Holger Christier
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Angesichts des Antrages kann man ja nur eines tun, nämlich den Hut ziehen, denn so macht man das ja wohl, wenn man guten alten Bekannten begegnet. Und bei diesem Antrag handelt es sich um einen guten alten Bekannten, zweifelsfrei, denn wir haben ihn ja nahezu identisch schon im letzten Herbst beschlossen.
Aber wenn es denn der Antragsteller so wünscht und weil diese Debatte so nett angefangen hat, sei's drum. Also noch einmal zu Protokoll und mit Betonung: Jawohl, lieber zukünftiger Senat, wer immer dir angehört, komme in die Hufe, setze dich mit den Investoren zusammen, schaffe die Voraussetzungen für dieses wunderbare Projekt. Die Argumente sind klar, der Wille der Bürgerschaft ist klar, die Stimmung in der Stadt ist klar. Jetzt muss man nur das Allerleichteste mit dem Allerschwersten verbinden, man muss es machen. Wir wollen, dass es gemacht wird.
Es geht mir wie einigen Kolleginnen und Kollegen auch. Ich stehe heute zum letzten Mal an diesem Rednerpult. Weil das so ist und weil ich hier keineswegs mit dem Verzweiflungsschrei „Hilfe, ich bin ein Politiker, holt mich hier raus!“ ausscheide, bitte ich um Nachsicht für ebenfalls einige wenige persönliche Bemerkungen. Ehrfürchtige 34 Jahre, wie meine geschätzte Kollegin, Frau Kiausch, oder Sie, Herr Ehlers, habe ich nicht zustande gebracht, aber auch 22 Jahre sind eine lange Wegstrecke.
Als ich 1982 anfing, war Helmut Schmidt noch Bundeskanzler und – man glaubt es kaum, es ist wie eine Botschaft aus einem anderen Leben – der HSV war gerade Deutscher Meister geworden. Ja, das ist etwas aus den
Geschichtsbüchern. 1982 wurde ich als Parlaments-Azubi dann gleich in den Eingabenausschuss gesteckt, mit der Begründung, „da musst du erst einmal die Verwaltung kennen lernen“. Da bin ich dann elf Jahre geblieben. Da sehen Sie, wie lange es dauert, die Hamburger Verwaltung kennen zu lernen.
Aber ich habe das aus Überzeugung getan und möchte auch die Gelegenheit an dieser Stelle nutzen, für die Kolleginnen und Kollegen gerade des Eingabenausschusses eine Lanze zu brechen. Sie sind selten in der Öffentlichkeit, machen aber eine verdienstvolle, sehr schöne Arbeit. Das liegt mir wirklich am Herzen, sie wieder ins Licht zu stellen.
Dann wird es manchen vielleicht überraschen, aber ich empfinde es eigentlich als durchaus angenehmen Zufall, dass wir beide, Herr Ehlers, uns in dieser letzten Debatte noch einmal begegnen. Immerhin waren wir fast anderthalb Jahrzehnte in Sprecherfunktionen aneinandergekettet, im Parlamentarischen Kontrollausschuss, sechs Jahre im Innenausschuss, kurzfristig beim Untersuchungsausschuss, jetzt zweieinhalb Jahre in der Kultur. Ich glaube, wir waren eher selten einer Meinung, wenn ich das so vornehm ausdrücken darf. Aber vielleicht ist es deswegen oder gerade trotzdem, dass ich glaube, dass das vielleicht nicht die schlechtesten Wortgefechte waren,
hart, aber klar an der Sache. Vor allen Dingen habe ich als größten Vorteil geschätzt, dass man immer wusste, was man voneinander zu halten hat. Ich glaube, diese Form der Klarheit ist nicht der schlechteste Teil des Parlamentarismus.
Über uns allen schwebt ja nicht nur die Überschrift des Rathauses, sondern auch der schöne Satz „suchet der Stadt Bestes“, wenn Sie so wollen, ein regionalisierter kategorischer Imperativ, sozusagen Kant für die Waterkant.
Die Mahnung bleibt, aber ich glaube, ich darf als langjähriger Parlamentarier hinzufügen, das Beste der Stadt zu suchen, ist gut, es häufiger aber auch einmal zu finden, ist noch besser und schafft die eigentliche Befriedigung politischer Arbeit.
Als langjährige Parlamentarier gucke ich uns beide noch einmal an. Mit Regierungs- und Oppositionserfahrung kriegt man doch eine kleine Ahnung für eine kleine Weisheit von dem dänischen Physiker Niels Bohr, die ich heute Morgen zufällig auf meinem Kalenderblatt gefunden habe. Man kann ja viel streiten, aber Niels Bohr sagt, „eine tiefe Wahrheit ist eine Behauptung, von der auch das Gegenteil wahr ist.“ Das gilt für uns, weil wir ja nur tiefe Wahrheiten hier verkünden.
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Mit zwei Wünschen will ich schließen. Das eine ist der Bereich der Kultur, da habe ich in den letzten zweieinhalb Jahren unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Das will ich uns jetzt alles ersparen. Dennoch bin ich unverdrossen und vielleicht noch ein klein wenig naiv der Meinung, dieser Bereich könnte in Zukunft wieder etwas mehr Konsens vertragen. Die Kulturszene hätte es verdient und dem Klima in der Stadt würde es ganz sicher gut tun.
Der letzte Wunsch: Ich wünsche der Hamburger Bürgerschaft, unserer schönen Stadt, Ihnen allen ganz persönlich alles Gute. – Tschüss!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eine Idee fasziniert offenbar unsere Stadt, nämlich der Bau einer Philharmonie auf dem Kaispeicher A. Seitdem der Entwurf der Architekten Herzog & de Meuron der Öffentlichkeit bekannt ist, hat er viel Lob erfahren und geradezu Begeisterung ausgelöst. Die Unterstützung im öffentlichen Raum ist sehr breit.
Niemand in diesem Hause hat das Copyright und das Urheberrecht an dieser Idee. Wir nehmen aber ausdrücklich für uns in Anspruch, die Ersten gewesen zu sein, die das Potenzial dieses Projekts entdeckt haben.
Herr Ehlers, es lassen sich damit in der Tat mehrere Ziele erreichen. Hamburg bekommt eine hoch attraktive Philharmonie, die höchsten internationalen Ansprüchen genügt, der schwächelnde und kränkelnde Standort für die Musikwirtschaft bekommt Impulse und schließlich erhalten die HafenCity und damit die ganze Stadt ein weiteres unverwechselbares Wahrzeichen. Das Fazit für uns: Hamburg braucht eine zweite Konzerthalle. Wir nutzen die Chance, wir sind dafür, dieses zu tun.
Gemessen an diesen spannenden Perspektiven und der breiten Unterstützung ist allerdings die Mitteilung des Senats dazu – wenn man sie genau liest – flau, lustlos und enttäuschend. Denn Argumente für den Standort finden sich – außer einer pflichtgemäßen Verbeugung vor der attraktiven Lage am Kaispeicher A – überhaupt nicht. Das wussten wir aber auch schon vorher. Stattdessen trauert die Drucksache offenbar dem Standort Magdeburger Hafen nach. Es finden sich keine Argumente.
In der Logik liegt der Schwerpunkt dann auch auf dem so genannten maritimen Kultur- und Erlebnisbaustein, wobei man das Wort Kultur – mit Verlaub – an dieser Stelle vergessen kann. Ich glaube, das ist ein falscher Akzent, denn die Schubkraft muss durch das charismatische Zugpferd kommen, nämlich durch die Philharmonie auf dem Kaispeicher A.
