Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch den im Rahmen der Föderalismusreform erfolgten Übergang der Gesetzgebungskompetenz beim Dienstrecht haben die Länder den Auftrag erhalten, das Dienstrecht ständig an die sich ändernden Rahmenbedingungen, an gewandelte gesellschaftliche Vorstellungen und auch an die Bedürfnisse ihrer Bediensteten anzupassen. Das ist ein Auftrag in einem sehr komplexen, dynamischen Rechtsbereich.
Diejenigen Kolleginnen und Kollegen unter Ihnen, die in der letzten Wahlperiode bereits Mitglied des Landtags waren, werden sich an die ersten beiden Gesetze zur Reform des öffentlichen Dienstrechts erinnern, mit denen das gesamte hessische Dienstrecht umfassend modernisiert wurde. Mit dem nun vorliegenden Entwurf für ein Dienstrechtsänderungsgesetz soll ein weiterer Teil der Dienstrechtsreform abgeschlossen werden. Insbesondere sollen damit die Anforderungen der neueren Rechtsprechung zum Dienstrecht berücksichtigt werden.
Zugleich hat sich nach einem guten Jahr Anwendung des neuen hessischen Dienstrechts in der Praxis an der einen oder anderen Stelle weiterer Regelungsbedarf gezeigt. Der
Entwurf enthält daher zunächst einmal eine Vielzahl an lediglich redaktionellen Änderungen und Klarstellungen.
Deutlich hervorheben möchte ich aber ein paar wenige Punkte. Erstens ist dies die Möglichkeit der Erfüllungsübernahme von Schmerzensgeldansprüchen durch den Dienstherrn. Zweitens ist dies die Anpassung bei den Überleitungsregelungen zu Überführungen in die neuen Besoldungstabellen. Drittens sind dies die Regelungen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Viertens ist das eine Veränderung bei der Erschwerniszulagenverordnung. Fünftens geht es um eine Vereinfachung der Regelungen über die Versorgungsrücklage.
Immer wieder kommt es zu gewalttätigen Angriffen auf Beamtinnen und Beamte. Insbesondere im Vollzugs- und Vollstreckungsbereich ist das der Fall. Allein im Jahr 2014 konnten in Hessen über 3.200 Straftaten gegen Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte verzeichnet werden. Einmal unabhängig von der Tatsache, dass wir nicht dulden, dass Polizeibeamtinnen und -beamte in diesem Land angegriffen werden, müssen wir uns mit den Folgen auseinandersetzen. Das werden wir mit dieser Gesetzesnovelle tun.
Die Bilder von den Ausschreitungen angesichts der Blockupy-Veranstaltungen in diesem Jahr hat sicherlich jeder von Ihnen noch vor Augen. Die durch Dienstunfälle verursachten materiellen Schäden werden bereits nach geltendem Recht umfassend ausgeglichen. Aber ich sage: Leider kommt es auch zu so schwerwiegenden tätlichen Angriffen, dass sogar ein Schmerzensgeldanspruch entsteht. Wir können uns sicherlich alle vorstellen, wie häufig diese Ansprüche gegenüber dem Angreifer uneinbringlich sind.
Das Land Hessen nimmt seine Fürsorgeverantwortung sehr ernst. Es kümmert sich um seine Beamtinnen und Beamten und wird mit diesem Gesetzentwurf als Gesetz die Rechtsgrundlage dafür schaffen, in Zukunft bestehende Ansprüche gegen den Verursacher zu übernehmen und selbst durchzusetzen. Damit werden wir für die Polizeibeamtinnen und -beamten und für unsere Beamtinnen und Beamten, die Angriffen ausgesetzt waren, eine echte Verbesserung erreichen. Ich glaube, das wird ein gutes Zeichen sein.
Ein Kernstück des Gesetzentwurfs bilden die Ergänzungen des Hessischen Besoldungs- und Versorgungsüberleitungsgesetzes. Sie werden sich sicherlich noch erinnern: Sinn und Zweck dieses Gesetzes war es, den finanziell ungeschmälerten Übertritt des vorhandenen Personals in das neue Tabellensystem zu sichern.
Wie sich im Nachhinein gezeigt hat, hat das nicht immer so geklappt wie ursprünglich beabsichtigt. Hinterher ist man immer schlauer, und deswegen wollen wir mit dem Gesetzentwurf nunmehr die entstandenen Unwuchten ausgleichen. Wir haben das erkannt und im Gesetzentwurf Regelungen vorgesehen, mit denen die unverhältnismäßig hohen finanziellen Verluste im Lebenseinkommen verhindert werden. Wir sorgen hier für eine gerechtere Gestaltung der Tabellen.
