Protocol of the Session on October 30, 2002

„bedarf es einer systematischen Zustandserfassung und -bewertung nach einheitlichen Maßstäben, festgelegter Standards und Kriterien zur Prioritätensetzung sowie eines geeigneten Managementsystems.“

Es wird weiter festgestellt, dass es diese Kriterien noch nicht gibt. Das bedeutet, dass diese erst erstellt werden müssen, dass man dann mit sehr qualifiziertem Personal an die Angelegenheit herangehen muss und diese Bewertung auch nicht vom Schreibtisch aus machen kann, sondern nur durch Begehung durch das qualifizierte Personal vor Ort. Drittens muss klar sein, dass es eine Pflege nicht zum Nulltarif gibt. Und das bedeutet, dass der Grundansatz dieses Einsparpotenzials darin besteht, die kontinuierliche Pflege der Hamburger Straßen systematisch aufzubauen, viel Geld dafür auszugeben, um dann teure Grundinstandsetzungsmaßnahmen zu vermeiden. Genau da, Herr Reinert, liegt Ihr Fehler im Denkansatz, denn ein 18-Millionen-Euro-Sonderprogramm ist ganz und gar das Gegenteil von dem, was sich der Rechnungshof damals vorgestellt hat.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Genau das war auch der Grund dafür, dass in den Beratungen des Haushalts im Bau- und Verkehrsauschuss am 29. August und später im Haushaltsausschuss am 20. September die Oppositionsparteien dezidiert darauf hingewiesen haben, dass es eines solchen Managements bedarf und dass dafür die erforderlichen Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden, das heißt, dass Ihre Prioritätensetzung im Haushalt schlicht falsch war.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt hinaus, der im Rechnungshofsbericht ein ganz kleines bisschen vor der von Ihnen zitierten Stelle steht, nämlich die lapidare Feststellung in der Quelle,

„die wachsende Verkehrsdichte und -belastung beschleunigen den Verschleiß von Hamburgs Straßen“.

Das ist eine Binsenweisheit, jeder von uns hier kann das sofort unterschreiben. Und dann erklären Sie mir doch bitte einmal, worin denn das Teufelszeug der Feststellung des Verkehrsentwicklungsplans für Hamburg liegt, zu sagen, dass wir diesen Zuwachs minimieren müssen. Es ist doch völlig klar, dass wir da eine Zuwachsgrenze einziehen und dafür sorgen müssen, dass der Verkehr in dieser Stadt auch noch stadtverträglich bleibt.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD — Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Mit Begrenzung kennen Sie sich ja aus!)

— Mit der Stadtverträglichkeit kennen wir uns in der Tat aus.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Aber zurück zu dem Antrag und zu unserem Zusatzantrag, der aus diesem resultiert: Sie selbst, Herr Reinert, haben an dieser Stelle darauf verwiesen, dass es Erfahrungen aus anderen Städten gibt, und Sie betrachten es als eine Selbstverständlichkeit, diese mit in die Betrachtungen einzubeziehen. Das ist Konsens. Wunderbar.

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Die Belastbarkeit der Wirtschaft aber nicht!)

Die Entsprechungen im Haushalt allerdings, die werden Sie nicht hinbekommen und die sind ganz offensichtlich auch keine Selbstverständlichkeit, sonst hätten Sie die Prioritäten nicht falsch gesetzt. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

(Karl-Heinz Winkler Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort hat der Abgeordnete Rumpf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist über den effektiven Mitteleinsatz insbesondere bei knappsten Haushaltsmitteln hier schon einiges gesagt worden. Da nicht Sinn dieser Debatte ist, dass irgendwann alles gesagt ist, aber noch nicht von jedem,

(Barbara Duden SPD: Das war das Motto der aktu- ellen Stunde!)

werde ich mich hier kurz fassen und mich auf das beziehen, was seitens der Opposition hier eingewandt worden ist. Herr Lühmann, ich habe im Laufe des letzten Jahres – Herr Reinert und Herr Winkler haben mich dabei unterstützt – versucht, Frau Sager deutlich zu machen, dass der Versuch, den Verkehr zu minimieren, gerade in den vier Jahren gescheitert ist, denn er ist regelmäßig gestiegen. Da gibt es immer zwei Möglichkeiten, entweder man versucht es weiter, auch wenn man merkt, dass es nicht funktioniert, oder man versucht, sich den Gegebenheiten anzupassen. Ich lasse mir für Sie dann auch ein Jahr Zeit und dann haben wir vielleicht in einem Jahr einen Konsens, was das angeht.

