Protocol of the Session on September 8, 2004

Zum Schluss sei noch ein kleiner Hinweis erlaubt. An der Helmut-Schmidt-Universität – auch als Bundeswehr-Uni bekannt –, ist es so, dass jeder Studierende – egal, was er dort studiert, also auch wenn er ein technisches Fach studiert – zum Beispiel auch Kurse im Bereich Geschich

te machen muss. So etwas wird an der Hamburger Uni künftig anscheinend nicht mehr möglich sein.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Opitz.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Senator Dräger, Sie lassen sich nicht wirklich auf die Debatte ein. Ich höre wieder "44 Jahre SPD" und ich höre nichts dazu, dass es natürlich ein Problem ist, dass bundesweit einzigartige Fächer verschwinden werden. Natürlich ist es schön, wenn es mehr Doktoranden gibt, aber ein Fach kann leider nicht von einem Doktoranden geführt werden, sondern ein Professor ist nötig.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Ich höre auch nichts dazu, dass die Universität natürlich bereit ist, sich ihren Reformen zu stellen und diese auch umsetzen will; aber nicht in dieser Konsequenz oder mit dieser Prognose, wie Sie es machen.

Ich komme zu der spannenden Sache des Absolventenbedarfs und möchte dazu ganz klar Folgendes sagen: Das ist Planwirtschaft. Eigentlich kennen wir die negativen Folgen von Planwirtschaft.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Unseres Erachtens sollen diejenigen, die diese Entscheidung treffen und die auch die Folgen davon treffen werden, selbst entscheiden, was sie wollen. Sie müssen damit zurechtkommen und das sind die Studierenden. Insoweit finden wir eine Ausrichtung daran sehr viel wichtiger.

Noch keiner gesellschaftlichen Kraft ist es jemals gelungen, einen Absolventenbedarf zu ermitteln, weder der Wirtschaft noch der Politik.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Als Letztes möchte ich sagen, dass Ihr Beitrag leider eines zeigt: Von der Autonomie, von der Freiheit von Wissenschaft und Forschung halten Sie nicht besonders viel. – Danke.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Beuß.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte hier noch einmal ganz klar und deutlich ein Bekenntnis zur Geistes- und Kulturwissenschaft ablegen.

(Britta Ernst SPD: Das ist auch nötig! – Oh-Rufe von der SPD)

Nicht nur für mich, sondern für die gesamte CDU-Fraktion sind sie ein wesentlicher Bestandteil der Universität.

(Beifall bei der CDU)

Ich lasse mich von Ihnen auch nicht mit irgendwelchen Schlagworten wie "Planwirtschaft" oder "Kettensäge" heruntermachen.

(Farid Müller GAL: Um Sie geht es gar nicht!)

Sie pumpen sich hier auf, lassen sich vor den Karren spannen, zeigen aber keine Perspektiven auf. Wo ist denn Ihr Antrag?

(Beifall bei der CDU)

Sie sagen immer nur, sie wollten im Ausschuss eine Selbstbefassung machen. Ich möchte mich auch gern mit einem Antrag befassen, wenn Sie einen auf den Tisch legen würden. Ich höre von Ihnen nur Kritik,

(Farid Müller GAL: So ist das als Regierung! – Michael Neumann SPD: Das ist aber auch ge- mein!)

aber ich höre von Ihnen weder etwas über Ihre Perspektiven noch über Ihre Vorstellungen und ich höre vor allen Dingen nicht, wie Sie das Ganze finanzieren wollen. Das ist nämlich des "Pudels Kern" bei der ganzen Geschichte. Wir bemühen uns, die Mittel, die uns zur Verfügung stehen, vernünftig umzuschichten.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Der Bürgermeister geht schon hinaus, weil er es nicht mit ansehen kann!)

Sie sprachen die Autonomie der Hochschulen an. Dazu will ich Ihnen einmal Folgendes sagen: Die Universität hat jetzt in eigener Regie festzulegen, wie sie es in Zukunft mit der Geisteswissenschaft halten wird. Die Universität hat Planvorgaben, die sie jetzt umsetzen muss, sie soll Prioritäten setzen. Wir werden anhand der Ziel- und Leistungsvereinbarungen klar und deutlich sehen, was an Geistes- und Kulturwissenschaften mit Rang und Format in dieser Stadt weiterhin an der Universität angeboten wird.

