Protocol of the Session on June 22, 2016

Deswegen wollen wir, dass weiterhin auf Qualität geachtet wird, auf Energieeffizienz. Ich glaube, das Thema Klimaschutz darf man nicht außer Acht lassen. Die Nebenkosten sind ein großes Thema. Deshalb: Quantität ist wichtig, aber auch die Qualität sollten wir nicht außer Acht lassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine Damen und Herren, Wohnen ist mehr als nur ein Dach über dem Kopf, und auch das sollte man bei aller Notwendigkeit des schnellen Wohnungsbaus nicht außer Acht lassen.

Meine Damen und Herren, wir halten Kurs. Wir haben einen klaren Kurs in der Wohnungspolitik. Wir wollen bezahlbare Wohnungen für alle. Wir wollen nicht, dass Mieterinnen und Mieter in den Großstädten an den Rand gedrängt werden, sodass nur noch bestimmte Leute in den angesagten Vierteln in den Städten wohnen könnten. Wir wollen außerdem lebenswerte Dörfer in den ländlichen Räumen. Wir wollen, dass die Dorfkerne erhalten bleiben und dass dort Qualität vorherrscht, dass die Menschen sich dort wohlfühlen können.

Dafür haben wir die städtebaulichen Programme. All das ist sinnvoll in Hessen zu machen. All das wird schon gemacht. Unsere Bauministerin hat das angepackt, und wir werden natürlich weiterhin an diesem Thema dranbleiben und daran arbeiten. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Schaus, DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die jüngst vorgelegten Zahlen des Wohnungsbedarfsberichts der Hessischen Landesregierung sind erschreckend. Überrascht haben sie mich allerdings nicht.

Nun ist es also amtlich: Bis 2040 werden in Hessen 517.000 weitere Wohnungen benötigt, eine gigantische Zahl, die alles Bisherige in den Schatten stellt, eine Zahl, die übrigens schonungslos zutage fördert, was es in den vergangenen Jahrzehnten in Hessen an Versäumnissen in Sachen Wohnungsbau gegeben hat und immer noch gibt, eine Zahl, die auch zum Ausdruck bringt, dass das grenzenlose Vertrauen, dass der Wohnungsmarkt es schon richten werde, nun bitter bezahlt werden muss.

In großen Städten und dem gesamten Rhein-Main-Gebiet wird das vorwiegend bezahlt von Mieterinnen und Mietern mit geringen und mittleren Einkommen, die oft mehr als 50 % ihres Familieneinkommens für Miete und Nebenkosten aufbringen müssen.

Die Versäumnisse der Politik der letzten Jahre, insbesondere was den ständigen Rückgang an preiswerten Sozialwohnungen angeht, werden jetzt noch deutlicher. Ende 2014 waren bei den Wohnungsämtern der Städte rund 45.000 berechtigte Haushalte registriert. Viele warten viele Jahre auf eine bezahlbare Mietwohnung, weil sich der Bestand in Hessen seit 25 Jahren von 206.000 Wohnungen auf rund 100.000 Wohnungen halbiert hat.

Das Pestel Institut kam in einer Studie auf eine Zahl von rund 280.000 Haushalten, die in Hessen Anspruch auf eine Sozialwohnung haben. Die meisten lassen sich also erst gar nicht registrieren. Sie geben schon vorher auf.

Frau Feldmayer, das sage ich ganz speziell an Ihre Adresse. Ich sage es einmal so: Man kann die Zahlen und die Dramatik, die darin liegt, genau betrachten. Wir erleben jeden Tag im Rhein-Main-Gebiet die Mietpreisentwicklung bei den Wohnungen. Ich vermisse bei den Mitgliedern Ihrer Fraktion so etwas wie Empathie, so etwas wie Solidarität mit den Familien mit kleinen und mittleren Einkommen. Es muss endlich etwas getan werden, um diese Preisentwicklung aufzuhalten. Das heißt dann in der Tat, dass man zusätzliche Wohnungen bauen muss, und zwar insbesondere preiswerte.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass im Zuge der zum Glück verhinderten Privatisierung der Nassauischen Heimstätte – daran waren wir im Übrigen alle noch beteiligt, auch Sie, das will ich zugestehen – –

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Es waren nicht alle!)

Es waren nicht alle daran beteiligt, aber neben LINKEN durchaus auch SPD und GRÜNE. – Da hat Herr Staatsminister Dr. Schäfer in diesem Hause davon gesprochen, dass Wohnen keine Kernaufgabe der Landespolitik sei. Es sei keine Kernaufgabe der Landespolitik.

