Protocol of the Session on January 24, 2017

Jeder Mensch hat ein Recht auf Sicherheit. Nur wer sicher ist, kann auch in Freiheit leben. Deshalb ist es die oberste Pflicht unseres Staates, die Menschen in Deutschland zu schützen und Sicherheit und Freiheit zu gewährleisten. In diesen Zeiten großer Herausforderungen müssen wir daher alles Menschenmögliche dafür tun, dass unser Staat ein starker Staat ist. Denn die innere Sicherheit ist ein Garant unserer Freiheit und einer offenen und liberalen Gesellschaft.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der islamistische Terrorismus fordert unsere freiheitliche und aufgeklärte Gesellschaft in besonderer Art und Weise heraus. Die Bedrohungslage ist leider nach wie vor unverändert hoch. Gerade auch der Anschlag in Berlin hat uns das in entsetzlicher Art und Weise deutlich gemacht.

Dieser hasserfüllten Welt des Terrorismus setzen wir Menschenwürde, Freiheit, Demokratie und unseren wehrhaften Rechtsstaat entgegen. Ich glaube, wir werden damit am Ende erfolgreich sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Abg. Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die Verteidigung dieser Werte und unserer Art zu leben verlangt Geschlossenheit und Entschlossenheit. Terror ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Deshalb muss

Deutschland Gefährder und Terroristen auf allen Ebenen und mit allen einem Rechtsstaat zur Verfügung stehenden Mitteln aktiv bekämpfen.

Den Terrorismus entschieden bekämpfen und unsere offene liberale Gesellschaft verteidigen, das sind zwei Seiten ein und derselben Medaille. Das wurde bereits angesprochen. Denn Deutschland ist ein tolerantes und weltoffenes Land.

Doch Toleranz und Weltoffenheit darf niemand als Schwäche verstehen. Wer unsere Werte angreift, wer Hass und Zwietracht sät, wer unsere Freiheit verachtet, der wird und der darf keinen Erfolg haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb begrüße ich ausdrücklich die „Leitlinien für einen starken Staat in schwierigen Zeiten“ von Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Er hat Vorschläge zur Erhöhung der inneren Sicherheit gemacht. Er hat das Thema Sicherheit im Cyberbereich aufgegriffen. Es geht da um die verstärkte Zusammenarbeit auf europäischer Ebene, aber auch um die nationalen Kraftanstrengungen zur Rückkehr der Ausreisepflichtigen.

Das geschieht auch mit der Unterstützung der Wirtschaftsund Entwicklungspolitik und der Außenpolitik des Bundes. Es geht dabei aber auch um Fragen hinsichtlich der Visa und der Abschiebungen. Zugleich bin ich aber der Ansicht, dass die Formulierungen, die manchmal hinsichtlich der Zentralisierung der Sicherheitsbehörden auf Bundesebene gewählt werden, nicht zielführend sind.

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Wie wahr!)

Denn zwischen Bad Karlshafen im Norden und Hirschhorn im Süden unseres schönen Bundeslandes gibt es Behörden, die durch ihre dezentrale Organisation besser aufgestellt sind. Sie wissen besser Bescheid, was vor Ort geschieht, als wenn dies alles durch eine ferne Zentrale in Berlin gewährleistet werden soll.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Nicola Beer und Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Deshalb gehören an diese Stelle auch ausdrücklich Worte des Dankes an all diejenigen Damen und Herren in den Sicherheitsbehörden unseres Landes – sei es bei der Polizei oder sei es beim Verfassungsschutz –, die dafür sorgen, dass die Menschen zwischen Bad Karlshafen und Hirschhorn sicher in Freiheit leben können.

Es gibt aber auch noch Baustellen, an denen alle demokratischen Kräfte unseres Landes mit Herz arbeiten müssen. Wir können es nicht hinnehmen, dass sich gewaltbereite Islamisten in unserem Land frei bewegen. Für die Abschiebung vollziehbar ausreisepflichtiger Gefährder brauchen wir eine gemeinsame Anstrengung des Bundes und der Länder.

Ein weiteres Werkzeug im Werkzeugkasten unserer Sicherheitsbehörden kann die Überwachung der Gefährder mithilfe einer elektronischen Fußfessel sein. Niemand glaubt, dass diese Maßnahme allein das Allheilmittel sein würde und alle Probleme lösen könnte. Aber eine Überwachung der Gefährder mit diesem modernen Hilfsmittel kann den Sicherheitsbehörden helfen.