Wenn Sie sich insbesondere versprechen, dass hier das Sponsoring vonnöten sein wird – denn allein Investitionskosten in Höhe 46 Millionen Euro sind ungedeckt –, dann wird es nötig sein, die Investoren heranzuholen. Das geht nur über die Philharmonie auf dem Kaispeicher A.
Anstatt an dieser zentralen Stelle Chancen zu ergreifen, werden in der schlechten Tradition der letzten Jahre weiter ungedeckte Schecks für die Philharmonie ausgestellt. Für mich ist jedenfalls die lapidare Botschaft der Drucksache, dass der Senat auf öffentlichen Druck reagiert, aber eigentlich will er das Projekt nicht. Das wäre ein schwerer Fehler.
Damit etwas daraus wird, sind nach meiner Überzeugung zwei Dinge dringend erforderlich: Wir brauchen endlich ein kulturelles Standortmarketing, das den Namen auch verdient. Was wir im Moment erleben, ist eine einzige Katastrophe. Der Direktor der Kunsthalle, Herr Schneede, spricht zu Recht von der Kulturlosigkeit der HamburgWerbung. Ein Stück aus dem Tollhaus ist auch die neue Marketing-Gesellschaft, die als völlig kulturfreie Zone konzipiert wurde. Wenn sich das nicht ändert, dann wird es offenbar bei dem Konzept des Senats für die Hamburger Kultur bleiben: Werbung durch Abschreckung. Aber ich sage Ihnen, dass das nicht klappt.
Das klappt nur, wenn dieses Projekt in die richtigen politischen Hände kommt.
Wer unsere Stadt ein Jahr lang mit der Idee des Aquadoms lächerlich gemacht hat, ist ungeeignet, ein solches Projekt voranzutreiben.
Wer Vorlagen wie die Bewerbung um die Europäische Kulturhauptstadt verdaddelt, ist ungeeignet, ein solches Projekt umzusetzen.
Wer vom Auswanderermuseum bis zum Jungfernstieg bewiesen hat, dass er selbst bei kleineren Beträgen das
Geld nicht zusammenbekommt, ist für eine solche große Maßnahme gänzlich ungeeignet.
Das Projekt gehört in die Hände derjenigen, die das können, die das Projekt HafenCity erfunden haben und für die es eine Herzensangelegenheit ist. Diese müssen das umsetzen, sonst wird das nichts.
Insofern ergibt sich auch aus dieser Diskussion ein Argument für Neuwahlen, denn der Wähler entscheidet auch über dieses Projekt, ob wir es der Generalversammlung der Bedenkenträger erlauben, die Sache an die Wand zu fahren, oder ob sich diese Stadt auf eines neues, schönes Highlight freuen darf. Angesichts dieser Alternative ist es bei uns genauso wie auch sonst im Leben: Wir sind gegen die Bedenken und für die Freude.
Schließlich ein letztes Wort an Sie, Frau Horáková. Ich habe der "Welt" von heute entnommen, dass Sie im Jahr 2004 einen Kochkurs machen wollen, um die hanseatische Küche kennen zu lernen. Hierbei wünsche ich Ihnen ein gutes Gelingen und guten Appetit. Dazu werden Sie dann genug Zeit haben. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, in einem Punkt sind wir uns einig. Unsere schon existierende Musikhalle am Johannes-Brahms-Platz ist eines der schönsten Gebäude der Stadt. Aber die ehrwürdige alte Dame wird bald hundert. Das Gebäude platzt aus allen Nähten. Zwischen Proben und Aufführungen gibt es manchmal ein wirklich abenteuerliches Terminkorsett. Proben jagen einander und auch das Gebäude selbst genügt nicht mehr den modernsten Anforderungen. Es zeigt zum Teil unter dem ewigen Eindruck der Akustik deutliche Verschleißerscheinungen. Das Fazit daraus, glaube ich, ist ziemlich eindeutig, Hamburg braucht eine zweite Konzerthalle.
Wir befinden uns bei dieser Forderung mittlerweile in Übereinstimmung mit vielen Künstlern und mit den Orchestern; es gibt entsprechende Aussagen aus dem Bereich des NDR und der Konzertveranstalter. Grundsätzlich hat sich diese Notwendigkeit auch schon im Senat herumgesprochen, aber leider in einer Art und Weise, wie wir alle mitbekommen haben, die das Projekt über ein Jahr eher behindert hat, es der Lächerlichkeit preisgegeben und an den Rand des Scheiterns gebracht hat. Die kuriose Vorstellung eines „Aqua-Dome“ hat eigentlich nur eines bewirkt, eine hochkreative Gespöttkultur zulasten der Stadt.
Was beim Trompetenfisch sozusagen natürlich zusammen gehört, kann in der Architektur nur einen Fehlkonstrukt hervorbringen. Es war überfällig, dass aus diesem Luftschloss endlich die Luft herausgelassen wurde.
Aber dabei kann es natürlich nicht bleiben. Da musste noch etwas Neues her. Glück im Unglück ist einmal die Tatsache, dass das Thema „MediaPort“ sich nun nicht realisieren lässt, was ich nicht weiter kommentieren will, und zum anderen, dass es in den letzten Monaten eine Schweizer Architekten- und Investorengruppe gibt, die den Plan einer neuen Philharmonie auf dem Kaispeicher A vorgelegt hat. Wir haben uns diesen Entwurf angesehen und uns ihn sehr genau erläutern lassen, wie auch einige aus dem Hause. Der Herr Gerard ist ja sehr aktiv unterwegs gewesen. Das Ergebnis unserer Prüfung, soweit man es als Abgeordnete prüfen kann, ist jedenfalls, dass es nicht nur große Standortvorteile mit hoher Funktionalität vereint, sondern es ist meiner Meinung nach auch eine richtig faszinierende architektonische Meisterleistung. Irgendwie hat es etwas Schwelgerisches, ohne in die neuzeitliche Gigantomanie zu verfallen, die Höhe mit Größe verwechselt. Das ist ein richtig schöner Entwurf.
Herr Maier, das war genau an der richtigen Stelle.
Ich will deutlich und ganz klar sagen, dass dies bei einem Projekt dieser Größenordnung und bei der Art und Weise, wie auch die Stadt natürlich in Anspruch genommen wird, seriös durchgerechnet sein muss. Man muss sich auch überlegen, welche Konsequenzen es für die HafenCity insgesamt hat. Wenn man aber dieses Projekt richtig anfasst und nicht in den Sand setzt, dann wäre allerdings eine Kumulation positiver Effekte gut denkbar.
Zunächst bekommt die Stadt eine äußerst spannende Philharmonie mit international hochattraktiven Auftrittsmöglichkeiten, zusammen mit der Color Line Arena, mit der alten Musikhalle und mit dem CCH. Das gibt insgesamt eine hervorragende Veranstaltungsarchitektur, gerade für große Ereignisse.
Wir wissen, dass der Standort der Musikwirtschaft in Hamburg sehr gefährdet ist. Da muss man wirklich in Sorge sein, dass irgendwann der letzte CD-Player ausgedreht wird. Ich glaube auch, dass für diesen Wirtschaftsbereich eine solche Philharmonie ein wichtiges Signal sein kann. Wenn es um künftige Visionen für die HafenCity geht, dann wird ja gern auf ein bestimmtes Opernhaus in Down Under Bezug genommen. Ich glaube, es ist im Grundsatz richtig, dass auch die HafenCity ein unverwechselbares Wahrzeichen braucht. Dann muss man aber aus räumlichen Gründen ganz klar sagen: Sydney in der HafenCity gibt es nur im Bereich Kaispeicher A. Woanders kann diese Wirkung nicht erzielt werden.
Bekanntermaßen bestehen ja Museumsplanungen – Stichwort: Tamm für den Kaispeicher B. Hier kann vielleicht eine kleine Kulturlandschaft entstehen. Daher raten wir zur reziproken Anwendung eines Sprichwortes: Wer B sagt, darf auch A sagen.
