Protocol of the Session on February 22, 2017

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Michael Boddenberg (CDU): Ach du liebe Zeit!)

Lieber Lothar Quanz, vielen Dank. – Das Wort erhält Herr Abg. Daniel May für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion beantragt heute die Durchführung einer Studie hinsichtlich der besonderen Belastungen der hessischen Lehrerinnen und Lehrer. Sie kann aber in der Begründung des Antrags nicht darstellen, warum die hessischen Lehrerinnen und Lehrer gegenüber denen anderer Länder in Deutschland besonders belastet sein sollten. Ich werde Ihnen auch gleich nachweisen, dass es für diese Annahme keinen Anlass gibt. Vielmehr ist genau das Gegenteil der Fall.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Wir, die Mitglieder der Koalition, sehen die verantwortungsvollen Tätigkeiten der Lehrerinnen und Lehrer sehr deutlich. Wir sehen, was sich beim Lehrerberuf ändert. Wir sehen, welche Aufgaben hinzukommen. Wir sehen, welche neuen Herausforderungen die Schule zu bewältigen hat.

Darauf reagieren wir. Wir leiten nicht erst aufwendige Studien ein. Vielmehr reagieren wir auf die neuen Herausforderungen in der Schule. Wir stellen neue Ressourcen zur Verfügung und bilden Lehrerinnen und Lehrer aus. Wir fü

gen Stellen hinzu, und zwar im großen Stil. Ich glaube, damit ist den Lehrerinnen und Lehrern mehr als mit einer großen Studie gedient.

(Beifall der Abg. Angela Dorn und Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sowie bei Abgeordneten der CDU)

Uns ist vollkommen klar, dass die Lehrerinnen und Lehrer in Hessen mit anspruchsvollen pädagogischen Aufgaben und gesellschaftlichen Anforderungen konfrontiert sind. Uns ist klar, dass wir möglichst viele Ressourcen dafür einsetzen müssen, um die Rahmenbedingungen an den Schulen zu verbessern. Das ist unser primäres Ziel.

Dass wir das erkennen und dass wir das erreichen wollen, zeigen wir mit einer Vielzahl an Maßnahmen. Heute Morgen wurden schon ein paar in der Diskussion über den Setzpunkt der SPD-Fraktion aufgegriffen. Ich möchte deswegen nur stichpunktartig noch einmal die wichtigsten Maßnahmen der vergangenen Jahre der schwarz-grünen Koalition aufzählen.

Wir haben mehr Stellen für die inklusive Beschulung erreicht. Es gibt mehr Stellen für den Schulischen Integrationsplan. Das sind noch einmal 200 Stellen, zusätzlich zur Verdopplung des Sozialindex von 300 auf 600 Stellen.

Wir haben mehr Stellen für den Ausbau der ganztägig arbeitenden Schulen zur Verfügung gestellt. Wir haben mehr Stellen für die sozial indizierte Lehrerzuweisung. Wir haben mehr Stellen für die Förderung des Erwerbs der deutschen Sprache. Wir haben mehr Stellen für die Senkung der Wochenarbeitszeit von 42 auf 41 Stunden bei den Lehrerinnen und Lehrern.

Das machen wir alles, während wir gleichzeitig die 105prozentige Lehrerversorgung im Landesdurchschnitt beibehalten. Das zeigt doch ganz deutlich, dass wir sehr deutlich wahrnehmen, was an den Schulen passiert und wo die zusätzlichen Bedarfe sind. Wir wollen keine Untersuchungen. Wir wollen handeln. Das tun wir auch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Insgesamt macht das rund 2.500 volle Stellen mehr aus. Das zeigt, wir arbeiten sehr gern daran, dass die Situation in unseren Schulen besser wird. Die theoretische Untersuchung, die Herr Kollege Quanz jetzt vorgeschlagen hat, um den Mitgliedern der SPD-Fraktion die Tätigkeiten und Aufgaben in der Schule nahezubringen, scheint uns keine sinnvolle Investition zu sein. Wir brauchen diese Studie nicht. Wir sind gewahr, wo die Schwierigkeiten in unserem Bildungssystem sind. Von daher können wir Ihrer Initiative nicht folgen.

