Protocol of the Session on February 4, 2016

Herr Minister, Sie sind schon bei 13 Minuten.

Ich komme ganz kurz zum vorletzten Punkt. Die Barrierefreiheit ist uns sehr wichtig. Frau Wissler, ich will ausdrücklich sagen: Gerade weil Hessen da so weit hinten liegt, ist das Jahr 2025 ein sehr ehrgeiziges Ziel, wenn man bis zu diesem Zeitpunkt alle Bahnhöfe möglichst flächendeckend barrierefrei machen will. Ich bin sehr froh, dass wir die Bahn so weit bekommen haben, diese Zusage zu machen. Wir werden uns überlegen, wie wir das unterstützen können.

Ich weiß nicht, ob Sie dann noch hier sein werden. Aber Sie gehen davon aus, dass ich im Jahr 2025 immer noch Verkehrsminister sein werde. Schauen wir einmal. Das werden die Wählerinnen und Wähler entscheiden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich komme zu dem letzten Thema, das mir wichtig ist. Das Stichwort lautet Lärmschutz. Die NORAH-Studie hat dokumentiert, dass die Lärmemissionen aller Verkehrsträger gesundheitliche Risiken bedeuten. Wir werden jetzt im Mittelrheintal ganz konkrete Schritte gehen, um gegen den Lärm vorzugehen.

Ich will das sehr konkret benennen: Die Bahn wird auf die sogenannten Flüsterbremsen umrüsten. Wir werden von jetzt an bis zum Jahr 2020 Schritt für Schritt an der Strecke arbeiten. Ich will das sehr konkret sagen. Denn es wurde gefragt: Was passiert konkret?

Das bedeutet konkret, dass es 27,4 km Gleise mit Schienenstegdämpfern geben wird. Es wird an 4 km Strecke Lärmschutzwände geben. Die Bahn verpflichtet sich zum regelmäßigen Schleifen der Schienen, zusätzlich die Flüsterbremsen – das kann bis 2020 mehr als die Halbierung des Lärms bedeuten. Ich finde das eine gute Nachricht für die Anwohner im Mittelrheintal.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen, es geht voran an diesem Punkt. Ich freue mich, dass alle das gut finden, auch wenn manche es noch nicht zugeben können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, vielen Dank. Alle Achtung, Sie haben jetzt länger gesprochen, als Sie von Frankfurt nach Darmstadt fahren wollten.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sehe keine weitere Wortmeldung. Dann habe ich das, glaube ich, vernünftig zusammengefasst.

Stimmen wir über den Entschließungsantrag ab? – Ja. Wer ist für den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 19/3075? – CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? – Keiner. Wer enthält sich? – Das übrige Haus. Damit ist der Antrag einstimmig beschlossen.

Damit sind wir jetzt am Beginn der Mittagspause. Wir machen weiter um 14:40 Uhr in gleich guter Stimmung. Dann ziehen wir den Kram durch. – Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung von 13:41 bis 14:41 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich eröffne die Sitzung wieder. Es ist offensichtlich, dass wir beschlussfähig sind.

Ich freue mich, dass wir jetzt zur letzten Halbzeit antreten, und zwar mit Tagesordnungspunkt 5:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE LINKE für ein Gesetz gegen Leerstand und Zweckentfremdung von Wohnraum – Drucks. 19/3068 –

zusammen mit Punkt 23:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend Milieuschutzsatzung zur Erhaltung von Mietwohnungen – Drucks. 19/2551 –

Es beginnt der Kollege Hermann Schaus, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir legen Ihnen heute einen Gesetzentwurf vor, der das 2004 von der damaligen CDU-Alleinregierung außer Kraft gesetzte Wohnraumzweckentfremdungsverbot auf einem aktuellen Stand und erweitert wieder einführt. Unser Gesetzentwurf legt den Schwerpunkt auf die Zurückdrängung von spekulativem Leerstand und die Einschränkung der ebenfalls spekulativen Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in den 29 Städten Hessens mit erhöhtem Wohnungsbedarf nach der gültigen Kappungsgrenzenverordnung.