Bisher sind die Hürden für die Anordnung der elektronischen Fußfessel relativ hoch. Man sollte sich die Bilder

und die Daten, die man über die Gefährder in der Öffentlichkeit bekommt, und auch all das vor Augen halten, was man über Herrn Amri im Nachgang seines fürchterlichen Anschlags lesen musste. Er wäre mit seinem Vorleben wahrscheinlich nicht über diese Hürde gestolpert. Wir müssen deswegen dafür sorgen, dass die Hürden bei diesen Menschen so gesenkt werden, dass wir an sie herankommen.

Für uns, die Mitglieder der Union, ist es dabei selbstverständlich – das sollte eigentlich für alle Demokraten eine Selbstverständlichkeit sein –, dass eine solche Anordnung nur mit einem Richtervorbehalt erfolgen kann. Etwas anderes stand zumindest von unserer Seite nie im Raum.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir benötigen aber auch die Erleichterung der Voraussetzungen für die Abschiebehaft, damit gefährliche Ausreisepflichtige unser Land schnellstmöglich verlassen. Wenn wir den wirklich Hilfebedürftigen in unserem Land helfen wollen, dann müssen wir die, die kein Bleiberecht bei uns erhalten und die dazu noch straffällig werden, oder denen konkrete Anschlagsplanungen nachgewiesen werden können, in Abschiebehaft nehmen und sie in ihre Heimat zurückführen. Alles andere wäre genau die Naivität, von der Jens Stoltenberg in dem zu Anfang meiner Rede gewählten Zitat gesprochen hat.

Beim Extremismus ist aber auch eine breit aufgestellte Präventionspolitik wichtig. Ich finde, die haben wir in Hessen. Wir haben z. B. das Landesprogramm „Hessen – aktiv für Demokratie und gegen Extremismus“. Dafür stehen in diesem Jahr insgesamt 3,8 Millionen € zur Verfügung. Das ist im Vergleich zum Vorjahr eine Vervierfachung.

Innerhalb dieses Programms stehen allein 1,2 Millionen € für den Islamismus zur Verfügung. Damit wird die Beratungsstelle Hessen – Religiöse Toleranz statt Extremismus gefördert. Dort wurden bisher über 100 Radikalisierte bzw. Gefährdete und 120 Angehörige solcher Personen beraten.

Wir haben aber auch mit dem Violence Prevention Network eine Aktion, die bereits an über 100 Schulen in Hessen unterwegs war. Seit Dezember 2015 wurden zusätzlich 14 Erstaufnahmeeinrichtungen besucht. Das geschieht durch Polizisten, die in afghanischer, persischer oder arabischer Sprache Flüchtlinge hinsichtlich möglicher Anwerbeversuche der Islamisten sensibilisieren und zugleich die Schutzsuchenden über ihre Rechte, aber auch ihre Pflichten bei uns in Deutschland aufklären. Verfassungsschützer und freie Träger sind mit dabei. Somit konnten wir insgesamt 4.000 Flüchtlinge in unserem Bundesland erreichen.

Ich sage bewusst: in unserem Bundesland. Denn leider ist diese Aktion einmalig. Ich finde, es wäre angebracht, dass das in der gesamten Bundesrepublik durchgeführt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Dafür sind die Bundesländer allein verantwortlich. Ich hoffe, die anderen Bundesländer werden sich in Zukunft dieser Verantwortung stellen.

Ich möchte noch ein Stichwort nennen, nämlich Videotechnologie. Die Videotechnik ist weder ein Allheilmittel, noch ist sie des Teufels. Wer die Attacke des U-Bahn-Täters in Berlin-Neukölln betrachtet, stellt doch genau Folgendes fest: Durch vernünftig aufgebaute Kameras mit gu

ter Qualität, die an den neuralgischen Punkten aufgehängt werden, können Straftaten aufgeklärt werden.

Wir dürfen den Ermittlungsbehörden nicht – wortwörtlich – die Augen verbinden. Wir sind es den Opfern schuldig, diese moderne Technik zu nutzen, um die Täter zu identifizieren und zu überführen. Denn die Opfer der Straftaten dürfen am Ende nicht das Gefühl haben, dass sie aufgrund unzureichender Ermittlungsmöglichkeiten ein zweites Mal zum Opfer werden. Der Staat muss zeigen, dass er allein das Gewaltmonopol besitzt. Das besitzt er aus guten Gründen. Aber er muss es dann auch effektiv umsetzen.

