Protocol of the Session on March 11, 2014

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir wollen den Schulen auch Perspektiven beim Thema Inklusion eröffnen. Auch da kann man sich den Vergleich mit Nordrhein-Westfalen ansehen, wo eine sehr gute Kultusministerin am Werk ist. Aber wenn Sie sich die Koalitionsverträge anschauen, dann werden Sie in dem der CDU und der GRÜNEN klare Vorgaben und klare zeitliche Ziele für die Verwirklichung der Inklusion finden, die Sie im Koalitionsvertrag in Nordrhein-Westfalen nicht finden werden. Nordrhein-Westfalen macht trotzdem eine gute Politik. Das ist gar keine Frage. Da unser Koalitionsvertrag aber bei diesem Thema noch konkreter und noch präziser ist, werfen Sie uns doch bitte nicht vor, wir würden da nichts tun. Das ist nicht so ganz redlich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir, die Koalition aus CDU und GRÜNEN, haben Ziele für unser Bildungssystem. Aber wir sind uns selbst nicht genug. Wir wollen den Rat anderer. Wir wollen die Vorschläge der Fraktionen im Hause. Wir wollen die Vorschläge der Praktiker. Denn die Anforderungen an unsere Schulen und die Lösungsvorschläge für unsere Schulen sind so vielfältig wie die Schülerinnen und Schüler, die in unsere Schulen gehen.

Es gibt eben nicht den einen richtigen Weg, die eine Lösung oder das eine Konzept, mit dem alle glücklich werden. Vielmehr gibt es viele Wege. Deshalb steht diese Koalition für Vielfalt statt Einfalt. Sie steht für Ermöglichen statt für Verordnen. Wir stehen für Zuhören statt Diktieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir wollen mit dem Bildungsgipfel die Hand zum Schulfrieden reichen. Wir werden den vielen engagierten Akteuren im Bildungswesen diese Hand reichen. Wir werden die Hand aber auch allen Kolleginnen und Kollegen im Saal reichen, unabhängig davon, ob sie den Regierungsfraktionen oder den Oppositionsfraktionen angehören.

Wir haben ein großes Ziel. Wir wollen erreichen, dass wir uns in Hessen auf die Entwicklung der Schulen in den nächsten zehn Jahren zumindest in groben Zügen verständigen. Das wären zehn Jahre ohne ständiges Hin und Her für unsere Schulen. Das wären zehn Jahre Planungssicherheit für unsere Schulen. Das wären zehn Jahre, in denen sich unsere Schulen endlich voll und ganz auf die Förderung der Schülerinnen und Schüler konzentrieren könnten. Sie hätten kein ständiges Hin und Her. Ist das Ziel, zu ver

suchen, dass wir hier einmal zusammenkommen, nicht aller Mühen wert?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wenn man über Bildungspolitik redet, gibt es wahrlich viel zu besprechen. Es gibt wahrlich viele Herausforderungen, vor denen unsere Schulen stehen und an denen wir beim Bildungsgipfel arbeiten wollen.

Ich will dem Bildungsgipfel nicht vorweggreifen. Herr Minister Lorz hat gesagt, in den nächsten Wochen würden viele Gespräche geführt werden. Aber wäre es für diesen Bildungsgipfel beispielsweise nicht ein spannendes Thema, mehrere Jahre nach der Einführung des Weges von mehr Selbstständigkeit für die Schulen zu schauen, wie weit wir auf diesem Weg sind, welche Möglichkeiten wir den Schulen da noch einräumen könnten, welche Belastungen, beispielsweise durch mehr Verwaltungstätigkeit, es vielleicht auf diesem Gebiet für unsere Schulen gegeben hat und wie wir die Schulen noch besser dabei unterstützen könnten, mehr Selbstständigkeit zu haben, ohne dabei über Gebühr mit Verwaltung belastet zu werden? Wäre das für unseren Bildungsgipfel nicht ein spannendes Thema, das die Arbeit unserer Schulen unterstützen würde?

Wäre es nicht lohnend, darüber zu sprechen, welche Auswirkungen der demografische Wandel in unserem Land hat und welche Antwort wir in Gebieten schrumpfender Bevölkerung auf die Fragen der Eltern geben: Wird es die Schule meiner Kinder morgen noch geben? Was bedeutet Vielfalt bei der Schulwahl für meine Kinder? Welche Angebote gibt es in meiner Region?

Würde es sich nicht lohnen, sich auf einem Bildungsgipfel darüber zu verständigen? Wäre es nicht an der Zeit, auf einem Bildungsgipfel darüber zu sprechen, wie das Verhältnis von innerer und äußerer Schulverwaltung ist? Ist da, so wie das im Moment austariert ist, wirklich alles zeitgemäß, oder können wir nicht Antworten finden, mit denen wir unsere Schulen besser unterstützen würden?

