Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich habe eine Frage an die Landesregierung. Ich habe eben die Argumentation verfolgt. Herr Kollege Bellino argumentiert: Es gibt am Ende keinen Schaden, weil sich im Hauptsacheverfahren gegen RWE herausstellen wird, dass RWE sich falsch verhalten hat, und wir die Klage gewinnen werden. Also kommt es auf das Verschulden der Ministerin nicht mehr an.
Der Finanzminister erklärt: Es kommt auf das Verschulden der Ministerin nicht an, einen formalen Fehler gemacht zu haben, aus dem ein Schaden resultiert, weil auch ein materieller Fehler gemacht wurde. Von daher kommt es auf das Verhalten der Ministerin nicht an.
Offensichtlich gibt es also einen Widerspruch zwischen der Landtagsfraktion und dem Finanzminister, worauf denn jetzt der Fehler beruht und ob man deswegen einen Schaden und damit gegebenenfalls auch ein Verschulden ableiten kann. Da frage ich mich, nur um auch die Interessen des Landes und damit der Steuerzahler zu wahren: Warum einigen Sie sich nicht auf einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung und warten dann das Verfahren ab, Herr Kollege?
In diesem Zusammenhang würde mich rasend interessieren, ob mit der Ministerin darüber gesprochen worden ist, wie sie sich dazu stellt und wie man dann als Landesregierung auf eine eventuelle Weigerung, auf die Einrede zu verzichten, reagiert. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank. – Kollegin Beer hat genau eine Minute und 20 Sekunden gesprochen. Deswegen habe ich ihr das Mikrofon auch noch einmal eingeschaltet, Frau Lannert.
Ich habe trotzdem keine weiteren Wortmeldungen, Kollege Schäfer-Gümbel. Damit ist die Debatte zum Tagesordnungspunkt 25 beendet.
Frau Präsidentin, der Finanzminister will die Gelegenheit haben, offene Fragen zu beantworten. Da es auch um Steuergeld und Landesfinanzen geht, ist der Haushaltsausschuss sicherlich der richtige.
Der Haushaltsausschuss ist mitberatend. Gibt es Einverständnis? – Dann wird der Antrag auch an den Haushaltsausschuss überwiesen, zusammen mit dem Änderungsantrag, den Herr Schmitt gestellt hat, der hier im Präsidium auch schriftlich vorlag.
Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend interkommunale Zusammenarbeit und freiwillige Gemeindefusionen weisen den Weg in die Zukunft – Drucks. 19/3369 –
Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten. Als Erster spricht Kollege Bauer für die CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für das, was wir gern pauschal Lebensqualität nennen, spielen Städte und Gemeinden eine überragende Rolle. Sie tragen ganz maßgeblich dazu bei, jenes Lebensgefühl in den Menschen zu wecken, das wir Heimat nennen. Wenn man den Umfragen glauben darf, dann leben die Menschen gern in Hessen. Rund 96 % der Hessen leben gern in unserem Land. Nur etwas weniger, nämlich 83 %, beurteilen auch ihre Zukunftsperspektiven optimistisch. Das ist gut so. Diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktio
In den Kommunen zeigt sich, wie sich das Zusammenleben anfühlt, ob und wie es gelingt. Es ist daher wichtig, dass die Kommunen ihre Aufgaben angemessen erfüllen können. Das Land Hessen unterstützt sie dabei tatkräftig. Der Kommunale Finanzausgleich bringt Landkreisen, Städten und Gemeinden 2017 mit über 4,5 Milliarden € eine neues Allzeithoch. Davon sind über 1,2 Milliarden € ein freiwilliger Zuschlag des Landes. Wir verstehen uns als Partner der Kommunen.
Ich nenne zwei weitere Beispiele, was diese Partnerschaft bringt: Mit dem Kommunalen Schutzschirm mit einer Größenordnung von 3,2 Milliarden € greift das Land Hessen besonders bedürftigen Kommunen finanziell unter die Arme. Auch durch das Kommunalinvestitionsprogramm des Landes stocken wir die Bundesmittel durch eigene Gelder auf ein Fördervolumen von über 1 Milliarde € auf.