(Beifall bei der CDU sowie der Abg. Karin Müller (Kassel) und Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Ich möchte noch auf die europäische Ebene zu sprechen kommen. Denn selbstverständlich spielt auf einem Kontinent mit freien und offenen Grenzen diese Ebene eine ganz entscheidende Rolle. Wenn innerhalb des SchengenRaums die freie Bewegung von jedermann möglich sein soll, dann müssen die Außengrenzen dieses Raums umso mehr geschützt und kontrolliert werden. Daher ist es absolut notwendig, dass auf der Ebene der Europäischen Union die bisher getrennten Datentöpfe des Eurodac, des Visa-Informationssystems, des Schengener Informationssystems und INPOL endlich so verknüpft werden, dass alle zuständigen Stellen jederzeit die entsprechenden Informationen abfragen können.

Wir brauchen dazu auch ein europäisches Aus- und Einreiseregister und ein Registrierungssystem für nicht visapflichtige Einreisende. Denn nur wenn auf der Ebene der Europäischen Union erkennbar wird, dass wir alles Leistbare tun, um die Menschen in unserem freien Kontinent zu schützen, dann kann die europäische Idee den Populisten, die auf Abschottung und Hass setzen, etwas entgegensetzen, nämlich eine klare Antwort, die funktionieren kann.

Abschließend möchte ich noch einmal das Thema Hasssprache im Internet aufrufen. Wir haben dazu vor einiger Zeit hier im Landtag eine Debatte geführt. So, wie ich sie mitbekommen habe, wurde sie in weiten Teilen in großer Gemeinsamkeit getragen. Wir dürfen die Opfer dieser Hasskriminalität in den sogenannten sozialen Medien nicht alleine lassen. „Soziale Medien“ ist dabei in Anführungszeichen zu verstehen. Wir dürfen sie auch nicht darauf verweisen, dass es bei den Betreibern Hilfeseiten gibt, auf denen sie irgendwelche Texte melden können.

Digitale Verleumdungen müssen aus diesen Netzwerken verschwinden. Wir müssen dafür sorgen, dass die Betreiber dieser Seiten, die mit ihrem Service eine Menge Geld verdienen, sich ihrer Verantwortung bewusst sind und diese Opfer nicht alleine lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Irgendwann werden aus Worten leider Taten. Die scheinbare Anonymität des Internets verleitet dazu, dass immer wieder immer größerer Unfug geschrieben wird, als es möglich wäre, wenn man sich von Angesicht zu Angesicht gegenüberstände. Auch das ist ein Thema für eine rechtsstaatliche Gesellschaft und den gesellschaftlichen Umgang miteinander in diesem Land.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte abschließend Bundespräsident Joachim Gauck zitieren, der in seiner Abschiedsrede vor wenigen Tagen gesagt hat:

… der Rechtsstaat verliert, wenn er sich im Kampf gegen Gewalt und Terror als zu schwach oder gar hilflos erweist.

Ich persönlich bin davon überzeugt, dass Hessen ein Teil eines starken Rechtsstaates ist. Wenn die demokratischen Parteien sich stets bemühen, diesen Rechtsstaat zu schützen und – wo nötig – weiterzuentwickeln, dann wird er für uns und die nachfolgenden Generationen eine sichere Heimat sein. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Honka. – Mir liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Aussprache zur Regierungserklärung beendet. Die Regierungserklärung ist besprochen.

Wir haben noch den Tagesordnungspunkt 51: Dringlicher Antrag der Fraktion DIE LINKE, Drucks. 19/4439. Ich gehe davon aus, dass dieser, wie vorbesprochen, an den Rechtspolitischen Ausschuss verwiesen werden soll. – Das ist so. Damit ist der Tagesordnungspunkt für heute erledigt.

Meine Damen und Herren, wir kommen zu Tagesordnungspunkt 5:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Besoldungsgesetzes – Drucks. 19/4406 –

Zu Wort gemeldet hat sich zunächst Kollege Klein für die Fraktion der CDU. Bitte sehr, Sie haben das Wort. Die Redezeit beträgt fünf Minuten.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nachdem der Hessische Landtag mit der Verabschiedung des Haushaltsgesetzes 2017 im Dezember die Erhöhung der Stellenzulage für die Beamtinnen und Beamten bei hessischen Justizvollzugsanstalten und in abgeschlossenen Vorführbereichen der Gerichte um 32,80 € auf 131,20 € beschlossen hat, wollen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nun umgehend die besoldungsrechtlichen Voraussetzungen für die Auszahlung der erhöhten Vollzugszulage schaffen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)