Deshalb sage ich abschließend: Krokodilstränen sind nicht der richtige Weg. Wir müssen uns ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen, wie wir bessere Rahmenbedingungen für Opel schaffen können. Die Variante „Wir stehen an der Seite von Opel“ genügt nicht. Polittourismus hilft Opel nichts; Opel helfen nur gute Rahmenbedingungen.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Rentsch, Sie haben mich angesprochen, also führen wir die Debatte.
Was mich immer wieder wundert: Wir waren in der letzten Regierung Kollegen, aber Sie haben offensichtlich alles vergessen, was damals war. So lange sind Sie doch noch nicht in der Opposition.
Auf die Frage: „Was tun wir für Rüsselsheim?“, gibt es eine ganz schlichte Antwort. Sie waren doch dabei. Um es ganz einfach zu sagen: Wir haben Rüsselsheim zu einem Hochschulstandort mit einem sehr qualifizierten Wissenschaftsapparat gemacht, der in unmittelbarer Kooperation mit Opel sehr gut arbeitet. Das haben wir als Landesregierung damals gemeinsam mit der Stadt gemacht. Wir sollten das, was wir gemeinsam gut gemacht haben, nicht für einen billigen Auftritt in diesem Haus in die Tonne treten. Ich könnte noch jede Menge mehr Beispiele bieten, meine Damen und Herren.
Wir sind – spätestens, nachdem Donald Trump Präsident geworden ist – im Zeitalter der Fake-News. Heute haben wir ein herrliches Beispiel dafür erlebt. Lieber Kollege Rentsch, was muss eigentlich passieren, dass wir nicht immer nach den gleichen Ritualen verfahren? Ich habe mich daran gewöhnt, dass sich die FDP an den GRÜNEN abarbeitet. Man kann ja quasi die Uhr danach stellen. Das sei Ihnen geschenkt, das ist in Ordnung. Ich hätte mir aber gewünscht, dass wir heute nicht in kleinstem parteipolitischem Karo diskutieren, sondern ein überzeugendes gemeinsames Votum für Opel und für Rüsselsheim abgeben würden. Das ist leider nicht gelungen.
Schauen Sie sich Ihren Antrag an: Er strotzt vor falschen Behauptungen. Die Krönung ist: Sie haben sich intensiv mit dem Klimaschutzplan beschäftigt, den die Hessische Landesregierung vorlegen wird. Dieser Plan liegt zwar noch gar nicht vor, aber Sie kommen schon heute zu dem Ergebnis – jetzt zitiere ich, was im Namen des von mir eigentlich sehr geschätzten Kollegen Lenders in der gestrigen Ausgabe der „Fuldaer Zeitung“ veröffentlicht worden ist –: „Als Sahnehäubchen plant die Landesregierung nun
einen sogenannten Klimaschutzplan, der im Grunde den Industriestandort Hessen kaputt macht.“ – Meine Damen und Herren, der politische Meinungskampf rechtfertigt nicht jeden Unsinn.
Einen Klimaschutzplan gibt es überhaupt noch nicht. Gerade deshalb, weil wir gemeinsam regiert haben, sage ich: Vergessen Sie sich in Ihrer Verzweiflung, eine Schlagzeile zu bekommen, bitte nicht. Sie brauchen dieser Regierung doch nicht vorzuwerfen, dass sie den Industriestandort kaputt machen wolle.
Das wollen Sie ja eigentlich gar nicht sagen, aber in der Sehnsucht, wahrgenommen zu werden, übertreiben Sie jede Formulierung. Wenn Sie uns vorwerfen, wir machen etwas falsch, dann akzeptiere ich das; denn darüber kann man streiten. Aber einer Regierung, die unter anderem geschworen hat, dafür zu sorgen, dass in diesem Lande Wohlstand herrscht, vorzuwerfen, sie wolle den Industriestandort kaputt machen, das ist nicht nur falsch, sondern auch niederträchtig, und das weise ich in aller Form zurück.