(Beifall bei der FDP und vereinzelter Beifall bei der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Zweitens: Wir haben nicht wirklich unterschiedliche Rechnungshofsberichte vorliegen, glaube ich. Von daher erklärt sich mir nicht so ganz, wie Sie den Rechnungshofsbericht so interpretieren konnten, dass dieses Sonderinvestitionsprogramm, das wir im letzten Jahr gefahren haben, falsch gewesen sein könnte, denn dieses Sonderinvestitionsprogramm ist ja deswegen gerade nötig geworden, weil für die Sanierung und den Straßenerhalt in Ihrer Regierungszeit zu wenig Geld ausgegeben worden ist. Und genau das steht da drin. Um das zu vermeiden, ist dieses Straßenerhaltungsmanagement notwendig. Aber das sind durchaus alles sachorientierte Argumente, über die man sich austauschen kann. Das muss man anhand eines so relativ einfach strukturierten Antrags nun wirklich nicht mehr im Bauund Verkehrsausschuss tun. Ich denke, es gibt auch einen Konsens, dass wir den heute hier annehmen.

Aber noch einige Bemerkungen zu Herrn Kahlbohm: Das fand ich ja nun wirklich besonders spannend.

(Bernd Reinert CDU: Ja!)

Er hat gesagt, wir bräuchten angesichts der knappsten Haushaltslage jetzt einen besonders wirtschaftlichen Mitteleinsatz. Wenn die Sozialdemokratie in den letzten 44 Jahren immer einen wirtschaftlichen Mitteleinsatz durchgeführt hätte, dann hätten wir jetzt vielleicht eine weniger knappe Haushaltslage.

(Ingo Egloff SPD: Darauf hätten Sie die letzten 20 Jahre ja einmal achten können! — Gegenruf von Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Das haben wir getan!)

— Das haben wir getan. Sehen Sie sich die Zahlen an!

Zweitens: Er fordert zusätzliche finanzielle Mittel für den Straßenverkehr. Seine eigene Regierung in Berlin nimmt die Kraftfahrzeugsteuer und insbesondere die Mineralölsteuer und verbuttert 90 Prozent davon in irgendwelche anderen Projekte, ohne sich um Verkehr oder Straßenverkehr im Besonderen zu kümmern.

Drittens: Er sagt, wir bräuchten die Komplettierung des Autobahnrings um Hamburg. Richtig, Herr Kahlbohm. Ihre parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium geht am Montag hier hin und erzählt: Es tut uns furchtbar leid, aber die Hafen-Querspange, die streichen wir mal eben von der Liste. Und das, obwohl sie Hamburgerin ist. Da sind Ihre Forderungen hier in Wirklichkeit ein Witz. Ein schlechter Witz.

Ich habe das jetzt gar nicht mehr gehört, aber das muss mittlerweile eine Art pawlowscher Reflex bei der SPD sein: Wenn das Thema „Verkehr“ aufkommt, fällt denen „Stadtbahn“ ein.

(Bernd Reinert CDU: Ja, genau!)

Und etwas anderes überhaupt nicht mehr. Das ist ein Konzept von gestern und wir haben uns davon verabschiedet. Also verabschieden Sie sich bitte auch davon.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Meine Damen und Herren, wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung. Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 17/1556 und 17/1614 an den Bau- und Verkehrsausschuss zu? — Gegenprobe. – Letzteres ist die Mehrheit, somit ist dieser Antrag abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Zunächst zum GAL-Zusatzantrag, Drucksache 17/1614. Wer möchte ihn annehmen? — Gegenprobe. — Das Letztere ist die Mehrheit. Auch dieser Antrag ist abgelehnt. Wer möchte den Antrag aus der Drucksache 17/1556 annehmen? — Gegenprobe. – Enthaltungen? — Das Erste ist die Mehrheit. Damit ist der Antrag aus der Drucksache 17/1556 angenommen.

Ich rufe Punkt 70 auf, Drucksache 17/1561, Antrag der Fraktionen der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP: Sozial stabile Wohnquartiere durch gerechte Verteilung der Sozialwohnungen in Hamburg.

