Übrigens begrüße ich auch die Passage Ihres Papiers, in der angezweifelt wird, ob es sinnvoll ist, wenn man eine private Vorsorge betreibt, diese auf die Grundsicherungsrente anzurechnen. Damit kann man Altersarmut produzieren. Auch das ist ein Punkt, über den man nachdenken muss.
Meine Damen und Herren, alles in allem, weil es eine herausragende Zukunftsaufgabe ist, die umfassende Lösungen benötigt, raten wir von Schnellschüssen ab.
Wir sind gut beraten, den Rentenbericht der Bundesarbeitsministerin im Herbst abzuwarten. Wir sind gut beraten, auf der Basis dieser Erkenntnis die geeigneten Reformmaßnahmen zügig in die Wege zu leiten. Es wird darum gehen, den Menschen soziale Sicherheit zu geben. Es wird darum gehen, drohender Altersarmut wirksam entgegenzutreten. Es wird darum gehen, den Menschen die Sorge davor zu nehmen, dass sie sozial abgehängt werden, auch weil das der Nährboden für politischen Extremismus ist.
Wir haben insgesamt eine große gesellschaftspolitische Aufgabe zu lösen. Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss und will einen Satz nicht auslassen: Dabei müssen wir uns selbstverständlich auch um die Finanzierung dieser großen Aufgabe kümmern. Davor können wir uns nicht wegducken, schon allein wegen des demografischen Wandels. Wir müssen uns Gedanken darüber machen, welche Leistungen künftig aus der Rentenkasse oder der Steuerkasse zu tragen sind. Überhaupt müssen wir über eine weitere Steuerfinanzierung der Altersvorsorge reden, darum werden wir nach meiner Auffassung nicht herumkommen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! So richtig die Analysen des Kollegen Decker und der Kollegin Arnoldt im Hinblick auf die demografische Entwicklung und auch im Hinblick auf die Vorsorgesituation in unserem Land sind, so falsch ist ihre Antwort, sowohl im Hinblick auf die Rentenpolitik der Großen Koalition in Berlin als auch im Hinblick auf die DeutschlandRente von Schwarz-Grün.
Die Rente, das müssen wir feststellen, ist nämlich bei Frau Ministerin Nahles ebenso unsicher, wie sie bei Herrn Blüm unsicher war. Sie wird auch durch die Vorschläge von Minister Al-Wazir nicht sicherer.
Herr Kollege Reif, darauf komme ich gerne zurück, wenn wir über die erste Säule, nämlich die gesetzliche Rentenversicherung und Ihre Misseingriffe an dieser Stelle sprechen. Lassen Sie mich aber zunächst einmal ausführen, warum Ihr Modell der Deutschland-Rente – manchmal würde man sich wünschen, dass der Begriff „Deutschland“ geschützt wird und nicht für alles Mögliche herhalten muss – nicht sicher ist. Das fängt schon damit an, dass Staatsfonds nicht sicher sind. Sie sind, zumindest wenn das Modell so wie bei Ihnen gestrickt ist, einem dreifachen Risiko ausgesetzt.
Sie sind nicht sicher vor staatlichen Zugriffen, auch wenn das in Ihrem Papier immer wieder betont wird. Die Beispiele, die Sie jedoch anführen, beweisen das Gegenteil. Irland: eingesetzt zur Bankenrettung; Spanien: eingesetzt zur Haushaltsfinanzierung, zur Sicherung der Staatsfinanzierung; und auch Ihr großes Vorbild Norwegen: eingesetzt, um Haushaltslöcher zu stopfen – entgegen den Beteuerungen, und obwohl der Fonds sich negativ unterhalb der Zinserwartung und der Renditeerwartung entwickelt und obwohl er nicht mehr aus den sinkenden Einnahmen der Ölverkäufe dotiert werden kann; im Januar gerade erst wieder 710 Millionen € zur Haushaltssanierung entnommen.
Sie haben ja noch nicht einmal Regret vor dem Eingriff in private Vorsorgemodelle, wenn ich beispielsweise den Versuch des Eingriffs bei den Versorgungswerken der Anwälte sehe. Der Versuch, die Syndikusanwälte herauszulösen, ist gerade einmal so abgewehrt worden. Wer um Himmels willen soll daran glauben, dass ein neuer Honigtopf, den Sie hier zwangsweise bilden, in irgendeiner Weise sicher wäre vor klebrigen Händen, wenn es um die Haushaltssanierung geht?
