Protocol of the Session on September 23, 2015

Auf der anderen Seite sind wir es uns allen schuldig, dass man solche Positionen immer wieder auf den Prüfstand stellt. Ich darf sehr deutlich sagen: Wir als FDP haben im Bund wie im Land immer nach der Maxime gehandelt: Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen. Das ist Ihnen bekannt. Es ist genau die Frage, die hier immer wieder auf dem Prüfstand steht, wenn es um ein Informationsfreiheitsoder ein Transparenzgesetz geht.

Im Jahr 2006 – Kollege Bauer hat es schon erwähnt – ist auf Bundesebene ein Informationsfreiheitsgesetz in Kraft getreten. Beschlossen wurde es damals durch die rot-grüne Koalition gegen die Stimmen der CDU/CSU bei Enthaltung der FDP. Ich will hier sehr deutlich sagen: Nur durch die Enthaltung der FDP auch bei der Befassung des Bundesrates konnte dieses Gesetz seinerzeit überhaupt noch vor der Bundestagswahl verabschiedet werden. Das ist Ausdruck unserer etwas ambivalenten und sehr kritischen Haltung zu der Frage: Macht man hier ein neues Gesetz, oder nicht?

(Vizepräsidentin Heike Habermann übernimmt den Vorsitz.)

Wenn ich mir heute das Informationsfreiheitsgesetz ansehe, mit seinem umfangreichen, ellenlangen Katalog von Ausnahmetatbeständen, dann ist es schon die Frage, ob ein solches Gesetz letztlich hilfreich ist oder nicht.

Seitdem hat sich einiges getan. Mittlerweile gibt es Informationsfreiheitsgesetze in elf Bundesländern. In BadenWürttemberg ist eine solche Diskussion im Gange. Dort hat die FDP/DVP-Fraktion einen eigenen Entwurf vorgelegt, der im Wesentlichen das Bundesrecht umsetzt.

Herr Kollege Bauer, eines will ich sehr deutlich sagen: Mit Misstrauen gegenüber der Verwaltung hat diese Diskussion nun tatsächlich überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Der Informationszugangsanspruch, wie er auch im Bundesrecht verankert ist, ist sicher ein grundlegender Anspruch in einer Demokratie, die natürlich von der Kontrolle der Exekutive lebt. Kontrolle in diesem Sinne hat mit Misstrauen nun tatsächlich nichts zu tun.

Ich habe es schon gesagt: Letztlich gibt es zwei Seiten der Medaille, um die es geht. Einerseits geht es darum, ob man für die notwendige Transparenz ein eigenes Gesetz, neben dem Bundesrecht ein spezielles Landesrecht benötigt; das ist die Frage des Bedürfnisses. Auf der anderen Seite muss man auch sehen, dass ein solches Gesetz natürlich ein Stück weit zur Vereinfachung der Rechtslage beiträgt, weil es eine zentrale Anspruchsgrundlage bildet.

Ich habe es schon erwähnt: Vor sechs Jahren haben wir mit unserem damaligen Koalitionspartner auch über diese Frage gesprochen; es ist etwas länger als sechs Jahre her, vor der Bildung der Koalition. Bei der Union war die Ablehnung eindeutig. Wir hatten dazu eine ambivalente Haltung und haben deswegen gesagt: Gut, dann lassen wir es dort raus.

Aber wir haben in der Partei weiter darüber diskutiert. In unserem Wahlprogramm zur Landtagswahl 2013 haben

wir festgelegt, dass wir die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes in Hessen prüfen wollen.

Wenn ich jetzt sehe, was die Koalition vereinbart hat, dann las ich das erst etwas weiter gehend – wie es anscheinend auch Frau Goldbach verstanden hat. Sie haben vereinbart, „die Erfahrungen anderer Länder … auszuwerten und zur Grundlage einer eigenen Regelung“ zu machen. Da habe ich gedacht, das ist so, wie es Frau Goldbach interpretiert hat: Eine eigene Regelung für das Land Hessen – das müsste dann doch wahrscheinlich so etwas wie ein Informationsfreiheitsgesetz sein.

Wenn ich Herrn Bauer richtig verstanden habe, ist das ganz anders. Sie sind sich noch gar nicht einig, ob Sie da überhaupt etwas machen wollen. Sie wollen evaluieren und dann einmal schauen – und dann wahrscheinlich mit Ihrem Koalitionspartner neu verhandeln. Das ist natürlich ein bisschen etwas anderes.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Vorschlag, der jetzt auf dem Tisch liegt, ist im Wesentlichen der alte Gesetzgebungsvorschlag, den ihr offensichtlich nach wie vor für richtig haltet. Den muss man sich jetzt einmal genauer anschauen.

(Günter Rudolph (SPD): Die Anhörung von damals haben wir schon ausgewertet!)

Ich hätte gedacht, dass die Koalition – vielleicht dadurch angeschoben – jetzt etwas in die Gänge kommt und uns einmal berichtet, was denn die Evaluation dieser Gesetzeslage ergeben hat. Herr Kollege Bauer, durch Ihren Beitrag eben ist aber unterstrichen worden, dass es Ihnen offensichtlich eher darum geht, dieses Thema ein bisschen wegzuschieben und nicht zu einer Regelung zu kommen.

(René Rock (FDP): Hört, hört!)

Das ist natürlich nicht der richtige Weg. Deswegen bin ich dafür dankbar, dass die SPD ihren Gesetzentwurf eingebracht hat.

