der eingebürgerten Menschen ein großes Interesse an diesen Feiern hat. Im Übrigen möchte ich am Rande anmerken, dass die Idee für Einbürgerungsfeiern eine urgrüne Idee ist und seit vielen Jahren in vielen anderen Bundesländern erfolgreich praktiziert wird.
Ich denke, dadurch, dass die CDU hier parlamentarisch die Initiative ergriffen und das beantragt hat, macht es das nicht zu einer falschen Sache. Deswegen haben Sie auch unsere Zustimmung bekommen.
Einbürgerungsfeiern sind also eine gute und notwendige Sache, aber ich möchte zu bedenken geben, dass sie keine Integrationspolitik ersetzen und zunächst einmal wenig über die Integrationsfreudigkeit und -willigkeit des Senats aussagen, denn das Ausmaß der verfehlten Integrationspolitik hier in der Stadt zeigt sich doch in den
massiv rückläufigen Zahlen der Einbürgerungen. Da bin ich gespannt, ob uns der Innensenator nachher das Gegenteil erzählen möchte. In den letzten vier bis fünf Jahren, meine Damen und Herren, ist sowohl die Zahl der Einbürgerungen als auch die Zahl der Anträge ganz massiv zurückgegangen. 56 Prozent der Menschen, die hier leben, stellen keinen Antrag mehr beziehungsweise – und auch das hat Frau Özoguz vorhin deutlich gemacht – hat die Kleine Anfrage der SPD, die erst vor wenigen Tagen beantwortet wurde, deutlich gemacht, dass von den 250 000 Menschen mit ausländischem Pass hier in der Stadt – zumindest was die Aufenthaltsdauer anbetrifft – circa 130 000 die Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllen. Die Frage, die sich stellt, ist doch: Warum stellen sie keinen Antrag? Wir wissen, dass die Einbürgerung die einzige Form ist, der einzige Status, der den Menschen neben gleichen Pflichten zumindest auch gleiche Rechte garantiert. Auf diese Fragen würde ich mir von Ihnen, Herr Innensenator, eine Antwort wünschen: Warum gehen die Antragszahlen zurück? Warum gehen die Einbürgerungen zurück und was gedenken Sie zu tun, welche Handlungsschritte wollen Sie unternehmen, um diesem Prozess entgegenzusteuern?
Meine Damen und Herren! Ich habe vorhin schon sehr deutlich gesagt, dass aus unserer Sicht Einbürgerungsfeiern alleine nicht ausreichen. Wir meinen, die Zahlen der Einbürgerungen müssen in unserer Stadt deutlich steigen. Dazu stellen wir uns vor, dass wir eine breite Integrationskampagne machen müssen. Vielleicht werden sich einige von Ihnen daran erinnern, dass in den Jahren 1999 und 2000 von der damaligen Hamburger Ausländerbeauftragten eine große Einbürgerungskampagne gefahren wurde, die sehr erfolgreich war. Wir haben in den Jahren die höchsten Einbürgerungsquoten und auch die höchsten Antragsstellungen gehabt.
Ich möchte Ihnen ein Beispiel aus Berlin geben. Berlin ist eine Stadt, die es entgegen dem Bundestrend und auch dem Hamburger Trend geschafft hat, die Einbürgerungszahlen nach vielen Jahren des Rückgangs wieder deutlich zu erhöhen. Was macht aber Berlin? Zum einen macht Berlin seit Januar dieses Jahres eine große Einbürgerungskampagne. Unter dem Motto "Das passt zu mir" werben bekannte Gesichter, die sich selber haben einbürgern lassen, mit stichhaltigen Argumenten für die Einbürgerung. Das passiert aber erst seit Januar dieses Jahres, aber schon letztes Jahr hat Berlin ein Beschleunigungsprogramm verabschiedet. Der Senat hat beschlossen, das Einbürgerungsverfahren zu verschlanken und auch transparenter zu machen. Menschen, die einen Antrag stellen, haben dort die Möglichkeit und einen Anspruch darauf, nach mindestens sechs Monaten über den Stand ihres Verfahrens informiert zu werden. Ich glaube, wenn Sie im Gespräch mit den Migrantenverbänden sind, werden Sie sich nicht wundern, dass ganz viele äußern, dass sie nach wie vor das Einbürgerungsprozedere in Hamburg als sehr kompliziert und intransparent wahrnehmen.