[Antrag der Fraktionen der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP: Sozial stabile Wohnquartiere durch gerechte Verteilung der Sozialwohnungen in Hamburg – Drucksache 17/1561 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 17/1620 ein Antrag der GAL-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion der GAL: Sozial stabile Wohnquartiere – Drucksache 17/1620 –]

Die GAL-Fraktion beantragt, beide Drucksachen an den Bau- und Verkehrsausschuss zu überweisen.

Wer möchte das Wort? – Herr Silberbach wünscht es und bekommt es.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Um gleich auf den Zusatzantrag zu kommen: Die GAL hat gegenüber der SPD teilweise einen Vorteil, da sie zumindest in der Lage ist, Probleme zu erkennen,

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

wenn auch der Weg und die Schlussfolgerung, die der GAL-Antrag vorlegt, nicht unsere Meinung ist. Darum werden wir den Zusatzantrag ablehnen.

A C

B D

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die soziale Schichtung in den Hamburger Stadtteilen lässt sich am sozialen Wohnungsbau festmachen. In einigen Hamburger Bezirken wurden überwiegend Wohnungen für die Bezieher geringer Einkommen gebaut. Diese Wohnungen standen beziehungsweise stehen dem Wohnungsamt für die Belegung zur Verfügung. Dadurch, dass die Einkommensgrenzen über Jahrzehnte für die Berechtigten für den so genannten Paragraph-5-Schein besonders niedrig gehalten wurden, bekamen nur noch Geringstverdienende beziehungsweise Familien mit vielen Kindern diese Wohnungen. Die Folge: In diesen Wohnungen leben heute nur noch überwiegend Ältere, besonders viele ausländische Mitbürger und sozial Schwache, weil die Sozialaufsteiger wegen der sozialen Erosion diese Wohnquartiere verlassen haben. Durch diese Entwicklung kommt es auch in nicht geringem Maße zu Wohnungsleerständen. Heute können diese Wohnquartiere auch Normalverdiener bekommen, weil viele Wohnungen aus der Sozialmietbindung herausgefallen sind. Nur ist aufgrund des negativen Wohnumfeldes kein Normalverdiener heute noch bereit, in diese Wohnungen zu ziehen. Das Ergebnis ist, dass in nicht betroffenen Stadtteilen gering verdienende Bürger keine entsprechende Wohnung bekommen können. Deshalb wird dieser Personenkreis zusätzlich in die sozial schwachen Stadtteile eingewiesen. Zu diesem Personenkreis gehören besonders viele Sozialhilfeempfänger, ausländische Mitbürger und Asylbewerber. Dadurch werden die Probleme in diesen Stadtteilen immer größer. Die in diesen problembeladenen Stadtteilen lebenden so genannten Normalbürger haben erhebliche Nachteile und tragen die Last der gesamten Stadt.

Der vorliegende Antrag soll ein Einstieg sein, damit die Probleme, die ganz Hamburg betreffen, nicht alleine von den Menschen in den sozial benachteiligten Stadtteilen getragen werden müssen. Und, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, konnten oder wollten Sie die Probleme in Ihren Regierungszeiten nicht sehen? Ich selbst habe sehr oft darauf hingewiesen und andere haben es auch getan. Sie haben uns nicht nur ein finanz-, schul- und verkehrspolitisches Desaster hinterlassen – von der Inneren Sicherheit will ich gar nicht sprechen –, sondern sie haben auch sozialpolitisch heruntergewirtschaftete Stadtteile hinterlassen. Davon werden Sie natürlich auch nicht freikommen, wenn Sie versuchen, zu erklären, dass Sie teilweise für diese Stadtteile viel getan haben. In den meisten Fällen ist es so gewesen: Die Probleme waren in den Häusern, das Einzige, was Sie getan haben, Sie haben sozusagen eine Fassadenerneuerung gemacht, aber die Probleme sind Sie nicht direkt angegangen.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Wir von der Koalition, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden versuchen, die Versäumnisse, die sich über 20 Jahre angehäuft haben, in den Griff zu bekommen. Eines möchte ich aber ganz besonders klarstellen. Der Weg wird schwer werden, weil nichts von der Vorgängerregierung auf diesem Gebiet gemacht worden ist.

(Antje Möller GAL: Wann reden Sie denn einmal zum Antrag!)