(Beifall bei der CDU)

Ich kann nur noch einmal darauf zurückkommen, was Herr Senator Dräger schon gesagt hat: Weniger ist mehr. Es hat keinen Sinn, alles anzubieten, sondern wir müssen uns auf das konzentrieren, was Zukunft und Perspektive hat. Wir müssen den Studenten Chancen bieten, anschließend etwas Vernünftiges mit ihrem Studium anzufangen, und nicht so ein Gedöns, wie Sie es hier machen.

(Beifall bei der CDU)

Ich gebe das Wort der Abgeordneten Ernst.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte einige Bemerkungen zur Debatte machen. Herr Beuß, was Sie hier machen, ist mehr als peinlich. Sie sind hier genötigt, ein Bekenntnis für die Geistes- und Kulturwissenschaften abzulegen, weil es in der Tat nötig, weil das, was Senator Dräger in den letzten Wochen veranstaltet hat, Hamburgs Universität bundesweit und international beschädigt hat. Weil Sie das ganz genau wissen, sind Sie hier genötigt, solche Äußerungen zu machen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das HIS-Gutachten ist kein unabhängiges Gutachten, das verlässliche Annahmen zum Beispiel über die Prognose des Arbeitsmarktes macht, sondern es arbeitet mit den Vorgaben dieses Senats und kommt auf dieser Grundlage zu den verheerenden Ergebnissen, die wir in den Medien gelesen haben. Stehen Sie zu der Politik und missbrauchen Sie dieses Gutachten nicht als vermeintlich

neutrale Argumentationshilfe. Herr Beuß, Sie haben im Ausschuss verweigert, hierüber zu beraten, weil Ihnen selber nicht wohl ist mit der Debatte, die Ihr Senator hier angezettelt hat. Das ist heute erkennbar geworden.

(Wolfgang Beuß CDU: Was unterstellen Sie hier eigentlich?)

Herr Senator Dräger, wenn man Ihren Beitrag hört, bekommt man den Eindruck, als gingen Ihnen die Debatten der letzten Wochen etwas zu Herzen. Der Grund Ihrer Aggression,

(Frank-Thorsten Schira CDU: Aggressionen? Wo sind Sie denn?)

dass Sie meinten, Sie würden mit Ihren Argumenten gegen Opposition und Medien nicht durchdringen, hat vielleicht etwas damit zu tun, dass Ihre Argumente überhaupt nicht tragen. Das hat Ihr Beitrag heute auch wieder gezeigt.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Es gibt keine seriösen Argumente, die belegen, dass der Bedarf an Geistes- und Kulturwissenschaften künftig nur noch halb so groß sein muss wie heute. Diesen Beleg haben Sie nicht geliefert und deshalb haben Sie sich mit der öffentlichen Kritik auseinander zu setzen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Es gibt hier ein Argumentationsmuster, das sich immer durch die Bildungsdebatten zieht. Sie argumentieren immer damit, man bekäme Spitze und Qualität nur, wenn es zulasten der Breitenbildung ginge, das sei auch in der Schulpolitik so. Heute konnten wir hören, dies gelte auch für die Hochschulpolitik. Für Sozialdemokraten schließt sich Excellenz- und Breitenbildung nicht aus, aber Sie haben dieses eben zum Kern Ihrer Wissenschaftspolitik erklärt.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich frage mich immer, warum es in Deutschland so schwierig ist, deutlich zu machen, dass wir einen wachsenden, hohen Bedarf an Akademikern haben.

Gestern haben wir wieder eine Broschüre des Instituts der deutschen Wirtschaft im Fach gehabt, das nicht sehr verdächtig ist, der SPD nahe zu stehen. Dort wird gesagt, wir liefen auf einen dramatischen Fachkräftemangel hinaus, wir hätten einen Akademikermangel, wenn wir nicht umsteuerten.

Ich frage mich, ob es wirklich der Bildungsdünkel der Konservativen im Lande ist, der verhindert zu erkennen, dass wir viele zur Universität führen, dass wir dort eine gute Ausbildung und auch eine Spitzenausbildung brauchen, aber dass wir auch viele Akademiker in diesem Land brauchen. Diese Erkenntnis fällt Ihnen offenbar sehr schwer.

(Beifall bei der SPD und der GAL)