In Punkt 3 Ihres Antrags wird der Hessische Landtag aufgefordert, zu bedauern, „dass sich durch die Zustimmung der Landesregierung zu einem Verbot von Verbrennungsmotoren sowie durch die Forderung nach einem Fahrverbot von Dieselfahrzeugen in Innenstädten das Investitionsklima für die Automobilindustrie in Hessen nachhaltig verschlechtert“. Damit behaupten Sie, wir hätten erstens einem Verbot von Verbrennungsmotoren und zweitens einem Fahrverbot von Dieselfahrzeugen in Innenstädten zugestimmt. Ich weiß nicht, wo Sie das herhaben. Das ist schlicht falsch.
Lieber Herr Lenders, ich weiß nicht, wer Sie spickt, aber jetzt müssen wir schon einmal ernsthaft miteinander reden. Es geht um einen Beschluss des Deutschen Bundesrates vom 23. September 2016. In diesem Beschluss gibt es einen Punkt 4, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, sich dafür einzusetzen, dass spätestens ab dem Jahre 2030 unionsweit nur noch emissionsfreie Pkw zugelassen werden. – Nur der Korrektheit halber: „Emissionsfreie Pkw“ bedeutet kein Verbot von Verbrennungsmotoren. Man könnte heutzutage auch die bisherige Technik emissionsfrei gestalten. Das würde halt einen riesigen Aufwand erforderlich machen. Genau daran arbeitet man bei Opel und bei anderen Automobilherstellern. Deshalb ist Ihre Behauptung in der Sache falsch.
Was aber noch viel schlimmer ist: Sie behaupten, in Punkt 10 des Beschlusses des Bundesrats stehe ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in Innenstädten. In Wirklichkeit
ist es so: In Punkt 10 fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, sich gegen ein pauschales Fahrverbot in Innenstädten einzusetzen. – Ihre Behauptungen sind also grundfalsch, und das muss man hier einmal darlegen.
Es kommt aber noch besser. Weil ich vermeiden wollte, dass aus meiner Sicht zumindest missverständliche Positionen die Zustimmung des Landes Hessen erhalten, hat Hessen diesem Beschluss nicht zugestimmt. Wo haben Sie denn her, dass wir zugestimmt hätten? Sind Sie noch nicht einmal in der Lage, ein Protokoll zu lesen?
Jetzt kommt der allergrößte Hammer: Die FDP regiert in Deutschland in einem einzigen Bundesland mit, nämlich in Rheinland-Pfalz. Dort stellt sie den Wirtschaftsminister. Raten Sie einmal, wie Rheinland-Pfalz an der Stelle gestimmt hat. Rheinland-Pfalz hat zugestimmt. Dort, wo die FDP Verantwortung trägt, stimmt sie zu, aber im Hessischen Landtag stellt sie die falsche Behauptung auf, wir hätten zugestimmt, was wir gar nicht getan haben.
Wir können uns in der Sache streiten. Was ich nicht akzeptiere, sind Niedertracht, falsche Behauptungen und die Hoffnung, mit Stimmungsmache Stimmen zu bekommen.
Meine Damen und Herren von der FDP-Fraktion, wir haben gemeinsam regiert. Ich habe das nicht vergessen. Ich bin so lange in diesem Parlament, dass ich das sehr gut auseinanderhalten kann. Herr Kollege Rentsch, es tut mir in der Seele weh, denn wir haben gut zusammengearbeitet; aber wer mich hier im Plenum auffordert, ich solle zu einer Sache Stellung nehmen, der muss ertragen, wenn er Falsches behauptet, dass ich sage, dass es falsch ist. Wenn er uns Niedertracht unterstellt, muss er ertragen, dass ich das zurückweise.
Ich bitte zum wiederholten Mal: Lassen Sie uns in der Sache streiten, aber versuchen Sie nicht, hier durch falsche Stimmungsmache ein Bild zu erzeugen, das der Sache nicht entspricht. Unsere Aufgabe ist es, gemeinsam für dieses Land zu arbeiten, um die besten Wege zu ringen. Dabei brauchen wir uns nicht gegenseitig niederzumachen. Ich bedauere solche Entwicklungen.