Gestatten Sie mir noch wenige Worte zu der Innenministerkonferenz, die in Garmisch-Partenkirchen stattgefunden hat, denn da wurden die Einbürgerungsbedingungen im Grunde genommen noch einmal deutlich zusammengefasst. Die neuen Stichworte sind hier Vereinheitlichung und Verschärfung. Wir meinen, dass eine Vereinheitlichung richtig ist, aber eine Verschärfung halten wir für absolut kontraproduktiv und sind entschieden dagegen, denn Verschärfung, meine Damen und Herren, baut wei
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tere Hürden auf und schreckt damit einbürgerungswillige Migranten ab, einen Antrag zu stellen.
Wir meinen, es sollte Teil von Integrationspolitik sein, Einbürgerungen aktiv zu fördern, aber eine Politik, die einbürgerungswillige Migranten durch immer neue Hürden davon überhaupt abhält, Anträge zu stellen, verhindert unserer Ansicht nach Integration.
Zum Abschluss möchte ich noch zwei Anmerkungen machen. Es ist zwar schön, dass wir uns freuen können, dass jetzt die Einbürgerungsfeiern im Rathaus kommen, aber wenn Sie nichts unternehmen, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion und auch der Senat, dann wird der Innensenator bald bei seinen Einbürgerungsfeiern alleine im Rathaus sitzen und Däumchen drehen, weil die Zahlen massiv zurückgehen.
Die zweite Anmerkung, die ich vor einigen Monaten schon einmal deutlich gesagt habe, ist, dass der Senat und auch die Fachbehörden – schauen Sie sich die Veröffentlichungen einmal an – selbst bei eingebürgerten Menschen nach wie vor, zumindest in den Sachen, die schriftlich herausgegeben werden, von eingebürgerten Ausländern sprechen. Da würde ich doch dringend anraten, sämtliche Veröffentlichungen dahingehend durchzuarbeiten und die Perspektive zu wechseln, denn es sind keine eingebürgerten Ausländer, es sind Deutsche. Ich glaube, man könnte damit sonst ein falsches Signal setzen, dass Menschen denken, selbst wenn wir eingebürgert sind, werden wir immer noch als Ausländer wahrgenommen.
Noch ein interessanter Widerspruch, Herr Kraxner, tut sich sehr deutlich auf. Der ist schon in Ihrem Antrag vom Sommer letzten Jahres zu finden, der ist in der aktuellen Senatsdrucksache und auch in der Stellungnahme des Integrationsbeirats zu der Einführung von Einbürgerungsfeiern zu finden. Sie haben auch vorhin noch einmal sehr deutlich gesagt, dass Sie mit den Einbürgerungsfeiern den Menschen ein Zeichen des Willkommens setzen wollen. Ich weiß nicht, ob wir von derselben Zielgruppe sprechen. Das sind nicht Menschen, die gestern hierher gekommen sind, das sind Menschen, die im Durchschnitt zehn bis zwölf Jahre hier leben. Da frage ich mich, ob Sie nicht ein wenig spät mit einem Zeichen des Willkommens sind. Das halte ich für ziemlich absurd.
Da kann ich nur sagen, dass ich mich freue, dass Sie nicht auf die Idee gekommen sind, die Einbürgerungsfeiern im Wellcome-Center für Neuzuwanderer abzuhalten, weil das, glaube ich, die absolute Krönung des Sarkasmus wäre.
Lassen Sie mich einen letzten Punkt sagen. Sie haben mit dem WM-Fieber angefangen. Tatsächlich herrscht in unserem ganzen Land ein großes WM-Fieber und auch ich bin davon erfasst. Ich glaube, jeder und jede von Ihnen, die durch die Stadt gehen, wird sich gewundert haben, dass natürlich auch bei den eingewanderten Menschen in der Stadt die Begeisterung und die Leidenschaft unheimlich groß ist. Ich wage sogar zu behaupten, dass
sie diejenigen sind, die mit weniger Vorbehalten die Deutschlandfahne schwenken und begeistert unsere Nationalmannschaft unterstützen. Das ist eine Stimmung, die schon lange da ist. Ich habe manchmal den Eindruck, dass es Ihrer Fraktion sehr gut täte, meine Damen und Herren von der CDU, diese Stimmung auch wahrzunehmen, wertzuschätzen und zu nutzen und in Ihrer Integrationspolitik auch sinnvoll umzusetzen. Dieses Wir-Gefühl zu stärken, ist die eigentliche Herausforderung, vor der wir stehen und da liegt, glaube ich, noch ein ganzes Stück Arbeit vor uns. – Vielen Dank.
Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir erleben aktuell eine breite Integrationsdebatte. Stichwörter sind hier Einbürgerungstests, Einbürgerungskurse, aber auch Ehrenmord, Zwangsheirat, Gewalt in Schulen und, ich glaube, es ließen sich hier noch einige andere Beispiele nennen.
Es ist wichtig, meine Damen und Herren, dass wir über diese Themen diskutieren. Ich habe kein Problem damit, wenn sich kritische Stimmen melden und diese Themen immer wieder in die Öffentlichkeit tragen. Aber wenn die Themen dazu benutzt werden, wie es leider sehr häufig
geschieht, gerade aus Kreisen der CDU/CSU, um sie für die eigenen politischen Zwecke zu instrumentalisieren, dann ist das nicht richtig.
Meiner Ansicht nach wird die Debatte sehr populistisch geführt und benebelt damit im Grunde genommen den Blick auf die zentralen Fragen. Die erste Frage wäre, wie Deutschland als modernes Einwanderungsland wirklich zukunftstauglich gestaltet werden und wie Integration vor Ort gelingen kann? Statt diesen Fragen nachzugehen, machen es sich hier einige ganz leicht. Sie erklären die Betroffenen zu den Verursachern und schon ist die Politik raus aus der Verantwortung. Mit einer Ursachenanalyse hat das allerdings gar nichts zu tun.
Rufe nach Abschiebung und Aussondern in Förderschulen und Internate sind keine zukunftsweisenden Lösungsansätze, meine Damen und Herren, denn es sind unsere eigenen gesellschaftlichen Probleme und die gilt es, hier in Deutschland zu lösen.
Diejenigen, die besonders laut nach Sanktionen und Verschärfung von Gesetzen rufen, sind doch diejenigen, die jahrzehntelang Integrationen blockiert haben.
Ich glaube, ein großes Paradebeispiel, wie Integration eben nicht gelingen kann, ist das Bündnis für Erziehung der Bundesfamilienministerin von der Leyen. Sie will über Werte in der Erziehung sprechen
und lädt dazu die beiden christlichen Kirchen ein. Ich glaube, es ging insgesamt und ganz allgemein um Erziehung und Werte in der Erziehung. Die muslimischen Gemeinschaften, die jüdischen Gemeinschaften und auch alle anderen Glaubensgemeinschaften sind nicht beteiligt. Was sendet das für Signale, meine Damen und Herren? Ihr gehört nicht dazu. Das ist die Botschaft, die bei den Menschen ankommt.
Das ist damit auch eine klare Absage an Integration, denn Integration ist immer ein zweiseitiger Prozess. Meine Damen und Herren, die Einwanderer und Einwanderinnen leisten ihren Teil, aber auch wir müssen dafür sorgen, dass die Politik und die Institutionen ihren Teil dazu beitragen.
Wir bekennen uns endlich dazu, ein Einwanderungsland zu sein. Das mag dem einen gefallen, dem anderen nicht, aber es ist eine gesellschaftliche Tatsache, die wir allzu lange verweigert haben. Die Integration von Migrantinnen und Migranten, meine Damen und Herren, ist eine der wichtigsten und dringlichsten Aufgaben unserer Gegenwart und auch für unsere Zukunft. Doch Integration ist keine Einbahnstraße und beide Seiten müssen ihren Teil dazu leisten.