Im Rahmen einer so umfangreichen Reform ist es schlichtweg nicht möglich, dass niemand an irgendeiner Stelle kleinere Einbußen in seinen Erwartungen hinnehmen muss. Aber es gibt so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit. Wer an der einen Stelle vielleicht etwas schlechter wegge
kommen ist als sein Büronachbar, profitiert an anderer Stelle von den neuen Regelungen. Wir setzen hier ein Versprechen um, das wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Beamtinnen und Beamten des Landes gegeben haben.
Als wir damals das Dienstrechtsmodernisierungsgesetz vorgelegt haben, haben wir deutlich gemacht, dass es uns nicht um die Frage von Einsparungen, sondern um die erforderlichen Anpassungen an den europäischen Rechtsrahmen ging. Das wollen wir nunmehr auch bei denen korrigieren, die hohe finanzielle Verluste im Lebenseinkommen haben. Wenn Sie jetzt sagen, das hätten wir schon früher machen können, rufe ich Ihnen zu: Wir mussten dafür auch noch die europäische Rechtsprechung abwarten. Die sich erst im Laufe dieses Jahres ergeben. Das ist alles in diesem Gesetzentwurf enthalten. Ich glaube, dass uns damit auch ein gutes Werk für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes gelungen ist.
Der Gesetzentwurf greift weiterhin die besondere familiäre Situation bei der Geburt mehrerer Kinder und im Falle der Pflegebedürftigkeit von Angehörigen auf. Das sind zwei sehr unterschiedliche Lebenssituationen, die beide zu besonderen Belastungen führen. Künftig sollen Beihilfeberechtigte bei der Geburt mehrerer Kinder über einen längeren Zeitraum in den Genuss eines Beihilfeanspruchs kommen. Bei der Beurlaubung aus familiären Gründen wegen der Pflege von Angehörigen soll die Anrechnung von Zeiten einer Elternzeit auf die maximale Dauer des Bestehens eines Beihilfeanspruchs entfallen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, dass wir an dieser Stelle eine sehr gute familienpolitische Maßnahme umsetzen, und zwar auch im Interesse unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Wir wollen die Erschwerniszulagenverordnung für diejenigen, die besonders schwierige Aufgaben in unserem Lande zu bewältigen haben, entsprechend anpassen. Mit dem Gesetzentwurf wird der Personenkreis, der einen Anspruch auf die Gewährung einer Zulage hat, um die überwiegend im Außendienst eingesetzten Observationskräfte im Landesamt für Verfassungsschutz und um bestimmte operative Einheiten im Vollzugsdienst erweitert. Auch dieser Personenkreis, der sehr wichtig für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land ist, wird zukünftig eine monatliche Zulage in Höhe von 150 € erhalten. Ich glaube, das ist auch ein wichtiges Signal in die Mitarbeiterschaft.
In Art. 2 des Entwurfs sind Änderungen des Hessischen Versorgungsrücklagengesetzes geplant. Ich sage gleich vorab, um Missverständnissen vorzubeugen: Die Versorgungsrücklage soll nicht abgeschafft werden.
Die Hessische Landesregierung ist sich ihrer Verantwortung für die künftigen Generationen bewusst und wird daher auch weiter die Versorgungsrücklage stärken, um damit Vorsorge für die Zukunft zu treffen. Hessen wird den Weg anderer Länder nicht gehen, die Zuführung zu beenden. Aber das sehr komplexe System soll dadurch vereinfacht werden, dass unnötig komplizierte Verfahren entfal
len. Ein Beispiel: Künftig sollen die gesetzliche Zuführungen auf dem Niveau des Jahres 2014 fortgesetzt werden. Die Landesregierung verfolgt damit das Ziel, eine nachhaltige und generationengerechte Haushaltspolitik fortzusetzen.
Lassen Sie mich abschließend feststellen, dass mit diesem Gesetz nicht zuletzt auch sichergestellt ist, dass das Arbeitsumfeld der Beschäftigten verbessert wird und der öffentliche Dienst für die hessischen Beamtinnen und Beamten auch zukünftig weiter attraktiv ist. Insoweit versteht sich das hier vorgelegte Gesetz auch als ein wichtiges Signal an die Bediensteten im Landesdienst sowie bei den Kommunen.
