Frau Goetsch, man kann Gott sei Dank immer zitieren, wen man möchte, ein bisschen wundern darf man sich aber. Helmut Kohl ist natürlich heute das Vorbild und die Kammern sind es auf einmal auch. Bei der Berufsschulreform in Hamburg hören Sie komischerweise nicht so auf die Kammern, das wundert mich immer.
Sie haben gerade von den Jahren 1994 und 1996 gesprochen. Wer hat eigentlich in Hamburg von 1997 bis 2001 mitregiert? Warum haben Sie denn genau diese Dinge nicht umgesetzt? Wo war denn die GAL 1997 bis 2001?
Nun fordern Sie zu Recht, man müsse die Schulen weiterentwickeln. Das ist richtig, das tun wir auch, das machen wir auch gemeinsam. Ich nenne nur die Beispiele zentrale Prüfungen, neue Bildungspläne, verpflichtende Fortbildungen für die Lehrer, Praxislerntage für die Hauptschüler, Einführung eines Schul-TÜVs, umfassende Reform der Lehrerbildung und so weiter und so fort. Vielleicht sollte sich die GAL auch einmal ein bisschen weiterentwickeln.
Sie wissen ganz genau, dass die CDU früher immer die Abschaffung der Gesamtschulen gefordert hat. Wir haben die absolute Mehrheit in Hamburg. Schaffen wir die Gesamtschulen ab? – Nein.
Wir respektieren den Elternwillen und wir respektieren damit auch die Existenz der Gesamtschulen. Wir haben unser ideologisches Kriegsbeil längst begraben. Tun Sie uns doch einmal den Gefallen und begraben das Ihre auch. Lassen Sie sich uns nicht in Strukturdebatten verzetteln, sondern gemeinsam daran arbeiten, dass es in den Schulen besser wird. Dann kommen wir ein gewaltiges Stück voran. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Durch Ihre Äußerung, Frau Dinges-Dierig, haben Sie sich disqualifiziert und außerhalb einer wichtigen internationalen Debatte über Schulpolitik gestellt.
Sie haben nicht nur diesen geschmacklosen SEDHinweis gegeben, Sie haben auch gesagt, die Debatte, ob es um mehr oder weniger Integration ginge, sei eine "Geisterdebatte". Das ist interessant.
Wir diskutieren in der Stadt an vielen Punkten über die Frage, ob wir mehr oder weniger Integration wollen und was das Richtige ist, und Sie nehmen die Debatte anscheinend noch gar nicht zur Kenntnis, sondern sehen irgendwelche Geister. Ich glaube, es geht im Moment sehr konkret darum, ob wir mehr oder weniger Integration an Hamburgs Schulen haben. Ich habe mir gewünscht, dass Sie sich hier auch dieser Frage gestellt hätten.
Wenn man die bundesweiten Diskussionen vergleicht, fällt auf, dass Konservative immer erklären, die Debatte über das dreigliedrige Schulsystem versus Integration sei von gestern. Sie sind aber diejenigen, die hart daran arbeiten, das dreigliedrige Schulsystem zu stärken, wo sie es nur können. Das ist interessant. Sie führen diese Debatte überall dort, wo die CDU regiert, und da wird das dreigliedrige Schulsystem massiv gestärkt. Das können wir auch in Hamburg beobachten.
Herr Weinberg, das konkrete Beispiel, das in Hamburg auf der Tagesordnung steht, ist die Frage der Hauptschule.
Sie sagen, Sie wollen in Hamburg die Hauptschule stärken, und wir sagen Ihnen, das ist vergebliche Liebesmüh, was Sie versuchen. Eltern, Schüler und auch Lehrer wollen diese Schulform in Hamburg nicht mehr.
Mein Kollege Lein hat gesagt, 11,8 Prozent der Schülerinnen und Schüler befinden sich noch in dieser Schulform. Es wäre ein weiser Schritt, wenn Sie den Schritt zu mehr Integration endlich gehen würden, um diesen Schülern einen besseren Bildungsweg zu garantieren. Das wäre eine angemessene Reaktion.
Meine Damen und Herren, Frau Goetsch! Die Debatte zeigt aber, was immer passiert, wenn man sie so anfängt: Die D-Züge rasen aufeinander. Der Bezug auf die PISAStudie ist nicht eindeutig wissenschaftlich, wie Sie es hier betonen. Es war bemerkenswert, dass es kaum noch Veröffentlichungen der PISA-Studie gibt. Die beiden Bildungsforscher, Herr Baumert und Herr Schleicher, die diese Studie maßgeblich begleitet haben, sind bei dieser Frage zu unterschiedlichen Auffassungen gekommen. Das ist eine Erkenntnis, die man nicht leugnen sollte.
