Protocol of the Session on February 22, 2017

Wir haben uns selbst einmal kundig gemacht zu den Themen, die abgefragt worden sind. Wenn man sich z. B. einmal das Uniklinikum Frankfurt anschaut – eine unserer wirklich herausragenden Kliniken auch in der medizinischen Qualität –, stellt man fest, dass der Versorgungsgrad ein sehr guter ist. Auf die Frage nach dem, was sie sich wünschen, kommt bestimmt nicht die Antwort: „Wir brauchen weniger Flexibilität“, sondern: „Wir brauchen mehr Flexibilität in der Versorgung und in den Strukturen“. Insofern sollten wir auch alles dafür tun, dass es in diese Richtung geht.

(Beifall bei der FDP – Dr. Walter Arnold (CDU): Sehr richtig!)

Sie können über die Frage streiten – Stefan Grüttner weiß das als Gesundheitsminister –: Was können wir tun, damit wir im Ausgleich zwischen ambulanten und stationären Systemen zu Positionen und Strukturen kommen, die fair sind? Dass der stationäre Sektor in Deutschland derjenige ist, der die meisten Kosten absorbiert, ist wohl auch unstreitig.

Ich sage einmal sehr selbstkritisch: Wir haben alle schon eine Diskussion darüber geführt, dass wir versuchen wollen, die stationäre Überversorgung – beispielsweise im Rhein-Main-Gebiet – anzugehen. Der Bund hat das mit einem Gesetz über Qualitätsstandards versucht. Ich halte es übrigens nicht für falsch, was dort gemacht worden ist. Ich glaube, es ist eine richtige Grundstruktur, Qualitätsstan

dards festzulegen und dann zu sagen: Die Häuser, die diese Standards erfüllen, sind die richtigen. Andere, die sie nicht erfüllen, müssen dann möglicherweise auch Platz machen für mehr Qualität. – Aber klar ist doch bei der stationären Überversorgung auch, dass es schwierig ist, in einem kleinen Ort über den Standort eines Krankenhauses vor Ort zu diskutieren. Auch das hat schon jeder von uns erlebt. Auch das ist an vielen Stellen ein Politikum besonderer Art, wenn es um die Gesundheitsversorgung vor Ort geht.

Frau Schott, deshalb glaube ich, dass wir nicht darum herumkommen werden, bei der Frage, wie wir den Pflegemangel im Gesundheitssystem angehen können, eher den umgekehrten Weg zu gehen. Wir müssen Werbung für unser System machen. Ich glaube, das, was Herr Grüttner und auch andere versucht haben, ist ein richtiger Weg, nämlich Personen aus anderen Ländern dazu zu motivieren, bei uns in Hessen und in Deutschland vor Ort in der Pflege aktiv zu werden, weil das wirklich sichere und gut bezahlte Berufe sind, mit denen man etwas Gutes bewirken kann.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Gut bezahlt?)

Na ja, gut bezahlt. Wissen Sie, wenn ich sehe, woher diese Leute kommen, die wir zum Teil anwerben konnten – es ist ein großer Erfolg, wenn sie dann zu uns kommen –, und wenn man sieht, was sie in ihren Heimatländern verdient haben,

(Zurufe von der LINKEN)

dann ist das wohl für diese Menschen an vielen Stellen keine Niederlage, sondern eine Verbesserung ihrer persönlichen Situation. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Dass wir uns immer gemeinsam wünschen, dass die Menschen mehr verdienen, ist auch unstreitig. Fakt ist nun einmal, dass dieses Thema – da sind Sie doch ganz nah bei ver.di – nicht Sache des Hessischen Landtags ist. Es ist vielmehr die Sache der Tarifparteien, das auszuhandeln, was dort verdient wird. Manchmal hat man das Gefühl, DIE LINKE möchte die Gewerkschaften durch den Staat ersetzen. Da fragt man sich, warum Sie so intensiv mit den Gewerkschaften zusammenarbeiten. Entweder es gibt Tariffreiheit und die Gewerkschaften verhandeln in Deutschland die Löhne, oder der Staat setzt sie fest. Ich glaube, die zweite Variante ist definitiv nicht die bessere.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Deshalb abschließend: Ich glaube, der Antrag wird keine Mehrheit bekommen. – Grüße an den Kollegen Dr. Spies. Er wird in dieser Debatte sicherlich in Gedanken bei uns sein. Wir vermissen ihn auch ein bisschen – das darf ich sagen. Die Gesundheitspolitiker haben intensiv und gut mit ihm zusammengearbeitet. Trotzdem ist er an diesem Punkt immer zu Recht gescheitert. Das wird auch so bleiben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Dr. Walter Ar- nold und Dr. Ralf-Norbert Bartelt (CDU))

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Bocklet für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE macht heute die gesundheitliche Versorgung in Krankenhäusern zum Thema. Ich finde, es bedarf zunächst einmal der Feststellung, dass wir in Hessen ein flächendeckendes Netz von qualitativ hochwertigen Krankenhäusern haben. Wir haben 127 Krankenhäuser. Ich weiß, einige davon sind defizitär. Wir haben aber eine gute medizinische Versorgung. Wir sollten darauf achten und verantwortlich damit umgehen. Wir sollten der Bevölkerung, den Menschen, die draußen zuhören und mitlesen, vermitteln, dass sie jederzeit eine gute medizinische Notfallversorgung und jederzeit eine gute Versorgung in diesem Land antreffen werden.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Nein! Das haben wir nicht, Herr Bocklet!)