Dieser Satz steht sinnbildlich für den fahrlässigen Umgang der früheren Landesregierungen mit dem Thema Wohnen. Die jetzt bestehende Situation am Wohnungsmarkt ist nämlich das Resultat genau dieser verfehlten Politik. Da hilft auch kein beschönigender Dringlicher Antrag der Koalitionsfraktionen, so wie er heute vorliegt. Damit werden intensive Aktivitäten nur vorgegaukelt, anstatt neue Aspekte und neue Forderungen in die Debatte einzubringen, was notwendig wäre.

Vor knapp zwei Wochen fand die Expertenanhörung zu unserem Gesetzentwurf gegen Leerstand und Zweckentfremdung von Wohnraum im Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz statt. In dieser Anhörung wurde von den Experten mehrfach betont, dass alles Erdenkliche getan werden muss, um verstärkt bezahlbaren, menschenwürdigen Wohnraum zu schaffen. Da waren alle einer Meinung. Ich finde, es ist schon bemerkenswert, dass das so einhellig vorgetragen wurde. Jede Maßnahme, die geeignet wäre, dies zu erreichen, sei zu begrüßen. Insofern unterstützen wir den vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion, da alle dort aufgeführten Maßnahmen geeignet sind, mehr preiswerten Wohnraum zu schaffen.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Aber ebenso wie unser Gesetzentwurf gegen den Leerstand und die Zweckentfremdung oder die zum 1. Juli 2016 endlich in Kraft tretende Fehlbelegungsabgabe – da spreche ich Ihnen die Urheberschaft mit zu und erkenne sie an – sind diese Forderungen nur einzelne Bausteine einer vernünftigen Wohnungsbaupolitik. Wir brauchen viel mehr dieser Bausteine. Keine dieser Maßnahmen alleine wird nämlich ausreichen, um das gewaltige Problem der 517.000 fehlenden Wohnungen bis zum Jahr 2040 zu beheben.

Die Ministerin sagt, dass in den nächsten fünf Jahren demnach jährlich 37.000 Wohnungen zusätzlich entstehen müssen. Das bedeutet die Verdoppelung der derzeitigen Bautätigkeit. Das wäre eine Verdoppelung. Es ist vollkom

men klar, dass das eine Herkulesaufgabe ist, für die zusätzliche finanzielle Mittel in erheblichem Umfang in die Hand genommen werden müssen. Das ist auch unsere Forderung an die Landesregierung.

Hier reichen die derzeit bestehenden zwölf Förderprogramme nicht mehr aus. Es ist ein erhebliches Investitionsprogramm über viele Jahre notwendig, das deutlich über die Mittel hinausgehen muss, die Sie z. B. im Kommunalinvestitionsprogramm als Darlehen zur Verfügung gestellt haben.

Frau Ministerin Hinz, selbst 1 Milliarde € bis zum Ende der Legislaturperiode wären dafür nicht ausreichend. Im Übrigen würde mich eine konkrete Aufstellung darüber, was davon Landesmittel und was davon Bundesmittel sind, sehr interessieren.

Die Kommunen müssen schnellstens finanziell wieder in die Lage versetzt werden, eigenen, öffentlich geförderten Wohnungsbau zu betreiben. Dazu brauchen sie deutlich mehr finanzielle Mittel und auch mehr Know-how. Das muss unser Blickwinkel sein, und nicht das weitere Hofieren privater Investoren, wie es in dem Dringlichen Antrag der Koalitionsfraktionen vorgeschlagen wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Investitionen dürfen nicht an Schuldenbremse und Schutzschirm scheitern, denn sie sind von grundlegender gesellschaftlicher Bedeutung. Hier brauchen wir dringend andere gesetzliche Regelungen für die Kommunen, zumal beim Wohnungsbau den Investitionen immer entsprechende Werte gegenüberstehen.

Auch das ist zu berücksichtigen: Wenn investiert wird, muss die Schuldenbremse durchbrechbar sein. Wenn Sie das weiter aufrechterhalten, wird an diesem Dogma ansonsten eine entsprechende Wohnungsbaupolitik scheitern.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Schuldenmacher ohne Grenzen!)

Gerade die Landkreise könnten unseren Vorstellungen nach Wohnungsbaugesellschaften als gemeinsame Zweckverbände mit den Kommunen schaffen, um die notwendigen Aktivitäten zur Schaffung preiswerter Wohnungen zu bündeln und voranzutreiben.

Leider geht die Landesregierung jedoch immer noch viel zu zögerlich bei der Schaffung des Wohnraums vor. Es ist nicht ausreichend, dass wir uns hier alle vier Wochen aufs Neue mit dem Thema Wohnungspolitik beschäftigen. Was die Aktivitäten der Allianz für Wohnen angeht, kann ich eine Bewertung nicht vornehmen, weil die Mitglieder der Fraktionen dieses Hauses in diesen Prozess nicht einbezogen werden. Mir liegen auch keine öffentlichen Informationen vor, mit denen ich das entsprechend bewerten könnte. Ich meine, das ist im Vorgehen ein bewusster Webfehler seitens des Ministeriums.