Last, but not least, ein solches Projekt könnte insgesamt der Kultur in Hamburg Auftrieb geben und könnte, da sind wir ganz uneigennützig, der Kulturpolitik ein Stück aus ihrer bundesweiten Verächtlichkeit heraushelfen. Das wäre dann ein sinnvoller politischer Nebeneffekt. Auch der ist nötig.
Ja, das muss ich allerdings auch sagen. Die Tatsache, dass die Senatorin nicht anwesend ist, macht mich nicht unbedingt optimistischer, dass das Ganze umgesetzt wird. Einen Vertreter kann ich hier auch nicht erkennen. Ich halte das bei einem solchen Projekt für bedauerlich.
Also, gewahrschaut durch die Diskussion um den „AquaDome“, durch das Schicksal anderer Projekte, ob es nun Neumeier ist oder die Auswanderungshalle Veddel, glaube ich, dass es hier und heute ein deutliches Signal und klares Wort in dieser Richtung geben sollte, denn hier ist durch private Initiative für die Stadt eine Riesenchance entstanden, die wir nicht verspielen, sondern nutzen sollten. Unser Antrag ist gut und deshalb sind wir für ihn. – Vielen Dank.
Herr Staatsrat Schulz, ich entnehme Ihren Ausführungen, dass da unten offenbar ein Ergebnis mitgeteilt worden ist, wenn der Bürgermeister jetzt dort ist. Die ganz schlichte Frage: Welches sind die beiden Plätze und sind die Bezirke informiert oder beteiligt worden?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bereits anlässlich der Haushaltsberatungen haben wir dringlich einen neuen Stil in der Hamburger Kulturpolitik und inhaltliche Entscheidungen angemahnt. Die Vorgänge Horwitz und Metzmacher haben die düstersten Befürchtungen weit übertroffen. Begleitet von bundesweitem Gelächter erleben wir die schwerste Ansehens- und Vertrauenskrise der letzten Jahrzehnte und das ist Ihre Verantwortung, Frau Senatorin, und desjenigen, der Sie berufen hat.
Und das Schlimmste: Sie scheinen nicht einmal erkennen zu wollen, wie die Lage eigentlich ist, wie der Geisterfahrer, der glaubt, er sei der einzig richtige Fahrer.
Wahrscheinlich bekommt Ihr Pressesprecher sein Gehalt im Moment dafür, die Zeitungen vor Ihnen zu verstecken.
Deshalb nunmehr der Zeugenbefragung zweiter Teil. Wolfhagen Sobirey:
„Metzmachers Weggang ist ein schwerer Schlag. Ratlosigkeit das Wort des Tages.“
Hermann Rauhe:
„Bisher haben alle Kultursenatoren sich vor die Künstler gestellt und sie nicht diffamiert.“
Isabella Vértes-Schütter:
„Es fehlt das klare Bekenntnis zu den Kammerspielen als Sprechtheater.“
John Neumeier:
„Ich kann mir nicht vorstellen, das Ballett bei weiteren Einsparungen zu führen.“
Tom Stromberg:
„Die Hamburger Kulturpolitik muss aufpassen, dass sie keine Politik der Niederlagen wird.“
Ulrich Khuon:
„Auch Christina Weiss verfügte nicht über unbegrenzte Mittel, aber bei der haben sich alle Intendanten gewollt gefühlt.“
Ulrich Waller:
„Wir brauchen keine Senatorin als Grüßaugust für Stars und Sternchen.“
Ingo Metzmacher:
„Ich finde es eine unverantwortliche Politik, wenn die Stadt ihre Oper und ihr Orchester hängen lässt.“
Und schließlich: Man hätte Frau Horáková nicht als Senatorin verpflichten dürfen, wer hat uns das nur eingebrockt? Da sitzt er.
Alles respektable Namen des Hamburger Kulturlebens und sie haben vollkommen Recht. Recht haben natürlich nicht die drei Troubadoure aus den Regierungsfraktionen. Ihre peinlichen byzantinistischen Lobhudeleien sind Mitverursacher der Krise.
Wir erleben im Moment nicht die wachsende Stadt, sondern die ächzende und feixende Stadt und das ist Ihr Verdienst.
Nur wenige Beispiele: Horwitz als eigenen Intendanten vorzustellen, obwohl jeder weiß, dass bei den Kammerspielen jemand anderes die Suppe anrührt, ist dilettantisch. Das konzeptionslose Herumhantieren mit dem Zuschuss an die Kammerspiele oder dem Nichtzuschuss ist chaotisch. Namedropping beim Generalmusikdirektor zu machen, um sicherzustellen, dass derjenige, der kommt, dann zweite Wahl ist, ist fahrlässig und indiskret. Und bei Jeff Koons nur so mit den Millionen durch die Gegend zu schmeißen, aber ansonsten immer den Steuerzahler zu bemühen, ist unglaubwürdig und der falsche Weg, meine Damen und Herren.
Und schließlich noch die Ausstellung „Körperwelten“ mit einem möglichen Irak-Krieg zu verbinden, ist peinlich und skandalös. Dazu fehlen einem wirklich die Worte.
Ihre Amtszeit, Frau Senatorin, stellt sich jedenfalls mehr und mehr als das heraus, was sie wirklich ist: eine der seltsamsten feindlichen Übernahmen seit der Eroberung Trojas.
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Wir mahnen hier und jetzt nochmals und mit Nachdruck inhaltliche und finanzielle Entscheidungen an, um die Kultureinrichtungen aus der anhaltenden Rufschädigung und Existenzbedrohung herauszuführen; das ist die Aufgabe. Und wie reagiert der Bürgermeister? Er höre das jetzt zum ersten Mal. Herr Maier hat es bereits gesagt. Wenigstens ist das Gehör in Ordnung, aber wo leben Sie denn, Herr Bürgermeister?
Kommen Sie schnellstens herunter aus Ihrem wolkigen Schwebezustand, kümmern Sie sich endlich einmal um irdische Dinge.
Als Sofortmaßnahme muss die Senatorin zu einer schadensfreien Amtsführung angehalten werden, das ist das Mindeste.
Wenn Sie das nicht hinkriegen können oder nicht hinkriegen wollen, Herr Bürgermeister, dann gibt es nur eines: Haben Sie Mitleid mit dieser gequälten Stadt, nehmen Sie das „Dana(er)-Geschenk“ wieder zurück. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ein paar Bemerkungen können natürlich so nicht stehen bleiben. Herr Ehlers, ich kenne Sie nun viele Jahrzehnte, aber seit Sie Kultursprecher sind, passiert Ihnen immer dasselbe. Sie verwechseln kulturelle Vielfalt mit politischer Einfalt und das kann nicht gut gehen.
Dann dieser Hinweis auf die Erblast. Das ist ja wohl eine besondere Lachnummer. Der Versuch, die Amtszeit von Frau Weiss mit der Amtszeit von Frau Horáková im internationalen Ansehen zu vergleichen, das richtet sich selbst von A bis Z.
Wir haben dieser Stadt in allen Kontinenten angesehene Kulturlandschaft hinterlassen, die Beachtung findet, die von hohem Standard gekennzeichnet ist, und dagegen können Sie letztlich nichts sagen, damit kommen Sie mit Ihrer Senatorin nicht an. Das ist der entscheidende Punkt.
Sie haben die Spaltung der Kulturszene beklagt. Die Todesandrohung, die Sie gegen einzelne Einrichtungen ausgesprochen haben, ist eine Ungeheuerlichkeit. Das ist der schärfste Versuch einer Spaltung der Szene.
Sie haben hier das Wort Sterben in den Mund genommen.