Doch, das haben wir. – Ich finde, wer den Eindruck erweckt, im Krankheitsfall oder im Notfall sei er hier nicht gut aufgehoben, der agiert unverantwortlich. Wir haben wirklich ein sehr gutes medizinisches Netz in Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Vizepräsidentin Ursu- la Hammann übernimmt den Vorsitz.)

Wenn man das feststellt, ist man natürlich nicht frei davon, sich die Frage zu stellen, ob es nicht Sachen gibt, die noch deutlich besser werden können. Ja, das ist richtig.

Zunächst einmal möchte ich aber fragen, was an Ihren Forderungen und an Ihrem Vortrag das ist, was man Landespolitik nennen könnte. Von Ihren zehn Forderungen sind acht bundespolitischer Natur. Es bleiben also nur noch zwei Fragen übrig, die wir hier bearbeiten können. Eine Frage betrifft die Investitionszuschüsse an Krankenhäuser.

Hierzu darf ich noch einmal in Erinnerung rufen, dass das Land jährlich 250 Millionen € in Form einer Pauschale an die Krankenhäuser auszahlt. Darüber hinaus wurde im Jahr 2015 ein Sonderprogramm mit einem Volumen von 120 Millionen € aufgelegt. Über das Kommunalinvestitionsprogramm werden den hessischen Krankenhäusern noch einmal 77 Millionen € zur Verfügung gestellt. Der Minister wird mich sicher gleich ergänzen, wenn es noch mehr Mittel sind. 250 Millionen €, 120 Millionen € und 77 Millionen € sind aber doch kein Pappenstiel, sondern eine hervorragende Leistung. Deshalb nimmt Hessen eine Spitzenposition bei der Frage der Investitionen in Krankenhäuser ein. Das ist das, was Hessen tun kann.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der CDU)

Schauen wir uns einmal an, was wir noch tun können. Dies beträfe beispielsweise einen Versorgungsatlas, wie wir ihn im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben. Wie kann es gelingen, insbesondere im ländlichen Raum, die Sektoren – stationär und ambulant – noch besser miteinander zu verzahnen? Deswegen haben wir vereinbart, dass wir uns die lokale Versorgung genau anschauen werden. Was ist wo zu tun? Inwiefern müssen wir noch stärker auf die Kassenärztliche Vereinigung, auf die Krankenhäuser oder auf die Krankenkassen zugehen, damit es keinen defizitären Zustand in bestimmten Regionen gibt? Das tun wir in Hessen.

Frau Dr. Sommer, ich habe mir sagen lassen, Sie sind keine Medizinerin. Ich hatte jedoch den Eindruck, der Kollege Rentsch glaubt, Sie sind Medizinerin.

Frau Dr. Sommer, Teile Ihrer Rede kamen mir vor wie Reden, die von der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gehalten worden sind. Als das Krankenhausstrukturgesetz verabschiedet wurde, haben die GRÜNEN im Bundestag nämlich kritisch angemerkt, dass man sich bei den Investitionen durchaus mehr gewünscht hätte, dass die Bundesländer nicht komplett alleingelassen werden, wenn es darum geht, den Investitionsstau aufzulösen. Da hat ein grüner Bundestagsabgeordneter festgestellt, dass man deutlich mehr hätte tun können.

Die GRÜNEN haben auch festgestellt, dass man eine Pflegepersonalregelung, die es einst gab, auf Bundesebene hätte einführen können. Auch das hat der grüne Bundestagsabgeordnete kritisiert.

Außerdem ist kritisiert worden, dass z. B. die Pflegezuschläge, die jetzt kommen, und das Pflegestellenförderprogramm, das auf Bundesebene kommt, das gut ist, nicht auskömmlich seien. Wenn das der grüne Bundestagsabgeordnete sagt, dann verstehe ich das.

Frau Dr. Sommer, kennen Sie aber Herrn Prof. Dr. Karl Lauterbach? Ich möchte darauf hinweisen, dass dieser Herr Prof. Dr. Karl Lauterbach – in Klammern: SPD – auf Bundesebene als Teil der Bundesregierung – in Klammern: SPD und CDU/CSU – dieses Krankenhausstrukturgesetz mit verabschiedet hat, bei dem die Investitionen und die Personalbemessungsgrenze nicht bedacht worden sind. Dann frage ich mich: Verhauen Sie Ihren eigenen sozialdemokratischen gesundheitspolitischen Sprecher? Rufen wir das doch einfach einmal in Erinnerung: Sie regieren auf Bundesebene mit.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das fällt in Ihre Zuständigkeit!)