Zudem ist auch nicht klar geworden, was Sie damit genau bezwecken wollen. Das Gegenteil ist der Fall. Bei mancher Ausführung, die im Antrag niedergeschrieben wurde, bleibe ich eher ratlos zurück. Mir ist z. B. nicht klar und deutlich geworden, warum die Einführung der unterrichtsbegleitenden sozialpädagogischen Förderung, also die Sozialarbeit an den Schulen möglich zu machen, eine besondere Belastung für die Lehrerinnen und Lehrer sein soll. Genau das Gegenteil ist der Fall. Es ist doch vollkommen klar, dass die Lehrerinnen und Lehrer einer Schule entlastet werden, wenn über unterrichtsbegleitende sozialpädagogische Förderung Mittel aus der sozial indizierten Lehrerzuweisung für die Schulsozialarbeit eingesetzt werden können. Das entlastet doch die Lehrerinnen und Lehrer. Wie

Sie darauf kommen, dass das zu einer zusätzlichen Belastung der Lehrerinnen und Lehrer führt, ist mir schleierhaft geblieben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir als schwarz-grüne Koalition erkennen also, welche zusätzlichen Aufgaben an den Schulen bewältigt werden müssen. Wie wir bereits heute Morgen deutlich gemacht haben, reagieren wir darauf ganz zügig. Wir stellen die erforderlichen Mittel bereit.

Die Ausstattung, die unsere Schulen haben, haben die der meisten anderen Länder nicht. Sie haben sie nicht einmal annähernd. Von daher gibt es für mich keinen Grund, zu glauben, dass die Situation hier besonders schlecht ist. Genau das Gegenteil ist der Fall. Von daher werden wir Ihre Initiative nicht unterstützen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Herr Kollege May, vielen Dank. – Das Wort erhält Frau Abg. Faulhaber für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir werden den Antrag der SPD-Fraktion unterstützen. Herr May, es ist keine Glaubensfrage, ob es an den Schulen irgendwelche Belastungen gibt oder nicht. Vielmehr muss man erst die tragfähigen Fakten eruieren. Dann kann man etwas dazu sagen.

(Beifall der Abg. Willi van Ooyen, Marjana Schott (DIE LINKE) und Lothar Quanz (SPD))

Es wäre wichtig, dass das Kultusministerium fundiert einschätzen kann, welchen Belastungen die Lehrerinnen und Lehrer tatsächlich ausgesetzt sind. Da sehen wir richtig Nachholbedarf.

Ich erinnere daran, dass das Kultusministerium vor einem halben Jahr eine Kleine Anfrage der LINKEN nicht beantwortet hat. Stattdessen gab es an, es sei zu aufwendig, die Antworten auf die Fragen zu recherchieren. Das betraf etwas anderes, nämlich die Ganztagsschulen. Aber da wurde klar: Fundierte Informationen, wie es an den Schulen aussieht, liegen dem Kultusministerium nicht in ausreichendem Umfang vor. Das betrifft einen so wichtigen Schwerpunkt wie den Ausbau der Ganztagsschule.

Wir hoffen also inständig, dass die Studie zur Belastung der Lehrerinnen und Lehrer in Auftrag gegeben wird. Derzeit werden die Belastungsanzeigen aus den Schulen vom Kultusministerium weitgehend ignoriert. CDU und GRÜNE haben hier erklärt, es seien so viele Lehrerstellen neu geschaffen worden. Wir haben es eben gehört. Außerdem gebe es die 105-prozentige Lehrerversorgung. Dass die Kritik derer, die vor Ort arbeiten, die Kritik der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und die Kritik aus den Schulen nicht stichhaltig sind, glauben Sie selbst nicht.

