Protocol of the Session on April 4, 2001

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Roth, entschuldigen Sie, aber war es Ihnen nicht – ehrlich gesagt – peinlich, hier wieder mit einer riesig langen Liste an das Pult zu treten und zu sagen, was es alles gibt? Die Schlußfolgerung wäre doch, daß Sie angesichts der offenbaren Mängel dieser Stadt trotz dieser Maßnahmen nicht fähig sind, die richtige Politik zu machen.

(Barbara Ahrons CDU: Richtig!)

Andererseits habe ich den Eindruck, daß Hamburg heute irgendwie eine Glückssträhne hat, denn, Frau Roth, Sie nehmen Ihre Entscheidung zur Heroinambulanz zurück und geben Ihren Widerstand gegen die Montagsrunde auf. Das können wir nur begrüßen. Aber, Frau Roth, welchen geringen politischen Handlungsspielraum haben Sie eigentlich noch in der Stadt, wenn Ihre besten Leistungen darin bestehen, Entscheidungen zurückzunehmen und Widerstände aufzugeben?

(Beifall bei der CDU)

Frau Brinkmann, bitte.

Herr Wersich, wir waren uns bisher in diesem Parlament einig, daß es keinen Königsweg in der Drogenpolitik gibt, und die Ergebnisse bis zum heutigen Tage zeigen, daß es auch so ist. Es wäre doch schön, wenn Ihre Runde greifen würde, wir hätten bis zur Wahl alles geschafft, hätten in Hamburg keine Drogenszene mehr, dann hätten wir die großen Erfolge

(Beifall bei Wolf-Dieter Scheurell SPD)

und bekommen sicher 80 Prozent in dieser Stadt.

Aber so einfach ist es nicht, Herr Wersich. Aber die Senatorin hier darzustellen, als mache sie alles verkehrt, wo wir in Deutschland in der Drogenpolitik anerkannte Wege gegangen sind und in vielen Positionen die ersten gewesen sind, nenne ich eine – na ja, ich will das Wort nicht aussprechen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL – Uwe Grund SPD: Ignoranz!)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Ich lasse dann über den Antrag aus der Drucksache 16/5775 abstimmen. Wer stimmt zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe den nächsten Tagesordnungspunkt auf, aus den Drucksachen, die Ihnen nachrichtlich zugegangen sind, Drucksache 16/5711, Mitteilung des Senats als Erfahrungsbericht über die Umsetzung des Gesetzes zur Gleichstellung von Frauen und Männern im hamburgischen öffentlichen Dienst.

(Senatorin Karin Roth)

[Senatsmitteilung: 3. Erfahrungsbericht über die Umsetzung des Gesetzes zur Gleichstellung von Frauen und Männern im hamburgischen öffentlichen Dienst (Gleichstellungsgesetz) – Berichtszeitraum 1997 bis 1999 – Drucksache 16/5711 –]

Diese Drucksache wurde bereits im Vorwege an den Gleichstellungsausschuß überwiesen. Die SPD-Fraktion hat sie dennoch zur Debatte angemeldet. Das Wort wird von Frau Ernst gewünscht. Bitte schön, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der öffentliche Dienst in Hamburg ist der größte Arbeitgeber der Stadt. Über 70 000 Menschen arbeiten in den verschiedensten Bereichen, davon über 30 000 Frauen.

Senat und Bürgerschaft haben 1992 durch das Gleichstellungsgesetz das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst gesetzlich verankert. Regierung und Parlamente haben mehr Einfluß auf die Gestaltung der Arbeitsbedingungen im öffentlichen Sektor und damit auch auf die Gestaltung der Arbeitsbedingungen von Frauen als in der Privatwirtschaft.

Die aktuelle Debatte um ein Gleichstellungsgesetz in der Privatwirtschaft zeigt, wie schwierig es ist, die Diskriminierung von Frauen durch gesetzliche Regelungen abzubauen. Die Ausgangsbedingungen im öffentlichen Dienst sind hier besser, und damit kommt dem öffentlichen Sektor auch eine Vorbildfunktion zu.

Auch 1992 waren sich Senat und Bürgerschaft bewußt, daß Gleichstellung der Kontrolle bedarf, und das hat sich bis heute auch nicht geändert. Daher wurde der Senat durch dieses Gesetz verpflichtet, alle drei Jahre einen Erfahrungsbericht über die Umsetzung vorzulegen, und der 3. Bericht liegt uns nunmehr vor.

Wir hatten bereits am Mittwoch im Gleichstellungsausschuß die Gelegenheit, über diesen Bericht zu diskutieren. Die Bilanz der letzten Jahre hat, wie ich meine, alle Fraktionen überzeugt. Die Aktivitäten zur Gleichstellungspolitik im öffentlichen Dienst können sich sehen lassen. Deutlich wurde auch die aktive und innovative Rolle des Senatsamtes für die Gleichstellung in den letzten Jahren.