Ich muss sagen, dass ich einigermaßen entsetzt bin. Ich unterstelle Ihnen da nichts, aber erkundigen Sie sich mal, aus welchen Zeiten der Begriff „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ stammt. Das sollte man niemals verwenden.
Ich unterstelle Ihnen nichts, aber das darf man nicht verwenden.
Ach, Herr Müller-Sönksen, regen Sie sich doch ab mit Ihren Zwischenrufen. Ihr Zwischenruf zeigt doch nur eines: Ihre Fraktion hat einen Rumpf, aber keinen Kopf.
Das Letzte, Herr Ehlers, Sie sind ein literarisch gebildeter Mensch. Sie haben sich gewundert, dass wir keinen Rücktritt gefordert haben. Das haben wir in der Tat nicht, da sind wir ganz geduldig. Wir haben überhaupt kein Problem. Sie kennen das berühmte Stück von Dürrenmatt und auch die letzten beiden wichtigen Worte des ersten Aktes und die lauten: „Ich warte.“
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Niemand wird ernsthaft bezweifeln, dass wir als Opposition Ihnen, Frau Senatorin, ausreichend Zeit eingeräumt hätten, Ihre kulturpolitische Handschrift deutlich zu machen.
Wir haben dem Haushalt 2002 zugestimmt. Wir haben manchen mutlosen und zögerlichen Umgang mit unseren Initiativen im Ausschuss erduldet und uns mit Kritik weitgehend zurückgehalten.
Die Verdreifachung der Schonfrist geschah in der Erwartung, dass Sie im Interesse der Kultur dieser Stadt schnell in die großen Schuhe Ihrer Vorgängerin hineinwachsen mögen. Heute müssen wir feststellen, dass diese Hoffnung offenbar getrogen hat. Hamburgs Kulturpolitik verzeichnet krisenhafte atmosphärische Störungen und das ist Ihre ganz persönliche Verantwortung.
Ich mache dieses fest an der Antwort auf drei Fragen: Was ist mit aktuellen Problemen? Was verlautet über Zukunftsprojekte und vor allem, welcher Geist, welcher Stil bestimmt gegenwärtig die Kulturpolitik?
Die erste Antwort ist ganz eindeutig. Wichtige Dinge gehen nicht voran, Hausaufgaben werden nicht gemacht, zum Beispiel bei den Theatern. Im Frühjahr wurde eine Veränderung der Privattheaterförderung angekündigt, passiert ist nichts. Die Staatstheater – jeder weiß es – bedürfen einer mehrjährigen Planungssicherheit, da die jetzige 2003 endet. Passiert ist nichts.
An dem Gebäude des Theaters im Zimmer gibt es auch ein Interesse vonseiten der Kultur, auch einen CDU-Antrag in Eimsbüttel. Passiert ist nichts. Auswandererhalle, Beatles-Point, nichts ist passiert, nichts geht voran. Die Probleme der Clubszene sind bekannt. Auch hier Lippenbekenntnisse. Nichts geht voran. Bei der Filmförderung hören wir, dass jetzt das Vergabevolumen um 700 000 Euro abgesenkt wird, der NDR aussteigen wird. Auch hier geht nichts voran. Sie haben zentrale Hausaufgaben nicht gemacht und das kritisieren wir.
Stattdessen gibt es in einem geradezu rauschähnlichen Stakkato immer neue Ankündigungen und dies geschieht zulasten der tagtäglichen Leistung von vielen Menschen in dieser Stadt im Bereich der Kultur. Am schlimmsten verheddert haben Sie sich mit dem Begriff Glanz, der sich mittlerweile verselbstständigt hat und als Bumerang gefährlich in der Gegend herumvagabundiert. Dazu gibt es nur zwei Dinge zu sagen. Erstens: Es ist nicht alles Geist, was glänzt. Zweitens: Wer eine neue Luxusklasse einzieht, macht alles andere ein Stück kleiner und das ist nicht gerechtfertigt, Frau Senatorin.
Bestehendes herabzusetzen, scheint ohnehin ein Markenzeichen dieser Politik zu sein. Wohlgemerkt: Niemand, der in der Öffentlichkeit steht, auch im kulturellen Bereich, ist frei von Kritik. Aber was Sie so alles zum Schlechten geben, das halten wir ausdrücklich für eine falsche Bewertung der Leistungen Hamburger Kulturschaffender.
Aber wenn schon Kritik, dann kann man erwarten, dass man sich die Sachen wenigstens vorher anguckt. Das ist ein Gebot der Fairness.
Wir sind allerdings eine konstruktive Opposition. Ich mache Ihnen ein konstruktives Angebot: Falls es von Ihnen irgendwelche Schwellenängste geben sollte, zum Beispiel beim Schauspielhaus, gehe ich auch gerne mit Ihnen gemeinsam dort hin. Nehmen Sie das Angebot an.
Im Übrigen gilt, wenn man Glanz will, dann muss man sich ihn eben leisten. Wo aber findet sich das in diesem Haushalt? Nirgends findet sich das in diesem Haushalt. Nehmen Sie doch Geld in die Hand – ich denke, Herr Langevoort ist sicher bereit, den Boden in der Staatsoper entsprechend zu verstärken – und engagieren Sie Pavarotti. Das würden wir nie kritisieren.
Wir haben auch nichts gegen eine zweite Musikhalle. Das könnte sich ja nach den Andeutungen des Bürgermeisters
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in die Richtung bewegen. Aber ist es Aufgabe der Kulturpolitik, sich mit einer zweifelhaften Kompetenz in Aquariumsfragen aus dem Fenster zu hängen? Ist das die Aufgabe?
Nun sind Sie heute zu Recht vom Bürgermeister zurückgepfiffen worden. Das wäre in der Tat ein tolles Bündnis geworden aus Karajan und Kabeljau.
Was ist eigentlich mit Neumeiers Ballettzentrum? Wir warten. Ebenso unausgegoren das Hamburg-Festival. Nach Professor Kaufmanns herrlich ironischem Distanzierungsinterview im „Hamburger Abendblatt“ sind wir gespannt. Aber solange wir auf dem Papier wenigstens Salzburg und Bayreuth in den Schatten stellen, ist ja alles in Ordnung.
Vorläufiger Höhepunkt ist die Idee eines Terrormuseums. Da geht es sicher nicht darum, dass Hamburg diesen Aspekt aufarbeiten muss. Das muss Hamburg eines Tages tun. Aber Ihnen ging es doch darum, mit diesem spektakulären Ereignis billige Effekthascherei zu betreiben, und das war eine Geschmacklosigkeit, Frau Senatorin.
Alle diese Projekte summieren sich mühelos auf einen vorweihnachtlichen Wunschzettelhaushalt von mehr als 100 Millionen Euro neben den offiziellen 206 Millionen Euro. Dafür bekommen Sie von uns keinen Blankoscheck.
Jetzt komme ich zur Mentalität, zum Stil der Kulturpolitik. Das ist nämlich das eigentliche Thema. Ein kleines Beispiel vorweg.
Das Frauenmusikzentrum hatte die Senatorin eingeladen und im Prinzip wohl auch eine Zusage erhalten. Das Nächste, was man dann hörte, war die Streichung der Mittel, gegen den Haushaltsplan, kurz am Telefon. So kann man mit Einrichtungen nicht umgehen.
Die Ablösung von Waller und Tukur bei den Kammerspielen vollzog sich in einem Nebel aus intrigenhaften Umständen und willkürlicher Mittelvergabe, inklusive Nachtreten letzte Woche. Auch das ein würdeloses Schauspiel.