In den Kommunen wird das reale Leben vor Ort gestaltet, und es werden dort handgreifliche Probleme gelöst – sei es die Kinderbetreuung, die Abwasserbeseitigung oder die Feuerwehr. Die Liste ist sehr lang.
Dafür sind die meist kleinen Kommunalverwaltungen sehr gefordert. Es ist nicht einfach, auch angesichts des demografischen Wandels, diesen Aufgaben gerecht zu werden. Von den 426 hessischen Gemeinden haben 211, also fast die Hälfte, weniger als 7.500 Einwohner. Bei 120 sind es sogar weniger als 5.000 Einwohner. Um dennoch die Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort effizient, qualitativ hochwertig und bezahlbar zu halten, ist interkommunale Zusammenarbeit das Gebot der Stunde.
Wir nutzen diesen Setzpunkt auch ausdrücklich dafür, um die bisherige interkommunale Arbeit in Hessen wertzuschätzen und zu würdigen. Seit dem Jahr 2014 fördert das Land die Zusammenarbeit aufgrund einer Rahmenvereinbarung. Von 2009 bis 2012 gab es die interkommunale Förderung gemeinsam unter Federführung der Kommunalen Spitzenverbände. Seit 2013 ist die interkommunale Kooperation in das Innenministerium integriert. Es gibt also durchaus genügend Anlass, die Arbeit zu würdigen, die das interkommunale Kompetenzzentrum in der Vergangenheit geleistet hat. Es berät die Kommunen in allen Angelegenheiten. Es ist ein strategischer und inhaltlicher Partner, und es ist ein wichtiger Ratgeber für die Städte und Gemeinden geworden.
Mit einem eigenen Referat für interkommunale Zusammenarbeit im Innenministerium gibt es auch einen zentralen Ansprechpartner für alle rechtlichen Fragen der interkommunalen Zusammenarbeit und möglicher Förderungen.
Seit 2004 wurden bislang 193 Projekte mit insgesamt über 13,5 Millionen € gefördert. Allein im laufenden Jahr sind es bis Ende September bereits 27 Kooperationen mit einem Fördervolumen von über 2,2 Millionen €. Meine Damen und Herren, interkommunale Zusammenarbeit wird in Hessen großgeschrieben.
Diese interkommunale Kooperation fängt schon bei kleinen Dingen an, etwa bei der gemeinsamen Nutzung von Infrastruktur. Es können Organisationseinheiten, Standesämter, Stadtkassen, Bauhöfe zusammengelegt werden. Auch Aufgaben wie z. B. Verkehrsüberwachung können koordiniert werden. Eine aktuelle Herausforderung ist auch die Breitbandversorgung.
Es gibt gute Praxisbeispiele, an denen man erkennen kann, wie gewinnbringend das funktioniert. Bruchköbel und Erlensee haben sich für ein gemeinsames Gewerbegebiet zusammengetan. Im Landkreis Gießen arbeiten alle 18 Kommunen im Brandschutz zusammen. Die Kurorte Bad Schwalbach und Schlangenbad arbeiten touristisch zusammen. Eschwege und Berkatal haben einen gemeinsamen Bauhof, und seit Juli letzten Jahres werden die Friedhöfe von Rüsselsheim, Raunheim und Kelsterbach gemeinsam verwaltet. Wenn sich Kommunen zusammentun, kann die jeweilige Arbeit personell besser abgedeckt und im Interesse der Bürgerinnen und Bürger effizienter gestaltet werden.
Meine Damen und Herren, interkommunale Zusammenarbeit kann vielfältig sein. Sie kann sogar so weit gehen, dass man an Fusionen denkt. Nach unserem Verständnis ist das ein gangbarer Weg, allerdings auf freiwilliger Basis. Eine zwangsweise Zusammenlegung, wie in anderen Bundesländern praktiziert, lehnen wir entschieden ab.
