Protocol of the Session on September 19, 2002

Einige Dinge springen aber auch zu kurz, sowohl in Ihrer Anfrage als auch im Weißbuch. Der Erhalt der Kulturlandschaft, zum Beispiel in Moorwerder und im Wilhelmsburger Osten, findet in der Großen Anfrage aus Sicht des Fragestellers anscheinend nicht statt. Dabei ist es ganz wesentlich und wird vom Senat auch so gesehen.

Es werden weitere Initiativen erforderlich sein und da kann man in der Tat ein bisschen Phantasie walten lassen. Die Harburger FDP hat irgendwann einmal – ich glaube, das war das Bezirkswahlprogramm 1997 – beschlossen, einmal eine Behörde nach Wilhelmsburg zu verlagern. Die Wirtschaftsbehörde möchte vielleicht die unmittelbare Nähe zur Baubehörde verlassen und hätte dann die Möglichkeit, das in Wilhelmsburg zu tun. Das ist jetzt einfach nur eine Idee.

Herr Dose hatte eine Zwischenfrage gestellt. Er ist jetzt leider nicht da. Es gab mal eine Furt zwischen Moorwerder

(Antje Möller GAL)

und Kirchwerder. Es gibt auch noch ein gemeinsames Kirchspiel mit einer Kirche in Kirchwerder. Die Moorwerder Einwohner können leider zurzeit die Kirche in Kirchwerder nicht erreichen, weil diese Furt irgendwann aufgegeben worden ist und in der Tat kann man sich da auch Entwicklungsperspektiven vorstellen. Alles in allem ist es ganz bestimmt nicht so, Frau Möller, dass der Senat diese Anregungen, die durch die Zukunftskonferenz in irgendeiner Weise gegeben worden sind, nicht berücksichtigt oder da nichts tut. Ich zitiere einfach nur mal. Es geht nur um das Thema Arbeit und Wirtschaft.

Da steht:

„In der Arbeitsgruppe ,Verbund Schule, Jugendhilfe, Betriebe‘ werden folgende Ziele angestrebt: Vernetzung und Optimierung der Übergänge, Präventionsmaßnahmen an allgemein bildenden Schulen, Entwicklung weiterer Qualifikationsmaßnahmen. In Aussicht gestellt wurden für das gesamte EQUAL-Programm insgesamt Landesmittel in Höhe von 1 175 633,67 Euro für den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 31. August 2005.“

Nur ein Beispiel. Werfen Sie doch diesem Senat, der seit zehn Monaten im Amt ist, über ein Projekt, das Sie noch angeschoben haben, was die Versäumnisse insbesondere der Sozialdemokraten der letzten 38 oder 39 Jahre, was Wilhelmsburg angeht, nicht vor, dass wir nicht innerhalb von sechs Monaten all das wieder aufarbeiten können. Das dauert einen Moment, aber dieser Senat ist dabei. Ich wünschte mir, Sie würden uns dabei helfen. – Danke schön.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort bekommt Senator Mettbach. Meine Damen und Herren! Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Ihre Verteilaktion etwas geräuschärmer fortsetzen würden.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mal einige grundsätzliche Dinge zu Wilhelmsburg sagen.

Erstens: Wir sind uns, glaube ich, in einem Punkt alle einig: In Wilhelmsburg muss etwas passieren.

Zweitens: Ich glaube, Wilhelmsburg ist wesentlich besser als der Ruf, den Wilhelmsburg im Moment hat.

(Beifall bei der GAL)

Drittens: Es sind städtebauliche Chancen vorhanden. Es müssen Konzepte entwickelt werden. Aber ich sage Ihnen auch, dass die Konzepte allein nicht reichen, sondern wir müssen auch insofern etwas tun, als dass wir es gleich mit einer positiven Imagekampagne für Wilhelmsburg verbinden.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Barbara Duden SPD: Aber nicht durch solche Reden! – Manfred Mahr GAL: Das haben wir auch nicht erwartet!)

Nur, machen Sie jetzt nicht den Fehler, zu glauben, dass ich damit irgendein Eingeständnis machen will, dass das, was Herr Silberbach gerade geschildert hat, nicht die Situation in Wilhelmsburg wäre. Genau das sind nämlich die Probleme, die vorhanden sind und die er auch sehr deutlich auf den Punkt gebracht hat.

(Zurufe von der GAL)

Bleiben Sie von der GAL doch einmal ganz ruhig und hören Sie mal einen Augenblick zu. Wir hören Ihnen doch auch zu. Nicht immer so aufgeregt sein.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Ich möchte kurz auf die Maßnahmen eingehen, die in dem Weißbuch vorgestellt worden sind. Zunächst einmal ist doch klar, dass wir diese wirklich vielfältigen Vorschläge auf den Prüfstand nehmen müssen. Wir müssen sehen, wo sind sie vernünftig, wo sind sie auch finanzierbar. Das, was den Senat und die Behörden von der Zukunftskonferenz unterscheidet, die ja auch ein Jahr hatte, sich damit zu beschäftigen, ist die Tatsache, dass die Zukunftskonferenz Wilhelmsburg in erster Linie ihre Wünsche artikuliert hat und wir jetzt die Machbarkeit in dem komplizierten Geflecht über alle Fachgebiete prüfen müssen, um hier zu einem vernünftigen Konzept zu kommen. Und das – das sage ich Ihnen auch ganz deutlich – kann man nicht in so kurzer Zeit machen.