Diese vielleicht auf den ersten Blick sehr technokratisch wirkenden und wenig spannenden Regelungen des vorliegenden Gesetzentwurfs bestimmen die Zukunftsfähigkeit unserer Verwaltung und damit auch unseres Landes mit. Es lohnt sich, sich darüber intensiv Gedanken zu machen. Ich freue mich auf die weitere Beratung in den Ausschüssen. Ich glaube, dass wir eine gute Vorlage im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Landes geliefert haben. – Vielen Dank.
Herr Minister, vielen Dank. – Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege Greilich, FDP-Fraktion.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat uns hier einen sehr umfangreichen Gesetzentwurf vorgelegt. Ich nutze diese Gelegenheit, um sehr deutlich all den vielen Mitarbeitern im Innenministerium zu danken, die an der Ausarbeitung dieses recht komplexen Gesetzentwurfes beteiligt waren. Ich knüpfe da an die Erfahrungen an, die wir gemeinsam hier im Hause gesammelt haben – diejenigen, die schon damals im Hause waren, werden sich lebhaft daran erinnern –, als wir die beiden Dienstrechtsmodernisierungsgesetze hier beraten haben. Das war eines der aufwendigsten und umfangreichsten, wenn nicht das aufwendigste und umfangreichste Gesetzesvorhaben in der letzten Legislaturperiode. Das war ein echter Kraftakt. Den hätten wir nie ohne die tatkräftige und sorgfältige Mitarbeit zahlreicher Personen im Innenministerium hinbekommen.
Durch die beiden Dienstrechtsmodernisierungsgesetze haben wir seinerzeit die Überführung des Dienstrechts in Landesrecht aufgrund der Föderalismusreform des Jahres 2006 nach dem Grundprinzip „Evolution statt Revolution“ vorgenommen. Die Einführung von klar umrissenen Laufbahngruppen und von Erfahrungs- statt Altersstufen, die Erweiterung der Möglichkeit für leistungsbezogene Vergütungen im öffentlichen Dienst und nicht zuletzt die Flexibilisierung der Regelungen zur Erleichterung des Wechsels zwischen freier Wirtschaft und Beamtenschaft insbesondere durch die Abschaffung der Hemmnisse bei den Pensionsanwartschaften – das waren wichtige und richtige Schritte hin zu einem modernen Dienstrecht.
Auch das will ich bei dieser Gelegenheit nochmals erwähnen, weil auch das nicht ganz einfach war: Wir haben im Zuge dieser Dienstrechtsmodernisierung – daran möchte ich nochmals erinnern – die rückwirkende volle Gleichstellung von Lebenspartnerschaften im Beamtenrecht realisiert, auch wenn es einen Moment gedauert hat, bis die Letzten sich dazu entschließen konnten.
Dieser Kraftakt seitens der beteiligten Mitarbeiter in den Ministerien, aber auch der Fachpolitiker in den Fraktionen hatte ein gelungenes, modernes Dienstrecht aus einem Guss in Hessen zum Ergebnis. Das hat sich durch die Stellungnahmen der Fachverbände und Gewerkschaften im Gesetzgebungsverfahren genauso gezeigt wie in der Folgezeit. Wir haben damit das Dienstrecht in wesentlichen Bereichen grundlegend erneuert, vereinfacht und für Anwender wie für Betroffene gleichermaßen einfacher, angenehmer und transparenter gestalten können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich waren und sind wir uns sicherlich auch heute noch dessen bewusst, dass bei einem so komplizierten Gesetz am Ende nicht jede Detailfrage auf Anhieb zur absoluten Zufriedenheit aller gelöst werden kann. Dabei denke ich vor allem an die Diskussionen um die Überleitungsproblematiken bei der Umstellung von Alters- auf Erfahrungsstufen und dem neuen Laufbahnsystem. Ich sage Ihnen auch sehr deutlich: Das bringt ein Stück weit natürlich auch die Materie mit sich, die nichts weniger ist als die Grundlage für das gesamte berufliche Fortkommen und die Gestaltung der Dienstverhältnisse der hessischen Beamtinnen und Beamten.
Aber auch seit der Zeit des Inkrafttretens, seit dem 1. März 2014, hat sich gezeigt, dass der weit überwiegende Teil derer, die von diesen Reformen betroffen waren, grundsätzlich mit dem einverstanden ist, was wir, CDU und FDP, seinerzeit umgesetzt haben.