Von den Einwanderinnen erwarten wir zu Recht, dass sie sich integrieren, dass sie Integrationsleistungen erbringen, aber auch die Mehrheitsgesellschaft und damit die
öffentlichen Institutionen, der öffentliche Dienst, müssen lernen, mit der Einwanderung umzugehen. Es geht also darum, kulturelle Vielfalt als etwas Positives und als Kompetenz wahrzunehmen, als ein hohes Potenzial, das es gilt, gesellschaftlich und auch ökonomisch zu nutzen. Dabei ist es ganz wichtig, meine Damen und Herren, dass wir interkulturelle Kompetenz in den internen Strukturen der Verwaltung verankern und damit auch in das allgemeine Verwaltungshandeln, wie Planung, Steuerung und Außendarstellung integrieren, denn darauf zielt interkulturelle Öffnung ab. Das heißt, um das noch einmal zu definieren, interkulturelle Öffnung ist ein umfassendes Konzept, das vor allem drei Ziele verfolgt: Erstens die Servicefunktionen von öffentlichen Institutionen für Migrantinnen und Migranten zu verbessern, zweitens die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Regeldienste interkulturell zu schulen und zu qualifizieren und drittens Einwanderinnen und Einwanderer verstärkt einzustellen. Damit fördert interkulturelle Öffnung die Akzeptanz und Wertschätzung für andere Kulturen, Religionen und Lebensentwürfe. Sie ist ein wichtiger Türöffner bei dem gleichberechtigten Zugang zum gesellschaftlichen Leben. Es gibt sehr viele Firmen, meine Damen und Herren – das habe ich auch in einer meiner vorherigen Reden deutlich gemacht –, die diese Potenziale schon lange zu nutzen wissen. BMW, Shell, selbst Siemens, Ford setzen seit Jahren erfolgreich Diversity Management in ihren Unternehmen um, aber in der Verwaltung und in der Politik steckt interkulturelle Öffnung noch immer in den Kinderschuhen. Aber es gibt einige Lichtblicke. So gibt es Städte und Kommunen, die uns vorgemacht haben, wie es unter anderem gehen kann. Gestatten Sie mir, dass ich diese kurz anreiße.
So hat zum Beispiel Frankfurt am Main seit Jahren ein Amt für multikulturelle Angelegenheiten. Hier werden in enger Zusammenarbeit mit den Migrantencommunities, aber auch mit den Freien Trägern, Angebote zur Integration konzipiert und gemeinsam koordiniert. Bremen hat es mit einem sehr erfolgreichen Modell mit dem gleichen Namen "Interkulturelle Öffnung" geschafft, den Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in nur drei Jahren im öffentlichen Dienst von drei auf sage und schreibe 18 Prozent zu erhöhen. Selbst Nordrhein-Westfalen hat einen eigenen parlamentarischen Ausschuss für Fragen der Integration und des interkulturellen Zusammenlebens. Selbst München hat ein interkulturelles Leitbild verabschiedet und eine Stabsstelle für interkulturelle Öffnung eingerichtet. Jetzt ist natürlich die Frage, was macht Hamburg und warum ist interkulturelle Öffnung so wichtig für Hamburg?
Meine Damen und Herren! Hamburg ist eine Einwandererstadt. Hamburg gibt sich gerne weltoffen und international. Wenn man sich die Zahlen anguckt, dann haben 15 Prozent der Menschen, die hier leben und Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt sind, einen ausländischen Pass. Nach Angaben der Sozialbehörde hat jede Vierte beziehungsweise jeder Vierte in Hamburg einen Migrationshintergrund, Tendenz stark steigend. Jede fünfte Eheschließung in Hamburg ist binational und die Prognose, dass wir es hier in 20 Jahren mit einer Fifty-fiftyGesellschaft zu tun haben werden und sich das Verhältnis von Minderheit und Mehrheit in 35 Jahren sogar verschieben wird, ist nicht aus der Luft gegriffen. Anders gesagt: Die Minderheiten von heute sind die Deutschen von morgen. Wer daran sägt, meine Damen und Herren, sägt an der eigenen Zukunft.
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Die eigentliche Herausforderung ist, dass wir endlich von der Politik der kleinen Trippelschritte wegkommen müssen. Es ist, glaube ich, Menschen schwer zu vermitteln, warum wir neben dem Regelsystem, das wir haben, Doppelstrukturen aufbauen. Wir haben Integrationsbeiräte, Ausländerräte, extra Beratungsstellen für Migranten und dergleichen. Eigentlich ist doch die Aufgabe der Integration, Wege und Instrumente zu finden, den öffentlichen Dienst, also die Regeldienste, für alle bereitzustellen, das heißt, die Menschen in das Regelsystem zu holen und nicht in parallelen Doppelstrukturen zu halten. Insofern ist das im Moment der einzige Weg, wie Integration wirklich gegangen werden kann. Schließlich bezahlen die Migrantinnen und Migranten mit ihren Steuergeldern auch den öffentlichen Dienst.
