Protocol of the Session on September 14, 2016

gleichmäßige Besteuerung stattfindet. Diesen Weg werden wir fortsetzen. – Ich bedanke mich für die Unterstützung auf diesem Weg.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Ich habe keine weiteren Wortmeldungen.

Dann lasse ich über den Entschließungsantrag Drucks. 19/3749 der Fraktionen der CDU und BÜNDNISS 90/DIE GRÜNEN abstimmen. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen der SPD und DIE LINKE. Wer enthält sich? – Das ist die Fraktion der FDP. Damit ist dieser Antrag angenommen.

Kolleginnen und Kollegen, wir haben jetzt noch einen Antrag, der eingegangen ist und verteilt wurde, und zwar einen Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Solidarität des Hessischen Landtags mit den Menschen im Kalirevier, Drucks. 19/3784. Wird auch hier die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 47 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, jetzt mit der Debatte zu den Tagesordnungspunkten 24, 43 und 44 aufgerufen werden.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 24 auf:

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Solidarität des Hessischen Landtags mit den Beschäftigten im Kalirevier – Drucks. 19/3745 –

zusammen mit Tagesordnungspunkt 43:

Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend Kurzarbeit beenden – Unterstützung der Beschäftigten von K+S – Drucks. 19/3778 –

zusammen mit Tagesordnungspunkt 44:

Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Zukunft der Kaliproduktion in Hessen sichern – Drucks. 19/3779 –

sowie Tagesordnungspunkt 47:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Solidarität des Hessischen Landtags mit den Menschen im Kalirevier – Drucks. 19/3784 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten. – Der erste Redner ist bereits am Pult. Das Wort hat Kollege SchäferGümbel.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, am vergangenen Donnerstag haben nach offizieller Zählung 12.000 Menschen, nach den inoffiziellen Zahlen des Betriebsrats von K+S 14.500 Menschen in der Region unter dem Motto „Hand in Hand für die Kaliindustrie“ im Werratal demonstriert. Diese Demonstration war ein beeindruckendes Signal – auch an die Landespolitik in Wiesbaden.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

Ich will es gleich am Anfang sagen: Ich höre natürlich die Sprüche in einigen Reihen – auch des Hessischen Landtags, manchmal auch der Landesregierung, aber auch in öffentlichen Debatten – nach dem Motto: K+S, Kalibergbau – wir können es nicht mehr hören.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer sagt das?)

Es gibt Leute, die das sagen. Das ist nicht anders als die Mechanik, die wir manchmal in der Debatte über den Frankfurter Flughafen zur Kenntnis nehmen mussten, nämlich dass die Probleme, die Menschen in einer Region in Hessen besonders beschäftigten, in anderen Teilen des Landes nicht interessierten. Auch deswegen war es uns wichtig, am heutigen Tag unsere Solidarität im Hessischen Landtag dadurch zu dokumentieren, dass wir die Sorgen der Menschen und der Beschäftigten im Kalibergbau in der Region sehr ernst nehmen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Der Kalibergbau ist die Existenzgrundlage für viele Tausend Familien, und zwar nicht nur derer, die unmittelbar im Bergbau beschäftigt sind, sondern er ist vor allem auch ein wirtschaftliches Rückgrat für die gesamte Region. Die Kurzarbeit der vergangenen Monate ist ein deutlicher Hinweis darauf, wie ernst die Sorgen des Unternehmens, der Beschäftigten und der gesamten Region sind. Wir diskutieren das in der Tat nicht zum ersten Mal. Die Menschen erwarten zu Recht, dass sich der Hessische Landtag nicht nur damit beschäftigt, sondern sich solidarisiert. Das erwarte ich ausdrücklich auch von der Landesregierung und der sie tragenden Koalition von Schwarz und Grün. Ich erwarte auch, dass Sie keine Pirouetten mehr beim Bergbau in Nordhessen drehen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich will es offen sagen: In der Menschenkette haben sich einige eingereiht, die sich, wenn sie sich an die eigene Nase fassen würden, zumindest fragen müssten, für was, wen oder gegen wen sie sich dort eigentlich solidarisieren.

(Michael Boddenberg (CDU): Der Herr Ramelow! – Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Nein, ausdrücklich nicht, Herr Wagner. Herr Boddenberg, Sie kommen dran. Ganz objektiv ist die schwierige Situation des Kalibergbaus mit politischen Altlasten verbunden, die insbesondere CDU-Umweltministerinnen in den letzten Jahren mit zu verantworten hatten, weil sie die Themen haben liegen lassen. So einfach ist das.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP)

Der Hinweis, an die eigene Nase zu fassen, gilt allerdings auch der Unternehmensführung. Ihr ist ganz sicher zugutezuhalten, dass die Abwässer seit 2007 halbiert worden sind und dass das Unternehmen im weltweiten Vergleich der Produktionsbedingungen gerade im Werratal sehr viel erreicht hat. Aber es gab auch immer wieder eine Haltung, dass die Politik – wer immer das am Ende auch ist – in letzter Konsequenz die Kohlen für schwierige Themen aus dem Feuer zu holen hat. Deswegen hat auch die Unternehmensführung eine Verantwortung für die Situation.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aber uns ist es wichtig, am heutigen Tage sehr klar zu sagen, dass das, was dort an Versäumnissen entstanden ist, nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden darf.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Florian Rentsch (FDP))

Ich will aber ausdrücklich in Richtung der amtierenden Umweltministerin konstatieren, dass sie sich sehr viel intensiver mit dem Thema beschäftigt hat als alle ihre Vorgängerinnen.

(Florian Rentsch (FDP): Das muss aber für das Unternehmen nicht besser sein!)

Ich komme noch dazu. – Allerdings – auch das will ich ausdrücklich anerkennen – hat sie mit dem Vier-PhasenPlan zumindest ein Fundament in dieser Debatte eingezogen, das es bisher nicht gab. Ich will allerdings auch darauf hinweisen, dass wir immer noch – jenseits der Pressemeldungen und der öffentlich erklärten Vereinbarung – auf den Vertragsentwurf warten.

(Timon Gremmels (SPD): Ja!)

Frau Ministerin, ich will auch darauf hinweisen – das ist der Teil, der mich befremdet, auch in dem Antrag der Koalitionsfraktionen, weil sie so tun, als hätte das gar nichts mehr mit der Situation zu tun –, dass es mit dem darüber hinausgehenden „Masterplan Salzreduzierung“ der Flussgemeinschaft sehr wohl neue politische Vorgaben gegeben hat, die in Teilen deutlich über dem Vier-Phasen-Plan liegen, dazu im Widerspruch stehen und deswegen ausdrücklich zu neuen Unsicherheiten geführt haben.

Auch Sie von den Regierungsfraktionen stehen in der Verantwortung dafür, dass die Zukunft der im Kalibergbau Beschäftigten nicht zum Spielball des Zuständigkeitszugeschiebes zwischen der Politik auf der einen Seite und der Unternehmensführung auf der anderen Seite werden darf.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Dass ein Widerspruch zwischen dem „Masterplan Salzreduzierung“ und dem Vier-Phasen-Plan existiert, wird uns in den nächsten Monaten auf unterschiedlichsten Ebenen sicherlich weiter beschäftigen. Dass Sie versucht haben, mit dem Masterplan am Ende einen Konsens zwischen den beteiligten grünen Umweltministern hinzubekommen, ist politisch noch erklärbar. Ich will aber ausdrücklich sagen: Ich stehe manchmal nur noch staunend vor dem, was sich manche Länder in der Debatte leisten. Das gilt für alle beteiligten Landesregierungen, völlig egal, wie sie politisch zusammengesetzt sind.

(Michael Boddenberg (CDU): Das stimmt!)

Aber auch Sie von der Hessischen Landesregierung sind dafür mitverantwortlich, weil Sie mit der Zustimmung zu dem Masterplan neue Unsicherheiten in den gesamten Prozess hineingetragen haben. Auch das muss gesagt werden.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Frau Ministerin, deswegen reicht es nicht, wenn Sie in einer Presseerklärung zu der Menschenkette die Verantwortung für die Situation allein auf das Unternehmen abwälzen. Das ist nicht in Ordnung,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

weil Sie sehr wohl wissen, dass die Lage sehr viel komplizierter ist und dass Sie eine Mitverantwortung für die derzeitige Situation tragen. Das meine ich jetzt wertneutral, weil es für bestimmte Entscheidungen ja gute Gründe geben kann. Dann aber öffentlich zu erklären, der Umstand, dass das so schwierig sei, sei allein ein Problem des Unternehmens, ist angesichts all der zu kritisierenden Punkte schlicht und einfach nicht in Ordnung und spricht ein Stück weit für ein System organisierter Unzuständigkeit. Ich finde es mit Blick auf die Sorgen der 14.500 Menschen, die sich öffentlich geäußert haben, indem sie sich an der Menschenkette beteiligt haben, unangemessen, so damit umzugehen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Sie behaupten, dem Unternehmen sei bereits Planungsund Investitionssicherheit gegeben worden. Die 14.500 Menschen, die die Menschenkette gebildet haben, sehen das ganz offensichtlich anders. Ich will mit Blick auf den Unterschied zwischen dem Vier-Phasen-Plan und dem Masterplan noch einmal sagen: Es gibt ganz offensichtlich keine Planungs- und Investitionssicherheit, weil die Regime, die hinter beiden Konstruktionen stehen, unterschiedlich sind. Diesen Widerspruch müssen Sie auflösen; den kann das Unternehmen nicht auflösen. Was gilt nun? Der Vier-Phasen-Plan oder die Entscheidung der Flussgebietsgemeinschaft? Wie wollen Sie den Widerspruch auflösen? Wie wird das Unternehmen dabei einbezogen? Das sind Fragen, die in der Tat ganz wesentlich dafür sind, Investitionssicherheit auch für das Unternehmen darzustellen. Ich glaube, dass Ihnen das auch ziemlich viele derer, die die Menschenkette gebildet haben, in der vergangenen Woche gesagt haben.

Wir erleben seit Jahrzehnten, dass Arbeit und Umwelt gegeneinander ausgespielt werden, ein Spiel, das auch in diesen Tagen wieder einige betreiben, einige auf der Unternehmensseite, denen der Umweltteil völlig egal ist, und auf der anderen Seite die, die im Moment nur den Punkt Umwelt ansprechen und sich um das Thema Arbeit gar nicht kümmern. Das muss aufhören. Wir sagen: Arbeit und Umwelt sind miteinander vereinbar. Es ist ein Erfolgsrezept. Wir wollen, dass Arbeit und Umwelt nicht länger gegeneinander ausgespielt werden. Dafür, dass das nicht geschieht, tragen auch Sie Verantwortung.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich will am Ende eine persönliche Bemerkung machen. Ich will offen sagen, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, dass die SPD in einer gewissen Tradition steht. Es ist beispielsweise so, dass SPD-Mitglieder traditionell aufstehen, wenn das Steigerlied gespielt wird, weil das unsere Form der Würdigung und des Respekts vor harter und gefährlicher Arbeit ist. Zu dieser Tradition stehen wir. Ich weiß sehr wohl, dass es in diesem Hause einige gibt, die diese Tradition nicht teilen. Ich weiß auch, dass es einige gibt, die der Auffassung sind, bei Sozialdemokraten schalte sich das Hirn aus, wenn das Steigerlied gespielt wird. So etwas wird oft gesagt.

Ich will offen sagen: Diese Haltung ist nicht unsere. Wir bleiben dabei, dass wir in dieser Tradition stehen und uns in diesem Sinne die Zukunft des Bergbaus in Nordhessen weiterhin am Herzen liegt. Deshalb erklären wir uns solidarisch mit den Beschäftigten und mit der gesamten Region. In diesem Sinne: Glück auf.

(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei der FDP)