Protocol of the Session on September 19, 2002

Dann das Feigenblatt: die fehlende Finanzierung. Das haben Sie doch sonst auch nicht.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wer glaubt, dass man städtebauliche Ideen von Leuten, die dort wohnen – beispielsweise Fahrradwege und Wanderwege –, ins Lächerliche ziehen kann, und dann selber als einzige feste Planung ein Open-Air-Kino plant, der muss überlegen, was er hier sagt.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Aber viel ernsthafter und richtig ärgerlich ist das, was Sie, Herr Silberbach, hier gesagt haben. In Ihrer Rede ist allzu deutlich geworden: Sie sind nicht die Zukunft Wilhelmsburgs.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Manfred Mahr GAL: Genau, das ist wahr!)

Deshalb war es eine glatte Fehlbesetzung, Sie zu dieser Sache reden zu lassen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Deshalb könnte man, wenn man darüber klagt, dass in Wilhelmsburg die Schulsituation so schlecht ist, natürlich zu Ihnen sagen: Thema verfehlt, Note 6, setzen.

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Sie sind der Sargnagel für Wilhelmsburg!)

Nun zur Frage, wann sich in diesem Parlament wer für welche Sachen eingesetzt hat. Herr Silberbach, ich sage Ihnen Folgendes ganz persönlich: Sie sind ein Handlungsreisender in Sachen Politik. Sie haben in verschiedenen Parlamenten auf verschiedenen Seiten verschiedener Häuser gesessen, in Bezirksversammlungen, in Bürgerschaften, in verschiedenen Parteien, wo auch immer.

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Ist das verboten?)

Wenn Sie auf die Idee kommen, sich von dieser Sache frei zu reden, dann sollten Sie sich unter anderem angucken, was Sie zur Verkehrsentwicklung auf der Veddel beigetragen haben, was sich so auswirkt, dass die Situation in Wilhelmsburg so ist, wie sie ist.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Jetzt sagen Sie uns, was Sie tun!)

Wer sich hier hinstellt und in einer Art von Besinnungsaufsatz, kaum über den Tellerrand guckend, etwas deutlich machen will, der hat wirklich keine Ahnung. Das sage ich Ihnen einmal sehr deutlich. Die Rede, die Sie zu Wilhelmsburg gehalten haben, ist ein Aufsatz, der zu verschiedenen Punkten verschieden variiert wird. Das ist viel zu wenig. Man kann sich auch nicht damit herausreden, indem man sagt, die Bürgerbeteiligung in Wilhelmsburg sei von Linken, sozusagen Versprengten, geprägt gewesen. Das nehmen Sie alles nicht ernst.

(Zuruf von der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das hat der Kollege Wehnert getan. Ich bin nur nach vorne gekommen, weil das, was Herr Silberbach gesagt hat, hier nicht unwidersprochen bleiben darf.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Dr. Michael Freytag CDU: Warum mögen Sie ihn eigentlich nicht?)

Wenn aus Ihren Reihen Zwischenrufe kommen, insbesondere von Herrn Braak – „Halten Sie doch die Klappe!“ –, wenn Frau Özoguz sagt, sie könne die Argumente von Herrn Silberbach nicht mehr hören, spricht das für Sie. Das ist unmöglich.

(Senator Mario Mettbach)

(Beifall bei der SPD und der GAL – Richard Braak Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Dann soll sie rausgehen!)

Die Tatsache, dass das nicht gerügt worden ist, zeigt vermutlich, dass man solche Zwischenrufe gar nicht mehr hört, weil es so allgegenwärtig geworden ist. Das spräche dann aber sehr dezidiert gegen dieses Parlament.

Ich möchte aber noch die Einlassung von Herrn Rumpf deutlich machen, der gesagt hat, Bürgerbeteiligung wäre das eine, aber man hätte diejenigen – und das wäre das andere – nicht gefragt, die weggezogen sind. Haben Sie sich ein einziges Mal überlegt, ob man während der BPlan-Diskussionen jemals diejenigen fragt, die in Zukunft dort hinziehen werden? Das tun Sie auch nicht. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Herr Silberbach.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe nicht nur zu Wilhelmsburg gesprochen, sondern auch zu den anderen Hamburger Stadtteilen, die vergleichbar sind. Ich bin der Meinung, man sollte nicht so lange warten, bis vergleichbare schreckliche Dinge geschehen, damit man sich auch mit anderen Stadtteilen beschäftigt.