(Beifall bei der FDP)

Denn wir werden uns diesen Gesetzentwurf nochmals sehr genau anschauen müssen. Es wird dazu wieder eine Anhörung geben. Davon gehe ich jedenfalls aus, ich jedenfalls bin sehr dafür. – Kollege Rudolph nickt.

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)

Das ist auch der richtige Weg. Im Zuge dieser Anhörung wird man natürlich auch Vertreter aus den Ländern anhören müssen, in denen es solche Gesetze gibt.

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)

Dann machen wir halt die Evaluation im Ausschuss, im Rahmen der Anhörung, wenn Sie als Koalition das nicht auf die Reihe bringen.

(Beifall des Abg. René Rock (FDP))

Ich sage sehr deutlich: Wir gehen in diese Anhörung ergebnisoffen hinein. Wenn es sich dann herausstellt, dass es gute Argumente dafür gibt, eine landesgesetzliche Regelung zu treffen, dann prüfen wir, ob man das auf der Basis dieses SPD-Entwurfs machen kann oder ob man daran vielleicht einvernehmlich das eine oder andere ändert – oder ob das nicht sinnvoll ist. Das werden wir nach der Anhörung wissen.

Eines aber würde ich uns allen empfehlen. Ich habe immer noch die fraktionsübergreifenden Gespräche im Zusammenhang mit der Novelle des Hessischen Datenschutzgesetzes in sehr guter Erinnerung. Das war eine gute Arbeit. Das war ein gutes Ergebnis. Es ist eine gute Lösung. Unter Einbeziehung des Datenschutzbeauftragten – der auch in dieser Anhörung eine Rolle spielen wird – kann und sollte man einmal versuchen, bei einem solchen Thema der grundlegenden Umsetzung demokratischer Kontrolle vielleicht auch an einem Strang zu ziehen,

(René Rock (FDP): Sehr gut!)

um zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen. Wir jedenfalls werden das tun. Wir stehen dazu bereit.

Es ist schon eine Floskel, die hier immer kommt, aber in diesem Fall stimmt sie hundertprozentig: Ich freue mich auf diese Anhörung, denn sie wird uns mit Sicherheit auf diesem Weg weiterbringen.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Ursula Ham- mann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Staatsminister Beuth.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Den heute zu erörternden Gesetzentwurf hat die Fraktion der SPD letztmalig im März 2013 in den Hessischen Landtag eingebracht. Es ist mehr als durchsichtig, warum sie diesen Gesetzentwurf jetzt recycelt haben.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Aber zulässig!)

Es ist der – wenn auch zulässige, so doch – untaugliche Versuch, die Koalitionsparteien hier im Hessischen Landtag zu provozieren. Aber das wird Ihnen nicht gelingen.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Meine Damen und Herren, die Landesregierung ist entschlossen, die im Koalitionsvertrag festgelegten Vereinbarungen Punkt für Punkt abzuarbeiten. Dafür haben wir eine ganze Wahlperiode Zeit. Die dauert fünf Jahre. Insofern habe ich überhaupt keine Sorgen, dass uns nicht auch an dieser Stelle eine herausragende Regelung gelingen wird.

(Beifall der Abg. Ursula Hammann und Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Diesem Anliegen folgend, wird das Ministerium des Innern und für Sport zunächst die Erfahrungen anderer Bundesländer und des Bundes zu den jeweils bestehenden Informationsfreiheitsgesetzen auswerten. Eine solche Anfrage wurde bereits gestartet.

Lieber Kollege Rudolph, Sie haben gesagt: Wir haben jetzt Erfahrungswerte aus elf Ländern. – Das haben Sie hier gerade sehr kraftvoll vorgetragen. „Wir haben Erfahrungswerte aus elf Ländern.“ Da frage ich mich: Warum sind die denn nicht in Ihren Gesetzentwurf eingeflossen? Der ist doch derselbe wie vor zwei Jahren.

Daher muss ich Ihnen zurufen: Das ist und bleibt ein reichlich durchsichtiger Versuch, und er wird nicht gelingen.

Nachdem wir unsere Abfrage durchgeführt und ausgewertet haben, werden wir insbesondere die Chancen und Risiken einer eigenen Regelung vor dem Hintergrund bewerten, ob in anderen Ländern und beim Bund in der Praxis Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger über bestehende Informationsrechte hinaus erreicht wurde. Dabei werden wir darauf achten, dass der Schutz von personenbezogenen Daten, von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und von schutzwürdigen Interessen des Staates nicht am Ende beeinträchtigt wird.

Dieses Vorgehen entspricht jedoch nicht nur der Vereinbarung im Koalitionsvertrag, sondern es ist aus fachlicher Sicht auch zweckmäßig. Es wäre mehr als fahrlässig, ein Informationsfreiheitsgesetz für Hessen zu formulieren, ohne die Erfahrungen des Bundes und der anderen Länder mit ihren Gesetzen zu kennen und gegebenenfalls zu berücksichtigen.

Mit dem hier vorgelegten Gesetzentwurf entlarvt sich die SPD selbst. Es geht ihr dabei in keinster Weise um Inhalte, sondern einzig und alleine darum, die Koalition zu provozieren.

(Marius Weiß (SPD): Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Wir haben es gemerkt. Dieser Versuch ist fehlgeschlagen. Ich wünsche eine fröhliche Beratung dieses Gesetzentwurfs.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Rudolph, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Innenminister, das war ein bisschen viel elitäre Arroganz – um das einmal ganz deutlich zu formulieren: „untauglicher Versuch“. Wissen Sie, Sie müssen es schon uns überlassen, wann wir welche parlamentarischen Initiativen einbringen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Zurufe der Abg. Alexander Bauer und Holger Bellino (CDU))