Deshalb war ich erfreut, dass der Senat in der Beantwortung der Großen Anfrage endlich deutlich gemacht hat, dass es für Hamburg noch in diesem Jahr ein Integrationskonzept geben wird. Etwas belächelt habe ich – gestatten Sie mir das, denn ich erinnere mich sehr gut daran, weil das mein erster Antrag in dieser Bürgerschaft war –, dass wir für Hamburg ein Integrationskonzept brauchen. Damals wurde das natürlich mit den Stimmen der CDU abgelehnt. Die CDU beziehungsweise der Senat scheint immer ein paar Jahre zu brauchen, um dann doch zu der Erkenntnis zu kommen, die wir schon vorher vertreten.
Aber ich hoffe, dass dieses Konzept nicht wieder den Fehler machen wird, den wir symptomatisch in der Integrationspolitik in Hamburg machen, nämlich dass Integration nur auf Spracherwerb reduziert wird. Wir werden diesen Prozess kritisch begleiten und wenn er in die richtige Richtung geht, auch unterstützen, denn, meine Damen und Herren, die aktuellen Zahlen in Hamburg geben keinen Anlass zur Hoffnung.
Ich will Ihnen zwei Zahlen nennen. Ende 2004 waren in Hamburg gerade mal 1,8 Prozent Auszubildende mit einem ausländischen Pass im öffentlichen Dienst beschäftigt. Das sind in absoluten Zahlen gerade mal 64 von 3492 Auszubildenden. Auch in den öffentlichen Unternehmen befanden sich ebenfalls gerade mal 8,6 Prozent Azubis mit ausländischem Pass.
Mit unserer Großen Anfrage, meine Damen und Herren, wollten wir systematisch abfragen, wie der Stand der interkulturellen Öffnung bisher in Hamburg ist. Ich kann Ihnen sagen, dass uns das Ergebnis nicht überrascht hat. Es ist das alte Problem, Einzelmaßnahmen hier und dort, eine Fortbildung hier, Schulung dort in jener Behörde, aber ein Konzept, das alle Bereiche umfasst, ein Konzept zur interkulturellen Öffnung als Querschnitt ist leider nicht zu entdecken. Aber siehe da, es gibt immerhin einen kleinen Lichtblick und das ist, glaube ich, sehr interessant.
So prahlt der Senat damit, dass das Konzept der interkulturellen Öffnung – auch wenn er es nicht so bezeichnet – zumindest im Polizeivollzugsdienst bereits umgesetzt wird. Hier gibt es Kampagnen mit Plakaten und Flyern, wo gezielt Jugendliche mit Migrationshintergrund für den Polizeidienst angeworben werden. Da kann ich nur sagen, es scheint, es geht doch, wenn man es denn will. Aber die Frage ist doch, wenn der Senat das selbst – wie
er es auch in der Großen Anfrage tut – als eine durchaus positive Erfahrung wertet, warum ist das nicht in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes so, warum wird das nicht ausgeweitet? Hier sehen wir als GAL-Fraktion dringenden Handlungsbedarf.
Meine Damen und Herren! Kindergärten, Schulen, Ausbildungsstätten, Krankenhäuser, Altersheime, aber auch Behörden und Ämter müssen mit der Produktivität, mit der Pluralität unserer Gesellschaft endlich produktiv umgehen. Wir brauchen ein aktives Umdenken in der Einstellungspolitik und eine der Kernforderungen muss lauten: Migrantinnen und Migranten müssen mindestens entsprechend ihrem Anteil in der Bevölkerung auch in allen Berufsfeldern im öffentlichen Dienst vertreten sein.
Hier hat der öffentliche Dienst als großer Arbeitgeber eine Vorbildfunktion, hier könnte er auch eine Vorreiterrolle übernehmen. Lassen Sie uns endlich wegkommen von der Politik der Trippelschritte. Was wir brauchen, ist ein Paradigmenwechsel, denn Integration, meine Damen und Herren – und hier wiederhole ich mich gerne – ist nicht nur Spracherwerb, sondern immer auch rechtliche Integration, politische Partizipation. Sie ist auch Schutz vor Diskriminierung und Rassismus und sie braucht gleiche Rechte und Verständigung auf gleicher Augenhöhe und sie kann nur in einer Gesellschaft funktionieren, die sich öffnet.