Das wollen wir auch nicht vergessen: Ich habe bis heute von Ihnen noch keinen einzigen Vorschlag gehört, wie Sie die Situation für die hessischen Studierenden hinsichtlich des Wohnraumangebots wirksam verbessern wollen. Hessen ist und bleibt Schlusslicht hinsichtlich des Angebots studentischen Wohnraums. Nur für 6 % der 233.000 in Hessen Studierenden stehen entsprechende Wohnheimplätze zur Verfügung. Hessen ist hier Schlusslicht unter allen Bundesländern. Das muss sich endlich ändern.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie sehen: Es ist noch sehr viel Luft nach oben, was die Möglichkeiten zur Schaffung von bezahlbarem und menschwürdigem Wohnraum angeht. Wir brauchen ein Investitionsprogramm, mit dem neuer Wohnraum geschaffen wird und mit dem leer stehender Büroraum, überall da, wo es möglich ist, zu Wohnraum umgewandelt wird. Wir brauchen öffentliche Wohnungsbaugesellschaften, die entsprechend diesem Zweck arbeiten und sich insbesondere dem preiswerten und sozialen Wohnungsbau verschreiben. Sie und die Kommunen müssen wir unterstützten.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Herr Kollege Lenders für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat angekündigt, jedes Jahr 2 Milliarden € für den Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. Man kann das umrechnen. Man kann damit rund 11.000 bis 12.000 Wohnungen pro Jahr bundesweit bauen.

Man muss dabei bedenken, dass wir noch vor der Flüchtlingskrise rund 4 Millionen Wohnungen brauchten. Dann erscheinen einem diese 2 Milliarden € schlechterdings als Witz.

Das ist in Hessen nicht anders. In Hessen haben wir laut einer Studie des Regionalverbands bis 2030 einen Bedarf von rund 184.000 Wohnungen. Die Landesregierung hat jetzt ermittelt, dass wir bis 2040 zusätzlich 517.000 Wohnungen brauchen. Damit fehlen rund 37.000 Wohnungen in jedem Jahr. Das, was die Landesregierung angekündigt hat und wofür sie sich immer stark hat loben lassen – 1 Milliarde € für umgerechnet rund 10.000 Wohnungen bis 2019 –, reicht nicht. Wir brauchen jedes Jahr 37.000 Wohnungen.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Herr Boddenberg, Sie werden mit allem Geld, das die Landesregierung zur Verfügung stellen kann, die Probleme nicht lösen. Wir müssen die Investitionsbremse für die Privaten lösen. Genau darum geht es.

(Beifall bei der FDP)

Es ist oft angesprochen worden, heute aber noch nicht: Es gibt für diese Investoren kaum Flächen. Es ist schon sehr bedenklich, wenn – kaum, dass man eine Fläche für den Wohnungsbau ausgeguckt hat – vor allem die GRÜNEN sagen: Aber hier geht es gerade nicht. – Meine Damen und Herren, da müssen Sie sich doch selbst einmal überprüfen.

Sie – SPD wie Koalitionsfraktionen – haben sich auch selbst für die Aufstockung der 50 Millionen € Eigenkapital bei der Nassauischen Heimstätte loben lassen. Jetzt kommt der Vorwurf, die Landesregierung kümmere sich nicht darum, dass diese 50 Millionen € für den Wohnungsbau eingesetzt werden. Herr Kollege Siebel, das war vorauszusehen. Das ist nämlich das operative Geschäft. Wenn man weiß, dass auch eine Nassauische Heimstätte erst eine Wohnung baut, wenn sie damit 10 € pro Quadratmeter am Markt erzielen kann, wird klar, dass es auf diesem Weg mit einer Eigenkapitalerhöhung allein nicht gelingen wird,

die Nassauische Heimstätte dazu zu bekommen, dass sie jetzt auf einmal flächendeckend Wohnungen baut.

(Beifall bei der FDP)

Auch denen fehlt Grund und Boden, auch denen fehlt der Markt. Ob Sie sich damit selbst einen Gefallen getan haben, sich die Zustimmung zum Haushalt abkaufen zu lassen, lassen wir einmal dahingestellt.

Kollege Siebel hat es eben angesprochen. Was schlägt die Allianz für Wohnen in Hessen vor? In der Regel hören wir immer: „Verändert die Rahmenbedingungen für die Investoren.“ Sie sagt nicht: „Wir brauchen noch mehr Zuschüsse.“ Sie sagt auch nicht: „Wir brauchen jetzt verlorene Zuschüsse.“

Meine Damen und Herren, Sie können gar nicht so viel Geld verschenken, als dass bei den Rahmenbedingungen, die diese Landesregierung zu verantworten hat, irgendjemand Spaß daran hätte, Wohnungen zu bauen.

(Beifall bei der FDP)