Zur Abwechslung wird dann ein konfuses Scharmützel mit dem Generalmusikdirektor angezettelt. Neuer Tiefpunkt dieser Entwicklung ist die Auseinandersetzung um das Schauspielhaus. Selbstverständlich – das ist doch eine Plattitüde – muss auch hier vernünftig gewirtschaftet werden. Aber darum ging es doch in Wirklichkeit gar nicht. Die Botschaft war vielmehr – und das geht mehr in Richtung Herrn Ehlers –: Wenn du, lieber Herr Stromberg, nicht nach meinem Politikgeschmack inszenierst, dann kommt die Kündigung.
Da sage ich Ihnen: diese Mischung aus Zensur und Borniertheit sucht seines- und ihresgleichen.
Wenn das so weitergeht, gibt es angesichts der rasch fortschreitenden Vernaddelung der Hamburger Kulturpolitik wirklich nur noch eine Frage: Wann kommt endlich der Retter des deutschen Buchhandels Dieter Bohlen.
Schlimmer noch. Bei der Artgenda haben Sie zugelassen, dass sich der Innensenator als Kunstzensor aufführen durfte. Auch wenn dieses Projekt hundertmal Blödsinn war: Zu solchen Vorgängen darf Kulturpolitik nicht schweigen, wenn sie diese Dinge selbst genehmigt hat. Das war nicht in Ordnung.
Jetzt gibt es polizeiliche Vorwürfe gegen eine Einrichtung in Altona. Sofort steht die Kulturbehörde Gewehr bei Fuß. Zu Befehl: Zuschuss gestrichen. Kulturpolitik als beflissenes Exekutivorgan der Innenpolitik, mit Verlaub, Frau Senatorin, das ist mehr als eine Dummheit, das ist ein Fehler.
Dabei beobachten wir immer das gleiche Strickmuster, nämlich Personen und Einrichtungen gegeneinander auszuspielen. Tukur gegen Horwitz, gute Stadtteilkultur gegen böse, Symphoniker gegen Philharmoniker, Kunstgewerbemuseum gegen Altonaer Museum,
Khuon gegen Stromberg, immer das gleiche Strickmuster und das ist nicht in Ordnung.
In der Kulturszene jedenfalls – das ist meine feste Überzeugung und auch meine Beobachtung – genießt das keine Akzeptanz. Es ist überall mit Händen zu greifen, dass es dafür keine Sympathie gibt. Die Kulturschaffenden merken schon, dass Kultur keine Sympathie bei diesem Senat hat, dass sie nicht ernst genommen werden und kein ernsthafter Dialog gesucht wird.
Wir erwarten von Ihnen, Frau Senatorin, dass Sie bei allen Konflikten grundsätzlich vor den Kulturschaffenden in dieser Stadt stehen. Das muss ganz klar sein.
Bei Christina Weiss und Rolf Mares war es immer so. Sie sollten eigentlich die erste Botschafterin für Hamburgs Kultur sein. Daran fehlt es aber im Moment. Deshalb lehnen wir mit diesen Argumenten den Kulturhaushalt dieses Mal ab. Wir haben einen eigenen umfassenden Antrag mit einigen, denke ich, sehr interessanten und nach vorne führenden Prüfaufträgen. Vernünftige Projekte werden wir zukünftig selbstverständlich mittragen. Wir unterstützen aber nicht einen Kurs der Banalisierung und der Polarisierung.
Sie haben den Intendanten Stromberg in dem berühmten Interview in der „Bühne“ aufgefordert, nun kräftig loszulegen. Zeigen Sie bitte nicht mit dem Finger auf andere, fangen Sie bei sich selbst an. Es gibt viel zu tun.
Persönlich, Frau Senatorin, tun Sie im Interesse der Kultur vorrangig bitte eines: Räumen Sie den Verdacht aus, bevor er sich zur Gewissheit verdichtet, dass Sie für eine Hauptrolle auf dieser Bühne vielleicht doch überfordert sind. – Vielen Dank.
Nur eine Bemerkung zu Herrn Ehlers. Ich nehme in Anspruch, bei vielen Premieren zu sein. Sie habe ich da nie gesehen. Wessen Kompetenzzentrum aber offenbar das „Salambo“ ist, der sollte zum Schauspielhaus gefälligst schweigen.
Wir lehnen jedenfalls jede Form telepathischer und ressentimentgesteuerter Beurteilung von Kulturleistung ab, das unterscheidet uns von Ihnen.
Sie haben hier wider besseren Wissens Behauptungen aufgestellt. Sie kennen auch die Aussagen des Intendanten zum Haushalt und zur Frage „11. September“. Sie haben dies wider besseren Wissens aufrechterhalten. Dies ist eine unerhörte Entgleisung.
Frau Senatorin, Sie haben das eben noch getoppt. Sie haben gesagt: „Der hat eine unsaubere Bilanz vorgelegt.“
Der Vorwurf der unsauberen Bilanz muss aus der Welt. So geht das nicht. Unsaubere Bilanz – nicht!
Ich werbe nochmals ausdrücklich für das Thalia Theater, für die Staatsoper, auch für das Schauspielhaus. Ich bin im letzten Jahr mindestens zwanzig- bis dreißigmal unterwegs gewesen. Es gibt hervorragende Aufführungen, es lohnt sich, dahin zu gehen. Machen wir doch alle gemeinsam Werbung dafür, dann kommen wir einen Schritt weiter.
Das Wort „spalten“ aus Ihrem Munde zu hören, Frau Senatorin, ist wirklich eine richtig komische Nummer. Dies hätten Sie nicht sagen sollen.
Schließlich noch eine Bemerkung zu Herrn Woestmeyer. Offenbar ist Ihnen die Anwesenheit vieler Kulturschaffender hier unangenehm. Wir jedenfalls freuen uns darüber, dass sie heute hier sind.
Und die Bemerkung Richtung Deputation habe ich überhaupt nicht verstanden. Wenn da Deputationssitzung ist, was macht denn die Senatorin mit ihrem Staatsrat hier? Die müssten doch dann eigentlich da sein, das ist ja nun ein lächerlicher Vorwurf.
Herr Ehlers hat alles, was ihm an Feindbild, an Spaltung, an Mobbing vorgeworfen wird, bestätigt. Da kann ich nur sagen: Frau Senatorin, wenn sich das durchsetzt, haben Sie den Hauptschaden und für Hamburg gilt „Gute Nacht“.
Ich glaube, dass die Zusammenarbeit in Sachen Kultur ein hohes Gut ist, aber auf dieser Basis geht es nicht. Es bedarf einer Umkehr des Stils von Ihrer Seite. Sie, als Kultursenatorin, sind vielleicht die wichtigste Person in einem vergleichbaren Amt. Sie müssen Ihre Rolle wirklich anders wahrnehmen, dann kommen wir auf eine neue Basis, sonst nicht.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zum feierlichen Abschluss des heutigen Tages ein Beitrag zur Musik
und zur Musikwirtschaft, wenn auch, Herr Reinert, ohne Gesang und Instrumente, aber ich hoffe, mit ein paar Argumenten.
