Protocol of the Session on June 25, 2015

Letzter Satz. Das Fazit, das wir nach einem Jahr SchwarzGrün für die hessische Polizei ziehen, sieht so aus: Es gibt ein bisschen Symbolpolitik und eine deutliche Deattraktivierung des Polizeiberufs. Das Einzige, was bleibt, ist die grundsätzlich ordentliche sachliche Ausstattung der hessischen Polizei. Die ist aus der vergangenen Legislaturperiode übrig geblieben. Wir werden genau beobachten, ob Sie dort auch noch herangehen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Schaus für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Andreas Grün, der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, hat in der letzten Woche bei der großen Beamtenkundgebung und zugleich Demonstration gegen die Nullrunde gesagt: Eine Nullrunde bei der Polizei ist ein Schlag ins Gesicht.

(Günter Rudolph (SPD): Recht hat er!)

Genau das ist auch unsere Auffassung. Ich denke darüber hinaus, dass es nicht darum geht, nur die Polizeibeamtinnen und -beamten ausreichend zu besolden, sondern alle hessischen Beamtinnen und Beamten, die gleichermaßen betroffen sind.

Aber die Polizeibeamtinnen und -beamten sind in besonderer Weise von den beamtenrechtlichen Einschränkungen betroffen, die Sie als neue Koalition vorgenommen haben. Wenn man sich das Beihilferecht und das Einsparvolumen von 20 Millionen € pro Jahr genau betrachtet – das soll inzwischen durch Eigenbeiträge der Beamtinnen und Beamten ausgeglichen werden –, wird man feststellen, dass die Gefahr, dienstlich in Mitleidenschaft gezogen, d. h. krank zu werden, sowohl physisch als auch psychisch, im Polizeidienst viel höher ist als in der klassischen Landesverwaltung.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

Insofern betrifft eine Einschränkung im Beihilferecht die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in besonderem Maße. Deswegen waren sie auch die Ersten, die dagegen Front gemacht haben. Insofern müssen Sie sich das anrechnen lassen, genauso wie Sie es sich anrechnen lassen müssen, dass es – Kollege Bauer hat es bestätigt – sehr wohl Streichungen von Stellen im Polizeidienst gibt. Es gibt sie aber nur in der Verwaltung – wie in allen anderen Bereichen der Landesverwaltung.

Herr Bauer, meiner Ansicht nach haben Sie damit die Verwaltung der Polizei, die etwa 2.500 Stellen umfasst, abgewertet. Ich sage, all das, was in der Polizei an Ermittlungsarbeit geleistet wird und zu dem Erfolg führt, dessen Sie

sich immer rühmen und der sich in der Polizeistatistik zeigt, die dann herhalten muss, wenn Sie an anderer Stelle nicht weiterkommen, ist in erheblichem Maße dem geschuldet, was in den Verwaltungsbereichen geschieht, sozusagen im Hintergrund des Polizeidienstes. Insofern beißt sich da die Katze in den Schwanz.

Wenn Sie weiterhin darstellen, dass die Besoldungslage bei der Polizei wie bei allen hessischen Beamtinnen und Beamten ganz hervorragend sei, dann will ich Ihnen einmal – Kollege Frömmrich hat dazu aufgefordert – die genauen Fakten auf den Tisch legen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Du und Fakten!)

Die Fakten, ja. Also, Herr Frömmrich, ich habe immer den Eindruck, dass Sie, wenn Sie von guter Besoldung bei den Beamtinnen und Beamten reden, nur den höheren Dienst betrachten; offensichtlich unterhalten Sie sich auch mit Polizeibeamtinnen und -beamten nur auf dieser Ebene.

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Es trifft in der Tat zu, das will ich zugeben, dass Hessen bei der Besoldung A 13 im Vergleich an dritter Stelle liegt. Auf diesen Vergleich der Beamtenbesoldungen im ganzen Bundesgebiet, den der Deutsche Gewerkschaftsbund im März dieses Jahres unter Betrachtung aller Bundesländer und des Bundes selbst vorgenommen hat, beziehe ich mich mit den folgenden Zahlen: Danach liegt Hessen bei der Besoldung im höheren Dienst, also ab A 13, an dritter Stelle, hinter dem Bund und hinter Bayern. Das ändert sich aber schon, wenn man das auf eine 40-Stunden-Woche herunterbricht, die es in Hessen auch bei den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten nicht gibt.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das hat aber nichts mit dem Argumentationsprozess zu tun, den Sie sonst immer anführen! – Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Herr Frömmrich, ich weiß, dass Sie das stört. Deswegen rufen Sie auch dazwischen. Aber Sie haben nach Fakten gefragt, und die will ich Ihnen jetzt auch liefern.

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Herr Frömmrich, die hessische A-13-Besoldung, heruntergebrochen auf eine 40-Stunden-Woche aller Beamtinnen und Beamten – Sie wollen es einfach nicht hören, deswegen müssen Sie immer dazwischenrufen –, liegt nicht an dritter Stelle, sondern an zehnter Stelle innerhalb des bundesweiten Vergleichs. Immerhin.

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Jetzt betrachten wir aber einmal das Gros der Polizeibeamtinnen und -beamten, die sich in den Besoldungsgruppen A 9 und A 10 befinden und da im Übrigen nicht mehr herauskommen; da gibt es nämlich einen Beförderungsstau über Jahrzehnte hinweg. Dann stellen wir fest, dass Hessen bei der Betrachtung der 40-Stunden-Woche in der Gruppe A 9 an 14. Stelle liegt, also an drittletzter Stelle, was die Besoldung angeht. Das ist es, was Sie mit dieser Nullrunde zementieren und sogar noch verschlimmern wollen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das stimmt definitiv nicht!)

Das ist Fakt, und das ist die Botschaft an die Polizei. Die weiß das auch, Herr Frömmrich.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Für die Landesregierung spricht Staatssekretär Koch.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde steht unter einem reißerischen Titel. Herr Rudolph, ich glaube, wir diskutieren hier über dieses Flugblatt der Gewerkschaft der Polizei, woraus Sie einzelne Punkte vorgelesen haben. Lassen Sie uns zu den Fakten zurückkehren. Wenn man „Not“ beurteilen will, dann muss man sich auch ein Stück weit an den Finanzen orientieren. Dazu möchte ich Ihnen nur zwei Zahlen nennen: Für den Polizeihaushalt im Jahr 2015 sind 1,4 Milliarden € vorgesehen. Im Jahr 2012 waren es 1,23 Milliarden €. Trotz dieser Zahlen wird die Frage gestellt, ob so Not aussieht – wenngleich die Landesregierung in den jeweiligen Jahren sogar noch Steigerungen eingebracht hat. Ich habe mich nicht mit dem Finanzminister abstimmen und ein Fazit einholen können, aber ich gehe davon aus, dass auch im Haushalt 2016 die 1 vor dem Komma nicht fehlen wird.

(Vizepräsident Wolfgang Greilich übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Fakt ist: Wir haben in der Tat 13.764 Planstellen für Polizei- und Vollzugsbeamte. Es hat noch nie so viele Polizeibeamtinnen und -beamte auf Hessens Straßen gegeben. Hinzu kommen im Hinblick auf die Arbeitszeitreduzierung vorsorglich 140 Neueinstellungen. Fakt ist auch, dass die hessische Polizei bisher noch nie so gut ausgestattet und ausgebildet war. Sie ist einsatzstark, einsatzfreudig und bundesweit anerkannt.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Damit will ich keinen einzigen Krankheitsfall negieren. Um diese Themen und um den Einzelnen kümmern wir uns. Deswegen können die Bürgerinnen und Bürger auf ihre Polizei zu Recht stolz sein. Ich weiß nicht, ob es langfristig so sinnvoll ist, diese Thematik in dieser Stimmung zu diskutieren; denn das verunsichert die Bürger.

(Günter Rudolph (SPD): Das machen Sie schon selbst!)

Ach, stimmt doch gar nicht. Das wissen Sie doch. – Das verunsichert möglicherweise die Bürger, und das Ergebnis können wir dann gemeinsam betrachten. All das zeigt aber exemplarisch auch die Anstrengung, welche die Landesregierung für die hessische Polizei unternimmt und unternehmen wird.

Ich bin seit 32 Jahren im Dienst, war auch bei der Polizei, kenne die Unterschiede in der Ausgangslage der Polizei, und sage: Zwischen der Situation der Achtziger- und Neunzigerjahre und der Situation heute – das werfe ich

niemandem vor – liegen diesbezüglich Welten zum Positiven.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, solche Rahmenbedingungen sind eine wesentliche Voraussetzung für die äußerst erfolgreiche Arbeit der hessischen Polizei. Sie kennen die Aufklärungsquote, Sie kennen die Entwicklungen in den letzten zehn Jahren. Die niedrigeren Zahlen aus den Jahren davor will ich gar nicht thematisieren.

Wenn Sie dann hier von fehlender Motivation sprechen – es steht auch in dem Flugblatt –, muss ich fragen, wie demotivierte Mitarbeiter diese Erfolge erzielen können. Ich kann Ihnen bestätigen – ich gehe oft genug in Polizeidienststellen an die Basis –, die Stimmung ist nicht schlecht. Es lässt sich gut, konstruktiv und natürlich auch kritisch mit den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, mit den Kolleginnen und Kollegen, diskutieren. Ich denke, das ist ein etwas anderes Bild. Das erleben Sie vor Ort, da bin ich mir sicher, genauso.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Günter Rudolph (SPD): Da kann man sich täuschen!)