Viel von dem, was Sie hier kritisieren, Frau Dr. Sommer und Herr Schäfer-Gümbel, hätten Sie vor einem Jahr bei der Verabschiedung des Krankenhausstrukturgesetzes beseitigen können.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Weil Sie zuständig sind!)

Ist Ihnen aufgefallen, dass Sie sich gerade selbst abwatschen, meine sehr verehrten Damen und Herren?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Sie sind zuständig, Herr Bocklet!)

Herr Schäfer-Gümbel fragt gerade, wer zuständig ist.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Nein! Ich habe gesagt, dass Sie zuständig sind!)

Ich bin zuständig? Ich hätte jetzt gedacht, dass die Bundesregierung für Bundesgesetze zuständig ist, dass Herr Dr. Gröhe der zuständige Bundesgesundheitsminister ist und dass er gemeinsam mit den Koalitionsfraktionen von SPD und CDU/CSU einen Gesetzentwurf auflegt, in dem die Frage der Investitionen und der Personalbemessung mit bedacht ist. Es ist aber anders entschieden worden. Es gibt eine Menge gute Sachen, die im Gesetz stehen. Was Sie hier aber als SPD vortragen, hat der SPD-Koalitionspartner auf Bundesebene mit abgesegnet. Ich finde, das muss man auch einmal goutieren. Sie sind zwar die hessische SPD, aber nicht völlig losgelöst von der Bundes-SPD.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zu- ruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Herr Kollege Merz, ich höre Sie gerne. Sie können gerne darauf zurückkommen. Eine solche Situation gibt es hier sehr häufig, beispielsweise bei der Afghanistan-Debatte. Man hat immer den Eindruck, Sie haben mit der Bundesregierung gar nichts zu tun.

(Gerhard Merz (SPD): Sie haben mit der CDU nichts zu tun!)

Ich rede hier als GRÜNER, und ich kann nur feststellen, dass die SPD hier Anträge einbringt, beispielsweise zu Afghanistan und zur Gesundheitsgesetzgebung des Bundes. Das hat die SPD selbst mitbeschlossen. Hier tut sie aber so, als hätte sie nichts damit zu tun. Das kann man Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Das kann man doch einmal benennen. Vielleicht ist die Situation nach der Bundestagswahl ja eine andere, Herr Merz.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Thema verfehlt!)

Vielleicht regieren ja dann wir GRÜNE. Dann können Sie uns diesen Vorwurf machen und sagen, wir machten in Hessen alles anders. Das können wir dann ja einmal sehen.

Es bleibt in der Tat ein Kritikpunkt. Ich finde, dass trotz des Pflegestellenförderprogramms und eines Pflegezuschlags, der immerhin ein Finanzgewicht von am Ende 2 Milliarden € haben wird, auf Bundesebene richtige Schritte gegangen werden. Ich glaube, dass es nach wie vor die beschriebenen Probleme in der Pflege gibt. Vor allem gibt es zu wenig Pflegepersonal. Deswegen halte ich die Zustandsbeschreibung nicht für völlig falsch. Ich glaube, dass man da mehr tun muss. Ich glaube, dass sich die richtige Stellschraube auf der Bundesebene befindet und darüber noch einmal nachgedacht werden sollte.

Wir wünschen uns auch in Hessen, dass die Krankenhäuser mit mehr Investitionen unterstützt werden, dass wir noch einmal über die Personalstandards reden. Außerdem müssen wir noch mehr Kreativität fördern, wenn es darum geht, sektorenübergreifende Lösungen zu finden. Wenn sich also Krankenhäuser trauen, zu kooperieren, dann muss das noch stärker vereinfacht werden. Ich finde, das sind konstruktive Vorschläge. Insofern ist eigentlich nichts dagegen einzuwenden, wenn man das fordert. Das heißt auch nicht, dass mit dem Krankenhausstrukturgesetz auf Bundesebene alles falsch gemacht worden ist. Ich will nur sagen, dass es auch einen Strukturfonds gibt für den Abbau von Überkapazitäten, der 500 Millionen € umfasst. Ebenso lobenswert ist es, dass die Tarifsteigerungen künftig hälftig von den Krankenkassen mitgetragen werden. Gut ist außerdem, dass auch die Notfallambulanzen in Krankenhäusern finanziell bessergestellt werden. Das sind alles positive Akzente, die die Bundesregierung gesetzt hat.

Es ist jedoch ein Tagesordnungspunkt aufgerufen worden, mit dem man fordert, dass die Investitionen erhöht und die Pflege verbessert werden. Von der Landespartei der LINKEN erwartet man das nicht, weil sie nicht im Bund regiert. Wenn man das aber als Bundesregierungspartei mitspielt und so tut, als ob man in Berlin in der Opposition sitzt, dann kann man das so nicht durchgehen lassen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Bocklet. – Für die Landesregierung spricht nun Staatsminister Grüttner. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.