Wir haben die Anfrage zur Musikwirtschaft in Hamburg gestellt, weil wir diesen Bereich für einen der wichtigsten in unserem Wirtschaftsleben, aber auch in unserem Kulturleben halten. Wir glauben, dieser Bereich ist nicht nur wichtig, sondern auch chancenreich, sowohl für den Kulturstandort Hamburg als auch für den Wirtschaftsstandort. Und die Zahlen aus der Großen Anfrage belegen dies. Wenn dort gesagt wird, in der Medienwirtschaft allgemein gibt es 60 000 feste Arbeitsplätze, 25 Milliarden Euro Umsatz, davon ein großer Teil direkt oder indirekt vernetzt mit der Musikwirtschaft, dann ist eines ganz deutlich: Es lohnt sich also, diesem Sektor ein besonderes Augenmerk zu widmen. Hamburg war und Hamburg ist noch eine der bedeutendsten Musikmetropolen Deutschlands und Europas. Es wird immer und immer noch – ich hoffe, dieses „noch“ gewinnt keine zu große Bedeutung – als Musikstandort Nummer eins bezeichnet und das zu Recht. Aber dieser Standort, und das wissen wir seit längerer Zeit, ist bedroht. Die Abwanderung von Universal war ein deutliches Warnsignal. Deshalb noch einmal: vorhandene Unternehmen, vorhandene Szene hüten und pflegen. Um so mehr freuen wir uns, wenn ein Unternehmen wie Warner in seiner Presseerklärung sagt, wir setzen auf Hamburg, und sich hier einen neuen Firmensitz einrichtet. Ich glaube, zu diesem Firmensitz kann man ja auch nur gratulieren. Das ist ein wichtiges Zeichen für unsere Stadt.
Die Bedrohung für den Bereich Musikwirtschaft ergibt sich nach meiner Einschätzung im Wesentlichen aus drei Punkten. Es herrscht ein verzerrter Wettbewerb, es herrscht ein Subventionswettlauf, der auch schon zu Lasten unserer Stadt gegangen ist. Das ist der eine Punkt. Zum anderen ist die Nachwuchsförderung objektiv schwierig. Wir entnehmen der Großen Anfrage und vielen Gesprächen, wie mühsam es ist, einzelne Musikrichtungen, einzelne Gruppen, einzelne Titel, einzelne Interpreten überhaupt marktfähig zu machen. Ein dritter, wichtiger Bereich ist der ganze Bereich der Musikpiraterie, der Raubkopien, des CD-Brennens. Wir wissen, dass hier die Firmen und Unternehmen selbst in einer hohen Verantwortung sind, etwas zu tun. Aber es ist wichtig, dass der Senat die Chancen nutzt, die sich daraus ergeben, dass die Anpassung des deutschen Urheberrechtes an EU-Recht noch nicht vollzogen ist. Es
ist wichtig, dass an diesen Diskussionen teilgenommen wird, dass die Interessen sowohl von Urhebern als auch Verbrauchern sinnvoll ausgeglichen werden.
Auf der Basis der Ausführungen in der Großen Anfrage möchte ich dem Senat vier Punkte ans Herz legen. Eine Sache sage ich gleich als Erstes: Ich glaube, es ist richtig, was gesagt wird, dass es keinen Zweck hat, in einen ruinösen und aggressiven Subventionswettlauf mit anderen Städten einzutreten. Man muss immer gucken, was man für Förderungsinstrumente hat. Kann man die überprüfen und verbessern? Aber kein Subventionswettlauf. Ich glaube, dass das richtig ist.
Vier Punkte, die ich dem Senat ans Herz legen möchte: Achten Sie bitte darauf, dass Hamburg Resonanzboden für eine kreative Szene bleibt,
dass ausreichende Übungsmöglichkeiten, dass ausreichende Auftrittsmöglichkeiten erhalten bleiben. Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Ich glaube, ohne diese kreative Szene wird es weder ein interessantes Musikleben noch die erhofften wirtschaftlichen Effekte geben. Die Nicht-Weiterförderung des Frauenmusikzentrums halte ich in diesem Zusammenhang ausdrücklich für ein falsches Signal. Ich will das deutlich sagen.
Diese Unternehmen sind häufig kleine Unternehmen, manchmal kleinste Unternehmen. Deshalb, glaube ich, ist es richtig – und der Senat kündigt es ja auch an –, dass die schon länger schwelende Idee eines Gründerzentrums für Unternehmen der Musikwirtschaft auf St. Pauli energisch weiterverfolgt wird. Das ist eine gute Idee, die umgesetzt werden sollte.
Dritter Punkt. Ich weiß, dass es diskutiert wird und auch eine Forderung ist, und ich glaube, Hamburg ist gut beraten, sich darum zu kümmern und darum zu bewerben, die Chancengleichheit unserer Autoren in Europa zu verbessern. Es ist ganz selbstverständlich, dass alles englischsprachige zu uns hereinkommt, aber die Chancengleichheit der deutschen Musikszene im Ausland ist nicht gegeben. Das heißt, der Gedanke eines Musikexportbüros ist ebenfalls ein guter Gedanke und Hamburg als Standort Nummer 1 würde gut beraten sein, diese Sache zu übernehmen. Ein Exportbüro könnte die Chancengleichheit fördern.
Letzter und vierter Punkt, ein etwas heikler, ist die Sache mit der Quote, also die Frage, soll man oder wieweit kann man in den Rundfunkprogrammen dafür sorgen, dass ein gewisser Anteil deutschsprachiger Titel gesungen wird. Auch hier ein schwieriges Thema. Ich komme gleich darauf. Ich will dazu zunächst ein paar Zahlen nennen; die sind ganz eindrucksvoll. Es ist nämlich einmal ausgezählt worden. Dabei hat man zum Beispiel im Frühjahr 2002 festgestellt, dass bei den großen deutschen Sendern insgesamt nur 5 Prozent deutsche Titel gespielt werden. Bei den 30 größten Sendern in Deutschland werden in 24 Stunden im Durchschnitt drei deutschsprachige Titel gefördert. Nun ist das unter zwei Gesichtspunkten eine heikle Diskussion.
Zum einen kann man schnell in einer deutschtümelnden Ecke landen – dazu haben wir natürlich gar keine Lust – und zum anderen gibt es natürlich den Punkt, inwieweit man mit dem Rundfunk überhaupt zu einer Vereinbarung kommen kann. Einen direkten politischen Zugriff kann es da natürlich gar nicht geben.
Das ist vollkommen klar. Trotzdem ist diese Diskussion da und in vielen Gesprächen mit den Unternehmen in dieser Szene hat man uns gesagt, sie bekämen Produkte in diesem Bereich nur marktfähig, wenn auch die Möglichkeit bestehe, sie zu veröffentlichen, dass die Menschen sie hören. Die Menschen sind nicht nur auf ausländische Titel eingestellt.
Sie wollen etwas hören, aber das muss entsprechend kommuniziert und umgesetzt werden.
Die Diskussion ist ganz gewiss nicht zu Ende, aber ich beobachte – jedenfalls aus den Äußerungen fast aller Fraktionen, auch im Bundestag, die eine entsprechende Anfrage beantwortet haben –, dass diesem Gedanken immer näher getreten wird, und möglicherweise müssen wir darauf zurückkommen. Ich weise nur darauf hin, dass das ein wichtiger Punkt in der Diskussion ist.
Insgesamt glaube ich, dass wir für Hamburg weiterhin eine starke Musikwirtschaft brauchen, und ich möchte darum bitten, dass der Senat die Punkte, die ich angesprochen habe, mit Vorrang in sein Augenmerk nimmt und hier aktiv handelt. Es lohnt sich wirklich, es geht um die Kultur, aber es geht auch um viele Arbeitsplätze und die Kreativität in dieser Stadt in der Zukunft. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kurze, hoffentlich lichtvolle Ausführungen. „Gestaltendes Licht für die Metropole Hamburg“ ist vielleicht ein etwas bombastischer Titel für einen Antrag, der aber im Kern natürlich in Ordnung und sympathisch ist. Auch für uns gilt: Alles, was unsere schöne Stadt noch schöner macht und diese Schönheit ins rechte Licht rückt, ist vernünftig und wird von uns unterstützt.
Deshalb haben wir auch nichts dagegen, dass an Projekte angeknüpft wird, die in der Vergangenheit erfolgreich waren und zur Attraktivität der Stadt beigetragen haben. Herr Hardenberg hat sie erwähnt. Insbesondere die Illumination der Speicherstadt durch Herrn Batz ist ein hervorragendes Projekt, das unsere Stadt schmückt.
