Wenn Sie Herrn Irmer nicht abberufen, werden wir an Sitzungen des Unterausschusses, die von Herrn Irmer geführt werden, nicht mehr teilnehmen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Um es vorwegzunehmen: Wir halten uns an die Geschäfts
ordnung des Hessischen Landtags. Wir werden im Unterausschuss für Heimatvertriebene, Aussiedler, Flüchtlinge und Wiedergutmachung weiterhin mitarbeiten. Bei uns in der CDU-Fraktion gibt es keine Arbeitsverweigerung und auch keine populistische Androhung vom Ausziehen aus parlamentarischen Gremien, wie das die SPD und die LINKEN angekündigt haben.
(Beifall bei der CDU – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Bei der CDU gibt es anderen Populismus! – Weitere Zurufe der SPD)
Herr Kollege Rudolph, das Ansinnen der SPD-Fraktion haben wir bereits in Plenum und mindestens zweimal im Ältestenrat diskutiert. Das dazu, dass Sie gesagt haben, wir hätten behauptet, darüber könne man nicht diskutieren. Wir haben das sehr, sehr ausführlich getan. Insofern verwundert es uns, dass wir dieses Thema erneut diskutieren und auch noch eine Aktuelle Stunde dafür verwendet wird.
Aussagen des Kollegen Irmer wurden im Landtag inhaltlich bereits diskutiert, und es gibt dazu auch Beschlüsse. Hier geht es aber nicht um Inhalte und konkrete Aussagen, sondern um Verfahrensfragen. Diesbezüglich gibt es für uns keine neuen Erkenntnisse. Auch Sie, Herr Rudolph, haben keine neuen Erkenntnisse geliefert.
Nach unserer Geschäftsordnung einigt man sich zu Beginn einer Legislaturperiode, welche Fraktionen welchen Vorsitz in welchem Ausschuss besetzen. Dann ist es Sache der Fraktionen, dies intern zu regeln.
So haben wir es auch in dieser Legislaturperiode vereinbart. Wir als CDU-Fraktion haben uns immer daran gehalten und es nie kommentiert, wenn andere Fraktionen entsprechende personalpolitische Beschlüssen fassten,
Da fragt man sich in der Tat: Was ist in die SPD gefahren? Sind Ihnen die Themen ausgegangen? Früher wurden Brennelemente, die Kommunalfinanzen und die Bildungspolitik zu Themen für Aktuelle Stunden befördert. Jetzt geht es um die Frage des Vorsitzes in einem Unterausschuss und dessen Besetzung. Die Besetzung dieses Vorsitzes können Sie noch nicht einmal bestimmen.
Im Übrigen hat der Vorsitzende seine eigentliche Arbeit in diesem Unterausschuss seit fast zwei Jahren anscheinend fehlerfrei gemacht.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Es geht um einen Rechtspopulisten in diesem Hause! – Weitere Zurufe von der SPD)
Es wurde noch keine Kritik von Mitgliedern des Ausschusses geübt. Ich hörte sogar, dass ihn die Kollegin Öztürk für seine Sitzungsleitung ausdrücklich gelobt hat.
(Lachen bei der SPD – Widerspruch der Abg. Mür- vet Öztürk (fraktionslos) – Günter Rudolph (SPD): Das ist aber gelogen!)
Wir werden auch weiterhin in diesem Unterausschuss mitarbeiten und dort entsprechend Beschlüsse fassen. Das gehört sich so. Wenn Sie das anders handhaben, meine Damen und Herren von der SPD und den LINKEN, müssen Sie das Ihren Wählern erklären.
Sie müssen es auch meinem Freund Hermann erklären – früher ein gestandener Sozialdemokrat, im Alter weise geworden –, der Sie nicht mehr versteht. Er versteht Sie genauso wenig wie beispielsweise der Lokalchef der „Wetzlarer Neuen Zeitung“, der geschrieben hat – ich darf zitieren –:
Wenn der SPD-Landeschef jetzt aber im Interview mit dieser Zeitung ankündigt, die Mitarbeit im Landtags-Unterausschuss … einzustellen, wenn die CDU Irmer den Vorsitz nicht entzieht,... zeugt das von einem gestörten Demokratieverständnis.