Wäre es nicht sinnvoll, gemeinsam mit allen Fraktionen dieses Hauses und mit den Akteuren des Bildungswesens darüber zu reden, wie wir es schaffen, dass jeder junge Mensch im Anschluss an die Mittelstufe tatsächlich eine Berufsausbildung machen kann? Wäre es nicht sinnvoll, darüber zu sprechen, wie wir den Bildungs- und Erziehungsplan noch besser umsetzen können? Gibt es überhaupt eine Alternative, als im Dialog zu ergründen, wie wir die Inklusion, also den gemeinsamen Unterricht der Schülerinnen und Schüler mit und ohne Behinderungen, umsetzen können?

Meine Damen und Herren, es würde sich lohnen, diesen Bildungsgipfel einzugehen. Es gibt keine Alternative, als mit den Praktikern und den Politikern gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Hierzu laden wir Sie alle herzlich ein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Dieser Bildungsgipfel soll auch eines leisten. Das kommt in den bildungspolitischen Debatten oftmals zu kurz, weil wir uns sehr bemühen, immer das zu thematisieren, was vielleicht noch nicht so gut läuft. Dieser Bildungsgipfel soll auch erreichen, dass die hervorragende pädagogische Arbeit, die von vielen Lehrerinnen und Lehrern geleistet wird und die es an vielen Schulen schon gibt, sichtbar

wird, dass sie wertgeschätzt wird und dass alle Schulen von diesen guten Beispielen profitieren können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wenn wir es allein schon schaffen würden, dass dieser Bildungsgipfel ein Forum der Praktiker wird, ein Austausch über die besten pädagogischen Lösungen, bei dem Schulen auch von Schulen lernen und sich an anderen orientieren können, wenn sie gemeinsam nach Lösungen suchen, und nicht das Gefühl hätten, ich muss jedes Problem für mich an der Schule alleine lösen, wenn wir das schaffen könnten, wäre das doch wunderbar. Wenn das alle fünf Fraktionen gemeinsam machen würden, wäre das ein starkes Signal für unsere Schulen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Die Kolleginnen und Kollegen haben uns den Antrag auf Einsetzung einer Enquetekommission vorgelegt, die sich mit bildungspolitischen Fragen beschäftigen soll. Das ist das gute Recht der Opposition.

(Gerhard Merz (SPD): Darin ist auch die Rede von den Praktikern!)

Wir sind in einem guten Gespräch über die Einsetzung der Enquetekommission, Herr Kollege Merz.

Der Bildungsgipfel ist das gute Recht einer Regierung. Darüber sollten wir also nicht streiten.

