Ich erlebe vom Kollegen Boddenberg das Übliche: Er lacht über die Anträge der Opposition. Herr Kollege Boddenberg, ich habe das Gefühl, dass bei der CDU die Kulturpolitik dem schwarz-grünen Koalitionsvertrag untergeordnet wird – obwohl ich Vertreter Ihrer Partei kenne, die sich immer noch für die Kultur einsetzen –, weil die Windkraft nun einmal das wichtigste Thema ist.
Ich wünsche mir, dass wir mit dieser Debatte ein Stück weit sensibilisieren, dass wir es schaffen, dass die Kultur in diesem Land wieder den Stellenwert bekommt, den sie früher einmal hatte, dass Sie erkennen, dass der Welterbestatus des Oberen Mittelrheintals keine Sache ist, die Sie vielleicht in Ihren Ortsverbänden diskutieren, sondern dass er eine überregionale, deutschland- und europaweite Bedeutung hat. Dann müsste Ihnen klar sein, dass die Landesregierung den Welterbestatus des Oberen Mittelrheintals nicht aufs Spiel setzen sollte. Darüber sollte man nicht lachen, sondern man sollte mit uns Seite an Seite kämpfen, dass dieser Status erhalten bleibt.
Lassen Sie mich zum Abschluss Folgendes sagen. Wir wissen, dass mit dem Antrag der CDU und der GRÜNEN der Versuch gemacht wird, das Ganze wieder auf die energiepolitische Ebene zu ziehen. Dass wir auf dieser Ebene unterschiedliche Auffassungen haben, will ich zugeben. Wir sind da anderer Auffassung als Sie, und ich will gar nicht den Versuch unternehmen, Sie zu überzeugen, weil uns das heute wahrscheinlich nicht gelingen wird. Was uns aber gelingen kann, Herr Kollege Boddenberg, ist der Versuch, zu erreichen, dass die Kulturpolitik in diesem Land, für die Frau Kühne-Hörmann, aber auch Kollege Rhein in den letzten Jahren sehr gekämpft haben, ihren hohen Stellenwert behält und die beiden Landtagsfraktionen und Teile der Landesregierung unseren Ansatz nicht kaputt machen, was einen nachhaltigen Schaden für unser Land und auch für nachkommende Generationen bedeuten würde, nur weil Sie mit Ihrem Windkraftanlagenausbau blind durch die Hecke brechen wollen nach dem Motto „Mich interessiert nicht, was morgen ist, Hauptsache, unsere Koalition hält“. Das ist für die Debatte deutlich zu wenig.
(Holger Bellino (CDU): Sie hätten damit anfangen können, Herr Kollege! – Weitere Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Lassen Sie uns versuchen, sachlich über das Thema Welterbe Oberes Mittelrheintal zu reden. Herr Boddenberg, nehmen Sie sich ein Beispiel an Frau Kühne-Hörmann, die gemeinsam mit uns den Welterbestatus für den Bergpark in Kassel errungen hat. Das sind die Vorbilder, denen Sie nacheifern sollten, nicht einer billigen Windkraftpolitik.
(Beifall bei der FDP – Lachen bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordne- ten der SPD)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrten Damen und Herren! Herr Rentsch, Sie haben den Versuch gemacht, hier mit dem Anspruch aufzutreten, eine rein fachliche und sachliche Debatte führen zu wollen, aber zwischendrin ziehen Sie andeutungsweise ein paar unsachliche Dinge in die Diskussion herein. Dass Sie hier den Vorwurf erheben, es gebe so etwas wie einen schmutzigen Deal mit den Energieversorgern, finde ich alles andere als ein faires Miteinander-Umgehen im Parlament. Solche Andeutungen sollten Sie in Zukunft unterlassen.
Der Erhalt der Welterbestätten in Hessen ist uns als Koalition und auch der Regierung ein großes Anliegen.
Das wunderschöne Welterbe Oberes Mittelrheintal wird mit einigen Millionen Euro pro Jahr sehr intensiv gefördert.
Klar ist auch: Es wird keinen Bau von Windkraftanlagen an diesen Standorten geben, wenn dadurch das Welterbe gefährdet, der Welterbestatus aberkannt würde. Darüber gibt es in diesem Hause überhaupt keinen Dissens. Dass Sie aber den Eindruck vermitteln, dass wir GRÜNE den Windkraftausbau, komme, was wolle, vorantreiben und alles andere ausblenden würden, ist unglaubwürdig und lächerlich, Herr Rentsch.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Oh!)
Herr Kollege Hahn, wenn Sie so schön dazwischenrufen: Ich möchte Sie an die Zeit erinnern – da waren Sie schon im Landtag, ich noch nicht –, als hier das Thema Grube Messel behandelt wurde. Der Erhalt von Welterbestätten ist ein urgrünes Anliegen. Daher waren wir es, die erreicht haben, dass das wunderbare Welterbe Grube Messel nicht zu einer Müllkippe verkommen ist. Wer war denn damals
Minister für Wissenschaft und Kunst? Das war Herr Dr. Gerhardt. Der hat sich bei der Frage weggeduckt. Er hat zugelassen, dass die Grube Messel eine Deponie werden sollte.
Die Bewahrung der Natur, der Landschaft und der Umwelt in Hessen ist eine der Wurzeln der GRÜNEN. Das ist der Unterschied zu Ihnen, liebe Kollegen von den Freien Demokraten. Daher nehme ich Ihnen nicht ab, Herr Kollege Rentsch, dass Sie heute über den Erhalt einer Landschaft reden wollen. Sie zeigen nämlich immer nur dann ein Interesse für die Natur, für die Umwelt, für den Landschaftsschutz, wenn es um die Verhinderung des Ausbaus der Windkraftnutzung geht.
Wo ist Ihr Engagement für die Umwelt, für die Natur, für die wunderschöne Landschaft in Hessen bei den Themen Fracking, Klimakiller Kohleenergie, Atomenergie, Bergbau und Straßenprojekte? Wo ist da Ihr Engagement? Auf einmal tun Sie so, als ob Ihnen der Erhalt der Landschaft ein Herzensanliegen sei. Ich kann Ihnen das nicht abnehmen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) und Stephan Grüger (SPD))
Ich kann Ihnen das auch deshalb nicht abnehmen, weil Herr Rock immer wieder betont, es gebe keine Stelle in Hessen, wo er den Ausbau der Windkraftnutzung für richtig hielte. Das sagt er immer wieder sehr offen. Insofern: Wenn Sie sich wirklich mit uns auseinandersetzen wollen, welche Stellen für eine Windkraftnutzung geeignet sind und welche nicht, dann müssten Sie insgesamt differenzierter denken. Das tun Sie beim Thema Windkraft nicht. Deshalb haben Sie sich außerhalb der Debatte gestellt.
Wir wägen beim Thema Naturschutz sorgfältig ab. Für uns ist klar, dass der Grundsatz gilt: Ohne Energiewende gibt es keinen Klimaschutz, und ohne Klimaschutz gibt es keinen Naturschutz. – Das ist die grundlegende Abwägung. Ganz klar ist aber auch: Es gibt sensible Gebiete, und es gibt Gebiete, wo Naturschutz und Windkraftnutzung in einem Konflikt zueinander stehen.
Das ist auch beim Thema Welterbe Oberes Mittelrheintal der Fall. Insofern gilt es, hier sorgfältig abzuwägen. Glücklicherweise haben wir gute rechtliche Rahmenbedingungen. Die guten rechtlichen Rahmenbedingungen lauten, dass in der Kernzone von Welterbestätten keine Windkraftanlagen stehen dürfen und dass in den Randgebieten Einzelfallprüfungen möglich sind. – Herr Rentsch nickt. Er kennt diese Regelung ganz gut, denn sie stammt aus dem Landesentwicklungsplan. Herr Rentsch, unter diesen Plan haben Sie Ihre Unterschrift gesetzt.
Jetzt fordern Sie einen generellen Ausschluss von Windkraftanlagen auch in den Randgebieten von Welterbestätten. Auch ich habe mir die Sichtachsenstudie durchgelesen. In der Sichtachsenstudie, die sich ganz allgemein auf das ganze Gebiet bezieht, steht, dass empfohlen wird, dass man
auch die Randbereiche vom Bau von Windkraftanlagen ausnimmt – beim Vorliegen eines hohen oder sehr hohen Konfliktpotenzials. Herr Rentsch, Sie haben sich die Studie wahrscheinlich genauso genau angeschaut wie ich. Daher wissen Sie, dass es da um fiktive Windkraftprojekte geht, d. h. um Windkraftprojekte mit teilweise viel mehr Windkraftanlagen als an konkreten Standorten. Die Sichtachsenstudie ist eine große und sehr, sehr gute Studie, die sich auf das ganze Gebiet erstreckt. Das schließt aber nicht aus, dass man für einen bestimmten Ort eine Einzelfallprüfung durchführt, weil die Bedingungen an diesem konkreten Ort anders sein können als bei der fiktiven Prüfung.
Ich könnte ja verstehen, wenn Sie sagen: Das ist ein ganz sensibler Punkt; deswegen ist diese Studie so wichtig, und deshalb muss man sich auf sie beziehen. – Genau das machen wir. Bei dem Einzelfall Lorch wird bewiesen werden müssen, dass bei diesem konkreten Projekt die allgemeine Empfehlung, die in der Studie getroffen wird, nicht gilt. Das darf nicht „irgendwie“ bewiesen werden, sondern man muss auf der Studie aufbauen, mit genau der gleichen Methodik vorgehen und zeigen, dass die Empfehlung für diesen ganz konkreten Standort nicht gilt. Dann wird das Ergebnis nicht irgendjemandem vorgelegt, sondern der UNESCO. Ich frage Sie: Was kann man denn noch tun, um zu beweisen, dass das wirklich keine Bedrohung für das Welterbe ist?
Herr Rentsch, Sie haben die rechtlichen Rahmenbedingungen gesetzt. Wir haben eine wunderbare Vorgehensweise, wie man das im Einklang mit der UNESCO klären kann. Aus welchem Grund sind Sie gegen diese Einzelfallprüfung?