(Beifall bei der CDU – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Nein! Wir lassen uns von einem Rechtspopulisten nicht länger repräsentieren! Darum geht es! – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Herr Schäfer-Gümbel, würden wir Ihr Demokratieverständnis an den Tag legen, fänden viele Debatten im Landtag nicht statt, und Beschlüsse würden nicht gefasst werden.
Dann würden nämlich alle Demokraten den Plenarsaal verlassen, wenn der Landtagsvizepräsident Wilken den Vorsitz übernimmt. Aber wir erinnern uns: Alle demokratischen Fraktionen missbilligten sein Verhalten im Umfeld der Krawalle um Blockupy und forderten ihn zum Rücktritt auf. Wir billigen allerdings, dass er einerseits an seinem Amt klebt und wir ihn andererseits aufgrund der klaren Regelung in der Geschäftsordnung nicht abwählen können.
Wir respektieren das. Das ist etwas, was Sie nicht machen. Wir ziehen nicht aus dem Ausschuss oder aus dem Plenum aus, sondern wir arbeiten. Das ist der Unterschied zwischen dem verantwortlichen Handeln und Arbeiten der regierungstragenden Fraktionen
und dem Skandalisieren durch Teile der Opposition, so, wie Sie, Herr Schäfer-Gümbel, es auch während Ihrer Rede wieder getan haben. Wir arbeiten weiter, auch im Unterausschuss für Heimatvertriebene, Aussiedler, Flüchtlinge und Wiedergutmachung, und wir laden Sie herzlich dazu ein, dies ebenfalls zu tun.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir erleben gerade in vielen Ländern Europas einen bedrohlichen Rechtsruck und ein Erstarken von rechtspopulistischen und faschistischen Parteien. In Deutschland schwimmt die AfD auf der PEGIDA-Welle. Die Gewalt von rechts nimmt dramatisch zu. 2015 gab es bereits mehr als 1.600 Straftaten, die sich gegen Flüchtlinge richteten, fast doppelt so viele wie im Vorjahr.
Über 800 davon waren laut BKA Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte. Die Hemmschwelle, die verhindert, dass schwere Anschläge auf bewohnte Unterkünfte verübt werden, sinkt offenbar. Die Bilder aus den frühen Neunzigerjahren von Rostock-Lichtenhagen, Mölln und Solingen sollten uns allen im Gedächtnis sein. Heute wie damals ist diese Zunahme von Gewalt auch eine Folge rechter Stimmungsmache, die weit in das selbst ernannte bürgerliche Lager hineinreicht.
Neonazis, aber auch dem Rassismus aus der vermeintlichen Mitte der Gesellschaft, oft als „besorgte Bürger“ getarnt, muss entschieden entgegengetreten werden. Das ist die Aufgabe aller Demokratinnen und Demokraten, und es ist auch die Aufgabe aller Abgeordneten des Hessischen Landtags.
Es gibt glücklicherweise viele Menschen, die sich schützend vor Flüchtlinge stellen und dem zunehmendem Rechtsterrorismus entgegentreten. Andere heizen die Stimmung weiter an, indem sie Ressentiments schüren und rechtes Gedankengut verbreiten.
Zu denen gehört leider Hans-Jürgen Irmer als Herausgeber des „Wetzlar Kuriers“. In jeder Ausgabe werden rassistische und muslimfeindliche Stimmungen geschürt, Homosexuelle diffamiert und christlich-fundamentalistische Propaganda verbreitet. Wir haben darüber schon viele Male in diesem Haus diskutiert. Herr Irmer nutzt und befeuert auf die perfideste Art Stimmungen gegen Minderheiten.
Schauen wir uns nur die Novemberausgabe des „Wetzlar Kuriers“ an: Auf der Titelseite findet sich ein Leitartikel von Hans-Jürgen Irmer. „Deutschland muss Deutschland bleiben“, schreibt er da, außerdem: „Islamisierung verhindern“. Für die Leserbriefseite wurden elf Briefe ausgewählt, von denen jeder einzelne unwidersprochen die dümmsten Ressentiments zum Ausdruck bringt.
Muslimische Menschen versuchen immer, sich zu dominieren, mit Drohungen und mit der Faust, wenn es sein muss. Das ist so!