Protocol of the Session on February 4, 2016

Der stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende, Herr Gauland, hat vorgestern in Frankfurt in einer Veranstaltung selbst dazu erklärt, man solle als AfD nicht auf dem Schusswaffengebrauch an der Grenze bestehen. Schließlich solle man sich nicht auf Themen stürzen, bei denen die AfD schlecht aussehe. – Es geht also nur um ein taktisches Verhältnis zu dieser Frage und nicht um eine ehrliche Distanzierung von diesen, wie ich finde, ungeheuerlichen Aussagen. Deshalb müssen wir dies in die Öffentlichkeit tragen und klarstellen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das, was dieser Teil der AfD formuliert, sind keine Ausrutscher. Das meinen die in der Tat ernst. Sie mobilisieren die militante Rechte unter ihrem bieder-kleinbürgerlichen Deckmantel gezielt und immer unverhohlener gegen Ausländer und Andersdenkende. Es geht ihnen nicht um Differenzierung, sondern um Feindbilder. Für diese AfD-Anhänger sind Homosexuelle „krank“, sind Linke, Liberale oder Muslime „Volksschädlinge“, sind Politiker allesamt „Volksschädlinge“.

Das hatten wir in Deutschland schon einmal. Wer sich gefragt hat, wie die Nazibewegung in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts entstand, der kann, fürchte ich, diesen Teil der Geschichte gerade live erleben, z. B. in Leipzig, wo parallel zu einer AfD-Demonstration Hunderte Nazi-Hooligans den alternativen Stadtteil Leipzig-Connewitz in Schutt und Asche legten, oder dann, wenn der Thüringer AfD-Chef Höcke die Nähe zur NPD sucht und ernsthaft Homosexuelle zählen und erfassen lassen will.

Viele glauben, dieser Spuk gehe schnell wieder vorbei. Ich fürchte, sie irren. Viele glauben auch, mit der Verschärfung der Flüchtlingspolitik und einer weiteren Aushöhlung des Asylrechts die AfD klein halten zu können. Ich fürchte, das ist ein Trugschluss; denn im Zweifel wählen die Bürgerinnen und Bürger, die eine solche Politik haben wollen, das Original, nicht die Kopie.

Es ist deshalb unsere Aufgabe als Demokratinnen und Demokraten, trotz aller inhaltlicher Differenzen unsere Grundrechte und demokratischen Werte offensiv zu verteidigen. Wir sind aufgerufen, die Absurdität der Deutschnationalen in der AfD zu entlarven und uns ihren faschistoiden Fußtruppen offensiv in den Weg zu stellen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

In Wiesbaden waren 10.000 Menschen auf der Straße, bevor Pegida überhaupt Fuß fassen konnte. In Frankfurt und Kassel haben sich ihnen ebenfalls viele Menschen erfolgreich in den Weg gestellt, wie auch am letzten Samstag in Büdingen. In Bad Homburg tritt heute Abend um 19 Uhr der stellvertretende Bundesvorsitzende der AfD, Alexander

Gauland, auf, für einige von Ihnen ein guter Bekannter aus alten Zeiten. Gemeinsam mit vielen aufrechten Menschen werde ich dagegen demonstrieren, und ich lade alle Abgeordneten aus dem Hochtaunuskreis, auch Sie, Herr Bellino, dazu ein, mitzumachen.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Christentum meint Nächstenliebe und nicht Hass auf den Islam, auf Ausländer und Andersdenkende. Politik muss gegen Fluchtursachen und darf nicht gegen Flüchtlinge kämpfen. Wir brauchen einen sozialen Ausgleich und Friedensstifter statt noch mehr Hass, soziale Kälte und nationale Aggression.

(Beifall bei der LINKEN)

Kollege Schaus, Sie müssen zum Schluss kommen.

Mein Schlusssatz, Herr Präsident: Faschismus war keine Meinung und ist keine Meinung. Faschismus ist und bleibt ein Verbrechen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Schaus. – Das Wort hat der Abg. Manfred Pentz, CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mit einem Zitat unseres damaligen Innenministers Volker Bouffier beginnen, der bereits im Jahre 2010 sagte:

Wir müssen zeigen, dass wir Extremisten in Hessen keinen Raum lassen. … Wir müssen uns stärker vernetzen, um das wichtigste Ziel zu erreichen: dass wir glaubwürdig und kompetent an die herantreten, denen wir Orientierung geben müssen.

Schon vor Jahren haben wir Christdemokraten die Gefahren des Extremismus ernst genommen und kämpfen seitdem entschlossen dagegen, dass Menschen in Gewalt, Fremdenhass oder Extremismus abdriften. Meine Damen und Herren, ich spreche hier nicht nur von rechtem Extremismus. Auch der linke Extremismus stellt ein großes Problem dar.

(Beifall bei der CDU – Janine Wissler (DIE LIN- KE): Das ist ja wohl nicht Ihr Ernst! – Weitere Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Wenn Sie nach den Ereignissen um die EZB in Frankfurt lächeln, Frau Wissler, dann ist das Ihr Problem. Ich nehme das so zur Kenntnis.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Im Übrigen, liebe Frau Wissler: Wie nahe sich Kommunisten und die AfD sind, sehen Sie am Beispiel des langjährigen DKP-Mitglieds Robert Farle, der dieser Tage in die

AfD eingetreten ist und in Sachsen-Anhalt für die AfD kandidiert.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Wo kommt denn der Gauland her? – Lebhafte Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie um etwas mehr Ruhe in der Aktuellen Stunde. – Der Kollege Pentz hat das Wort.

(Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Diese Koalition hat gehandelt und beispielsweise im Jahre 2014 das erste landesweite Präventionsnetzwerk gegen Salafismus in Deutschland eingerichtet.

(Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Wir haben im Haushaltsplan 2016 200 zusätzliche Stellen für Polizeibeamte und 100 neue Stellen für die Wachpolizei geschaffen. Wir haben die operative Ausrichtung des Verfassungsschutzes gestärkt und das Landesamt für Verfassungsschutz um 50 Stellen erweitert. Wir haben in Wiesbaden die Aktion „Lies!“ für unzulässig erklärt, weil durch Salafisten manipulierte Korane verteilt wurden. Mit dem Landesprogramm „Hessen – aktiv für Demokratie und gegen Extremismus“ setzen wir den Koalitionsvertrag mit unserem Partner, den GRÜNEN, konsequent um.

Meine Damen und Herren, wir haben die „Beratungsstelle Hessen – Religiöse Toleranz statt Extremismus“ im Violence Prevention Network eingerichtet.

Diese Maßnahmen sind nur ein Auszug dessen, was wir Christdemokraten in Hessen in den vergangenen Jahren auf den Weg gebracht haben.

(Lothar Quanz (SPD): Haben Sie einmal auf den Titel der Aktuellen Stunde geschaut, Herr Pentz? – Janine Wissler (DIE LINKE): Eine unmögliche Rede!)

Ich komme dazu. – Wir haben all jenen, die zum linken und zum rechten Extremismus abdriften, klare Antworten gegeben, aber eben auch eine helfende Hand.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Diese Gleichsetzung ist ungeheuerlich! – Weitere Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Denn eines ist klar: Wir Christdemokraten

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Haben eine Beißhemmung, wenn es um die AfD geht!)

bekennen uns zum christlichen Wertefundament. Für uns ist jeder Mensch ein Geschöpf Gottes und mit Freiheit sowie unveräußerlicher Würde ausgestattet.

(Beifall bei der CDU)

Gleichzeitig darf diese Freiheit jedoch nie auf Kosten anderer gehen.

(Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Deshalb gehören für uns Freiheit und Verantwortung untrennbar zusammen.

Weil wir dies so ernst nehmen, dürfen wir nicht zulassen, dass Extreme und Populisten unser Land und die Menschen, die in ihm leben, gefährden, sei es durch Taten, sei es durch Worte.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Aussage der AfD-Chefin Frauke Petry, man solle Schusswaffen an den Grenzen einsetzen, um Flüchtlinge von der Einreise abzuhalten, hat mich – und sicherlich alle Demokraten – zutiefst erschüttert. Ein Schaudern muss durch die Bevölkerung gehen. Dass es eine Partei in Deutschland gibt, die befürwortet, auf Kinder und deren Eltern, die vor Krieg und Terror geflohen sind, zu schießen, entbehrt eigentlich jeglicher Vorstellungskraft.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, bisher gab es dieses Vorgehen in der deutschen Geschichte nur einmal. Wir alle wollen dafür kämpfen, dass es nie wieder dazu kommt. Eine flüchtende Frau mit Kind an der Grenze als eine Bedrohung zu sehen, lässt tief blicken. Jedem aufrechten Demokraten muss klar sein, was er tut, wenn er die AfD wählt. Frau Petry und die Führungsgestalten der AfD haben keine Antworten oder Vorschläge. Sie hatten sie damals beim Euro nicht, und sie haben sie auch heute bei der globalen Bewältigung einer großen Herausforderung nicht.

Deshalb müssen die Menschen wissen, was sie tun, wenn sie AfD wählen. Sie müssen wissen, welche Gestalten hinter dieser Partei stehen und welche Ideologien diese Gestalten vertreten. Diese Partei setzt sich nicht zum Wohle unseres Landes ein. Sie setzt sich nicht für eine erfolgreiche und friedliche Zukunft der Menschen in einem freien und sicheren Land ein. Diese Partei darf keine Verantwortung tragen, weder im Bund noch im Land, noch in unseren Kommunen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen sage ich: Wir Christdemokraten sind die Partei der inneren Sicherheit. Wir stehen für eine wehrhafte Demokratie. Wir lieben unser Land, und wir werden es nicht zulassen, dass üble Hetzer und Demagogen all das gefährden, wofür dieses Land steht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)