Glauben Sie, dass die UNESCO am Ende nicht unabhängig entscheidet? Ich glaube, die UNESCO entscheidet unabhängig.
Am Ende komme ich zu dem Schluss: Sie haben keine Angst um das Welterbe Oberes Mittelrheintal, sondern es geht Ihnen einfach darum, ein weiteres Windkraftprojekt von vornherein ausschließen zu lassen. Ich hoffe, es wird eine Lösung gefunden. Wenn nicht, dann eben nicht. Es ist Aufgabe der UNESCO, dies unabhängig zu klären. Ich werde aber nicht von vornherein „auf keinen Fall“ sagen. Das ist überhaupt nicht notwendig.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Welterbe gehören in Deutschland 61 Kultur- und Naturgüter. Es gibt nur vier Staaten auf der Welt, die mehr Stätten auf der Liste der UNESCO haben ausweisen lassen.
Neben dem Oberen Mittelrheintal, über das heute diskutiert wird, stehen in Deutschland mit dem Bergwerk Ram
melsberg, der Völklinger Hütte, der Zeche Zollverein, den Hansestädten, dem Fagus-Werk Alfeld und der Speicherstadt in Hamburg herausragende Denkmäler für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes auf der UNESCOListe. Sie sind Beispiele für epochale Neuentwicklungen, Beispiele dafür, wie wir von Kohle und Stahl, von der industriellen Revolution und von den Bodenschätzen profitiert haben, und Beispiele für unsere Entwicklung und unseren Wohlstand. Zu Recht werden auch diese Denkmäler als Weltkulturerbe gewürdigt.
Nun stehen wir vor einen neuen Epoche, und ich bin mir recht sicher, dass sich in Bälde auch die neuen Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energien – in denen sich der gleitende Übergang zur Nutzung regenerativer Energien niederschlägt – im Welterbe wiederfinden werden.
Kolleginnen und Kollegen, heute steht ein Thema auf der Tagesordnung des Landtags, bei dem ein echter – oder auch ein gefühlter – Widerspruch zwischen einem Welterbedenkmal und der Entwicklung regenerativer Energien in Hessen und in ganz Deutschland zum Ausdruck kommt. Im Rahmen des Hessischen Energiegipfels wurde unter Leitung von CDU und FDP ein Plan mit einer Zielsetzung für die Entwicklung der regenerativen Energien in Hessen erstellt. Ein wesentliches Element dieser Planungen sind die 2 % Landesfläche, die für Windenergieanlagen bereitgestellt werden sollen. Die Rahmenbedingungen für das Ausweisen dieser Flächen wurden in einem FDP-geführten Ministerium erarbeitet und von FDP-Minister Rentsch unterzeichnet.
Kern der heutigen Diskussion ist die hessische Festlegung, dass Kernzonen von Welterbestätten, Nationalparks und andere besonders benannte Stätten von einer Nutzung für die Errichtung von Windenergieanlagen ausgenommen werden. In den sogenannten Randzonen der Welterbestätten ist eine Einzelfallbetrachtung vorgesehen. So ist es festgelegt und bei uns festgeschrieben. Darüber reden wir heute.
Was die Vorgaben für die Regionalplanung betrifft: Im Rahmen der Regionalplanung wurden auf der Gemarkung Lorch, in den Randzonen des Oberen Mittelrheintals, insgesamt fünf Flächen ausgewiesen. Die hätten bebaut werden können. Die Stadt Lorch hat eine dieser Flächen ausgewiesen und möchte dort Windenergieanlagen bauen.
Nun läuft nach dem in Hessen derzeit gültigen Recht ein Genehmigungsverfahren für die Errichtung der drei Windenergieanlagen auf der Gemarkung Lorch. Das ist ein Verfahren, in dem unter anderem die für Standorte in den Randgebieten von Welterbestätten vorgesehene Einzelfallprüfung erfolgt. Das ist ganz im Sinne des Rechtsstaats und hoffentlich auch im Sinne der Rechtsstaatspartei FDP.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum hat denn die FDP in die Vorgaben für diese Landesentwicklungsplanung nicht das aufgenommen, was sie heute fordert, nämlich das Freihalten der Randzonen? Wir haben uns bewusst entschieden, dass in solchen Fällen eine Einzelfallprüfung stattfindet. Das ist gut so, und das sollte auch weiterhin so bleiben. Warum soll das laufende Verfahren nicht so abgearbeitet werden, wie es nach unserem deutschen Recht vorgesehen ist, nämlich durch das Regierungspräsidium?
(Florian Rentsch (FDP): Der Ministerpräsident hat es doch versprochen! – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD): Aber er muss erst einmal die Kitas bezahlen!)
Nun wissen wir durch die FDP, dass Windenergieanlagen gern abbrennen, dass sie der Mensch noch in 127 km Entfernung spürt und dass sie vor allem Verluste produzieren und Investoren ins Unglück stürzen. Natürlich steht es der FDP frei, eine Meinung zu Themen zu haben. Aber ein wenig realistisch sollte es schon sein, was da publiziert wird, nicht nur populistisch.