Zwei Dinge sollte man nicht tun, mit dem Antrag den Eindruck zu erwecken, der Senat hätte das Licht völlig neu erfunden. Auf der anderen Seite brauchen wir uns auch nicht vor anderen Städten zu verstecken. Die arbeiten genauso punktuell und projektbezogen. Quantitativ ist da kein großer Unterschied. Wir haben aber in den letzten Tagen gelernt, es kommt auf die Qualität an. Da kann man sicherlich auch noch ein bisschen besser werden. Wenn jetzt Sachverstand herangezogen wird, haben wir natürlich nichts dagegen.
Trotzdem habe ich Ihren Antrag im Prinzip nicht ganz verstanden. Wir haben seit ungefähr vierzehn Tagen eine Einladung der Frau Kultursenatorin zu einem Arbeitstreffen – auch die Sprecher im Ausschuss – und jetzt stellen Sie hier noch den Antrag. Ihre Abläufe liegen teilweise etwas im rembrandtschen Halbdunkel. Aber man kann nur mit Beckenbauer sagen: Schau’n mer mal.
Dieser Antrag zeichnet sich durch ein sehr patriotisches Pathos aus. Der bürokratische Ansatz veranlasst mich allerdings zu einigen wenigen Bemerkungen. Sehr gut gefallen hat mir der Begriff „Lichthierarchie“. Da wir unseren Senat mittlerweile kennen, möchte ich an dieser Stelle – für den Fall, dass eine solche Hierarchie möglicherweise folgendermaßen aussehen sollte – vorsorglich eine kleine Warnung aussprechen.
Erste Ebene. Bürgermeisterzimmer, Bismarckdenkmal, Springer-Hochhaus: Mega-Event-Bühnenbeleuchtung mehrfarbig.
Zweite Ebene. Kirchen und Handelskammer: Kerzen und Standardscheinwerfer.
Dritte Ebene. Spiegel-Hochhaus und Justizforum: Taschenlampen auf Anfrage und Gewerkschaftshaus natur
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belassen, Mondlicht. Wenn Sie das machen, bekommen Sie mit uns Ärger.
Für einen solchen Fall sähen wir uns nämlich gezwungen, um die Drohung auch zu konkretisieren, beispielsweise die Lichthierarchie im Senat zu untersuchen, abgestuft nach Lichtgestalten, Starlets, Normalleuchten, Armleuchtern und Tranfunzeln. Das wird ein interessantes Ergebnis.
Ein zweiter etwas ernsterer Hinweis: Es ist sicherlich sehr gut, das Stadtpanorama zu beleuchten, aber es ist noch wichtiger, dieses Panorama zu erhalten und zu gestalten. Also, denken Sie daran beim Domplatz, beim Jungfernstieg und bei der aktuellen Diskussion über die Europapassage. Wenn da Schandflecken passieren, sind die bei besserem Licht natürlich auch besser zu sehen. Das kann auch nicht vernünftig sein.
Schließlich muss man natürlich auf die Risiken und Gefahren hinweisen, denn wir denken in diesem Zusammenhang natürlich immer nur an unseren größten Dichter und sein berühmtes Götz-Zitat, welches lautet:
„Wo viel Licht ist, ist starker Schatten.“
Also müssen die Risiken mit bedacht werden. Dem Schreiben der Senatorin habe ich entnommen, es gibt nicht nur Luftverschmutzung, es gibt sogar Lichtverschmutzung. Was man nicht alles dazulernt.
Fazit also: Wenn an der einen oder anderen Stelle aus der Beleuchtung sogar Erleuchtung werden sollte, wird es dem Projekt nicht schaden, und der Senat hat Erleuchtung allemal nötig. – Schönen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir debattieren den Kulturhaushalt in einer Zeit, in der die Kultur und die Kulturpolitik nach unserer festen Überzeugung vor besonderen Herausforderungen und teilweise vor neuen Fragestellungen stehen.
In Zeiten, in denen Begriffe wie „deutsche Leitkultur“ durch die Gegend geistern und nach dem 11. September vom „Kampf der Kulturen“ die Rede war, erwarten viele Menschen von den Ergebnissen kulturellen Schaffens und ihrer Teilnahme daran Antworten. Hierbei darf Kulturpolitik nicht abseits stehen und unsichtbar bleiben.
Dabei geht es natürlich wie immer in erster Linie – aber keineswegs nur – um das liebe Geld. Ich glaube, Kultur kann und muss in der Zeit Antworten geben können und mindestens ein Angebot zur Auseinandersetzung, zum Diskurs und auch zum Widerspruch mit den Fragestellungen bereithalten, in der sie zwangsläufig und freiwillig verankert ist.
Wenn beispielsweise der Intendant des Schauspielhauses, Herr Stromberg, bei der letzten Sitzung des Kulturausschusses auf den Chor der Feuerwehrleute in Frischs
„Biedermann und die Brandstifter“ – die Premiere ist übrigens morgen – hingewiesen hat, dann hat jeder von uns sofort gewisse gedankliche Verbindungen und Assoziationen. Dieses kleine Beispiel zeigt die Aktualität von Kultur.
Davon sind in der Vergangenheit im Spannungsverhältnis von der Kultur im Spannungsverhalten zwischen Reibungsfläche und Unterhaltung vielfach Beiträge geleistet worden. Zuallererst von den Kulturschaffenden, aber auch von früheren Kultursenatorinnen und –senatoren. Ich erinnere in diesem Zusammenhang mit Dankbarkeit an die zehnjährige erfolgreiche Amtszeit von Frau Senatorin Dr. Weiss.
Ich komme auf die gegenwärtige Lage zurück. Immerhin hat diese Koalition die Hamburger Kulturpolitik über viele Monate in die tiefste Krise der Lächerlichkeit geführt.
Der jetzige Haushalt ist im Wesentlichen von Rotgrün vorgelegt worden. Sie haben aber Veränderungen vorgenommen, die nach unserer Überzeugung ein Fehler sind. Neben vielen anderem rechnen wir uns aber zugute, dass zwei besondere Peinlichkeiten ganz oder weitgehend bereinigt worden sind: Ich spreche von der Neugestaltung Neuengamme und von der Reduzierung der Filmförderung. Das sind natürlich Vorgänge von sehr unterschiedlichem Gewicht, sie sind aber beide von Ihnen zu verantworten. Solche Blamagen zum Schaden der Stadt dürfen sich auf keinen Fall wiederholen.
Sie haben leider die vorgesehenen Verbesserungen bei der Kinder- und Jugendkultur und bei den Privattheatern reduziert. Auch das halten wir für falsch, denn es waren – ich darf daran erinnern – fraktionsübergreifende Projekte des Parlaments. Ich habe kein Verständnis dafür, dass die CDU-Fraktion, die damals dabei war, diesen Weg völlig widerstandslos verlassen hat. Auch bei der FDP müsste doch eigentlich – hier ist das Wort „privat“ im Spiel – jeder durchschnittlich talentierte Abgeordnete
sofort freudig erregt aus dem Sessel kommen und hier zustimmen. Das haben Sie nicht getan, Sie haben nichts vorgelegt.
Wo waren sie, die selbst ernannten Kontrolltitanen des Parlamentarismus, eigentlich bei diesem Punkt?
Sie waren nicht zu sehen.
Die Kritik an der Privattheaterförderung ist bekannt und die Förderung von Projekten war ein Ausweg, es kann aber auch andere geben. Wir haben auch deshalb nur darauf verzichtet, einen Antrag einzubringen, weil im Haushaltsausschuss überraschend gesagt worden ist, dass es Gespräche und eine Neustrukturierung geben werde. Das mag sein, wir werden es abwarten. Hier, Frau Senatorin Horáková, hätten Sie die Gelegenheit, Ihr Gesellenstück zu machen.