Meine Damen und Herren, dieser Staatsfonds ist auch deswegen nicht sicher, weil er keinerlei Garantien bietet. Er bietet nach Ihrem Modell noch nicht einmal eine Garantie für die Beitragserhaltung. Das bedeutet, der Kunde, der Rentner, trägt das volle Kapitalmarktrisiko. Es gibt keinerlei Garantie für eine Mindestverzinsung, so wie es die sonstigen privaten Vorsorgeprodukte vorsehen. Es gibt auch keine Möglichkeit des Zugriffs auf die Gelder, z. B. keine Stundung der Ansparung, Unterbrechung oder gar die Kapitalauszahlung bei einer Notlage.
Sehr geehrte Frau Kollegin Arnoldt, es ist sogar – da hätte ich mich gefreut, wenn Sie dazu etwas gesagt hätten – in meinen Augen relativ unerklärlich, wie Sie eine lebenslange Rente aus diesem Fonds sicherstellen wollen. Sie haben dargestellt, dass Sie den Anteil der Aktienanlage erhöhen wollen. Meines Erachtens haben Sie dies mit einer überzogenen Renditeerwartung getan, die mehr auf die Vergangenheit als auf die aktuelle, sehr volatile Situation am Aktienmarkt abzielt. Sonst müssten Sie mindestens eine dauerhafte Beitragsrückerstattung garantieren können.
Ich glaube nicht daran, dass, wie bei anderen Produkten der privaten Vorsorge, eine lebenslange Rente abgesichert ist, wenn Sie noch nicht einmal Beiträge absichern können.
Das heißt, dass Sie die Langzeitlebenserwartung erst recht nicht absichern können, schon gar nicht die Frage des Invaliditätsrisikos, das in anderen Modellen ausdrücklich mit eingeschlossen ist, wenn die Beiträge nicht mehr gezahlt werden können und über eine Versicherung abzudecken sind.
Kommen wir dazu, ob ein solcher Staatsfonds, also ein staatlich gemanagtes Fondsansparmodell, wirklich günstiger ist. Es wird immer behauptet, heute Morgen auch wieder, es habe Kostenvorteile, wenn der Staat das managen würde. Ich kann überhaupt nicht sehen, wo bei einem klassischen Fondssparmodell, das sich im echten Wettbewerb um Sparer befindet, ein Kostenvorteil sein soll.
Sie müssen gleichwohl Vertragsverwaltung, Anlagemanagement und auch den Vertrieb in irgendeiner Weise bezahlen. Diese Idee „zum Selbstkostenpreis“ ist nett. Aber glauben Sie allen Ernstes, dass Sie das im Rahmen einer A 12 eines Finanzbeamten erledigen können? Das ist an dieser Stelle doch nicht Ihr Ernst.
Oder – an dieser Stelle wird es dann wirklich spannend, Frau Arnoldt – ist es so geplant, dass Sie in Wirklichkeit über diesen Sparfonds verpflichtende Vorsorge betreiben wollen, also dass Sie in den privaten Vorsorgemarkt eingreifen, indem Sie den Wettbewerb an dieser Stelle ausschalten?
Man muss auch ins Kalkül ziehen – und das wäre eine Möglichkeit, mit der Sie in Berlin sofort handeln könnten, Herr Decker und Frau Arnoldt –, dass viele der hohen Kosten, die bei den sonstigen privaten Vorsorgemodellen wie z. B. der Riester-Rente beklagt werden, schlicht eine Folge politischer Entscheidungen sind, die man verändern könnte. Dazu zählt beispielsweise der hohe Verwaltungsaufwand für kleine Verträge – und mit solchen Modellen zielen wir ja gerade auf kleine und mittlere Einkommen –, der sich verändern ließe, indem die jährliche Anpassung der Beiträge an die Einkommensentwicklung nicht länger vorgeschrieben wäre. Da könnten Sie herangehen. Gleichwohl meinen Sie offensichtlich, dass durch staatliche Eingriffe in diesen Wettbewerb bessere Erwartungen zu erzielen sind.