Man kann trefflich darüber debattieren, ob es zwei Gremien braucht oder nicht. Jetzt bekommen wir zwei Gremien. Meine Damen und Herren, wir sind den Akteuren im Bildungswesen die Antwort auf die Frage schuldig: Wie verhalten sich die beiden Gremien zueinander? Ich glaube, wir sind in den Beratungen über die Enquetekommission auf einem sehr guten Weg. Wir haben gute Kompromisse gefunden. Die Opposition kann anerkennen, dass CDU und GRÜNE ihr sehr weit entgegengekommen sind, was den Einsetzungsbeschluss der Enquetekommission angeht; denn wir finden die Enquetekommission richtig, und wir wollen sie gemeinsam einsetzen. Umgekehrt haben wir die herzliche Bitte an Sie, dass Sie sich im Interesse unserer Schulen genauso konstruktiv am Bildungsgipfel beteiligen, wie wir uns konstruktiv im Hinblick auf die Enquetekommission verhalten haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Die Enquetekommission, so wie sie jetzt ausgestaltet und zwischen den Fraktionen besprochen ist, ist ein gutes Forum, um sich über die wissenschaftlichen und empirischen Grundlagen unseres Bildungssystems auszutauschen, einige grundsätzliche Fragen zu thematisieren und zu klären. Das ist eine gute und wichtige Arbeit, die die Enquetekommission leisten soll. Parallel wird es den Bildungsgipfel der Regierung als etwas tagespolitischer orientiertes Instrument geben, das sich stärker den praktischen Fragen, die Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler sowie Eltern tagtäglich bewegen, widmen wird. Auf der einen Seite haben wir also ein Gremium, das sich um die empirischen, wissenschaftlichen Grundlagen unseres Bildungswesens kümmert, auf der anderen Seite ein Forum der Praktiker. Meine Damen und Herren, ich glaube, das ist eine gute Kombination. Beides ist wichtig, und wir wollen beides zum Erfolg führen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir debattieren auch über das erste Gesetz, das CDU und GRÜNE diesem Haus vorgelegt haben, nämlich die weitere Stärkung der Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9. Hier zieht sich eine sehr gerade Linie aus dem Jahr 2008 bis heute. 2008 wurde auf der Grundlage eines Gesetzentwurfs von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den kooperativen Gesamtschulen die Möglichkeit zur Rückkehr zu G 9 ermöglicht. Vor zwei Jahren wurde dann, vorgelegt von Kultusministerin Beer, den Gymnasien die Rückkehr zu G 9 ermöglicht. Dem haben CDU, FDP und GRÜNE in diesem Haus zugestimmt. Wir gehen heute einen weiteren Schritt, um die Wahlfreiheit zu stärken, indem wir auch den laufenden 5., 6. und 7. Klassen die Rückkehr zu G 9 ermöglichen. Meine Damen und Herren, das, was an Wahlfreiheit für die laufenden Klassen geht, haben wir ermöglicht. Mehr, als wir machen, geht rechtlich nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Jetzt sagt der Kollege Degen von der SPD: Das bringt ja Unruhe in die Schulen. Das, was CDU und GRÜNE da machen, ist ja ganz furchtbar. Damit werden zahlreiche Eltern und Lehrer unzufrieden sein. – Herr Kollege Degen, glauben Sie, dass Ihr Vorschlag der zwangsweisen Einführung von G 9 in den Schulen auf Begeisterung gestoßen wäre? Was bringt denn mehr Unruhe in die Schulen, ihnen etwas vorzuschreiben oder ihnen die Wahl zu lassen? Das müssen Sie dann schon beantworten, Herr Kollege Degen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir sagen nicht, dass ein Weg der Wahlfreiheit und ein Mehr an Möglichkeiten für unsere Schulen der bequeme Weg ist. Wir sagen nicht, dass die Entscheidungen, die Schulen jetzt treffen müssen, einfach sind. Wir sagen nicht, dass das keine Arbeit macht. Aber die Schulen können entscheiden, meine Damen und Herren. Sie können darüber sprechen, was der richtige Weg ist. Ich glaube, den Schulen ist es zehnmal lieber, die Wahl zu haben, als keine Wahl zu haben oder von der Politik vorgeschrieben zu bekommen, die Rolle rückwärts zu machen. Deshalb: Der Weg ist nicht leicht, aber er ist richtig, und die Rückmeldungen der Schulen bestätigen das auch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Dann sprach Herr Kollege Degen vom „Gymnasium plus“. Nur eine Frage: Was ist das „Gymnasium plus“? Sind das die Schulen, die bei G 8 bleiben, oder sind es die, die zu G 9 zurückkehren? Das ist mir, ehrlich gesagt, noch nicht klar geworden. Wenn es danach geht, was sich die Eltern wünschen, dann kann ich sagen, dass sich mehr Eltern G 9 wünschen als G 8. Ich würde mir jetzt kein Urteil darüber zutrauen, Herr Kollege Degen, was „Gymnasium plus“, „minus“ oder was auch immer ist. Es sind alles Schulen, die versuchen, eine gute Arbeit zu machen. Darauf können wir uns vielleicht verständigen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Dann zu der Idee der modularisierten Oberstufe, also der Idee, dass man die Oberstufe in zwei, drei oder vier Jahren durchlaufen kann und das Kursangebot an Modulen orientiert: Darüber will die SPD jetzt auf dem Bildungsgipfel

sprechen. Wir können über alles reden, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD. Aber wer bis heute keine einzige Seite konzeptionelle Fundierung vorgelegt hat, der macht es einem schwer.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Manfred Pentz (CDU): Wie so oft!)

Bis heute gibt es keine einzige Seite eines Konzepts, wie die modularisierte Oberstufe umgesetzt werden kann. Ich bin wirklich offen für ein Gespräch darüber, und ich bitte darum, mir bis zur nächsten Sitzung des Landtags mal eine Seite Papier dazu vorzulegen.

(Manfred Pentz (CDU): Das wäre schön!)

Ansonsten muss man, glaube ich, dazu übergehen, das als bildungspolitisches Phantom zu bezeichnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine Damen und Herren, wir wollen ein Bildungssystem, das allen Kindern gerecht wird. Wir wollen ein Bildungssystem, in dem die Begabungen der Kinder nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sind, in dem der Bildungserfolg nicht vom sozialen Hintergrund der Eltern abhängig ist und das seinen Beitrag zu einer vielfältigen, toleranten und gerechten Gesellschaft leistet. Deshalb will die Koalition von CDU und GRÜNEN Verlässlichkeit und Perspektiven für unsere Schulen. Deshalb reichen wir die Hand zum Schulfrieden und laden Sie alle ein, meine Damen und Herren: Seien Sie dabei. Machen Sie mit im Interesse unserer Schulen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Wagner. – Als nächster Redner spricht Kollege Greilich von der FDP-Fraktion. LINKE und FDP haben sich über den Tausch verständigt. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was war jetzt die wesentliche Botschaft der Regierungserklärung? – Die wesentliche Botschaft war die Anerkennung der Anstrengungen und Erfolge der Bildungspolitik der letzten fünf Jahre, der Verweis darauf, dass diese Veränderungen erst Früchte tragen müssen und es dazu der Ruhe an den Schulen bedarf.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Herr Kultusminister, das waren die Kernelemente unserer Bildungspolitik. Das ist das, was wir positiv bewertet und in den letzten fünf Jahren erreicht haben. Dass dies auch von der neuen Landesregierung, zumindest nach Ihren Worten, fortgeführt werden soll, begrüßen wir ausdrücklich. Mir gefällt ein Satz in Ihrer Regierungserklärung ganz besonders gut: