Nein, weil der Protest so hoch rauschte. – Natürlich will ich die Bürger nicht beschimpfen, wenn sie protestieren. Das ist nicht der Punkt. Aber was ich zutiefst ärgerlich finde, ist, dass Sie es befördern. Es schafft eine Politikverdrossenheit, wenn Sie suggerieren, das Land muss nur genug Millionen in das Fass schütten, und dann läuft der Laden weiter. – So kann es nicht funktionieren.
Wir haben auch manchmal die Aufgabe, Unangenehmes zu erklären. Das ist nicht immer schön. Wir haben zu erklären, dass das Haus betriebswirtschaftlich nicht zu führen ist, dass die Notfallversorgung und die medizinische Versorgung gesichert sind. Dass das nicht schön ist, müssen wir manchmal erklären, und wir tun es auch.
(Hermann Schaus (DIE LINKE): 50 km weiter weg ist das nächste Krankenhaus! – Zurufe von der SPD – Glockenzeichen des Präsidenten)
Ich finde es schlimm, dass Sie sich da draufsetzen und jedes Mal versuchen, einen populistischen Erfolg zu erzielen. So können wir keine zukünftige Gesundheitspolitik in diesem Land gestalten, und es ist tatsächlich auch gefährlich, wie Sie es tun.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Vehemenz, mit der diese Diskussion geführt wird, zeigt, dass die Frage der gesundheitlichen Versorgung eine existenzielle ist. Das ist auch richtig so; denn die Punkte, sich um seine Gesundheit zu kümmern und die gesundheitliche Versorgung sichergestellt zu wissen, sind wichtig und existenziell.
Umso bedauerlicher finde ich – das will ich von Anfang an sagen, weil ich durchaus auch in parlamentarischen Debatten Stellung beziehen kann und das auch noch tun werde – einen Vorwurf, den ich nicht unwidersprochen stehen lassen möchte und der mir von Frau Schott gemacht worden ist, die wörtlich gesagt hat, der Sozialminister, der Gesundheitsminister, setze die Gesundheit der Menschen auf das Spiel. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das weise ich mit Nachdruck zurück.
Der Beginn einer Diskussion mit einer solchen Aussage zeigt, dass es an dieser Stelle nicht um die Auseinandersetzung in der Sache geht, sondern dass es ausschließlich darum geht, auf einer emotionalen Basis den Versuch zu machen, andere zu diskreditieren oder vielleicht ein Stück Zustimmung und Punkte in einer nicht sachlich geführten De
batte zu erhalten. Dann scheut man sich auch nicht davor zurück, Unwahrheiten zu sagen oder falsch zu interpretieren.
Das noch einmal an einem Beispiel: Wer dem Land Hessen und der Regierung sowie den sie tragenden Fraktionen vorwirft, wir wären bei der Investitionsförderung im Krankenhauswesen an drittletzter Stelle, kennt die Zahlen nicht. Wir liegen pro Bett und im Verhältnis der Einwohnerzahl deutlich in der Spitzengruppe der Bundesrepublik Deutschland, und erstaunlicherweise sind die Hessische Krankenhausgesellschaft, die Krankenhäuser selbst und die Träger dieser Krankenhäuser – egal, ob sie gemeinnützig, privat oder kommunal geführt sind – vollumfänglich der Überzeugung, das Land Hessen hat noch nie so viele Investitionen in die Krankenhäuser getätigt wie zum jetzigen Zeitpunkt mit dieser Regierung, und das ist ein Erfolg dieser Regierung.
Dann kommen wir einmal zu Lindenfels. Zuerst einmal: Ich habe keinerlei Klinik geschlossen. Es sind Träger, die eine Entscheidung treffen, ob ein Klinikum weitergeführt wird oder nicht weitergeführt wird. In diesem Fall ist es nach Agaplesion als evangelischem Krankenhausträgerverband und nach dem katholischen Krankenhausträgerverband zum Schluss der Südhessische Klinikverbund als dritter – und zwar nicht privater – Träger eines Krankenhauses gewesen, der dieses Krankenhaus geführt und gesehen hat – da brauche ich die Belegungszahlen nicht noch einmal zu wiederholen –, dass eine betriebswirtschaftliche Fortführung an dieser Stelle nicht möglich ist und kein anderer Weg einzuschlagen ist, als entsprechend Insolvenz anzumelden.
Dann fragen wir auch gar nicht danach – das ist dann natürlich versucht worden durch den Krankenhausreferatsleiter und den Abteilungsleiter –, welche Alternative überhaupt zu entwickeln gewesen ist. Wir haben an dem runden Tisch immer wieder teilgenommen. Es ist die Alternative entwickelt worden, ob man möglicherweise mit einem medizinischen Versorgungszentrum ambulant und stationär den Versuch unternehmen könnte, noch ein geringes stationäres Angebot aufrechtzuerhalten.