An dieser Stelle sage ich eines auch ganz deutlich, genau wie es die Kollegen gerade gemacht haben: Ich erteile der Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße an dieser Stelle eine klare Absage. Dieses kann nicht vernünftig sein.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Herr Wehnert, Sie hatten gesagt, die SPD sei stolz auf die Bürgerbeteiligung in Wilhelmsburg. Ich bin auch stolz auf das Ergebnis dieser Bürgerbeteiligung.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Nur, diese Bürgerbeteiligung wäre überhaupt nicht notwendig gewesen, wenn Sie nicht in den vergangenen Jahren den Stadtteil hätten zugrunde gehen lassen und das ist das Entscheidende.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Sie haben es zugelassen, dass diese Probleme in Wilhelmsburg heute in der Form überhaupt vorhanden sind. Hätten Sie rechtzeitig mit vernünftigen Konzepten auch diesem Stadtteil geholfen, bräuchten wir diese Diskussion heute nicht zu führen, weil dann in Wilhelmsburg alles in bester Ordnung gewesen wäre.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Wenn Sie sich dann einmal angucken, was Sie aus dem Weißbuch herausziehen, zum Beispiel die Fahrradwege und die Fußwege, dann sage ich Ihnen, dass die Probleme in Wilhelmsburg tiefer liegen als Fahrradwege, Fußwege oder Wanderwege.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Ich finde es schon fast unverschämt, sich hier hinzustellen, nachdem Sie selber über 40 Jahre die Chance hatten, diese Stadt positiv zu entwickeln, von uns zu erwarten, dass wir innerhalb von sechs Monaten diesen Zustand von null auf hundert verändern können.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Der nächste Punkt. Ich finde es schon wieder sehr witzig, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen – seit März liegt

(Ekkehard Rumpf FDP)

A C

B D

das Konzept vor –, der Senat hätte noch nichts gemacht. Wir wollen nicht den gleichen Fehler machen, den andere machen. Wir haben gestern darüber diskutiert. Wir werden dieses vernünftig planen, in den Haushalt einstellen und nicht am Budgetrecht der Bürgerschaft vorbei etwas machen, was Sie noch gar nicht genehmigt haben.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Schlimm ist es, dass Sie sich hier hinstellen und sagen, wir müssen Sanierungskonzepte entwickeln, einleiten und umsetzen. Ich habe gerade gesagt, wir müssen das sanieren, was Sie uns hinterlassen haben.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Ich möchte einen allerletzten Punkt hinzufügen. Frau Möller, tun Sie mir in Zukunft bitte einen Gefallen: Versuchen Sie nicht, die Öffentlichkeit zu verschaukeln, indem Sie einfach unterstellen, der Senat würde sich weder mit dem Weißbuch beschäftigen, noch würde es unter diesem Senat keine Veränderungen in Wilhelmsburg geben. Sie wissen ganz genau, dass dieses nicht stimmt. Es sind Ihre Schlussfolgerungen und ich sage Ihnen, wir arbeiten lange daran. Alle Behördenleiter haben das Weißbuch bekommen. Alle überprüfen es, in allen Behörden. Hier werden vernünftige Konzepte gemacht. Wenn Sie der Öffentlichkeit vormachen wollen, der Senat würde nichts tun, dann sage ich Ihnen, Sie verschaukeln die Öffentlichkeit und das wissen Sie ganz genau.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Duden.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Senator Mettbach, ich möchte jetzt doch mit Ihnen anfangen. Wir sind uns einig, was den Ruf von Wilhelmsburg betrifft. Der ist gut, wenn er nicht durch solche Reden von Herrn Silberbach nachhaltig in der Bürgerschaft schlecht gemacht wird. Das ist das eine.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das andere ist die Tatsache, dass in der Vergangenheit in Wilhelmsburg sehr viel passiert ist. Das werden Mitglieder dieser Bürgerschaft – egal welcher Fraktion – immer bejahen können, denn das ist in der Politik sehr deutlich geworden. Wer so tut, als wenn wir nicht gewusst haben, wo Wilhelmsburg liegt, hat in den meisten Bürgerschaftssitzungen sehr gut geschlafen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Was unseren Vorwurf betrifft, der Senat habe noch nichts getan, und Sie sagen, er prüft und prüft, dann müssen Sie die Antworten auf diese Anfrage lesen, die wir gestellt haben. Das wird insofern sehr deutlich, als da beispielsweise gesagt wird „macht“ und „kommt noch“. Es würde in Wilhelmsburg schon helfen, wenn Sie wenigstens ansatzweise sagen könnten, was der Senat wirklich plant, denn Sie werden doch nicht alles geheim halten wollen.

(Vizepräsident Peter Paul Müller übernimmt den Vorsitz.)

Dann das Feigenblatt: die fehlende Finanzierung. Das haben Sie doch sonst auch nicht.