Frau Duden, was Sie hier gebracht haben...

(Wolf-Dieter Scheurell SPD:... war die Wahrheit!)

Ich habe der SPD in diesem Parlament von 1978 bis 1993 angehört und während dieser Zeit in aller Lautstärke Dinge gesagt, die man auch heute noch in Zeitungsartikeln nachlesen kann. Ich war auch bereit, die Konsequenzen zu ziehen, als meine Vorschläge nicht durchsetzbar waren, als ich mich mit den Problemen dieser Stadtteile beschäftigt habe. Da müssen Sie noch einiges lernen. Sie sagen von mir, dass ich die Probleme nicht kenne. Ihnen ist es zuzuschreiben, dass es die Schill-Partei in Hamburg gibt, weil Sie nicht fähig waren, eine für die Bürger nachvollziehbare Politik zu machen, insbesondere für ehemalige SPD-Wähler.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Ingo Egloff SPD: Das ist doch der Grund!)

Dann stellen Sie sich hier hin und tun so, als wenn da nichts gewesen ist. Die Bürger in Wilhelmsburg und vergleichbaren Stadtteilen verstehen es, wenn ich diese Probleme anspreche. Aber sie wurden nicht mehr verstanden und darum sitzen Sie auch in der Opposition.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Michael Neumann SPD: Sie waren mal Wilhelmsburger Abgeordneter und was haben Sie für Wilhelmsburg getan?)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, stelle ich fest, dass die Große Anfrage, Drucksache 17/1130, besprochen worden ist.

Tagesordnungspunkt 7, Drucksache 17/872, Große Anfrage der Fraktion der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP zur Förderung von Existenzgründungen.

[Große Anfrage der Fraktionen der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP: Förderung von Existenzgründungen – Drucksache 17/872 –]

Wer wünscht das Wort? – Herr Dr. Mattner wünscht und bekommt es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Existenzgründerförderung in Hamburg muss konzentriert, vereinfacht und effizienter gestaltet werden. Jede Existenzgründung leistet einen wichtigen Beitrag zur Schaffung neuer Arbeitsplätze sowie zur Belebung und Modernisierung der mittelständischen Wirtschaft.

Deshalb ist es wichtig, sich intensiv mit der Weiterentwicklung des existierenden Förderungsdickichts zu beschäftigen. Nicht zu leugnen ist, dass viele Faktoren steuernd auf die Zahl von Existenzgründungen einwirken, die nur auf Bundesebene durch entsprechende gesetzliche Regelungen verändert werden können; ob es das Kündigungsschutzgesetz ist, das 630-DM-Gesetz – heute 325Euro-Gesetz –, Steuerregelungen und vieles mehr. Dennoch sollten die Rahmenbedingungen, die wir in der Hansestadt steuern können, auch nicht unterschätzt werden.

Insbesondere durch kompetente und umfassende Beratungen besteht die Möglichkeit, unentschlossene oder unerfahrene Existenzgründer zur Selbstständigkeit zu ermuntern. In Hamburg besteht diesbezüglich ein überaus reichhaltiges, aber auch nicht immer leicht zu überschauendes Angebot. Zusammengefasst sind die beratenden Institutionen im so genannten Hamburger Gründungsnetzwerk. Es erfasst nicht weniger als 100 Mitglieder aus der Hamburger Wirtschaft, die jeweils eigene Beratungsmöglichkeiten bieten.

Existenzgründungsförderung findet in Hamburg aber nicht nur durch Beratungsangebote statt. Zahlreiche Einrichtungen bieten auch finanzielle Unterstützung für den Start in die Selbstständigkeit. Zu nennen sind hier zunächst die Bürgschaftsgemeinschaft sowie die Beteiligungsgesellschaft Hamburg. Für Letztere hat die Kreditkommission am 13. Juni dieses Jahres auf Vorschlag der Behörde für Wirtschaft und Arbeit – also auf Initiative unseres Senators – beschlossen, in den Jahren 2002 bis 2004 eine finanzielle Stärkung mit insgesamt 5 Millionen Euro vorzunehmen. Damit erhalten immerhin 80 Unternehmen zusätzliche Beteiligungen.