(Beifall der Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) und Lothar Quanz (SPD))

Ein paar Wochen später schreiben Sie mehr als 2.000 Briefe an pensionierte Lehrkräfte, um sie wieder zurück an die

Schulen zu holen. Das zeigt doch, dass nicht alles so rosig ist, wie es CDU, GRÜNE und die Vertreter des Kultusministeriums hier behaupten.

(Beifall der Abg. Willi van Ooyen, Marjana Schott (DIE LINKE) und Lothar Quanz (SPD))

Ich finde, die Belastungsanzeigen der Lehrerinnen und Lehrer dürfen von ihrem obersten Dienstherrn, also von Ihnen, Herr Lorz, nicht ignoriert werden. Dass Sie Ihre Lehrerinnen und Lehrer im Regen stehen lassen, finde ich eigentlich unterirdisch. Warum antworten Sie nicht einmal, wenn Vertreter von fast 60 Grundschulen aus einem Landkreis Sie nachdrücklich um Hilfe bitten? Warum sagen Sie nichts zu den vielen Berichten in der Presse, in denen die Lehrerinnen und Lehrer ihren Arbeitsalltag schildern und vor allem sagen, dass sie den Kindern so nicht gerecht werden können? Das kann ich überhaupt nicht verstehen.

Ich habe es schon vorhin gesagt: Wir haben die Situation, dass Sie händeringend um die Rückkehr der Pensionäre werben. Da kann man sich doch nicht hinsichtlich der Anliegen derer taub stellen, die man beschäftigt.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Lothar Quanz (SPD))

Es wird auch nicht ausreichend beachtet, wie sich die Arbeitsgrundlage der Grundschullehrkräfte und der Förderschullehrkräfte geändert hat. Sie hat sich enorm verändert. Die Lehrkräfte können nicht die Inklusion, die Ganztagsschulprogramme oder die Beschulung der Seiteneinsteiger nebenbei mit erledigen. Alle Parteien hier versichern immer wieder, wie wichtig die multiprofessionelle Arbeit für die erfolgreiche Schulbildung ist. Das war auch in der Enquetekommission Bildung Konsens, und zwar parteiübergreifend.

Dabei hat sich die Schulsozialarbeit vor Ort aber vermindert. Ich kann das für meinen Landkreis sagen. Da gab es vor drei Jahren noch viel mehr Schulsozialarbeiter als jetzt. Es ist Zukunftsmusik, dass die Schulsozialarbeit wirklich für alle Schulen zur Verfügung steht. Eigentlich müsste das sein. Auch nicht in jedem sozial schwierigen Brennpunkt sind genügend Sozialarbeiter vorhanden. Das ist auch Zukunftsmusik.

Ich habe überhaupt noch nicht gehört, dass hier jemand die Frage der Sozialarbeit offen bestreitet. Aber die Belastungen, die dadurch entstehen, werden nicht gesehen und damit auch nicht in Angriff genommen. Das müssen Lehrerinnen und Lehrer nach wie vor nebenbei mit erledigen. Diese Studie wäre also eine gute Arbeitsgrundlage, um die Bildungspolitik in Hessen zu verbessern. Man könnte auf dieser Grundlage dann wirklich fundierte Entscheidungen treffen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Lothar Quanz (SPD))

Vielen Dank. – Das Wort hat unser Kollege Armin Schwarz, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen! Wir beraten heute über den Antrag der SPD, eine Studie zu besonderen Belastungen von Lehrerinnen und Leh

