Protocol of the Session on October 30, 2002

(Antje Möller GAL: Wann reden Sie denn einmal zum Antrag!)

— Ich weiß schon sehr genau, worüber ich spreche, werte Kollegin! Eins ist sicher: Auf diesen Gebieten ist nichts gemacht worden und vor allen Dingen, was entscheidend ist, die Wähler in diesen Gebieten haben dieses erkannt,

und darum sitzen Sie auch da, wo Sie hingehören, nämlich in der Opposition. — Schönen Dank.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das Wort hat die Abgeordnete Duden.

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren! Ich zumindest erkenne, dass Sie „Herr Vorsitzender“ sind, und würde mir nie erlauben, „Frau Vorsitzende“ zu Ihnen zu sagen.

„Es soll sichergestellt werden, dass nirgends soziale Brennpunkte durch einen zu hohen Anteil an Sozialwohnungen entstehen. Wir wollen eine weitere GhettoBildung in Hamburg verhindern.“

So hat der Abgeordnete Silberbach in diversen Zeitungsinterviews vor wenigen Wochen in Hamburg verlauten lassen. In unseren Augen ist das in der Kombination Sozialwohnung und Ghetto eine Kriegserklärung an die Bewohner von Sozialwohnungen in dieser Stadt.

(Dirk Nockmann Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Das ist eine Unterstellung, Frau Duden! – Beifall bei der SPD und bei der GAL)

Wer glaubt, politisch vertreten zu müssen, „Sozialwohnung“ sei gleich „Ghetto“, sei gleich „Problem“, der diffamiert in dieser Stadt Krankenschwestern, Polizeibeamte, Verkäuferinnen und vielleicht auch Abgeordnete dieser Bürgerschaft. Was ist das für ein Politikverständnis, Sozialmieter unter den Generalverdacht „Problem“ zu stellen.

(Beifall bei der SPD und bei der GAL)

In Ihren Augen heißt das Gleichnis: Inhaber von Sozialwohnungen sind Problemfälle, die nichts zur Stabilisierung Ihrer Stadtteile beitragen.

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Sie haben diese Viertel zum Umkippen ge- bracht mit Ihrer Politik!)

Das ist ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die im Programm der sozialen Stadtentwicklung aktiv und kreativ aus ihren Sozialwohnungen heraus mitdiskutiert und -geplant haben, auch in Wilhelmsburg, auch in Jenfeld. Wenn der Abgeordnete Silberbach irgendetwas zu diesem Antrag gesagt hätte und nicht die Rede gehalten hätte, die er hier immer hält, dann hätte man auch qualifiziert darauf antworten können. Das will ich nur noch einmal sagen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wer eine sozial stabilisierende Politik für Stadtteile machen will, der muss auch darüber diskutieren, dass man nicht sagt, Mieterberatungsstellen – zum Beispiel in Wilhelmsburg – könnte man schließen! Das ist die Politik, die soziale Probleme in den Stadtteilen schafft, und das ist die Politik, die wir, gemeinsam hoffentlich, verhindern müssen.

(Beifall bei der SPD und bei der GAL)

Es kommt nicht darauf an, verbleibende Sozialmieter durch Ihre Politik und durch Ihre Reden hier in der Bürgerschaft und auch in anderen Teilen der Stadt schlecht zu reden. Klar ist: Wir stehen vor einem weiteren Schritt Ihrer mieterfeindlichen Politik.

Und nun will ich doch noch einmal ein paar Bemerkungen machen, die man auch vorhin zur Aktuellen Stunde hätte

(Manfred Silberbach Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

machen können, als wir hier in einer virtuellen Endlosschleife von Ihnen immer wieder gehört haben, was anderswo verkehrt laufe. Das hatte auch nur den einzigen Zweck, dass Sie nämlich weder über Verfassungsschutz diskutieren wollten noch über Ihre eigene Bilanz. Aber Ihre zweite Garde – und nur die war es in der Rede – hat noch einmal in der Aktuellen Stunde deutlich gemacht, dass die Abschaffung der Eigenheimzulage ein schwerer Schlag ins Kontor wäre. Da muss ich Ihnen ehrlich sagen: Wenn jemand in diesem Land 164 000 Euro im Jahr als Ehepaar ohne Kind verdienen kann und trotzdem noch 1200 Euro an Steuern spart, wenn er dieses Programm mitmacht, dann ist das die soziale Schieflage und der Mitnahmeeffekt, den wir mit dieser Regelung verhindern wollen!

(Beifall bei der SPD)

Das ist die klassische Art von Klientelpolitik, die auf dieser Seite des Hauses zu erwarten ist. Was wir alle vermisst haben – lediglich Herr Tants hat versucht, so ein bisschen über seine Lieblingsverkäuferinnen von Aldi zu reden –: Kein Wort ist von Ihnen in dem Zusammenhang gefallen über die Problematik, die wir vor uns haben, weil Sie es sind, die Zinsanhebungen machen, so dass nicht nur Mieten in dieser Stadt teurer werden. Das trifft eine ganze Reihe von Leuten, weit mehr Leute, als die Eigenheimzulage betrifft. Kein Wort von Ihnen dazu. Im Übrigen trifft das auch Nutzer von Privateigentum. Dazu hätte ich von Ihnen gerne auch ein paar Ausführungen gehabt.

(Beifall bei der SPD)

Und das trifft dann die viel zitierte Bilderbuchverkäuferin von Aldi, die Herr Tants hier immer bemüht. Das trifft sie! Sie trifft nicht die Eigenheimzulage, dazu kommt sie nie.