Um dieses Konzept zu entwickeln, hätte es einer Landesbürgschaft bedurft, damit das defizitäre Krankenhaus noch die nächsten zwei Jahre hätte geführt werden können, bis das neue Konzept hätte umgesetzt werden können. Nur, damit man weiß, um was es geht. Dies wurde intensiv geprüft. Diesem Bürgschaftsantrag ist ein Wirtschaftsplan beigefügt worden. Frau Hartmann hat eben dahin gehend gesprochen, dass dieser Wirtschaftsplan mit der Unterstützung von Wirtschaftsprüfern erarbeitet worden ist.
In diesem Wirtschaftsplan ging man aber davon aus, dass sich die Verluste von aktuell 200.000 € im Monat direkt nach der Übernahme halbieren würden. Man ging ferner davon aus, dass man bereits im Jahr 2018 einen Neubau beziehen würde; und man ging davon aus, dass das Krankenhaus dank steigender Patientenzahlen im Jahr 2020 bereits einen Gewinn von einer halben Million Euro erwirtschaften würde. Die WIBank hat sich den Wirtschaftsplan aus Bankensicht angeschaut und kam zu dem Ergebnis, dass es erhebliche Risiken gab, und es wurde eine mehr als 50-prozentige Ausfallwahrscheinlichkeit unterstellt.
Das liegt schlicht und ergreifend daran, dass diese, dem Wirtschaftsplan zugrunde gelegten, Daten vorne und hinten nicht stimmen. Steigende Patientenzahlen werden nämlich nicht zu 100 % finanziert, wie im Wirtschaftsplan verdeutlicht, sondern unterliegen einem dreijährigen Abschlag von 25 %, der sich durch die Krankenhausreform noch deutlich erhöhen wird. Wendet man einfach nur geltendes Bundesrecht an, so ergibt sich, dass 2020 kein Gewinn, sondern ein Verlust von 500.000 € wahrscheinlich ist, auch dann, wenn die Patienten wie erwartet kommen. Aber auch der Neubau, der von allen Beteiligten als zwingend notwendig erachtet wird, um dieses Konzept umzusetzen, wird 2018 nicht stehen.
Herr Präsident, ich achte darauf. – Dann kommen wir zu der Fragestellung eines Termins zu Beginn dieser Woche. Um auch dies zu verdeutlichen: Es ist ein Termin, zu dem ich eingeladen worden bin, organisiert von zwei Kolleginnen und Kollegen aus der CDU-Landtagsfraktion, nämlich der Kollegin Lannert und dem Kollegen Stephan. Diese haben mich eingeladen. Wenn ich eine Einladung bekomme, dann informiere ich nicht den örtlichen Bürgermeister und frage ihn, ob er mich begleiten will. Das ist erst einmal ein Termin vor Ort. Wenn ich dorthin gehe, dann werde ich hierüber selbstverständlich informieren. Dass eine Oppositionsabgeordnete nicht zu einem Termin eingeladen wird, kann durchaus möglich sein.
(Norbert Schmitt (SPD): Es gab genügend Einladungen vom Bürgermeister nach Lindenfels! Aber da hat er gekniffen!)
Ach, Herr Schmitt, der Bürgermeister war doch bei mir im Ministerium. Ich sage Ihnen gleich noch etwas zu dem Bürgermeister.
(Norbert Schmitt (SPD): Es gab genügend Einladungen! Die haben Sie alle nicht wahrgenommen! – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Die absolut notwendige Voraussetzung zur Umsetzung dieses Konzepts ist ein Neubau. Es war bei meinen Gesprächen, wir waren in der Eleonoren-Klinik, als es um Rehabilitation ging, auch klar, dass dort möglicherweise ein Neubau in unmittelbarer Nachbarschaft der Eleonoren-Klinik entstehen sollte. Auf meine Frage gegenüber den Verantwortlichen der Eleonoren-Klinik, ob es schon einmal eine Anfrage bezüglich eines Neubaus und einer Kooperation gegeben hätte mit dem Lindenfelser Projekt „Luise light“, wurde gesagt: Außer einer informellen, losen Ansprache ist an dieser Stelle nichts passiert.
Die katholische Kirche, die mit 300.000 € einen Beitrag zur Deckung des Eigenkapitals leisten würde, ist nicht angesprochen worden. Die evangelische Kirche hat außer der Absichtserklärung, den Finanzausschuss der evangelischen Kirche mit dieser Frage zu beschäftigen, keine weiteren Schritte unternommen. Die Stadt Lindenfels hat bis am Abend vor der entscheidenden Sitzung des Bürgschaftsausschusses noch gesagt: Den Beitrag, den wir als Stadt Lindenfels erbringen, erbringen wir nur, wenn dieser durch ei
(Marjana Schott (DIE LINKE): Da hätte es ein Signal von Ihnen gebraucht! Sie hätten ein Signal setzen müssen! Das wäre Ihre Aufgabe gewesen! Das haben Sie nicht getan! – Norbert Schmitt (SPD): Ja, das ist Ihre Aufgabe!)