Kolleginnen und Kollegen, bevor ich das Wort an Frau Kollegin Wissler weitergebe, noch einige Klärungen zum weiteren Verlauf.
Erstens haben sich alle Fraktionen darauf geeinigt, dass die Redner in dieser Aktuellen Stunde entgegen der Bestimmung in unserer Geschäftsordnung nochmals reden dürfen. So verfahren wir dann auch.
Zweitens würde ich gerne die zusätzlichen Redezeiten bekannt geben, damit sich die Fraktionen darauf einstellen können. Alle Fraktionen haben noch einmal sieben Minuten Redezeit dazubekommen. Insgesamt haben damit die CDU elf Minuten und 19 Sekunden, die SPD sieben Minuten, die GRÜNEN acht Minuten und 16 Sekunden, DIE LINKE 22 Minuten und die FDP acht Minuten und 48 Sekunden.
Somit können wir die Debatte fortsetzen. Als Nächste spricht – 22 Minuten Redezeit – Frau Kollegin Wissler, DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Erneut bangen die Beschäftigten von Opel um ihre Zukunft. Am 13. Februar wurde bekannt, dass General Motors mit PSA Peugeot Citroën über einen Verkauf der Tochter Opel Vauxhall verhandelt. Betriebsräte und Gewerkschaften erfuhren davon erst aus den Medien. Ich halte das für ein Unding. Das ist gegenüber der Belegschaft nicht in Ordnung.
Es sind nämlich die Beschäftigten, die das Unternehmen zu dem machen, was es ist. Deshalb haben sie natürlich ein Recht darauf, vernünftig einbezogen zu werden. Die Beschäftigten bangen nun wieder einmal darum, wie es weitergeht. Das muss man leider sagen. Das ist für die Beschäftigten ganz besonders bitter, die extra aus Bochum umgezogen sind, um weiter bei Opel arbeiten zu können.
Die haben uns ja immer versprochen, dass nach der Schließung in Bochum erst einmal Ruhe ist und Opel gesund weitermachen kann. Was das wert war, sehen wir jetzt.
Immerhin wurden mittlerweile die Arbeitnehmervertreter in Deutschland und auf europäischer Ebene offiziell informiert. Wir erwarten, dass das auch bei den weiteren Verhandlungen so passiert. Mitbestimmungsrechte müssen eingehalten werden. Darauf hat der Ministerpräsident zu Recht hingewiesen.
Es ist gut, dass wir uns alle heute darüber einig sind, dass wir an der Seite der Beschäftigten von Opel stehen und dass das Opel-Werk in Rüsselsheim ein wichtiger Betrieb für Hessen ist. Aber leider kann das Land wenig bis gar keinen Einfluss auf die Entwicklung nehmen – zumindest direkt. Diese Chance wurde in den Jahren 2008 und 2009 leider vertan.
Ich will zumindest daran erinnern, dass das Land Hessen in der letzten Opel-Krise die Chance gehabt hätte, sich einen Anteil an dem Unternehmen zu sichern und damit auch Einfluss und Mitspracherecht. Man hätte die staatlichen Hilfen, die es damals gab, an Bedingungen knüpfen können. Dann hätten das Land und der Bund jetzt die Möglichkeit, ganz anders Einfluss zu nehmen, nämlich zum Wohle und im Interesse der Beschäftigten – natürlich auch im Hinblick auf den dringend notwendigen Umbau der Automobilwirtschaft. Meine Damen und Herren, das ist mehrfach angesprochen worden.
Der französische Staat besitzt immerhin 14 % von PSA. Damit sitzt zumindest ein Beteiligter am Tisch, dem es nicht nur um betriebswirtschaftliche Interessen geht oder, sagen wir einmal, zumindest gehen sollte und könnte. Für Opel wurde diese Chance leider verpasst.