Die Hessische Landesregierung erkennt die Leistung Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausdrücklich an, und ich bedanke mich an dieser Stelle ganz herzlich dafür. Deswegen stärken wir schon seit Jahren die Basisdienststellen. Es geht um den nordhessischen Bereich – Kassel. Seit 2011 sind zusätzlich 76 Polizeivollzugsbeamte dort hingekommen. Dass wir mit der Einsparungsrate nicht an den Polizeivollzug herangehen, ist schon gesagt worden.

Zur Diskussion in einigen Medien um angebliche Schließungen von Polizeirevieren wegen Personalnot kann ich nur sagen: Das ist unverantwortliche Panikmache. Sie entbehrt jeder Grundlage. Wir haben in der Tat über 5.000 Bewerbungen auf 665 Kommissaranwärterstellen. Herr Rudolph, 274 Kommissaranwärter haben wir im Februar eingestellt. 391 werden im September noch folgen. Es gibt bereits jetzt für den September 330 Personen mit bestandenem Eignungsauswahlverfahren. Das Bewerbungsverfahren läuft immer noch, und ich bin mit Herrn Frömmrich einer Meinung und zuversichtlich: Wir werden alle Anwärterstellen besetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Die hessische Polizei ist nach wie vor ein attraktiver Arbeitgeber. Thüringen hat nur 50 % der Anzahl an Bewerbungen bekommen, und ich hatte bei keinem Hessentag den Eindruck, dass die Anwärter nicht stolz waren, Polizist zu sein. Es hat auch niemand die Flucht aus dem Stadion angetreten. Wenn ich noch kurz auf das Thema dieser zehn Leute eingehen darf: Es sind nur fünf Leute, die jetzt nicht zugewiesen werden können.

(Günter Rudolph (SPD): Vielleicht fünf zu viel!)

Das ist eine temporäre Frage. Ich selbst musste das in den Neunzigerjahren ausrechnen, als mir der damalige Innenminister Günther das Personalreferat angeboten hatte – ich habe sehr gern Ja gesagt. Wir haben immer vier Jahre vorher Prognosen gemacht, jetzt sind es drei Jahre vorher. Da geht es auch darum, Vorsorge für Studienabbrecher zu treffen, für diejenigen, die nach drei Jahren sagen: Der Po

lizeiberuf ist nicht das Richtige. – Das können Sie nicht vorhersehen, ob da 10 Personen durchfallen, ob da 20 durchfallen oder ob nach dem ersten Praktikum 50 auf einmal sagen: Der Polizeiberuf ist doch nicht mein Ding. – Wenn diese 50 Personen weggehen, dann haben wir ein Loch. Das müssen wir schließen. Es ist immer unser Ziel, die Stellen vollständig zu besetzen. Das bearbeiten wir auch. Aber ich bitte darum, diesen Umstand nicht zum Thema zu machen, um Unfrieden und Unmut einzustreuen.

(Günter Rudolph (SPD): Das behalten wir uns schon vor!)

Denn das wird denjenigen nicht gerecht, die die Verantwortung dafür tragen. Das ist der Sachbearbeiter vor Ort, der ausrechnet, was gebraucht wird und wie sich die Situation entwickelt.

Zum Thema Besoldungserhöhung kann ich mich entsprechend anschließen. Zum Stichwort: alimentationsgerechte Besoldung – der Begriff von Herrn Bauer gefällt mir sehr gut. Das Thema Besoldungsranking haben wir hier schon hoch und runter diskutiert. Ich habe einmal geschaut, wie viele Schlüsselungen es seit Einführung der zweigeteilten Laufbahn gegeben hat: 11.000 Schlüsselungen. Ich weiß noch ganz genau, dass 1994 die zweigeteilte Laufbahn eingeführt worden ist.

(Zuruf des Abg. Alexander Bauer (CDU))

Da haben wir im Innenministerium gemeinsam mit Politikern an einem Tisch gesessen und darüber diskutiert, ob wir den Schlüssel gleich voll aufmachen. Das hätte die ganze Kasse gesprengt, und die würde es auch heute noch sprengen, wenn wir das mit einem Schlag machen wollten. Deswegen hat man damals gesagt: Machen wir es Schritt für Schritt. – Das ist begonnen worden und seit 1999 von den CDU-geführten Landesregierungen fortgeführt worden. Daran werden wir mit Sicherheit auch in Zukunft weiter arbeiten.