Die Anforderungen haben sich gewandelt. Ging es zu Beginn der neunziger Jahre darum, überhaupt strukturelle Frauenförderung im öffentlichen Dienst zu verankern, war es dann wichtig, Maßnahmen der Personalentwicklung und Frauenförderung zu verbinden, so geht es im Moment darum, den Prozeß der Verwaltungsmodernisierung mit der Gleichstellungspolitik zu vernetzen. Für diese Vernetzung sind uns viele Beispiele genannt worden.

Frauen im öffentlichen Dienst sind Motoren der Verwaltungsmodernisierung. Es sind die vielen weiblichen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, die, wie uns beschrieben wurde, in vielen Arbeitsgruppen und Projekten viel mehr als Männer bereit sind, über die Zukunft der öffentlichen Verwaltung nachzudenken. Frauen sind flexibler und offener für Neues, eine Erkenntnis, die sich auch mit allgemeinen Wahrnehmungen deckt.

Die Verwaltungsmodernisierung profitiert damit elementar von dieser Innovation auch durch das Senatsamt für die Gleichstellung. Das macht ein Bereich, wie ich meine, besonders deutlich: Die Orientierung an Kundinnen und Kunden in der Verwaltung. Aus dem Projekt „Zeiten der Stadt“

haben wir gelernt, daß die Belange von Männern und Frauen und die jeweiligen Anforderungen an die Dienstleistungen der Verwaltung sehr unterschiedlich sein können. Was liegt also näher, als die verschiedenen Sichtweisen von Männern und Frauen, ihre unterschiedlichen Wahrnehmungs- und Verhaltensweisen in den Modernisierungsprozeß der Verwaltung mit einzubeziehen und somit die Orientierung an den Ansprüchen der Kundinnen und Kunden zu verbessern.

Einige private Unternehmen, die sich am Markt orientieren müssen, haben vergleichbare Instrumente längst entwickelt. Mit Diversity-management wird gezielt Kompetenz verschiedener Beschäftigter einbezogen, um die Produkte am Markt besser abzusetzen, die auch von vielen verschiedenen Menschen gekauft werden sollen.

Der Bericht verschweigt aber auch keine Probleme, und wir haben im Ausschuß einige erörtert. Teilzeit ist nicht in allen Bereichen eine anerkannte Arbeitsform, und auf der anderen Seite gibt es sogar schon Bereiche, bei denen der Anteil der Teilzeitbeschäftigten so hoch ist, daß es Probleme macht, diese für die Dienststellen zu koordinieren. Auch das muß einmal gesagt werden.

Der Anteil von Frauen in Führungspositionen steigt zwar, aber langsam, und die Teilung von Führungsaufgaben geht auch nur langsam voran. Sexuelle Belästigung ist auch im öffentlichen Dienst ein Thema, auf das der Bericht aber leider gar nicht eingeht. Wir brauchen ein stärkeres Controlling. Für die Zukunft muß gesichert sein, daß die Aktivitäten zur Frauenförderung nach dem Gesetz einem systematischen Controlling unterliegen und auch anhand entsprechender Qualitäts- und Quantitätszahlen, wie wir sie aus anderen Bereichen kennen, nachvollziehbar verfolgt werden können.

Wir hatten bisher kaum ausreichende Datengrundlagen, aber mit der Vorlage des Personalberichtes in diesem Jahr ist deutlich geworden, daß auch über EDV inzwischen Grundlagen für eine geeignete Datenbasis gelegt sind.

Ein weiteres wichtiges Thema sind die Frauenbeauftragten. Deren Rolle im Prozeß der Gleichstellung verändert sich und muß neu bedacht werden. Zur Zeit gibt es in Hamburg rund 120 Frauenbeauftragte, und wir haben den Eindruck, daß es nicht gelingt, diese systematisch in Prozesse von Verwaltungsmodernisierung und Vernetzung mit Gleichstellung mit einzubeziehen. Die Mitwirkung muß ausgeweitet werden, verweist aber auch darauf, daß die Stellung der Frauenbeauftragten insgesamt einer neuen Klärung bedarf. Die SPD wird dieses Thema im Wahlprogramm aufgreifen.

Weiterhin möchten wir mehr die einzelnen Fachbehörden in die Verantwortung nehmen. Zu überlegen ist, ob nicht die einzelnen Behörden Berichte über die Erfolge ihrer Gleichstellung vorlegen müssen, um den Prozeß nachvollziehbar zu machen, denn schließlich ist nicht das Senatsamt für die Gleichstellung dafür verantwortlich, daß es in der Senatskanzlei noch immer keine Frauenbeauftragte gibt.

Zu hinterfragen ist auch, ob ein dreijähriger Bericht tatsächlich flexibel genug ist oder ob wir nicht in häufigeren Abständen dafür etwas kürzere Berichte bekommen sollten.

Wir brauchen ein zeitnahes Controlling. Wie wir das am geschicktesten anstellen, darüber unterhalten wir uns in der nächsten Legislaturperiode.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

(Präsidentin Dr. Dorothee Stapelfeldt)

Das Wort hat Frau Koop.

Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren! Nach den umfassenden Darstellungen von Frau Ernst bleiben mir nur ein paar Kritikpunkte. Sie wissen alle, daß wir uns durch diesen Bericht haben durchackern müssen.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Ist das alles gewesen?)

Erstens hätten wir es sehr begrüßt, wenn wir den Bericht etwas früher bekommen hätten. Zweitens sollten wir eine Debatte erst dann führen, wenn wir die Besprechungen abgeschlossen haben, denn es ist sehr spannend, was uns die Frauenbeauftragten – so sie denn dürfen – dazu berichten können.

(Uwe Grund SPD: Das können wir ja noch einmal machen!)

Das wäre nett, dann steigen wir da noch einmal wieder ein.

Wir haben festgestellt, der Bericht ist umfangreich, gehaltvoll und informativ. Es ist eine positive Entwicklung zu beobachten. Das ist natürlich in erster Linie dem Einsatz des Senatsamts zu verdanken, das, wie ich auch sage, im Gleichstellungsausschuß zu Recht von allen Seiten mit Lob überhäuft worden ist.

Der Einsatz muß sich aber weiterhin nur auf Steuerungs- und Beratungsfunktionen beschränken, denn dem Senatsamt fehlen nach wie vor Weisungs- und Sanktionsbefugnisse, die alles etwas erleichtern würden. Aber die an Sturheit grenzende Beharrlichkeit der Mannschaft hat einiges bewegt. Einige Widerstandshochburgen sind gefallen. Es ist erstaunlich, wenn man hört, daß die Erkenntnis, Fördermaßnahmen und Fortbildung würden tatsächlich etwas bewirken, auch in der Baubehörde angekommen ist. Bei ein bißchen mehr interbehördlicher Kommunikation hätte man sich diese Tips schon viel früher von der Umweltbehörde holen können. Aber, wir wissen alle, solange Fördermaßnahmen empfohlen, angeschoben und angeboten werden, aber nicht direkt verbindlich sind, bergen sie immer die Möglichkeit, eine derartige Fördermaßnahme zu umgehen. Ich weiß, wovon ich rede.

(Uwe Grund SPD: Das ist wie bei der CDU!)

Das wird in dem Bericht allerdings auch nicht verschwiegen, denn wir finden in der Beurteilung zu den einzelnen Punkten ein Resümee. Da gibt es beispielsweise Formulierungen wie „die Maßnahme noch nicht voll genutzt“, „Die Veranstaltung traf nicht die Resonanz der Zielgruppe“, „Der Trend zu Frauenseminaren ist rückläufig“ oder „Das Angebot wurde kaum angenommen“. Da muß sich natürlich noch einiges tun.

Ganz besonders signifikant war die Schlußbemerkung zur „Teilbarkeit von Führungspositionen“, die mir sehr am Herzen liegt. Da heißt es, daß flexible Arbeitszeitmodelle, wie die Teilbarkeit in Führungspositionen, insgesamt als nicht realisierbar bewertet und in der Umsetzung nicht unterstützt werden. Das ist bedauerlich. Aber nur mit Empfehlungen, Anbieten und Vorschlagen läßt sich das sicherlich nicht umsetzen.

Ein weiteres heikles Thema sind die Frauenbeauftragten. Man fragt sich, warum nach zehn Jahren Gleichstellungsgesetz immer die gleichen Behörden und gleichen Dienststellen noch keine Frauenbeauftragten haben und warum

die Arbeit immer so mühselig sein muß. Vielleicht muß man etwas härter eingreifen, anweisen oder nachdrücklich einfordern, wenn man nachhaltig etwas verändern will.

Aus meinen eigenen Unterlagen habe ich entnommen, daß wir das vor 30 Jahren – ich habe ja immer noch eine spätfeministische Ader – „brechen des systemimmanenten Widerstandes“ genannt haben. Das ist immer noch relevant. Wenn man aber selber zum System gehört, ist das natürlich etwas anders. Vielleicht sollten wir einmal demonstrieren, auch wenn die Alternativen meinen, wenn sie an der Macht wären, gäbe es keine Alternative zu ihrer Macht. Es gibt sie. Das sollten wir vielleicht einmal deutlich machen.

(Uwe Grund SPD: Aber frauenpolitisch gibt es die wirklich nicht!)