Nach nunmehr eineinhalb Jahren liegt uns dieser Gesetzentwurf der Landesregierung vor. Der Gesetzesbegründung zufolge geht es dort in erster Linie noch um infolge der Dienstrechtsmodernisierung notwendige Folgeänderungen und Klarstellungen. Ich betone ausdrücklich, ohne zu diesem frühen Zeitpunkt eine Bewertung dieses Gesetzentwurfs vornehmen zu wollen: Ein Nachsteuern im Detail ist bei einer solch komplizierten Gesetzesmaterie regelmäßig notwendig und nichts Ungewöhnliches. Schließlich zeigt sich die eine oder andere Wirkung auch erst in der Praxis.
Aus diesem Grund werden wir uns im Rahmen der Anhörung sehr genau mit den Vorschlägen, die Sie vorgelegt haben, auseinandersetzen und etwaigen Änderungsbedarf konstruktiv erörtern und begleiten.
Deswegen möchte ich auf die hier vorgeschlagenen einzelnen Neuregelungen heute nicht im Detail eingehen. Das eine oder andere – wie z. B. die leichten Anpassungen im Reisekostenrecht und die vielfältigen rein redaktionellen Änderungen – dürfte relativ unproblematisch sein. Die anderen Punkte – wie die Neuregelung zur Versorgungsrücklage, der Minister hat es schon angesprochen, die Anpassungen im Hessischen Beamten- und im Besoldungsgesetz wie auch die teilweise schon erwähnten Beispiele: Einführung einer Erfüllungsübernahme hinsichtlich eines Schmerzensgeldanspruchs durch den Dienstherrn, ein interessanter Vorschlag, den man sehr genau prüfen muss und der einiges für sich hat; Regelungen bezüglich des Fa
milienzuschlags, die Anpassung der Eingangsämter von Ärzten, aber auch die Eingruppierung im Rahmen der B-Besoldung – werden wir uns sicher noch sehr intensiv anschauen und uns darüber mit den Experten austauschen müssen.
Ich gehe einmal davon aus: Auch dieser Gesetzentwurf wird das Parlament nicht so verlassen, wie er hineingekommen ist.
Im Ausschuss haben wir jetzt sicherlich erhebliche Arbeit vor uns, doch nach dem, was wir im Jahr 2013 geleistet haben, sollten wir auch das in überschaubarer Zeit bewältigen können. Zum zweiten Mal heute freue ich mich tatsächlich auf die Anhörung, denn die wird uns weiterhelfen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In den letzten Jahren haben wir uns umfangreich mit dem Dienstrecht der hessischen Beamtinnen und Beamten beschäftigt, weil im Zeichen der Föderalismusreform im Jahr 2006 das Dienstrecht für Beamtinnen und Beamte komplett vom Bund auf die Länder übertragen wurde.
Diese – wie ich oft sage – Kleinstaaterei brachte aber keine Vorteile für die Beamtinnen und Beamten. Im Ergebnis haben wir jetzt eine unterschiedliche Besoldung für die gleiche Tätigkeit in unterschiedlichen Bundesländern und beim Bund. Dafür aber wurde die Dienstrechts-Gesetzesmaschinerie versechzehnfacht. Das ist sicherlich kein glorreiches Ergebnis einer Föderalismusreform.
Wie wir schon mehrmals betont haben, liegt Hessen bei der Besoldung im unteren Drittel der Länder, weil es hier keine 40-Stunden-Woche gibt.
Selbstverständlich gibt es keine 40-Stunden-Woche. Meine Damen und Herren, nach wie vor gibt es die 42Stunden-Woche – das können selbst Sie von der Regierungsseite nicht leugnen.
Es gibt keine Übertragung des Tarifergebnisses des besonderen Tarifvertrags TV-H in Hessen. Herr Frömmrich, in der Koalition haben Sie es noch immer nicht geschafft, die Rückkehr in die Tarifgemeinschaft deutscher Länder vorzunehmen – Sie wollen das auch gar nicht, denn es steht nicht in Ihrem Koalitionsvertrag. Hessen hat hier als einziges Bundesland eine separate tarifvertragliche Regelung. Es gibt auch keine Besoldungs- und Versorgungserhöhung in diesem Jahr, es wurde bei allen Beamtinnen und Beamten eine Nullrunde eingelegt. Das ist für die hessischen Beamtinnen und Beamten das Ergebnis dieser Föderalismusreform, und das lehnen wir ab.