Auch an anderer Stelle ist die Behörde für Wirtschaft und Arbeit vor dem Hintergrund von Basel II tätig geworden. So hat sie im Juni ein neues Programm für Arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Existenzgründer vorgestellt, die von den Banken aus Kosten- und Risikogründen keine Kredite erhalten. Zielgruppe sind dabei potenzielle Existenzgründer, die eine Unternehmensgründung in Hamburg beabsichtigen und nur einen geringen Kapitalbedarf aufweisen. Hier werden dann Darlehen von maximal 12 500 Euro pro Person vergeben. Wahrlich, das ist keine riesige Summe, aber oft eine wertvolle Starthilfe für Gründer ohne nennenswertes Eigenkapital.

All diese Hilfen sind bedeutende Instrumente, um das Ziel einer sich selbst tragenden neuen Gründerkultur, die für Hamburg wichtig und gut ist, zu erreichen.

So konnten in den wesentlichen hamburgischen Existenzgründerprogrammen zum letzten Jahreswechsel erhebliche Zuwächse verzeichnet werden. Während noch Anfang der Neunzigerjahre aus dem Existenzgründungs

(Barbara Duden SPD)

programm jährlich über 100 Gründungen hervorgingen, waren es ab 1998 jeweils nur noch knapp über 80. Jetzt gibt es nunmehr wieder 127 neue Firmengründungen und damit geht eine erhebliche Steigerung von Teilnahmen an Coaching-Programmen der Wirtschaftsbehörde einher – Selbstständigkeit kann man planen – von 400 im Jahre 1998 auf nunmehr inzwischen 450 Fälle. Für den August 2002 bedeutet das insgesamt 60 Prozent mehr Förderfälle. Das haben wir gestern vom Senator gehört und uns sehr darüber gefreut.

Existenzgründerberatung scheint aber nicht immer nur preiswert zu sein. Das RKW Nord, das Rationalisierungsund Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft, führt auch in Hamburg für die Wirtschaftsbehörde Beratungen durch. Teilt man – ich habe das einmal gemacht – aufgrund der Zahlen die Auszahlungen an das RKW durch die Beratungsfälle, so ergibt sich ein Betrag von 14 000 Euro pro Beratung – gesehen über die vielen Jahre der Beratung. Da scheint ein erheblicher Betrag auch für Verwaltungskosten eingeplant zu sein. Aus meiner persönlichen Sicht ist hier Effizienzkontrolle anzuraten.

Im Rahmen der Möglichkeiten zwischen verlorenen Zuschüssen, Krediten oder Bürgschaften muss das System auch dahin gehend überprüft werden, ob zum Beispiel Kredite nicht dieselbe Funktion wie der verlorene Zuschuss übernehmen können. Das wäre zumindest effizienter für den Haushalt.

Es stellt sich außerdem die Frage, ob nicht in den vergangenen Jahren ein wenig über das Ziel hinausgeschossen worden ist. Wie bereits erwähnt, finden sich im Hamburger Gründungsnetzwerk über 100 Institutionen, die jeweils eigene Lösungen anbieten. Es werden mindestens 23 Standardprogramme gefahren, von den Exoten gar nicht geredet.

Eine beeindruckende Zahl, kann man sagen, zweifellos, doch welche Konsequenzen ergeben sich für potenzielle Existenzgründer? Er hat im Grunde – sprichwörtlich – die Qual der Wahl. Woher soll er wissen, welche Institution gerade ihn mit seinen speziellen Anforderungen am besten unterstützen kann? Woher weiß er, welche Einrichtung seine Geschäftsidee auch finanziell unterstützt? Die Liste des Gründungsnetzwerks, die sich auch bei der H.E.I. findet, hilft ihm da nur eingeschränkt weiter. So findet er dort unter „Finanzierungshilfen“ Hinweise auf die BG und die BTG. Dass es eine Vielzahl anderer und weiterer Institutionen gibt, kann er nicht ohne Weiteres erkennen. Beispiele wären c:channel business services oder die „siebte säule microlending“ oder weitere ENIGMA-Projekte.