Was ich mich ernsthaft frage – jenseits der Frage, ob Sie tatsächlich glauben, dass ein durch verbeamtete Fondsmanager verwalteter Fonds wirklich günstiger ist –, ist, wie Sie die Verwaltung und die Anlagestrategie vor politischer Einflussnahme schützen. Ich freue mich schon auf eine schwarz-rote oder einer schwarz-grüne Diskussion darüber, in welche Aktien überhaupt investiert werden darf, wenn dadurch indirekt Investitionen in Kohle- oder Atomkraftwerke, in Risikoforschung oder gar in das Militär betrieben wird. Haben wir dann nur noch die Aktien eines Unternehmens, das auch wirklich tarifgebunden ist oder biologisch korrekt arbeitet? Haben wir eine schlüssige Anlagestrategie, nur weil Herr Schäfer oder Herr Schäuble das verwalten? – Meine Damen und Herren, das ist doch nicht Ihr Ernst. Wir vertrauen bereits große Gelder der gesetzlichen Rentenversicherung an und sehen, dass das nicht zukunftssicher ist. Wollen Sie wirklich Ihr teuer verdientes weiteres Geld, sofern nach Besteuerung und Sozialabgaben noch etwas übrig bleibt, in beamtete Hände mit politisch ausgewählten Anlagestrategien geben? Ich wirklich nicht.
Aber, meine Damen und Herren, der eigentliche Ansatzpunkt ist auch, dass diese Deutschland-Rente nicht das hält, was sie verspricht, nämlich ein Rezept gegen die Altersarmut zu sein. Da kann ich dem Kollegen Decker nur zustimmen: Die Deutschland-Rente ist ein weiterer, ein sechster Weg der betrieblichen Altersvorsorge – nicht mehr und nicht weniger. Das heißt, sie hilft gerade denjenigen nicht, die sozial schlecht gestellt sind: Langzeitarbeitslose, Teilzeitarbeitende, Leiharbeitsverhältnisse oder auch Selbstständige – gerade solche Solo-Selbstständigen, die momentan in der Diskussion sind und die eben keine Absicherung über berufsständische Versorgungswerke haben.
Dadurch, dass auch in Ihrem Modell bei kleinen Arbeitseinkommen die Anrechnung auf die Grundsicherung im Zeitpunkt der Rentenbeziehung erfolgt, gilt eben auch nicht, dass, wer vorsorgt, nachher mehr rausbekommt. Das ist einer der größten Fehler Ihres hier thematisierten Modells. Ganz nebenbei halte ich es zudem für einen Fehler, die Beiträge und auch die Auszahlung doppelt durch Sozialabgaben wie Krankenkassenbeitrag und Pflegeversicherung zu belasten. Mit Verlaub: Wo ist da die Gerechtigkeit dieses Modells für kleine Einkommen?
Deswegen glaube ich, ist das ein netter Versuch, die Debatte von dort wegzuziehen, wo es bei Ihnen brennt, nämlich von der gesetzlichen Rente. Es ist ein netter Versuch, wenn man keine Idee hat, wie man die zweite und die dritte Säule – die private Eigenvorsorge und die betriebliche Altersvorsorge – stärken will; aber es führt uns nicht dorthin, wo wir hinmüssen. Was wir brauchen, ist, dass wir auf die sich verändernden Lebensverhältnisse von Menschen bei völlig veränderten Arbeitsverhältnissen, bei gebrochenen Erwerbsbiografien eine neue Antwort im Sinne eines Baukastenmodells geben.
Deswegen wäre der erste und sehr leicht im Sinne des E-Governments herzustellende Punkt, dass wir für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land ein Vorsorgekonto einführen, in dem alle Vorsorgebausteine – von der gesetzlichen Rente über private, betriebliche und sonstige Anlageprodukte wie die Lebensversicherung bis hin zu Immobilien oder Aktienfonds – entsprechend transparent mit ihrem jeweiligen Stand und vor allem mit ihrer jeweiligen voraussichtlichen Entwicklung eingebracht werden.
