Protocol of the Session on May 18, 2016

Es ist der Verfassungsschutz, der Extremisten jedweder Couleur beobachtet. Die Aufgabe des Landesamtes ist es, zu ermöglichen, dass zusammen mit den zuständigen Stellen die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr der Gefahren für die freiheitlich-demokratische Grundordnung rechtzeitig eingeleitet werden.

Das Landesamt für Verfassungsschutz leistet auch einen Schutz vor organisierter Kriminalität. Wir sind davon überzeugt, dass dieses Amt einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit in Hessen leistet. Die Frauen und Männer leisten unserer Auffassung nach gute Arbeit. Das gilt es an der Stelle auch einmal zu betonen.

Selbstverständlich muss jede Sicherheitsarchitektur stetig überprüft werden. Es muss geschaut werden, ob sie den aktuellen Herausforderungen der Zeit gewachsen ist. Strukturen und Arbeitsprozesse müssen optimal sein. Deshalb wurde in den zurückliegenden Jahren sehr viel für Verbesserungen in diesem Amt getan. Ich möchte hier exemplarisch nur einige Maßnahmen nennen.

Im Jahr 2008 wurde innerhalb des Landesamtes für Verfassungsschutz das Kompetenzzentrum Rechtsextremismus, das KOREX, gegründet. Im Jahr 2011 wurde das Amt umfangreich umstrukturiert. Ein Jahr später, im Jahr 2012, nahm das Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusab

wehrzentrum, das GETZ, seine Arbeit auf. Das Landesamt für Verfassungsschutz ist dort ein wichtiger Teil.

Sicherheit entsteht heute mehr denn je durch Vernetzung. Das ist nur im Zusammenwirken verschiedener Behörden leistbar.

In den Jahren 2006 bis 2011 wurde die Zahl der Planstellen deutlich erhöht. Auch im laufenden Haushaltsjahr werden wir für das Landesamt für Verfassungsschutz 55 zusätzliche Planstellen erhalten. Das ist ein Plus von 20 %. Das ist eine große Steigerung.

(Beifall bei der CDU)

Eine größere Stärkung gibt es in keinem anderen Bereich der inneren Sicherheit. Damit werden vor allem die Observation, die Aufklärung bei Internetangelegenheiten und die Bearbeitung der Fälle des Rechtsextremismus und des Salafismus gestärkt werden. Das ist unser Ziel. Das wollen wir. Denn das betrifft die aktuellen Bedrohungslagen.

Unter dem damaligen Innenminister Boris Rhein wurde im Jahr 2012 mit dem Projekt der Neuausrichtung des Verfassungsschutzes bereits begonnen. Unter der Leitung des Herrn Dr. Wilhelm Kanther wurde der Reformprozess weiter vorangetrieben. Die sogenannte Kanther-Kommission hat schon damals Impulse gesetzt, deren Erfolge wir heute sehen. Die Themen Ausbildung, Prävention, Einsatz und Führung der V-Leute, die Zusammenarbeit mit der Polizei und den Kollegen des Bundes und der Länder und auch die Daten- und Aktenpflege standen auf der Agenda. Da wurde optimiert.

Das Projekt hatte Folgen. Die vorhandenen Regelungen zur Aktenführung wurden in einer Dienstvorschrift zusammengeführt. Die hessischen Beamten des Verfassungsschutzes haben einen eigenen Ausbildungszweig an der Fachhochschule erhalten.

Der Reformprozess geht selbstverständlich weiter. Auch unter Innenminister Peter Beuth wird das mit großer Energie fortgesetzt. Die von der Hessischen Landesregierung eingesetzte Expertenkommission zur Aufarbeitung dessen, was im Zusammenhang mit dem NSU-Prozess steht, hat Empfehlungen abgegeben. Vor allem mit Prof. Hans-Joachim Jentsch und Frau Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin haben wir herausragende Persönlichkeiten gewinnen können, die uns Empfehlungen gegeben haben. Sie haben bereits im vergangenen Jahr einen Abschlussbericht vorgelegt.