(Zuruf von Ekkehard Rumpf FDP — Gegenruf von Ingo Egloff SPD: Sie sind die Partei der Besserver- dienenden, Herr Rumpf!)

Wir bleiben allerdings dabei, dass die mieterfeindliche Politik der Rechtsregierung hier weitergeführt wird. Einige Sachen habe ich schon genannt: Mieterhöhung, es gibt ein Herunterfahren des Programms im Sozialwohnungsbereich und es gibt unter anderem auch nicht nur den Verkauf von SAGA und GWG-Wohnungen, was wir hier immer wieder deutlich gemacht haben. Im Haushaltsausschuss hat man eine neue Qualität des Verkaufs von Wohnungen erfahren. Die Stadt beginnt, auch Wohnungen im Bereich Curschmannstraße/Lenhartzstraße zu verkaufen, das konnten Sie heute in den Zeitungen lesen. Das wird begründet mit der Mietenpolitik dieser Stadt. Ich habe dazu noch nichts vernommen. Und ich habe angefangen, darüber nachzudenken. Das Einzige, das man bei diesen Wohnungen finden kann, ist, dass sie vermutlich für Sie zu preiswert sind. Das wollen Sie verhindern.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das haben Sie doch auch schon getan! – Beifall bei der SPD und bei der GAL)

Herr Silberbach, wir beide haben ja unsere Politiksozialisation bei den Jusos erfahren, wenn auch zu anderen Zeiten. Darauf lege ich Wert. Aber da hätten wir doch zumindest eine Forderung aufstellen können, die da heißt: Sozialwohnungen an die Elbchaussee. Wo kommt das von Ihnen? Dazu mögen Sie sich doch nicht versteigen. Aber wo diese Stadt Flächen besitzt, dürfte doch kein Geheimnis sein. Und ein Problem gibt es auch, das ja alle vorhandenen bebaubaren Flächen in dieser Stadt betrifft. Deshalb ist das auch immer ein ganz theoretischer Lösungsansatz, den wir hier diskutieren, in diesen Bereichen der Stadt. In

Blankenese, in den Walddörfern steht doch vor jeder Art von sozialem Wohnungsbau ein Bürgerbegehren. Das müssen Sie dann vertreten, dass Sie das in diesen Stadtteilen haben wollen. Aber wie ernst Sie eigentlich Ihre eigenen Prüfaufträge und Programme nehmen, kann man unter anderem auch an einer Entscheidung sehen, die wir heute in der Zeitung lesen konnten. Wohnschiffe werden geschlossen und die Leute werden nicht etwa nach Blankenese versetzt, sondern nach Bahrenfeld. Da hätte von Ihnen ein Aufschrei in der Zeitung zu lesen sein müssen,

(Beifall bei der SPD — Klaus-Peter Hesse CDU: Reden Sie einmal zum Antrag!)

aber Ihren Protest habe ich nicht gehört. Eigentlich tun Sie, wie immer, bei diesem Thema nichts. Sie nehmen das einfach so hin. Offen bleiben viele Fragen, aus denen man sich nicht nur mit Prüfaufträgen, die teilweise ja ein Jahr Zeit haben, retten kann. Offen bleibt auch die Frage: Wohin sollen denn all die Leute, die Sie in Zukunft im nicht vorhandenen sozialen Wohnungsbau nicht mehr unterbringen können? Wo wollen Sie die lassen? Dazu würde ich gerne eine Antwort von Ihnen hören.

Wir verfahren mit den Anträgen so: Den Antrag dieser Seite des Hauses lehnen wir ab,

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Sie haben den Antrag nicht gelesen!)

den Antrag der GAL nehmen wir an.

(Zurufe von der CDU)

Wer das Thema verfehlt hat, können wir gleich bei Herrn Silberbach sehen, wenn er darauf antwortet. Ich möchte von ihm noch einmal ein paar Begründungen zu seinem wirklichen Antrag hören. — Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat der Abgeordnete Roock.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Duden, Sie haben Herrn Silberbach vorgeworfen, nicht zum Antrag gesprochen zu haben. Vielleicht haben Sie ein paar Wahrnehmungsstörungen. Bei Ihnen habe ich das vollends vermisst, überhaupt zu diesen beiden vorliegenden Anträgen zu sprechen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU, der Partei Rechts- staatlicher Offensive und der FDP)

Meine Damen und Herren! Dieser Antrag soll dazu dienen, Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Frau Duden, wenn das eine Kriegserklärung an sozial schwache Stadtteile ist,

(Barbara Duden SPD: Nicht Stadtteile, sondern Mieter!)

wie nennen Sie dann Ihr Versagen innerhalb von 44 Jahren?

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Es ist doch wirklich nichts Neues, meine Damen und Herren, dass die Stadt seit vielen Jahren erhebliche Mittel in Problemstadtteile investieren muss, um einen weiteren Niedergang der Wohnquartiere zu vermeiden. Ich denke da an die Mittel für soziale Stadtteilentwicklung und insbesondere auch an die Zuwendungen im Sozialbereich.

(Barbara Duden SPD)

Mit der Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe hat der neue Senat bereits einen richtigen Schritt in die richtige Richtung getan. Er hat schnell und konsequent gehandelt, um durch die Abschaffung eine bessere soziale Durchmischung der betroffenen Gebiete zu erreichen. Dafür, meine Damen und Herren, hat der neue Senat Beifall verdient.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)