Das schafft Transparenz, das schafft Übersicht über Versorgungslücken. Dann können wir durch die Stabilisierung der gesetzlichen Rente im Sinne einer Generationengerechtigkeit durch den Ausbau der privaten und betrieblichen Altersvorsorge für die Menschen in diesem Land ein Absicherungsniveau schaffen, das es ihnen ermöglicht, ihren Lebensstandard auch im Alter zu halten, das aber insbesondere generationengerecht ist. Das aber werden Sie nicht mit der Deutschland-Rente schaffen, sondern nur, indem Sie die weitere Benutzung und den weiteren Missbrauch der gesetzlichen Rente für Ihre Wählergruppen über 60 à la
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Gegensatz zur Kollegin Beer halte ich die Initiative für die Deutschland-Rente für ein ausgesprochen kluges Projekt der schwarz-grünen Landesregierung.
Das finden nicht nur Mitglieder der Regierungsfraktionen, auch andere gesellschaftliche Gruppen haben den Vorstoß der Minister Dr. Thomas Schäfer, Tarek Al-Wazir und Stefan Grüttner als wichtigen Debattenbeitrag gewürdigt. So haben z. B. die Verbraucherzentralen in Hessen erklärt, dass sie den Aufschlag der drei hessischen Minister als wichtigen Beitrag für eine gesamtgesellschaftlich erforderliche Debatte begrüßen und diesen Prozess auch mit Onlineumfragen unterstützen.
Aus den Kreisen der SPD weiß ich, dass auch dort darüber nachgedacht wird, wie man altersfeste und armutsfeste Vorsorge betreiben kann. Daher bin ich dem Kollegen Decker auch durchaus dankbar für seinen abgewogenen Beitrag; denn ich glaube, wir müssen gemeinsam in diese Debatte einsteigen
und schauen, wie wir die Altersversorgung demografiefest hinbekommen und die Generationengerechtigkeit im Blick halten, auf die Frau Arnoldt hingewiesen hat.
In der Bundesrepublik haben wir drei Säulen der Altersversorgung: zum einen die Rente aus der gesetzlichen Altersversicherung, zum Zweiten die betriebliche Altersversorgung und zum Dritten die private Altersvorsorge. Insgesamt führen aber diese drei Säulen, auf denen das gesamte System ruht, nicht dazu, dass unser Altersversorgungssystem demografiefest ist. Diese Frage bewegt viele Menschen. Es gab schon in der Vergangenheit mehrfach Versuche, die private Säule zu stärken und eine Altersversorgung zu erhalten, die auf der einen Seite vor Altersarmut schützt und die auf der anderen Seite dafür sorgt, dass nicht immer weniger erwerbsfähige Menschen immer mehr Rentnerinnen und Rentner versorgen müssen.
Ich gehöre zu den geburtenstarken Jahrgängen, von denen Lena Arnoldt eingangs gesprochen hat. Schon zu Zeiten meiner Berufstätigkeit in der niedersächsischen Finanzverwaltung habe ich mir immer wieder die Frage gestellt, wie meine Altersversorgung einmal aussehen würde, wenn ganze Alterskohorten gemeinsam mit mir in den Ruhestand träten. Wie viele meiner Altersgenossinnen und -genossen habe ich mit sehr gemischten Gefühlen auf die Absenkung des Versorgungsniveaus geblickt – das war sozusagen die
Hochzeit der Phase, in der die Versorgung immer weiter abgesenkt wurde. Rein rational war mir natürlich völlig klar, dass an dieser Absenkung kein Weg vorbeiführen würde, weil eben immer weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter für eine auskömmliche Versorgung der Rentnerinnen und Rentnern würden sorgen müssen.
(Janine Wissler (DIE LINKE): Nach acht Jahren im Landtag hat sich das erledigt! Aber um uns geht es ja hier nicht!)
Ich habe sehr intensiv – natürlich gemeinsam mit anderen, die von der gleichen Frage betroffen waren – nach bezahlbaren Wegen gesucht, um diese erwartete und prognostizierte Lücke zu schließen. Es war gar nicht so einfach, weil Versicherungsverträge auch für Finanzbeamtinnen nicht immer auf den ersten Blick völlig verständlich, transparent und auch vergleichbar sind.