(Günter Rudolph (SPD): Setzen Sie sie doch um!)

Wir werden sie umsetzen. Wir haben die Herrschaften aber erst einmal eingeladen, um uns zu berichten. Sie wissen, dass der Termin der 1. September 2016 ist. Wir werden zuhören und uns dann überlegen, was wir machen. Meine Damen und Herren, wenn Sie diese Herrschaften weiterhin brüskieren wollen, geht das mit Ihnen und nicht mit uns nach Hause.

(Beifall der Abg. Holger Bellino, Bettina Wiesmann (CDU) und Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Diese Fachleute sind es wert, gehört zu werden. Sie sollten lesen, was die Herrschaften geschrieben haben. Sie haben der Landesregierung für die Reformen bei der Polizei, der Justiz und dem Verfassungsschutz ein durchaus gutes Zeugnis ausgestellt. Ich darf einmal aus dem Abschlussbericht zitieren.

(Norbert Schmitt (SPD): „Abschlussbericht“!)

Die Kommission schrieb: Es wurden

… viele sinnvolle Maßnahmen ergriffen, die vor allem die zentralen Themen Informationsaustausch, Aktenführung und Datenschutz sowie den Einsatz und die Führung von Vertrauenspersonen betreffen.

Da wurde ein gutes Zeugnis ausgesprochen. Hessen ist da vorangeschritten.

Es gibt im Landesamt für Verfassungsschutz schon seit Längerem das entsprechende Hauptsachgebiet „Präventionsarbeit“. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat sich inhaltlich und organisatorisch neu aufgestellt. Diese Arbeit geht weiter voran.

Natürlich wurden auch manche Regelungen, die wir mit dem Gesetzentwurf aus dem Jahr 2014 vorgelegt haben, kritisch beurteilt. Frau Faeser, wenn Sie ehrlich sind – das hätte ich schon erwartet –, hätten Sie sagen müssen, dass das gerade die Regelungen, die wir in Hessen vorgeschlagen haben, betroffen hat, die auf eine größere Transparenz des Landesamtes und auf einen größeren Informationsaustausch mit den Bundesbehörden abzielten. Das wurde kritisiert. Wir müssen diese Kritik ernst nehmen und entsprechend auswerten.

Manche Kritik erklärt sich auch durch neue gesetzliche Regelungen auf Bundesebene. Das sind Regelungen, die noch gar nicht vorlagen, als wir 2014 unsere Entwürfe vorgelegt haben. Sie kritisieren uns also für etwas, was damals noch gar nicht bekannt war. Das ist schlichtweg unredlich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist doch selbstverständlich, dass wir uns die neuen Regelungen genau ansehen und entsprechend in unsere Reformvorschläge einarbeiten werden. Wir werden das gründlich prüfen und mit einem eigenen Gesetzentwurf entsprechend umsetzen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wann?)

Es ist deswegen schon mehr als seltsam, dass Sie jetzt so ungeduldig auf die Vorlage eines Gesetzentwurfs drängen. Die Experten hatten noch gar keine Gelegenheit, ihren Bericht im Innenausschuss vorzustellen. Das hatten wir Ihnen angekündigt und zugesagt. Am 1. September 2016 werden die Mitglieder der Expertenkommission ihren Bericht abgeben. Meine Damen und Herren, damals ging es Ihnen viel zu schnell. Heute können Sie es einfach nicht abwarten.

Es gibt einfach unumstößliche Fakten. Bereits 2014 wurden Maßnahmen zur Verbesserung des Verfassungsschutzes eingeleitet. Wir waren damals mit gesetzlichen Vorhaben bundesweit Vorreiter. Wir werden diesen Weg konsequent weitergehen, allerdings seriös.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Davon verstehen Sie viel!)