Die CDU erweckt den Eindruck, man müsse nur zurück in die Sechzigerjahre und alles wäre dann wieder gut. Die GAL erweckt mit ihrem Konzept den Eindruck, man müsse nur einen Hebel umlegen und dann sei alles gut. Beides ist falsch und deshalb werden wir so der Anforderung auch nicht gerecht.
Ich möchte einen Punkt herausgreifen, weil ich irritiert war, dass Herr Schleicher sich sehr negativ geäußert hat. Ein Punkt, in dem wir gemeinsam weitergekommen sind, ist die Frage der nationalen Bildungsstandards. PISA hat gezeigt, dass die Leistungen der Schülerinnen und Schüler von Bundesland zu Bundesland variieren. Das ist in einem föderalen System ein unhaltbarer Zustand. Deshalb ist die Reaktion auf PISA, die in diesem Land ge
Der zweite Punkt, den ich noch in der Aktuellen Stunde nennen will, ist der Bezug auf die OECD-Studie. Frau Senatorin Dinges-Dierig, Sie sollten sich die Zahlen noch einmal vergegenwärtigen. Immer wieder wird deutlich gemacht – das ist ein Hebel, den wir wirklich umlegen müssen –, dass wir mehr in die frühkindliche Bildung und in die Grundschulen investieren müssen. Das zeigen die OECD-Studien auch noch einmal sehr deutlich.
Sie haben in Hamburg erzählt, die Klassengröße habe keine Relevanz für die Unterrichtsqualität. Das ist natürlich völliger Unsinn. Wenn man in die OECD-Zahlen guckt, tränen einem die Augen über die guten Rahmenbedingungen, die in vielen Ländern herrschen und die sicherlich auch zum Erfolg der Siegerländer bei PISA beigetragen haben.
Bei den diesjährigen Haushaltsberatungen konnten wir aber lernen, dass Sie die Schere zwischen den Ausgaben für die gymnasiale Oberstufe und die Kosten pro Schüler in der Grundschule gerade verschärfen, Herr Heinemann, indem die Fördermittel für Sprachförderung und Leseförderung im Grundschulbereich massiv abgebaut werden. 2006 wird der Abstand noch größer sein als vor drei Jahren und das ist genau der falsche Weg, den Sie hier eingeschlagen haben.
Sie sollten sich schon mit den Untersuchungen auseinander setzen. KESS hat gezeigt, dass hier ein richtiger Weg eingeschlagen wurde. Es gab mehr Zeit zum Lernen, es gab die Verlässliche Halbtagsgrundschule, die im Übrigen zu Beginn auch nicht überall auf Begeisterung gestoßen ist, und es wurden gezielt Mittel für Sprach- und Leseförderung eingesetzt. Das war erfolgreich und von diesem Weg verabschieden Sie sich. Das werden die nächsten Untersuchungen leider zeigen.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Frau Senatorin, uns ist es durchaus klar, dass das, was wir vorschlagen, möglicherweise noch nicht die Mehrheitsmeinung der Gesellschaft ist. Deswegen werben wir dafür. Wenn Sie aber in Bezug auf eine solche Frage, verkniffen, giftig mit einem SED-Vergleich antworten, dann produzieren Sie etwas, was in Schuldebatten in Deutschland immer verheerend war, nämlich dieses ideologische Zähneblecken. Wir haben es in dieser Frage nicht getan. Wir haben beispielsweise nicht gesagt, auch unter den Nazis gab es Dreigliedrigkeit oder Ähnliches. Ich will solche Vergleiche nicht.
Herr Abgeordneter, wenn Sie solche Vergleiche nicht wollen, sollten Sie auch nicht beginnen, dieselben hier indirekt zu zitieren. Das möchte ich nämlich auch nicht hören.
Dann sagt die Senatorin, das sei eine überholte Debatte. Das ist richtig. Die Debatte über Dreigliedrigkeit wird in keinem Land der Erde geführt, außer in Deutschland. Das ist insofern eine überholte Debatte.
Warum ist die Debatte überholt, denn alle Länder hatten ja einmal dreigliedrige Schulsysteme? Weil sich in unseren Gesellschaften etwas geändert hat. Es hat sich eine sehr viel weiter gehende Individualisierung auch der Arbeitsanforderungen auf dem Arbeitsmarkt abgespielt. Es gibt nicht mehr die klassische Unterscheidung zwischen Industriearbeitern und Angestellten. Die werden einigermaßen homogen Hauptschule, Realschule und die Führungselite das Gymnasium besuchen. Das haben wir in der Gesellschaft nicht mehr. Darum müssen wir darauf achten, die individuellen Potenziale weiter zu fördern.
Der finnische Bildungsminister hat bei uns gesagt, ihr dürft nicht über drei oder vier oder fünf Sorten von Kindern reden, sondern über 100 000 verschiedene, und man muss versuchen, auf diese verschieden zu antworten.