Das geschieht hoffentlich nicht so, dass wir einen Bellum omnibus in omnes mit lauter Verlierern bekommen, wobei am Ende alles durcheinander trudelt.
Wir werden das in einem gewissen Zeitablauf mit fairen Maßstäben bewerten.
Andererseits erkennen wir durch das Sonderinvestitionsprogramm – zu dessen Finanzierung schon etwas gesagt worden ist – an, dass es hier einen einmaligen kräftigen Schluck aus der Pulle gibt. Das ist fachlich ein positiver Akzent, den wir selbstverständlich nicht kritisieren.
Wir kritisieren auch nicht, dass mit der jetzigen Steigerungsrate insgesamt ein weiterer Ausbau des Kulturetats in den engen Schritten stattfindet, wie es nun einmal in Zeiten der Konsolidierung überhaupt nur möglich ist. Das kritisieren wir nicht.
Mit Sorge – inhaltlich wie von den Abläufen her – nehmen wir, Frau Senatorin, Ihren mehr beiläufig lapidaren Hinweis auf künftige Kürzungen zur Kenntnis, den Sie ohne kämpferischen Impetus im Ausschuss gemacht haben. Das lässt Schlimmes ahnen. Sie sind ja noch nicht so lange dabei. Deshalb ein freundlicher, wirklich gut gemeinter Hinweis: Auch politisches Handwerk ist eine kulturelle Leistung.
Die Sorge besteht, dass auf die Dauer möglicherweise nicht das fehlende Geld das Problem ist – das gilt für alle Bereiche –, sondern die Einschätzung des Kulturbereiches als Posteriorität von Anfang an und für die Dauer der Legislaturperiode. Das halten wir ausdrücklich für falsch.
Unsere Fraktion versteht sich – das ist aufgrund der Ergebnisse der letzten Jahre klar ableitbar – als Teil der Lobby für die Kultur dieser Stadt, die sich an vielen Fronten und häufig einer sehr ungerechten und kurzatmigen Kritik zu stellen hat. Wir sind Teil der Lobby für die Kultur.
Deshalb wäre es bei einer Gesamtabwägung wenig generös, bei diesem Haushalt die Kritik überwiegen zu lassen. Wir werden ihm deshalb – trotz Kritik bei einzelnen Punkten – insgesamt zustimmen.
Nehmen Sie das, Frau Senatorin, am 80. Tag Ihrer Amtszeit als Zweierlei: als Vorschuss und als Aufforderung. Denn einen Kulturhaushalt bekommen wir nun mit unserer Zustimmung, aber die Frage lautet: Haben wir damit schon eine neue Kulturpolitik des Senats, die diesen Namen verdient? Dazu muss ich allerdings mit Verlaub sagen: Eine solche Politik ist auch nicht in Ansätzen zu erkennen.
Die genannten Korrekturen fallen in die Amtszeit von Senator Lange. Es sind viele Fragen offen, die ich als Merkpunkte für die Zukunft jetzt einmal stelle.
Wir würden gerne wissen, welches Verständnis Sie in dieser Zeit von der Rolle der Kultur in dieser Stadt als Wirtschafts- und als Standortfaktor haben,
als Bestandteil des hansischen Raumes, der sich gerade neu definiert. Als Konkurrent mit vielen anderen Stand
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orten, der vieles – beispielsweise die Theater –, aber nicht jedem alles bieten kann? Bisher sehen wir nichts, nur Phantasie statt Geld. Das ist nicht falsch, aber wenn man das von anderen fordert, sollte man auch – positiv gemeint – einen Einblick in die eigenen Phantasien gewähren, denn sonst besteht die Gefahr einer Politik nach dem Motto: Wirkung ohne Ursache, die Ansichtskarte ist wichtiger als die Landschaft. Ich glaube, das wollen wir alle nicht.
Wir halten es auch nicht für richtig, mit dumpfen und undeutlichen Andeutungen und Drohungen gegenüber den Staatstheatern und Intendanten zu arbeiten. Das halten wir ausdrücklich für ein falsches Vorgehen, zumal sich die Aufregung um die Zahlen mittlerweile etwas gegeben hat.
Das ist doch ganz einfach, Herr Müller-Sönksen. Wenn Sie sich in der Szene umschauen, dann würden Sie erkennen, wie verhängnisvoll die Diskussion über Leistungsvereinbarungen ist. Der zarte Hinweis, dass der Intendant einmal gucken solle, wo er sein Geld verdient, und vor allen Dingen die unselige Diskussion unter dem Motto: Nur ein volles Theater ist ein gutes Theater, ist nicht angemessen. Das kann so nicht funktionieren.
Natürlich ist es gut, wenn große Filmstars nach Hamburg kommen und nicht unter den Brücken dieser Stadt übernachten müssen. Aber wie lauten ansonsten die Antworten? In diesem Zusammenhang das Wort „Vision“ in den Mund zu nehmen, verkneife ich mir ausdrücklich. Bisher besteht nach meiner Überzeugung noch ein sehr starkes konzeptionelles Vakuum. Ich möchte Sie im Interesse der Kultur und der Kulturschaffenden dringend bitten, dieses Vakuum wirklich auszufüllen. Leider waren Ihre Auftritte in den Ausschüssen von bestechender Sprachlosigkeit.
Wir hoffen alle auf Ihren Beitrag in dieser Debatte. Wenn Sie dieses Vakuum nicht füllen, dann werden es vielleicht – wie in der Vergangenheit – andere tun. Wir erinnern uns daran, dass der Justizsenator herumtelefoniert und die falschen Nummern gewählt hat, um eine Nachfolgerin für Frau Weiss zu finden.
Da haben Sie eine sehr wichtige Aufgabe, die Sie auch mit uns verbinden wird. Sorgen Sie mit uns dafür, dass der Justizsenator, dieser Exponent eines hasserfüllten Ungeistes, keinen Einfluss auf das geistige Klima dieser Stadt bekommt.
Ich habe die Gründe genannt, warum wir dem Kulturhaushalt 2002 zustimmen. Daraus kann gewiss kein bequemes Gewohnheitsrecht für die Zukunft abgeleitet werden, sondern wir verknüpfen das natürlich mit gewissen Erwartungen.
Zunächst einmal darf es dem Kulturhaushalt nicht so gehen wie anderen Bereichen. Die von dieser Koalition gegebenen Versprechen müssen gehalten werden. Wir sind besorgt, dass die Aussage von Senator Lange, zu jeder Sponsorenmark solle noch eine obendrauf kommen, offenbar nicht mehr funktioniert. Wir erwarten Problemlösungen.
Schlichten Sie die Ehekrise bei den Kammerspielen, sorgen Sie für eine konsensuale Lösung beim English Theatre und kümmern Sie sich um die Zukunft der Staatstheater! Stichwort: Planungssicherheit.
Wir legen Ihnen – ich komme zum Schluss – unsere Anträge zur HÖB und zur Ergänzung der Museumsszene ans Herz. Sie bekommen 200 Millionen Euro; machen Sie etwas daraus. Aber kämpfen Sie an dieser Stelle wie Lysistrata auf der Akropolis, dann werden Sie auch unsere Unterstützung haben. Wenn das so nicht passiert, dann werden Sie unsere Unterstützung verlieren, mehr noch, dann werden Sie die Kulturszene gegen sich aufbringen.
Im Vergleich dazu wird dem Senat die Walpurgisnacht vorkommen wie das Gartenfest der Freiwilligen Feuerwehr. – Vielen Dank.