Deswegen ist von Anfang an die Frage diskutiert worden, inwiefern die Gesundheitsversorgung auch kreisübergreifend sichergestellt werden könnte – in Form dessen, was die Landesregierung mit Paktpartnern wie dem Pakt zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung auf den Weg gebracht hat, in interkommunaler Zusammenarbeit, beispielsweise mit dem Ärztenetz Odenwald, um zu einer Versorgung zu kommen. Auch wurde der Stadt Lindenfels wie sauer Bier angeboten, die Region Lindenfels als Modellregion seitens des Landes mit einer entsprechenden finanziellen Unterstützung auszustatten, um ein entsprechendes Konzept zu erarbeiten, mit dem Ergebnis: Sie haben noch nicht einmal einen Antrag gestellt; sie haben noch nicht einmal einen formuliert. Deswegen sage ich: Dort hat es an Elan gefehlt, weil man etwas anderes machen wollte, als man jetzt behauptet.
Jetzt geht es schlicht und einfach darum, die gesundheitliche Versorgung in diesem Bereich sicherzustellen. Die gesundheitliche Versorgung können nur diejenigen sicherstellen, die vor Ort die Verantwortung tragen, gemeinsam mit denjenigen, die für die Rahmensetzungen zur Verfügung stehen. Deswegen ist relativ klar: Der Landrat hat schon gesagt, er nehme diese Verantwortung an und werde einen entsprechenden Weg beschreiten, nachdem das Sozialministerium die Beteiligten erst einmal an einen Tisch bekommen hat. Dort wird dann nicht so emotional gesprochen, weil es letztlich um mit das Wichtigste für einen Menschen geht, nämlich um die Sicherstellung seiner Gesundheit, wenn diese gefährdet ist. Sie können davon ausgehen, diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen werden nichts machen, was an dieser Stelle in eine falsche Richtung weist. Andererseits sind wir keine Betreiber von Krankenhäusern und sind nicht für den wirtschaftlichen Erfolg eines Krankenhauses verantwortlich. Das sind die Träger schon selbst.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, da ich die Diskussion jetzt genau verfolgt habe, verstärkt sich bei mir der Eindruck, dass die Entscheidung über die Bürgschaft für das Krankenhaus in Lindenfels schon lange feststand, dass sie genauso gefällt wurde, wie sie bereits feststand, und dass letztlich versucht wurde, den Schwarzen Peter denjenigen vor Ort in die Schuhe zu schieben, die dafür nicht die Verantwortung tragen.
Herr Minister, wenn Sie sich in der Region mehr Elan wünschen, dann stelle ich Ihnen einmal die Frage: Was verstehen Sie hierunter, wenn eine kleine Gemeinde wie Lindenfels 22.000 Bürger mobilisiert, die für den Erhalt bzw. für die Neustrukturierung ihres Krankenhauses eintreten? – 22.000 Bürgerinnen und Bürger sind in etwa, soweit ich informiert bin, das Dreifache der Wählerschaft von Lindenfels. Es ist also die gesamte Region; es sind 20 bis 25 % der gesamten Bevölkerung im Odenwald, die für den Erhalt des Krankenhauses eingetreten sind und eintreten.
Ist das nicht genug Elan, um eine Bürgschaft von 3 Millionen € abzuwägen, auch Interesse eines Erhalts – –
Einen Moment, Herr Kollege Schaus. – Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, der Debatte etwas aufmerksamer zu folgen und alle Gespräche am Rande etwas zu verlagern. Bitte seien Sie so lieb; Kollege Schaus hat das Wort. Ich will nur darauf hinweisen, dass jede Fraktion, wenn sie will, fünf Minuten und 45 Sekunden Redezeit hat. Das ist die Zeit, die der Minister über der Zeit war. Deshalb hat der Kollege Schaus das Wort, und ich bitte Sie um Aufmerksamkeit.
Ich denke schon, dass vor Ort genug Elan vorhanden war, sowohl seitens der niedergelassenen Ärzte als auch der Bevölkerung. Herr Rentsch, ich sage es einmal so flapsig, weil Sie darüber auch so flapsig diskutiert haben: Wir reden nicht nur mit den Spitzen der Ärzteschaft, sondern wir reden mit den Leuten vor Ort, mit den Bürgerinnen und Bürgern, die sich dafür eingesetzt haben, dass die Gesundheitsversorgung in diesem ländlichen Raum erhalten bleibt und weiterhin besteht. Das ist möglicherweise eine ganz andere Auffassung als die, die die Spitzenvertreter der Kassenärztlichen Vereinigung des Öfteren an den Tag legen.
In einer solchen Region, in der es überdurchschnittlich viele ältere Bürgerinnen und Bürger gibt, die auf die Gesundheitsversorgung angewiesen sind, muss es auch darum gehen, die niedergelassene Ärzteschaft zu stärken. Sie können durch ein neues Belegkrankenhaus gestärkt werden, das kleiner ist als das bisherige Krankenhaus. Das könnte
auch dazu führen, dass sich wieder mehr Ärzte in dieser Region niederlassen und sich daran beteiligen.
Insofern zeigt der Blick auf den Krankenhausbedarfsplan – Lindenfels war im Übrigen 50 Jahre lang darin enthalten und ist es immer noch, insofern kann es nicht sein, dass es sich dabei um ein überflüssiges Krankenhaus gehandelt hat, sonst wäre es nie in den Krankenhausbedarfsplan hineingekommen –, dass dieses Krankenhaus in verkleinerter Form erhalten bleiben kann.