Ich rufe zunächst das erste Thema der GAL-Fraktion auf. Wer wünscht das Wort? – Herr Dr. Maier, bitte schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! So viel Spott wie in den letzten Wochen war nie. Die großen republikweiten Feuilletons von links bis rechts machen sich über die Stadt und ihre Kultursenatorin lustig. Ich gebe einige Eindrücke wieder:
„In Hamburg ist aus der Posse, die Kulturpolitik hier bislang war, unversehens ein Drama der Laiendarstellerin Horáková in der Hauptrolle geworden.“
„Ganz offensichtlich macht es Politikern in letzter Zeit kaum mehr etwas aus, als Kulturbanausen dazustehen.“
„Horáková ist unter ihren Kritikern als Populistin verschrien, die nur fähig sei, den Massengeschmack zu bedienen. Hamburgs Hochkultur fehlt der politische Rückhalt.“
„stößt immer wieder auf die gleiche Einschätzung: Die Horáková ist einfach nicht satisfaktionsfähig.“
„Doch es häufen sich Vorkommnisse, die das Vorhandensein politischen Instinkts jenseits des Populistischen vermissen lassen.“
Das besagt, dass wir es offenbar nicht mehr nur mit einer lokalen Posse zu tun haben, sondern mit einer Ansehensfrage für unsere Stadt.
Der Einzige, der davon offenkundig noch nichts gehört hat, ist der Bürgermeister. Auf die Frage des „Hamburger Abendblatts“ sagt er, er höre das zum ersten Mal.
Diese bekundete Ahnungslosigkeit des Bürgermeisters ist aber in Wirklichkeit ein Teil des Problems. Die „FAZ“ nennt Politiker wie ihn „Wegbleiber“,
also Leute, die persönlich kein Interesse an Einrichtungen der Hochkultur haben. Das muss ja vielleicht auch gar nicht sein, aber als Bürgermeister hat er die Aufgabe, klarzustellen, warum wir Jahr für Jahr 206 Millionen Euro für Kultur ausgeben.
„Solange man am bislang bewährten System subventionierter Kultur festhält, muss man auch aufs Anspruchsvolle setzen, selbst wenn es nicht per se die Kasse füllt.“
Kultursubventionen können nicht mit den Unterhaltungsbedürfnissen der Stadt gerechtfertigt werden. Das ist auch nicht nötig: Für Musicals zahlen die Leute per se genug, die müssen nicht unterstützt werden. Warum unterhalten wir überhaupt Oper, Staatstheater, Museen? Wir unterhalten sie, weil wir Kunstgattungen am Leben erhalten wollen, in denen die differenziertesten Gedanken unserer Kultur, die genauesten Gefühle, die bemerkenswertesten Sichtweisen und die tiefsten Glaubensinhalte zum Gegenstand gemacht worden sind, und weil wir in jeder Generation erneut den Versuch machen müssen, uns damit auseinander zu setzen, damit wir unsere kulturelle Identität lebendig halten. Nur dafür unterhalten wir diese Einrichtungen, sonst könnten wir es tatsächlich dem privaten Vergnügen überlassen.
Die Kultursenatorin hat in der „Zeit“ gesagt, wir müssen herausfinden, welche Kultur der Steuerzahler braucht und wünscht, und hat dazu eine repräsentative Umfrage angekündigt. Das ist ein Amtsverständnis, das mit der Aufgabe einer Kultursenatorin nicht übereinstimmt. Sie hat sicherzustellen, dass in dieser Stadt durch öffentliche Mittel Kunst ermöglicht wird, und muss sich vor diese Einrichtungen stellen. Dieses Bekenntnis steht vor allem und erst wenn das klar ist, dann kann sie dafür sorgen, dass sparsam mit den Mitteln umgegangen wird, dann kann sie dafür sorgen, dass mehr Zuschauer gewonnen werden, aber es muss klar sein, was sie eigentlich will, und es muss dieser kulturelle Auftrag, der hinter öffentlichen Subventionen steht, klar formuliert sein. Das ist nicht der Fall.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bereits anlässlich der Haushaltsberatungen haben wir dringlich einen neuen Stil in der Hamburger Kulturpolitik und inhaltliche Entscheidungen angemahnt. Die Vorgänge Horwitz und Metzmacher haben die düstersten Befürchtungen weit übertroffen. Begleitet von bundesweitem Gelächter erleben wir die schwerste Ansehens- und Vertrauenskrise der letzten Jahrzehnte und das ist Ihre Verantwortung, Frau Senatorin, und desjenigen, der Sie berufen hat.
Und das Schlimmste: Sie scheinen nicht einmal erkennen zu wollen, wie die Lage eigentlich ist, wie der Geisterfahrer, der glaubt, er sei der einzig richtige Fahrer.