Denn der Verfassungsschutz hat für unsere Sicherheit eine sehr große Bedeutung. Das ist ein sehr wichtiges Thema. Da gilt für uns nicht: „Wer zuerst losläuft, macht den besseren Gesetzentwurf“, sondern für uns gilt, dass man sich das Ganze gründlich und seriös überlegt. Ich bin mir sicher, dass wir auf der richtigen Seite sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Sie tun so, als gebe es hier keine Kontrolle. Ich sage Ihnen – Sie sind die Vorsitzende –: Ich glaube schon, dass die fünf Kolleginnen und Kollegen ordentliche Arbeit machen.

(Günter Rudolph (SPD): Unter welchen Rahmenbedingungen denn?)

Nicht jede Fraktion muss in dieser Kontrollkommission vertreten sein. Was würden Sie denn sagen, wenn in einem Parlament Vertreter der NPD oder der AfD wären? Sollen die dann auch in die Verfassungsschutzkommission hinein? Wehret den Anfängen.

Die Arbeit des Verfassungsschutzes ist ohne die V-Leute nicht denkbar.

(Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin – Weitere Unruhe)

Kolleginnen und Kollegen, bitte lassen Sie den Redner weiter ausführen.

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen ganz deutlich: Wir wollen keine Thüringer Verhältnisse.

(Günter Rudolph (SPD): Jetzt kommt es ans Licht!)

Die Arbeit des Verfassungsschutzes ist ohne V-Leute nicht denkbar. In Thüringen glaubt man, nur noch bei besonderen Aspekten und in Ausnahmefällen nicht ohne V-Leute auszukommen. Was der neue Leiter davon hält, kann man nachlesen. Ich darf ihn zitieren:

Man brauche V-Leute, um an Informationen zu kommen, …

Das ist schlichtweg eine Klatsche für den falschen Weg der Thüringer Koalition. Das sollte allen zu denken geben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Es ist schlicht naiv, zu glauben, der Kampf gegen Extremisten und Radikale, seien es Rechts- oder Linksextremisten, islamistische Fanatiker oder andere Feinde, könnte ohne den Einsatz der geheimdienstlichen Mittel erfolgreich bestritten werden. Dazu zählt grundsätzlich auch der Einsatz der V-Leute. Man würde das Kind schlichtweg mit dem Bade ausschütten, wenn man aufgrund zweifelhafter V-Leute das Instrument als solches infrage stellen würde. Wir werden uns die Führung der V-Leute ganz genau anschauen.

Ich sage es noch einmal: Ein moderner Verfassungsschutz wird die Sicherheit der Menschen in Hessen weiter erhöhen.

Wenn es uns gelingt, das Wissen und die Erfahrung der Sicherheitsbehörden zu bündeln, sind wir besser und gezielter vor Gegnern unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung geschützt. Noch einmal: Wir haben nach der Vorstellung des Berichts der Expertenkommission schon seit Längerem damit begonnen, die Arbeitsergebnisse gründlich und sorgfältig auszuwerten und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Wir werden die Reform des Verfassungsschutzes weiter voranbringen. Der Antrag der SPD trägt gar nichts dazu bei. Wir brauchen von Ihnen keine Nachhilfe in Fragen der inneren Sicherheit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das, was wir mit einem klugen und ausgewogenen Gesetzesentwurf umsetzen wollen,

(Zurufe der Abg. Nancy Faeser und Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD))

ist ein starker, handlungsfähiger und schlagkräftiger Verfassungsschutz. Wir wollen einen Verfassungsschutz, der mit verbesserten Analysefähigkeiten über die nötigen nachrichtendienstlichen Mittel verfügt und mit anderen Behörden effektiv zusammenarbeitet. Wir wollen einen Verfassungsschutz, der stärker operativ ausgerichtet und parlamentarisch gut kontrolliert ist. Dazu werden wir einen guten, ausgewogenen Gesetzentwurf vorlegen.

(Günter Rudolph (SPD): Bei wem denn?)