rern in Auftrag zu geben. Ich will auf das hinweisen, was wir heute Morgen schon einmal beraten haben. Die eigenen SPD-Konzepte sind jetzt nicht so ganz groß geschrieben – ein ähnliches Thema hatten wir schon vor zwei Jahren. Damals hat die FPD, Herr Kollege Greilich, einen ähnlichen Antrag gestellt. Ich will einmal eines sagen, nachdem heute Morgen ein Bild von dem Zustand an den hessischen Schulen gezeichnet wurde: Wenn Sie den Leuten immer wieder erklären, wie schlecht es angeblich sei, ist das gegenüber der enormen Arbeitsleistung der Lehrerinnen und Lehrer an hessischen Schulen nicht unbedingt wertschätzend. Das ist nicht sonderlich motivationsfördernd. Deswegen sagen wir: Wir haben allergrößten Respekt und allergrößte Anerkennung vor der Arbeitsleistung der Kolleginnen und Kollegen an den Schulen in Hessen. Meine Damen und Herren, die hessischen Kolleginnen und Kollegen an den Schulen wissen, dass sie sich auf die schwarz-grüne Koalition verlassen können.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Offensichtlich scheint es das politische Ziel zu sein, die Stimmung schlecht zu machen. Wir wissen, dass die Arbeitsleistung der Lehrer den Bildungserfolg der Schülerinnen und Schüler maßgeblich mit beeinflusst.

Was die Debatte, wie schlecht alles angeblich sei, und auch die regelmäßige Lehrerschelte, die es immer wieder gibt, angeht, müssen wir nur in die Historie schauen, angefangen bei Gerhard Schröder, Stichwort: faule Säcke. Wir könnten weitermachen bei Kurt Beck, der gesagt hat: Das, was ein Lehrer in der Woche macht, habe ich montags morgens schon im Büro erledigt. – Oder wir könnten weitermachen mit Äußerungen der ehemaligen Kultusministerin Beer, die festgestellt hat, viele Lehrer gehörten gar nicht an die Schule. – Das ist nicht unsere Herangehensweise und nicht unsere Werthaltung gegenüber der Arbeit, die an den hessischen Schulen vollzogen wird.

Unsere Auffassung ist klar. Dazu zitiere ich Herrn Karl Jaspers, der feststellte:

Das Schicksal einer Gesellschaft wird dadurch bestimmt, wie sie ihre Lehrer achtet.

Das ist unsere Auffassung. Dazu stehen wir. Meine Damen und Herren, wir haben Hochachtung vor dem, was Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen leisten.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir kommen jetzt zu der Studie, die in Auftrag gegeben werden soll. Ich sage es Ihnen sehr deutlich: Viel Geld für Studien auszugeben, ist möglicherweise Ihr Ansatz. Das ist aber noch längst kein Konzept. Wir sagen: Wir geben Geld für gute Bildung und für Lehrer aus. Da ist es besser investiert. Wenn Sie glauben, durch eine Studie die Schulen einmal quer durch das Land mit einer Elle vermessen zu können, halte ich das für grundverkehrt. In den unterschiedlichen Bildungsgängen sind die Herausforderungen und die Arbeitsbelastungen der Kolleginnen und Kollegen völlig unterschiedlich. Ob das beispielsweise an den Gymnasien die Korrekturfächer wie Englisch und Deutsch sind oder ob es sich um pädagogische Leistungen an den Grundoder den Förderschulen handelt – ich glaube nicht, dass man das hier mit einem Maß messen kann. Man muss vielmehr individuell schauen und individuell besonders fördern.

Deshalb bin ich Herrn Kollegen May sehr dankbar dafür, dass er die besonderen Schwerpunkte der schwarz-grünen Bildungspolitik hier noch einmal unterstrichen hat. Wir haben die 105 % – die bleiben. Wir haben den Ausbau des Ganztagsprogramms mit 230 zusätzlichen Stellen – das bleibt. Wir geben die zusätzlichen Mittel in die Inklusion: über 2.200 Stellen, die mittlerweile im allgemeinbildenden Bereich verortet sind – das bleibt. Wir haben die zusätzlichen Mittel für Deutschunterricht. Wir haben den Sozialindex – die sozial indizierte Lehrerzuweisung –, die noch einmal auf die 105 % obendrauf gegeben wird. Stichwort: Arbeitsbedingungen. Wir haben die kleinsten Klassen, die es jemals in Hessen gab, und die drittkleinsten Klassen im Vergleich mit allen anderen Bundesländern. Meine Damen und Herren, das sind Rahmenbedingungen, auf die sich die Lehrinnen und Lehrer gerne verlassen. Sie können damit auch gut arbeiten.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)