Wir lehnen es ab, aber uns ist es wichtig, dass wir Anreize geben, Bürgerinnen und Bürger vor Ort über Zusammenarbeit und Zusammenlegung selbst entscheiden zu lassen, sie zu motivieren, diesen Weg zu gehen.
Über eine Reform des Kommunalrechts haben wir im Dezember 2015 auch die nötigen Voraussetzungen dafür geschaffen, um beispielsweise Gemeindefusionen attraktiver zu machen und mit einer Entschuldungshilfe zu unterstützen. Dafür stehen rund 27 Millionen € bereit. Wer zusammengehen möchte, kann bis zur Hälfte der Schulden seiner Kernhaushalte erlassen bekommen.
Auch Bürgerentscheide, die zur Fusion z. B. der Gemeinden im südlichen Odenwaldkreis – Rothenberg, Hesseneck, Sensbachtal und der Stadt Beerfelden – führen, haben bewiesen, dass bei guter Vorbereitung die Akzeptanz für Fusionen oder Zusammenarbeit von Städten und Gemeinden in der Bevölkerung durchaus vorhanden ist. Die neue Stadt, die im Odenwald entstehen könnte, vielleicht 2018 unter dem Arbeitstitel Oberzent, wäre ein sehr gutes Beispiel für gelingende Kooperation bis hin zur Fusion, die in Hessen möglich ist und seit vielen Jahren gut gefördert wird.
Auch im Vogelsbergkreis passiert etwas bis dato hessenweit Einmaliges. Die vier Gemeinden Schwalmtal, Romrod, Grebenau und Feldatal haben ihre Verwaltungen zusammengelegt. Für den Zusammenschluss der Verwaltungen erhält jede Gemeinde 150.000 € Fördermittel, die zum Großteil in die Umstrukturierung gesteckt worden sind. Im Gegenzug dazu müssen die Gemeinden fünf Jahre lang nachweisen, dass sie ihre Verwaltungskosten um 15 % reduzieren können. – Interkommunale Kooperation bringt also etwas. Sie wird massivst gefördert und führt zu einer Ef
fizienzsteigerung, von der am Ende die Bürgerinnen und Bürger als Gebühren- und Steuerzahler extrem profitieren.
Auch die Verwaltungsgemeinschaft Allendorf-Bromskirchen, die 2015 startete, wurde durch das Land Hessen nennenswert gefördert. Die Gemeinde Bromskirchen im Landkreis Waldeck-Frankenberg wird in Zukunft auch von einem ehrenamtlichen Bürgermeister geleitet. Ich weiß noch, wie groß die Aufregung, der Aufschrei hier war, dass wir so etwas rechtlich ermöglichen. Aber wenn es vor Ort gewollt wird und wenn es vor Ort sinnvoll ist, dann kann es auch praktiziert werden. Damit ist die 1.830 Einwohner starke Gemeinde die erste in Hessen, die diese Änderung des Kommunalgesetzes nutzt. Ich habe bisher nicht von Problemen gehört, sondern dass das entsprechend erfolgreich umgestellt worden ist.
Meine Damen und Herren, wir machen interkommunale Kooperation nach dem Motto: Alles kann, nichts muss. – In Hessen stehen dafür Wege, Möglichkeiten, Beratungen, Best-Practice-Bespiele in großer Anzahl zur Verfügung. Wir wissen durch die entsprechenden Beantwortungen von Anfragen, die wir im Beratungsgang haben, was in Hessen schon gefördert worden ist.
Wir sind einen guten Weg gegangen. Wir sind in Hessen vorne und haben durchaus Auswirkungen auf andere Bundesländer, die sich die Fördermöglichkeiten in Hessen zu eigen machen. Ich will nicht sagen, dass sie abschreiben, sondern dass sie von den Erfahrungen in Hessen profitieren.