Die Versorgung mit Wohnraum, insbesondere mit preisgünstigen Mietwohnungen, ist im Rhein-Main-Gebiet sowie in Groß- und Universitätsstädten sehr schlecht, und sie verschlechtert sich in rasantem Tempo weiter. Der Mangel an bezahlbaren Wohnungen für Familien und Rentner mit geringem bis durchschnittlichem Einkommen wird immer größer. Dies hat sich auch nach den zaghaften, viel zu kleinen Schritten der schwarz-grünen Landesregierung bis heute nicht gebessert. Die Zahl der Familien, die trotz Anspruchs auf eine Sozialwohnung nicht versorgt werden

können, wächst weiter an und beträgt inzwischen über 45.000 registrierte Haushalte. Kein Wunder, da sich doch der Bestand an Sozialwohnungen seit den Neunzigerjahren halbiert hat. Ein Ende der Abwärtsspirale ist weiterhin leider nicht in Sicht.

Zu diesem Thema gehört auch, dass es in Hessen für 244.000 Studierende lediglich 15.500 Wohnheimplätze gibt, also nur für 6 %. Hier ist Hessen hinten; denn für Studierende beträgt der Durchschnitt aller Bundesländer immerhin 10 %. Hinzu kommt, dass uns die langfristige Unterbringung von vielen Flüchtlingen in bezahlbaren Wohnungen vor große Herausforderungen stellt. Wir brauchen deshalb neben einer radikalen Wende beim Bau von Sozialwohnungen weitere umfassende Regelungen, welche die Situation auf dem Wohnungsmarkt entlasten.

(Beifall bei der LINKEN)

Als einen Baustein zur Verbesserung der Wohnungssituation, zumindest in den 29 Städten mit erhöhtem Wohnungsbedarf, sehen wir auch die Wiedereinführung des Zweckentfremdungsgesetzes mit dem Verbot von spekulativem Leerstand und der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen an. Dieses Gesetz wurde im Mai 2004 nach über 30 Jahren durch die damalige CDU-Alleinregierung unter Roland Koch unnötigerweise außer Kraft gesetzt.

Hintergrund dieser Fehlentscheidung waren die damaligen Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung, insbesondere in Frankfurt und im Rhein-Main-Gebiet. So wurde seinerzeit für die Stadt Frankfurt bis zum Jahr 2030 eine Bevölkerungszahl von 724.000 Einwohnerinnen und Einwohnern angenommen, eine Zahl, die bereits in diesem Jahr erreicht werden wird. Neue Prognosen für Frankfurt gehen von 810.000 Einwohnern im Jahr 2030 aus. Entsprechendes gilt in der Entwicklung für die umliegenden Städte.

Nun wäre es aus unserer Sicht an der Zeit, endlich diesen damaligen Fehler aus dem Jahr 2004 zu korrigieren. Unser Gesetzentwurf orientiert sich im Wesentlichen an den bestehenden gesetzlichen Regelungen in Bayern und beinhaltet zudem Elemente aus Regelungen in Berlin. Wir müssen also das Rad gar nicht neu erfinden, sondern können auf bestehende erfolgreiche gesetzliche Regelungen in zahlreichen anderen Bundesländern zurückgreifen.

Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir die betroffenen hessischen Kommunen dazu anhalten, mit eigenen Satzungen gegen spekulativen Leerstand, gegen die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen unter Anwendung der gültigen Regelungen des § 172 Baugesetz und gegen die Umwandlung von Mietwohnungen in Büroräume entsprechend vorzugehen.

(Beifall bei der LINKEN und der Abg. Mürvet Öz- türk (fraktionslos))

Laut dem Wohnungsmarktbericht 2014 der Stadt Frankfurt stieg allein in einem Jahr, also von 2013 auf 2014, die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen um 35 % auf insgesamt 574 Wohnungen an. Unser Gesetzentwurf beinhaltet deshalb auch Regelungen zum sogenannten Milieuschutz, wie ihn die SPD im vorliegenden Antrag auch fordert.

Zum spekulativen Leerstand – im Gesetzentwurf definiert: wenn Wohnraum länger als sechs Monate nicht bewohnt wird – gibt es leider keine offiziellen Statistiken. Es ist jedoch davon auszugehen, dass dies allein in Frankfurt auf mindestens 500 bis 1.000 intakte Wohnungen in allen

Stadtteilen zutrifft. Die Umwandlung von Miet- in Büroraum findet trotz des anhaltend großen Leerstands von Bürohäusern nach wie vor, meist in den guten innerstädtischen Wohnlagen, statt.

Mit unserem Gesetzentwurf haben wir uns auf jene Kommunen beschränkt, die 2014 in die Hessische Kappungsgrenzenverordnung aufgenommen wurden. Denn gerade in diesen Kommunen wurde bereits akuter Handlungsbedarf auf dem Wohnungsmarkt festgestellt. Dabei sind wir uns durchaus dessen bewusst, dass es eine ganze Reihe weiterer Kommunen gibt, die in diese Verordnung aufgenommen werden müssten. Ich denke z. B. an Eschborn, das auf dubiose Weise seine Aufnahme in die Verordnung unterlaufen hat, oder auch an die Stadt Maintal.

Die angelegten Kriterien zur Ermittlung der Kommunen mit erhöhtem Wohnraumbedarf sind jedoch aus unserer Sicht eine rechtlich fundierte Grundlage für die notwendigen Eingriffe in das Eigentumsrecht, die hier über diese gesetzliche Regelung vorgenommen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Ergänzt haben wir in unserem Entwurf den zweckgebundenen Verbleib der Ordnungsgelder, die in den Kommunen für die Zweckentfremdung von Wohnraum verhängt werden müssen, sowie verschiedene Berichtspflichten der Kommunen, aber auch der Landesregierung gegenüber uns, was die Wohnraumsituation und insbesondere die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen angeht.

Meine Damen und Herren, wir möchten, dass unser Gesetzentwurf dazu beiträgt, die Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum in Hessen zu verbessern. Es ist zwar nur ein kleiner Beitrag, aber er wird sich auf die Wohnraumversorgung und auf die Preisstabilisierung in den entsprechenden Städten und Landkreisen sicher positiv auswirken.

(Beifall bei der LINKEN)

Darüber hinaus ist aber auch die präventive Wirkung des Gesetzes nicht zu unterschätzen. Die bisherigen Anstrengungen von Schwarz-Grün haben zwar einige gravierende Fehlentwicklungen von Schwarz-Gelb korrigiert, waren insgesamt jedoch viel zu zaghaft, als dass sie eine Trendwende auf dem Wohnungsmarkt auch nur ansatzweise hätten einleiten können. Die Wiedereinführung eines Gesetzes gegen Zweckentfremdung und Leerstand wäre hingegen ein wichtiger Schritt für eine verbesserte Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum.

In diesem Sinne freue ich mich auf die weitere Gesetzesberatung und die Expertenanhörung im Ausschuss. Ich denke, viele Menschen in Hessen werden den Fortgang dieser Gesetzesberatung genau verfolgen.

(Beifall bei der LINKEN)

Kollege Schaus, vielen Dank.

Bevor wir in der Beratung weitermachen, begrüße ich auf der Besuchertribüne den ungarischen Generalkonsul, Herrn Balázs Szabolcs Szegner, der heute dem Hessischen Landtag einen Antrittsbesuch abstattet. Eure Exzellenz, herzlich willkommen. Ich freue mich, dass Sie hier sind.

(Allgemeiner Beifall)

Jetzt spricht Kollege Caspar, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute mit einem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE zum Thema Zweckentfremdung von Wohnraum. Zunächst einmal möchte ich klarstellen, dass wir als CDUFraktion gegen jegliche Zweckentfremdung von Wohnraum sind. Ich weise aber darauf hin, dass die derzeitige Rechtslage den Bauaufsichtsbehörden alle notwendigen Instrumente in die Hand gibt, um gegen Zweckentfremdung vorzugehen. Üblicherweise ist eine Wohnung als Wohnraum genehmigt. Dann darf sie in Hessen auch nur als Wohnraum genutzt werden.

Man ist berechtigt, bis zu 50 % der Wohnfläche für eigene berufliche, freiberufliche oder gewerbliche Zwecke zu nutzen. Diese Möglichkeit ist aber auch in Ihrem Gesetzentwurf vorhanden. Wenn Sie als Eigentümer einer Wohnung die Wohnung anderweitig nutzen, bedürfen Sie dafür einer bauaufsichtsrechtlichen Genehmigung. Es obliegt dann der Kommune, ob sie in dem Gebiet, in dem Sie die Wohnung haben, gewerbliche Tätigkeiten zulässt oder nicht. Das kann die Kommune durch einen Bebauungsplan bestimmen.

Ich erinnere daran, dass in Frankfurt am Main auch nach der jetzigen Rechtslage dagegen vorgegangen werden kann, wenn Mieter ihre Wohnung nicht nur zu eigenen Wohnzwecken nutzen, sondern sie als Ferienwohnung untervermieten. Auch die Nutzung als Ferienwohnung ist eine nicht genehmigte Nutzung. Auch hier ist es so, dass die Instrumente, die wir als Gesetzgeber vorgesehen haben, es der Kommune ermöglichen, eine Zweckentfremdung von Wohnraum zu verhindern.